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Teil, der hier nidit behandelt werden kann, gilt den kirch

lichen Denkmälern von Zurzaeh, behandelt den Bau des Klosters und der Kirchen, ferner den Stiftsschatz, wovon die Abschnitte über das Verena-Kriiglein und den nicht mehr vorhandenen Verena-Gürtel, den man gebärenden Frauen auflegte (S. 187), für uns besonders wichtig sind.

So scheidet man von dem Buch mit dem Eindruck, eine vorzügliche Leistung zur Kenntnis genommen zu haben, der zur Vollendung nur der sdiulungsmaßige Hinweis auf die Eigengesetzlichkeit der mythi­

schen W elt fehlt. Reinle glaubt, um eine pagane Glaubensgestalt Verena nachweisen zu können, mindestens einer „Göitin“ begegnen zu müssen,

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und zwar womöglich einer lokal ili Tenedo gebundenen. Die Schicksals-, gestalten, zu denen Verena offensichtlich gehört, lassen sich nicht so eng fassen. W äre Jteinle den Frauengestalten mit dem Kamm in der Hand nachgegangen, hätte er nur einen Blick auf den Kamm als magisch­

mythisches Requisit getan, so wäre ihm die rein örtliche Bindung woh!

zu eng vorgekommen. Hätte er die Volksheiligen, an die sich das Elisa­

bethwunder der Gabenverwandlung heftet, in größerer Zahl verglichen,

■wäre gleichfalls der Kreis größer geworden; zur Notburga von Rotten­

burg hätte doch unbedingt auch die von Eben treten müssen. W ie oft ist nicht Verena die Frau mit dem Wecken in der Hand! Führt für Reinle von hier kein W eg zum Geschlechtspatronat, keine Verknüpfung der cunneiformen Gebäcke zum „Hurenkirchtag“ ? Zweifellos ist die Legende und der untrennbar dazugehörige Sagenkreis, samt Namen und Bildern, vielschichtig. Die volkskundliche Forschung muß gerade diese Vielheit als Erscheinung anerkennen, und darf nicht vereinfachen wollen. So begrüßenswert der Hinweis auf einen möglichen Kristalli­

sationspunkt, in diesem Fall den Grabstein, auch ist, das dauernde Fluten der Überlieferung hat von einer solchen Quelle nur neue Nah­

rung, nicht aber Eindämmung erfahren.

Die Schweizer Forschung darf man, gerade mit solchen Bemerkun­

gen zur Sache, zu dieser Erscheinung beglückwünschen. Das Buch steht würdig neben Ernst B a u m a n n s Nikolaus-von-Flüe-Forsdiungen, man sieht den guten W eg, der dort weiterführt. Leopold S c h m i d t . E d u a r d S t e m p l i n g e r , Antiker Volksglaube ( = Sammlung Völker­

glaube, o. Nr.), 247 Seiten, 8 Tafeln, 9 Vignetten. Stuttgart 1948, Verlag WT. Spemann. D M 8,— .

* Die Sammlung Völkerglaube hat im letzten Jahrzehnt schon mehrere Bände gebracht, die durchaus volkskundlich sind, und dem Fachmann wie dem Laien ausgesprochenen Nutzen schaffen. 1940 er­

schien Thassilo von S c h e f f e r , Hellenische Mysterien und Orakel (2. Auflage 1948), 1942 Will-Erich P e u c k e r t , Deutscher Volksglaube des Spätmittelalters. Nun hat der bekannte Darsteller antiker Volks- religion Eduard S t e m p l i n g e r hiermit seinem vielgelesenen Buch

„Antiker Aberglaube in modernen Ausstrahlungen“ (1922) eine um­

fassende Sammlung dessen folgen lassen, was er als „antiken Volks­

glauben“ bezeichnet. Die Umgrenzung ist ja schwierig: in polytheisti­

schen Religionen kann man durchaus nicht mit der gleichen Berechti­

gung wie in gestifteten' von „Volksglauben“ sprechen, da die gesamte Götterverehrung und Göttermythologie sich eigentlich durch nichts vom

