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Die Bedeutung des echt Römischen in der römerzeitlicheil Be

Vom Brustfleck zum Leibei

71) Die Bedeutung des echt Römischen in der römerzeitlicheil Be

Ließen sich solcherart die V orfah ren unseres Brustfiecks w eit in germ anische F rü h zeit zurück verfolgen , so entsteht zugleich die Frage, w elche T rach ten ü berlieferu ng — sei es illyrischen, sei es auch keltischen V olkstum s — die G erm an en b ei ihrer Landnahm e in unserer en geren H eim at v org efu n d en haben. D ie W issenschaft ist sich d a rü b er einig, daß ein frü h er eingesessenes B au ern volk b ei solchen V orgän gen nie ganz verschw indet; es fragt sich nur, w ie v ie l die ältere Volksschicht in diesem F a ll zur B ildu n g des neuen deutschen Volkstum s, und zw ar des Baiernstamm s b e ig e ­ tragen habe. D iese D in ge liegen auch für die Frühgeschichte zum T eil noch im D u n k el. H alten w ir je d e n fa lls fest: D ie Illy re r b lie ­ ben vielfach Bauern, auch unter der H errschaft des Römischen Reichs. Schon dem K eltentum hatten sie lange und zäh w id e r­

standen, in P annonien m ehr noch als in N orieum 70). In cler „ R ö ­ m erzeit“ ergab sich neuerlich ein G egensatz zwischen den F rem ­ den 71), die w oh l v o r allem w ied er in den Städten Fuß faßten, und den Einheimischen. V ergessen w ir ü berdies nicht: U nsere w ichtig­

sten B ildq u ellen in diesem Umkreis, die norisch-pannonisclien G rabstein e der R öm erzeit, w u rden voraus von denen errichtet, die als Städter, R eiche und gesellschaftlich H öherstehende der F rem d ­ herrschaft m ehr ausgesetzt und zugeneigt w a ren ; zeigen sie uns dennoch, w ie w ir noch sehen w erden , daß d ie Frau en vielfach die heimische Tracht nicht auf gegeben hatten, w ie v ie l m ehr gilt das noch vom L a n dvolk , v on d em G eram b ausdrücklich verm erk t:

..D ie B auern und H irten b ehielten als P eregrin i ihre alte L eb en s­

und W irtschaftsform b e i und blieben , — w enn sie auch teilw eise röm isdie N am en erhielten — ih ren heim ischen Sitten und K leid ern tre u 1'. Nichts hören w ir dagegen, daß die K e lto -Illy re r sich gegen

70) M a u t n e r - G e r a m b , a .a .O ., I, 122— 128.

die G erm anen gestellt hätten, vielm eh r schuf ihre B auernart die V erbin d u ng zu den bäuerlichen Q u a d e n 72).

N un zur Tracht der K e lt o -Illy r e r : G leich an den A n fa n g muß ein bedeutsam er F und gestellt w erden , der zw ar veröffentlicht, aber dennoch kaum bekannt, je d e n fa lls fü r d ie Trachtenforschung nicht ausgew ertet ist: Ein Lederfleck aus dem bronzezeitlichen B erg w erk a u f d er K elchalm v on A urach b e i K itzbü h el, T irol. Das einzigartige Trachtenstück, vielleicht der älteste Trachtenfund auf deutschem B oden überhaupt, ist le id e r durch K riegsein w irk u n g vernichtet. W ir sind auf eine A b b ild u n g , einen k u rzen H inw eis b ei Richard P it t io n i73) sow ie a u f die B eschreibung angew iesen, welche dieser F orscher m ir aus d e r E rinnerung gab. — V orerst w ürden w ir das Fundstück als glatten Brustfleck mit gek reuzten R ücken­