„Volksglauben“ geschieden hat und scheiden läßt. Aber Stemplinger meint auch hier ungefähr das, was er vor mehr als einem Vierteljahr­

hundert als „Aberglauben“ bezeichnet hat, nämlich die ganze W elt der Magie, des Zauberbrauches und der Dämonen. So gibt er denn auch hier keine innere Gliederung dieser äußerst bunten, vielgestaltigen Menge von Erscheinungen, die er aus den verschiedensten Quellenbereichen zusammenzufassen weiß, sondern bescheidet sich mit einer äußeren Unterteilung, die jedoch dem W erk den Charakter eines sehr brauch­

baren Handbuches verleiht. Zunächst wird der Bereich der Wahrsagung ausgeschritten, mit Traum- und Totenorakel, und der Sonderform der kunstmäßigen Wahrsagerei. Dann folgt der Hauptabschnitt über Zau­

berei, wo die zaubernden Personen, die Zaubermacht an sich, und ferner Zauberzeiten, Zauberstätten und Zauberstoffe durchbesprochen werden;

besonders diese sauber gegliedert nach Tierwelt, Pflanzen, Mineralien.

Die Zauberhandlungen sind in passive und aktive unterteilt, und Blick, 82

Laut, Körperbewegung, Bindung, Übertragung und Homoiopathie sind, soweit es die Zeugnisse erlauben, voneinander getrennt. Ein Sonder­

kapitel ist schließlich der Chaldäerkunst mit Astrologie, Zahlensymbolik und Chiromantie gewidmet, wofür nicht nur Interessenten am antiken, sondern auch solche am gegenwärtigen Volksglauben sehr dankbar sein werden.

W ie gesagt, irgendeine Interpretation, wie sie heute von manchen Seiten her möglich wäre, besonders von psychologischer und kultur­

historischer, ist bei den zahllosen Einzelzeugnissen nicht angestrebt, das reiche Material soll für sich sprechen. Dazu sind schätzenswerte Hilfen in Form von Personen- und Ortsnamenverzeichnissen, einem Sach­

register und Erklärungen der fremdsprachlichen Zitate gegeben. Die Bilder sind nur ganz knappe Hinweise auf den fast unübersehbar

großen Stoff. Leopold S c h m i d t .

G e r t r u d W e i s m a n t e l , Roß und Reiter. Studie über die Form­

bestände der Volkskunst (— Quellenbücher der Volkskunst, 1. Bd.).

175 Seiten, 48 Tafeln. Berlin 1948. Verlag Albert Nauck & Co.

Das Buch gehört in das Gebiet der Kunstpädagogik und hängt mit dem Bestreben zusammen, dem Unterrichte im Zeichnen und Modellie­

ren an Pflicht- und anschließenden Fachschulen eine wesensgemäße Unterlage und brauchbare Richtlinien zu geben. Die Vf. vertritt die richtige Ansicht, daß bei diesem Unterrichte die Werke der Volkskunst nicht als Vorlage, wohl aber als Anreger zu dienen haben. Sie unter­

scheidet zwischen Volkskunst und Hochkunst. Schärfer gefaßt, müßte man zwischen überlieferungsgebundener und Persönlichkeitskunst tren­

nen. Das an den W erken der ersteren Kunstübung Auffallende und Eigenartige liegt darin, daß hinter ihnen eine vom Zeitwandel unab­

hängige, durch Saggut und Brauchtum bestimmte Überlieferung steht, die unmittelbar zum Ausdrucke kommt oder aber unbewußt mitschwingt:

Die Vf., die über eine durchaus richtige Einfühlung verfügt, kommt schließlich auch zu dem Schlüsse, daß man etwas für die Aufhellung des Gegenständlichen (Thematischen) in der Volkskunst tun müsse und kündigt an, daß nachfolgende Bändchen der „Quellenbücher“ der „wei­

teren Betrachtung uralter Sinnbilder unserer deutschen Volkskunst“ zu widmen sein werden. Der Vf. ist völlig entgangen, daß der Unterzeich­

nete bereits in der 1925 erschienenen „Bauernkunst, ihre Art und ihr Sinn“ (5. Aufl. 1943) und in d en zw e i Bänden „Marksteine der Volks­

kunst“ (1957, 1942) sich in eingehender Weise dieser Aufgabe unter­

zogen hat. W as wir auf diesem Gebiete brauchen, ist ein umfassender, verläßlicher Unterbau und nicht vage Deutungen einer falschen völki­

schen Romantik, wofür die Ausdeutung eines Tellers aus dem W ester­

wald durch Lothar Schreyer in seinem Buche „Sinnbilder deutscher Volkskunst“ (Hamburg 1956) ein Musterbeispiel ist, die von den „ur­

alten germanischen Sonnenpferden“ bis zu den uralten Zahlensymbolen;

jeglicher tragfähigen Unterlage entbehrend, eine durchaus phantastische Zusammenstellung ist, von der Vf. aber mit besonderem Lobe bedacht wird (S. 56). Es handelt sich um Kernfragen, die nicht der Phantasie jedes einzelnen überlassen werden dürfen, sondern entgilt)g bereinigt werden müssen, sofern wir in einer vergleichenden Kunstforschung' überhaupt weiter kommen wollen. — W as die Verf. sonst auf kunst­

pädagogischem Gebiete anstrebt, ist durchaus zu bejahen. Ihre Aus­

führungen zeigen von reichem Wissen, richtiger Einschätzung und großer Erfahrung. Die Bilder zu dem Thema „Roß und Reiter“ sind

46— 48, auf welchen gegeiiüberstellend gezeigt wird, wie jeweils eine Nachahmung der Hochkunst von demselben Jugendlichen durch eine völlig anders geartete, fest umschriebene, der überlieferungsgebundenen Kunst verwandte Eigenleistung ersetzt wird. Karl S p i e ß . Festgabe für Alois Fuchs zum 70. Geburtstage am 19. Juni 1947. Heraus­

gegeben von W i l h e l m T a c k e . Paderborn, 1950, Verlag Ferdinand Schöningh. 533 Seiten, 10 Bilder auf Tafeln, 56 Abb. im Text.

Dieser Band muß hier um so eher angezeigt werden, als er seinem Titel nach volkskundlich-bibliographisch wohl leicht übersehen werden könnte; erst ein sehr später Innentitel kennzeichnet wenigstens seinen Inhalt als „ B e i t r ä g e z u r K u n s t g e s c h i c h t e u n d D e n k m a l ­ p f l e g e , z u r G e s c h i c h t e , H e i m a t - u n d V o l k s k u n d e“ . Der Pnderborner Domkapitular Fuchs, dem er gewidmet ist, hat sich auf allen diesen Gebieten für seine Heimatlandschaft rühmlich betätigt, das, 213 Nummern umfassende Schriftenverzeichnis legt dafür Zeugnis ab.

Von den 26 Abhandlungen des schönen Bandes seien nun hier nur diejenigen heraus gegriffen, die für uns von besonderer Wichtigkeit sind. Unter ihnen steht der weitausholende Forschungsüberblick von Georg S c h r e i b e r . „Volkskunde einst und jetzt. Zur literarischen.