trägern auffassen, der uns als M änner- und F rau en k leid u n g ja hinlänglich bekannt ist. D och spricht dagegen, daß an der linken Seite am R an d e engstehende L öch er gemacht sind, an der rechten jed och n u r v ie r Löcher. D araus schließt Pittioni, es habe sich um ein „W a m s“ gehandelt, w o b e i er unter diesem in der Trachten- und Kostüm geschichte vield eu tigen A u sdru ck ein ärm elloses L e ib ­ chen aus zw ei gleichen Flecken fü r Brust und R ücken versteht, das links unterm A rm mit einem L ed erriem en zusammen genäht, rechts durch d ie v ie r Löcher verschnürt gew esen s e i 74). N u r eines fällt d abei au f: am unteren R an d finden sich ebenfalls die engstehenden Löcher, am h albru n den Halsausschnitt ist gleichfalls ein Riem en durch Löcher gezogen — sollten diese Löcher, auch an den Seiten, vielleich t n u r R a n d verzieru n gen sein? D ie B in de als U rform dürfen w ir k ein esw egs vorau ssetzen : dann m üßte am Trachten- stück ja Bruist- und R ückenteil in einem sein, h ier aber ist es ein Fleck, d e r n u r d ie B rust deckt u nd höchstens m it einem anderen v erbu n d en gew esen sein konnte, w o ra u f ja gerade d ie engstehen­

den Löcher an der lin k en Seite hindeuten. Pittionis M einung, daß es ein solcher D op p elfleck w ar, hat v ie l fü r sich; den W erd ega n g dieser F orm unter dem E influß des W etterfleck-Schnittes haben w ir oben schon angedeutet. (Siehe 1950/S. 151 f. und in d iesem H eft S. 30.)

72) B e n i n g e r, Die Quaden ( = Vorgesch. d. Deutschen Stämme, herausg. v. Reinerth, 2. Bd.), Leipzig u. Berlin 1940, S. 721.

78) Ernst P r e u s c h e i i — Richard P i t t i o n i , Untersuchungen im Bergbaugebiet der Kelchalpe b. Kitzbühel, Tirol ( = Mitt. d. prähistori­

schen Kommission d. Akad. d. Wissenschaften, III. Bd.), Wien 1939, Abb. 2, und Richard P i t t i o n i , Urgeschichte. Allgemeine Urgeschichte und Urgeschichte Österreichs, Leipzig u. Wien 1935, S. 74.

74) P i t t i o n i , a. a. O., S. 74, sowie mündliche Mitteilung von Richard P i t t i o n i .

W ichtig ist tuis fern er, daß die auf der Brust gekreuzten T räger, w ie w ir sie fü r die M ännerröcke von T r in d h o j und M u ld ­ b je r g ann ahmen, sich an einem Schnurrock einer hallstattzeitlichen illyrisch en B äu erin ebenfalls nachweisen lassen. Es handelt sich um eine T on figu r, gefunden in M arbu rg a. d. D ra u in der ehe­

m aligen U ntersteierm ark.75)

D ie b ron zezeitlichen p aarigen N adeln d er G rab fu n d e im R aum e des Baiernstam m es lassen ih re r Lage nach schwerlich Schlüsse auf d en Schnitt der K le id e r zu.76) D ie p aarw eisen F ib e l­

fun de der H allstatt- und L a-T èn e-Z eit sind allgem ein bekan n t.77) Seit dem B eginn unserer Zeitrechnung besitzen w ir eine große Zahl von B ildq u ellen in den G rabsteinen, d ie uns nicht n u r die Schließen, sondern d en M enschen in seiner ganzen Tracht oft recht zuverlässig w iedergeben . Sie stam m en näm lich größtenteils nicht von aus dem Süd raum eingew anderten Künstlern, sondern von Einheimischen. D e r Steine v on L eith a p rod ersd orf und Zsâm bék haben w ir oben (siehe 1950/S. 151) schon gedacht. G eram bs A n ­ nahme, es seien D oppelschürzen, gilt wahrscheinlich auch fü r die im folgen d en Genannten, es sei denn, w ir könnten an eine V e r­