Widerstandsbewegung“ weit im Vordergrund. Meldet sich doch damit eigentlich zum ersten Mal wieder jene Richtung der „kirchlichen Volks­

kunde“ kräftig zum Wort, die zwölf Jahre so gut wie gänzlich schwei­

gen mußte, und zwar mit der unverändert weittönenden Stimme ihres Vorkämpfers. Dieses Resümee ist zweifellos ein wichtiger, mit wert­

vollen Liieraturhinweisen — 152 Anmerkungen auf 42 Seiten — ver­

sehener Überblick, besonders über all das, was Schreiber als kirchlich­

religiöses Grenzgebiet an die Volkskunde herangebradit hat. Es ist aber vor allem ein ungemein aufschlußreicher Beitrag zur Geschichte der deutschen Volkskunde im Dritten Reich, von ganz persönlichem Erleben und Erleiden erfüllt. Die Kernabschnitte „Nationalsozialistische Volks­

kunde“ und „Verfälschtes Volkstum“ mußten entschieden einmal ge­

schrieben werden, und Freund und Feind werden gut daran tun, sie zu lesen, und womöglich dazu Stellung zu nehmen. Es wäre von Österreich aus so manches dazu zu sagen, besonders im Hinblick darauf, daß ja durch die Volkskunde-Diktatur der Nationalsozialisten nicht nur die kirchlich-religiöse Volkskunde geschädigt und schließlich unterdrückt wurde, sondern daß durch die Ausschaltung der eigentlichen wissen­

schaftlichen Objektivitätshaltung gerade in der Volkskunde das D ilet­

tantentum weithin die Forschung überflutete und der Wahrheitssinn auch so manches akademischen Lehrers sich nur zu gern den Propa­

gandaforderungen beugte. Es mag aber von der Gegenseite vielleicht auch manches Positive vorgebracht werden, jedenfalls kann von den höchst anregenden Erinnerungen Schreibers befruchtende Besinnung auf allen Seiten ausgehen. Die Hauptpersonen, Hauptmotive und Haupt­

strömungen der letzten beiden Jahrzehnte deutscher Volkskunde ge­

hören nicht etwa nur der Geschichte der Widerstandsbewegung an, so wichtig es ist, dies nicht vergessen zu lassen, sondern der ganzen deut­

schen Geistesgeschichte, innerhalb derer die Volkskunde viel mehr be­

deutet, als sich einstweilen noch an ihrer akademischen Geltung ab­

lesen läßt.

Die weiteren hier zu vermerkenden Beiträge sprengen den Rahmen des Bandes nicht wie die Ausführungen des Münsterer Bannerträgers, besitzen aber jeder für sich eine recht ansehnliche Geltung. Besonders wichtig ist die symbolgeschichtliche Untersuchung „Szepter und Krumm-84

stab“ von Friedrich F o c k e, welche, ausgehend von den Tübinger Universitätsszeptern, bedächtig und mit sehr viel antikem Material die Bereiche der heiligen Stäbe, Stöcke, Szepter, Li tuen, Krummstäbe usw.

abschreitet. Der Rückgriff auf die hettitischen Königsstäbe ist dabei ebenso wichtig wie die Anerkennung germanischer Sinnbildgestaltung in den christlichen Bischofsstäben, die sich anscheinend erst seit west- gotischer Zeit verfolgen lassen. Bedeutsam erscheint mir daran auch das allmähliche Abrücken von magistischen Deutungen und die Heraus­

stellung des Numinos-Heiligen. Diese Gesinnung waltet bis zu einem gewissen Grad auch in der philosophisch-theologischen Untersuchung von Heinrich S c h a u e r t e „Das Symbol“ , die besonders dem symboli­

schen Element im Volksbrauch mit guter Parallelisierung vom liturgi­

schen Brauch her nachgeht. Von den übrigen Abhandlungen seien hier wenigstens erwähnt: Hans E i c k e l , „Die Madonna des Bischofs Imad von Paderborn, ein frühmittelalterliches Kultbild“ ; Johannes K e s s e l s ,

„Der mittelalterliche Wallfahrtsort Stiepel und sein Marienheiligtum“ ; Alfred H a d e 1 1, „Die mittelalterlichen Malereien Oberschlesiens als frühe Kulturdokumente des deutschen Ordens“ ; Alfred C o h a u s z ,

„Der heilige Walther von Herford“ : W ilhelm S e g i n, „Von der Klein­

siedlung zur Großsiedlung im oberen Almegebiet“ ; August S t i e r e n ,

„Die ,Vienenburg1 bei Henglarn im Kreise Büren“ ; Ernst H ö v e l , „Zur .Bevölkerungsgeschichte Münsters im 16. und 17. Jahrhundert“ ; Friedrich S c h r ö d e r , „Kirchlich-kulturelle Bemühungen um Mutter und Kind im alten Fürstbistum Paderborn im 17. und 18. Jahrhundert“. Für die Bewohner eines Schönborn-Schlosses, wie es wir vom Verein und Museum für Volkskunde in Wien sind, ist auch der Beitrag von Rudolf K ö m s t e d t , „Lothar Franz von Schönborn und seine Pommersfeldi­

sehen Baumeister“ lesenswert und aufschlußreich. Für jeden in unserem Bereich jedoch bedeutet die Abhandlung von Walther G r e i s c h e l ,

„Jakob Burckhardt als Kunstbetrachter“ eine große geistige Freude.

Dër Band ist also wahrhaftig eine Festgabe, nicht nur für den hochver­

dienten Jubilar, sondern auch für alle, die an dem weitgespannten Umkreis seiner Interessen irgendwelchen Anteil nehmen. Daß die Volkskunde dabei so deutlich und wesentlich zur Sprache kommt, ist Ix'sonders erfreulich, ja vorbildlich. Leopold S c h m i d t . B e r n h a r d K ö 11 i n g. Peregrinatio religiosa. Wallfahrten in der

Antike und das Pilgerwesen in der alten Kirche. ( = Forschungen zur Volkskunde, H e ft .35/54/55). 475 Seiten. Münster/Westfalen 1950, Regensbergsehe Verlagsbuchhandlung. DM 20,— .

Vor etwa zwanzig Jahren traten Volkskunde und Geschichte in einer Weise zusammen, daß man nach der vorhergehenden, einiger­

maßen geschichtsfremden Periode unserer Disziplin weitgehend von .einer Historisierung der Volkskunde sprechen konnte. Selbst das „Jahr­

buch für historische Volkskunde“ war, wenigstens in seinen ersten drei Bänden, in diesem Sinn gemeint. Nun hat sich allmählich das Blatt gewendet, die Geschichtsforschung ist infolge dieses Prozesses immer mehr volkskundlichen Fragen zugänglich geworden, und je mehr die politische Historie durch das Weltgeschehen der letzten Zeit an Ansehen, an wirklicher Anteilnahme eingebüßt hat, desto stärker mußte die Be­

tonung der Kulturgeschichte, besonders der Volkskulturgeschichte wer­

den. Zu dieser „Vervolkskundlichung der Geschichte“ hat insbesondere die religiöse Volkskunde, vor allem die Münstersche Schule der „kirch­

lichen Volkskunde“ beigetragen. Der vorliegende neueste Band der

Jahren, ist ein deutliches Anzeichen für die Fortsetzung dieser Entwick­

lung. Ein intimer Kenner der Kirchengeschichte des Altertums und der christlichen Archäologie legt hier ein umfassendes, breit darstellendes W erk über die beiden W ege des Wallfahrtswesens, den heidnischen und den christlichen, im ersten halben Jahrtausend unserer Zeitrechnung vor. Es ist also eine moderne, katholische Wiederholung dessen, was wir uns bisher aus einer sehr zerstreuten Literatur und aus dem ratio­

nalistisch einseitigen Lucius-Anrich (Die Anfänge des Heiligénkultes in der christlichen Kirche. 1904) holen mußten, wollten wir das Werden des mittelalterlichen Wallfahrtsbrauches, der sich ja nicht an Brauch und Glauben des alten Norden anschließen läßt, verstehen. :