bindung der Schulterfibeln m it R ückenträgern denken. H ier w ären noch zu nennen: D ie G rabstein e einer reichen und einer F uhrm annsfam ilie aus D u n apen tele, j e einer aus Szom or und Zsâm bék in U n g a r n 78). W enn M argarete Lang b e i d em ei-si- genannten aus D u n ap en tele annimmt, es w ä ren Ä rm elgew ä n d er mit Schiilterschließen versehen, so ist nicht ersichtlich, w elchen Sinn diese haben sollten. Es m üßten rein G ew ä n d er mit a bk n öpfbaren Ä rm eln sein, die w ir mit Fug und Recht w ie ärm ellose behandeln könnten. V o n G eram b läßt denn auch diese angeblichen Ä rm ei v ollk om m en u n b ea ch tet76). F ern er d ie Steine aus Villach, vom Z o llfe ld und aus Possau in K ärnten u n d aus St. Johann ob H

ohen-75) M a u t n e r - G e r a m b , Steirisches Traehtenbudi, Graz 1952 ff., I, S. 164, Abh. 80.

7<i) Julius N a u e , D ie Bronzezeit in Oberbayern, München 1894.

S. 266/T. III, T. V/6, T. VII.

77) S. z. B. Richard P i t t i o n i , La-Tène-Zeit in Niederösterreidi ( = Materialien zur Urgeschichte Österreichs, gel. v. Leonh. Franz), Wien 1950, S. 88, und Gyula T ö r ö k, Ein Keltengrab und illyrisehe Urnen­

gräber in Cserszegtomaj ( = Arbeiten d. Archäol. Inst. d. kö. ting. Franz- Josef-Universität, gel. v. Jânos Banner), Zseged 1959, S. 78, Abb. 5.

7S) Margarete L a n g , Die pannonische Frauentracht ( = Jahres­

hefte d. öst. archäol. Inst, in Wien, X IX —X X ), W ien 1919, Sp. 210, 211, 215, 214; 216, Abb. 95, 96, 97. ii. M a u t n e r - G e r a m b , a. a. O., I. S. 142, 190, Abb. 65, 100.

7S) M a u t n e r - G e r a m b , a. a. O., I, S. 152, 174 ff.

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bürg, S te ie rm a rk 80). W enn Jantsch h ier die Trachten in „K im o n o ­ k le id e r“ mit Ä rm eln und „ä rm e llo se “ einteilt, so bezeichnet das

den Sachverhalt nicht ganz richtig. Es sind w oh l zw eierlei Trachtenstücke, u. zw. ist das fälschlich sog. „K im o n o k le id “ öl) offen bar m eist ein W etterfleck-H em d, ähnlich dem germanischen, das auch, w ie dieses, manchmal die allein ige B ek leidu n g des O b e r ­ k örpers sein kann — ein Brauch, der sich bis in die G egenw art bei unserem L a n d v olk erhalten hat. D as ärm ellose K leid ist w iederu m eine D oppelsch ü rze (vielleicht auch ein Brustfleckkleid ?) und es überdeckt m indestens in ein igen F ällen ein „U n te rk le id “ , das keinesw egs im m er ärm ellos sein muß 82). D iese beid en Trach- tenstüeke verb in d en sich also manchmal zu einer Tracht, in der w ir w ied er die A n fä n ge dessen vo rg e b ild e t finden, was später als L eib ei- und H em dtracht für das deutsche im besonderen und das nordländische Bauerntum überhaupt so bezeichnend w ird und w o fü r d ie Stadt das m odische W o rt „D ir n d e lk le id “ aufgebracht hat. W ahrscheinchlieli geh ören eine R eih e w eiterer D arstellungen hierher, b ei denen w oh l d ie Schultern verh ü llt sind durch einen M antel od er Um hängtuch (w eshalb Jantscli sie als Tracht der V e r­

80) S. Franz J a n t s c h , Norische Trachtendarstellimgen in Kärnten (— Carinthia 1), Klagenfurt 1934, S. 66, 73, Abb. 1, 3: vgl. auch M a u t ­ n e r - G e r a m b, a .a .O ., I, S. 174 ff., Abb. 89, 90. J a n t s c h zählt auf S. 75 noch weitere zwölf Steine mit „ärmellosen Kleidern“ aus Kärnten auf, bringt aber keine Abb. dazu, so daß ich nicht weiß, ob sie hierher zu rechnen sind.