Basierend auf einer ungemein umfassenden Literaturkenntnis gibt Kötting im I. Abschnitt eine detaillierte „Übersicht über die aufierchrisi- lichen Wallfahrten im Altertum“, und zwar die griechisch-römischen mit besonderer Berücksichtigung von Epidauros und Ephesus, die jü d i­

schen und die vorislamischen arabischen. Der II. Abschnitt betrifft „Die einzelnen christlichen Wallfahrtsorte im Altertum“ und behandelt zuerst die des Heiligen Landes, zunächst vor, dann nach Konstatin; ferner die Syrien und Mesopotamiens, wobei manche Kapitel wie die der Ver­

ehrung der Säulenheiligen schon bei Lebzeiten von ganz besonderem Interesse sind; es folgen die Wallfahrten Kleinasiens, mit besonderer Berücksichtigung des Kultes der hl. Thekla; dann kommt Ägypten, inst der Menasstadt und Menuthis; es folgen Konstantinopel und Griechen­

land, wobei das auffällige Zurücktreten des eigentlichen Hellas b e­

merkenswert ist; dann Rom und Italien, wobei die Doppelgesiehtigkeit des Rom dieser Jahrhunderte hervorragend zum Ausdruck kommt;

schließlich Afrika, Gallien und Spanien. Bei der Behandlung des hl.

Martin von Tours finden wir uns bereits in Bezirken, die seit langem, zumindest aber seit den Arbeiten von L. A. Veit auch der engeren Volkskunde vertraut geworden sind. Der gewaltige Stoff dieser topo­

graphischen Abschnitte wird in den folgenden aufgearbeitet, die sich mit Grab und Erinnerungsstätte als Ziel der Pilgerfahrt, mit der W a ll­

fahrt zu lebenden Personen, dem Pilgern als asketischer Lebensform, dem Wallfahrtsort als christlicher Begräbnisstätte, den Bittvvallfahrten und den Pilgerwünschen um Heilung, Hilfe und Rat, den Devotions­

wallfahrten, Bußwallfahrten und Reliquienwallfahrten beschäftigen.

Auch die geschichtlich-kulturgeographisichen Momente der Itinerarien.

Pil gerherbergen und Pilgerprozessionen werden eigens herausgearbeitet wie die für die engere Wallfahrtsvolkskunde besonders wesentlichen Zeugnisse für die Devotion der Pilger, die Inkubation am Wallfahrtsort, die Votivgaben und die Pilgerandenken, also Eulogien oder Devotiona­

lien. W er an dieser Stelle nur das Bild einer Menas-Ampulle mit dem eines Wolfgangifläschchens vergleicht, weiß, wieviel ihm dieses Buch gegeben hat. Es ist mit gewaltigem Fleiß aufmerksam gearbeitet, durdr ein ausführliches Register gut erschlossen, und alles in allem ein Hilfs- imd Nachschlagewerk, wie wir es uns schon lange für diesen Gegen­

stand gewünscht haben. Leopold S c h m i d t . O t t o V ö 1 c k e r s. So wohnen, die Völker der Erde. 120 Seiten. 150 Bil­

der vom Verfasser. Donauwörth 1949. Verlag Cassianeum.

Ein äußerst instruktives Büchlein, das alle Wohnformen in drei Übersichten zusammenzufassen versucht. Die erste, „Grundformen“ , führt von Höhlen und Erdwohnungen über Nomadenbehausungeu, Reisig-, Schilf- und Mattenbauten, Lehmbauten, Steinkuppeln und Rundbauten, Satteldachhäuser, Holzbauten, Pfahlbauten bis zu Türmen;«

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and Burgen, Gehöften und Klöstern. „Rund um die Erde“ zeigt die charakteristischen bäuerlichen Wohnbauten besonders in Europa, aber auch 1 1 1 den anderen Erdteilen, wobei kaum eine wichtige Haustype unberücksichtigt bleibt. „Quer durch die Zeiten“ versucht schließlich eine .kleine Stilgeschichte des Wohnbaues zu geben, bis zur jüngsten Gegenwart, was durch den Gegensatz der Hinterhofwohnungen des 19.

und der Reihenhäuser des frühen 20. Jahrhunderts besonders stark wirkt. Eine e c h t e Baufibel, zweifellos auch für Schul- und Bildungs­

zwecke sehr geeignet. Leopold S c l i m i d f.

G i t o Y ö 1 c k e r s, Wohnraum und Hausrat. Eine Fibel. 156 Seiten.

Bamberg 1949, Carl Baessler Verlag.

Eine knappe, aber ausgezeichnete Geschichte der deutschen Innen­

räume und Möbel von der Urgeschichte bis zur Gegenwart. In klarer Sprache, mit etwa dreihundert kleinen, aber ungemein anschaulichen Zeichnungen des Verfassers, nicht nur für den Laien oder den Architek­

ten, sondern durchaus für jeden Möbelvolkskundler empfehlenswert.

Sicherlich fehlt das Eingehen* auf die Sinngehalte der Räume- und Möbelgestalten; das liegt aber an uns, die wir noch viel zu wenig darauf

hingewiesen haben. Leopold S c h m i d t.

Hinterglasbilder. Eingeleitet von D i e t e r K e l l e r . 15 Seiten, 64 A b ­ bildungen auf Tafeln. Lorch. Württemberg 1948. Aussaat-Verlags­

gesellschaft.

Das Hinterglasbild findet immer wieder seine Bewunderer, und daher neue Beschreiber und Abbilder. Hier liegt ein handliches, aus­

gezeichnet ausgestattetes Bändchen vor, das vor allem durch seine 6 Farbtafeln wertvoll ist. In der Bildauswahl ist erfreulicherweise nicht nur auf die verschiedenen Maltechniken, sondern auch auf seltene und bedeutsame Bildinhalte W ert gelegt worden. Die letzten 10 Abbildun­

gen sind den Versuchen expressionistischer Maler gewidmet, neue Hinterglasbilder zu schaffen.

■Eine Sammlung alter Hinterglasbilder. Herausgegeben von der Galerie Herbert Herrmann, Stuttgart, 1948. 16 Abbildungen.

Dieter K e l l e r hat auch den verbindenden Text zu den aus­

gezeichneten Abbildungen — davon 8 große Farbtafeln — dieser schö­

nen Sammlung geschrieben. Die Aufnahmen stammen von Helga G 1 a fi­

ne,r. Leider ist der Besitzer der Sammlung nicht angegeben.

Leopold S c h m i d t . J o h a n n e s K ü n z i g , Die alemannisch-schwäbische Fasnet. 80 Seiten,

mit 47 Abbildungen. Freiburg im Breisgau, 1950, Landesstelle für Volkskunde. D M 5,— .

Die Fastnachtsbräuche der Bodenseelandschaften, vor allem in Baden und Württemberg, sind verhältnismäßig gut bekannt. Hermann Eris B u s s e hat ihnen 1937 ein sehr schönes, hervorragend illustriertes Buch (Alemannische Volksfasnacht = Heimatblätter „Vom Bodensee zum Main“, Nr. 45) gewidmet, das in seiner Lebensfülle kaum zu über­

bieten ist. Nun ist er 1947 gestorben, und K ü n z i g , der Leiter der neugeschaffenen Freiburger Landesstelle für Volkskunde hat sicherlich richtig gehandelt, daß er dieses so völlig persönlich geformte W erk nicht neu bearbeitet, sondern ein eigenes Fastnachtsbüchlein geschrieben hat. Da außerdem darin auf die Forschungsarbeit des letzten Jahr-87

W a l t e r W i o r a , Alpenländisdie Liedweisen der Frülizeit und des Mittelalters im Lichte vergleichender Forschung’. In: Angebinde, John Meier zum 85. Geburtstag dargeboten. Verlag Schauenburg, Lahr, 1949.

Auch hier behandelt Wiora ein Kapitel vergleichender Liedfor­

schung, indem er Tanzweisen und Volksmelodien (Tannhäuser, Guggis- bergerlied, Dursli und Babeli) mit ähnlichen Melodien aus älteren Überlieferungsschichten und außerdeutschem Liedgut vergleicht und daraus Schlüsse zieht. Er bedient sich zur augenfälligen Darstellung dieser Beziehungen der synoptischen Übercinanderstellung der Melo­

dien. eine Methode, die ich 1908 bei der Untersuchung der „Melodien zur Ballade von der Nonne“ an gew en d et: habe und die sich als ein sehr brauchbares Mittel der Volksmusikforschung erweist. — Die Worte, die der erfahrene Forscher Wiora zum Schlüsse über „Heimat und W elt“

spricht, zeugen der Forschung den Blick auf den Boden (die Heimat;

und die weite W elt. Raimund Z o d e r .

H a n s K r ö m l e r , Der Kalt der Eucharistie in Sprache und Volkstum der Deutschen Schweiz ( = Schriften der Schweizerischen Gesellschaft für Volkskunde, Bd. 55.) 16" Seiten. Basel 1949, G. Krebs.

Nachdem vor etwa anderthalb Jahrzehnten P. Browe die Verehrung der Eucharistie von den verschiedensten Seiten her untersucht hatte und dabei zu volkskundlich sehr bemerkenswerten Resultaten gekom­

men war. war es klar, daß sich örtliche Spezialuntersuchiingeu ansehlie- ßcn würden. Die verschiedenen großen Arbeiten über die Fronleich- namspiozessionen und -spiele auf bayerischem und österreichischen Gebiet griffen dabei ein allerdings hervorragend wichtiges Teilproblem heraus. 'Nun versucht ein Schweizer Theologe das örtlich begrenzte G e ­ samtproblem vom germanistisch-volkskundlichen Standpunkt aus zu behandeln, und legt dabei einen beträchtlichen, gut gegliederten Stoff vor. Die drei Hauptstiicke, an die sich der Volksglaube beim Kult der Eucharistie heften kann, sind für Krömler die Messe, die Kommunion, und die übrige Sakramentsverehrung, mit besonderer Betonung des Fronleichnamsfestes. Das volksmäßige Verhältnis zur Messe, vom Kirch­

gang und vom Läuten angefangen über Gebet, Meßandacht- Augen- und Händehaltung, Stehen und Knieen, ferner Mefistipendien, Stiftungen, bis zu den Benennungen und Abhaltungen der Primiz ist sprachlich und sachlich ebenso minutiös dargetan wie Ritus und Brauch der Kom ­ munionspendung, und die Begebenheiten bei Erstkommunion und Ster­

bekommunion. Man merkt der ‘ Arbeit die starke Verbundenheit des Verfassers mit dem Stoff an, die nicht zuletzt darin begründet ist, daß sein Vater 20 Jahre Meßner in der abgeschlossenen Berggemeinde Eggersriet war, wodurch der Sohn zu konservativ-intimen Kenntnissen

kam. Leopold S c h m i d t.

Beiträge zur schweizer-deutschen Mundartforschung’. In Verbindung mit dem Schweizerdeutschen Wörterbuch herausgegeben von R u d o l f H o t z e n k ö c h c r l e. Frauenfeld, Verlag Huber & Co.

Bd. I. W e r n e r W e b e r , Die Terminologie des Weinbaues im Kanton Zürich, in der Nordostschweiz und im Bündner Rhein­

tal. XVI u. 218 Seiten, 54 Abb.. 1 Karte. 1949.

Bd. II. H a n s U l r i c h R ü b e 1, Viehzucht im Oberwallis. Sach­

kunde, Terminologie, Sprachgeographie. XX X V III u. 1"S Sei­

ten, 56 Abb., 5 Karten. 1950.

Bisher mußten wir unsere Schweizer Kollegen unter anderem des­

halb beneiden, weil sie in ihren Romanisten so außerordentlich wert-90