winnovation consulting gmbh
Paradigmenwechsel in der Forschung – Elemente eines neuen Modells für
zukunftsfähige Wissenschaft
Ergebnisse: Explorative Grundrecherche und Analyse
2020
Im Auftrag des Bundesministeriums für Bildung, Wissenschaft und Forschung
Inhalt
Executive Summary (1/2) ... 2
Executive Summary (2/2) ... 3
Scope des Projektes ... 4
1. Zielsetzungen der explorativen Grundrecherche und Analyse ... 5
2. Methodik und Vorgehensweise ... 6
3. Analysierte wissenschaftliche Institutionen ... 7
4. Interviewte Expert:innen ... 8
Ergebnisse der explorativen Grundrecherche und Analyse ... 9
5. Ein zukunftsfähiges Wissenschaftssystem muss neue Lösungen schaffen... 10
6. Herausforderungen in den Forschungsprozessen ... 11
7. Herausforderungen im Publikationssystem (1/2) ... 12
7. Herausforderungen im Publikationssystem (2/2) ... 13
8. Herausforderungen in der Ausbildung und Karriere von Wissenschaftler:innen ... 14
9. Transtheoretisches Modell als Raster für den Paradigmenwechsel ... 15
10. Paradigmenwechsel in der Wissenschaft aktuell in den Phasen 2 bis 4 ... 16
11. Hohe Zahl der Frontrunner zeigt, dass Paradigmenwechsel stattfindet. ... 17
12. Paradigmenwechsel auf den unterschiedlichen Interventionsebenen ... 18
13. Zahlreiche Institutionen und Geldgeber treiben bereits eine Öffnung der Forschungsprozesse voran ... 19
14. Wenige, jedoch systematisch umgesetzte Frontrunner-Projekte im Publikationsbereich ... 20
15. Frühe Explorationsphasen im Bereich Ausbildung und Karriere ... 21
16. Zusammengefasste Beobachtungen der Ergebnisse ... 22
17. Kerncharakteristika eines zukunftsfähigen Wissenschaftssystems ... 23
18. Der Weg zur Exzellenz - mehrdimensionale Definition von wissenschaftlicher Qualität ... 24
19. Aktueller Anlass: Auswirkungen von Covid-19 auf das Wissenschaftssystem ... 25
20. Relevanz der Ergebnisse für das österreichische System ... 26
Executive Summary (1/2)
In dieser explorativen Kurzstudie wurde ein möglicher Paradigmenwechsel im internationalen Wissenschaftssystem untersucht. Dabei wurden im Zeitraum März bis Juni 2020 von einem Researcher Team bei winnovation in einem internationalen Such- und Analyseprozess 82 Sekundärdaten (Journals, Scientific Papers, Studien, News-Beiträge, Blogbeitrage, Artikel, etc.), und mehr als 50 internationale wissenschaftliche Einrichtungen untersucht sowie mit 16 Expert:innen eingehende Interviews geführt. Das Ergebnis zeigt erstens, dass ein Paradigmenwechsel hin zu einem zukunftsfähigen Wissenschaftssystem, wenngleich in einer frühen Phase, international bereits im Gange ist. Zweitens werden in der vorliegenden Arbeit die wesentlichen Herausforderungen skizziert, für die in einem zukunftsfähigen Wissenschaftssystem neue Lösungen gefunden werden müssen und es wird ein Modell für zukunftsfähige Wissenschaft dargelegt. Drittens werden Ansatzpunkt für die Akteure des österreichischen Wissenschaftssystems aufzeigt, wie sie frühzeitig Teil des internationalen Paradigmenwechsels werden und davon profitieren können.
Frühe Indikatoren für einen internationalen Paradigmenwechsel im Wissenschaftssystem
Wie die beiliegende Abbildung zeigt, führt eine Reihe von Institutionen bereits Pilotprojekte oder sogar systematische Initiativen durch, welche den Qualitätsbegriff von Wissenschaft deutlich erweitern bzw. verändern.
Um darzustellen, in welchem Entwicklungsstadium sich der Paradigmenwechsel im Wissenschaftssystem befindet, wurde das Transtheoretische Modell herangezogen. Vor dem Hintergrund dieses Modells werden Frontrunner-Projekte internationaler Einrichtungen dargestellt, welche beispielgebend für den Paradigmenwechsel sind.
Das Mapping der Initiativen im Transtheoretischen Modelle zeigt deutlich, dass der Veränderungsbedarf in der Wissenschaft bekannt ist und ein starkes Bewusstsein dazu herrscht. Hinsichtlich der Veränderung der Forschungsprozesse, des Publikationssystems und der Ausbildung und Karriereverläufe von Wissenschaftler:innen werden international bereits Pilotprojekte als auch längerfristige, systematische Initiativen umgesetzt.
Zehn wesentliche Herausforderungen sollten von einem zukunftsfähigen Wissenschaftssystem adressiert werden:
Executive Summary (2/2)
In der Studie wurden die Elemente eines zukunftsfähigen Wissenschaftssystems und damit die Ausgangspunkte für einen neuartigen, erweiterten Qualitäts- und Exzellenzbegriffs in der Wissenschaft definiert.
Österreich hat als hochentwickelter, jedoch in seiner Größe überschaubarer Forschungs- und Innovationsstandort den Vorteil, auf die frühen Anzeichen eines Paradigmenwechsels schnell reagieren zu können.
Für eine nachhaltige Positionierung des Wissenschaftssystem sollten zeitnah die Merkmale wissenschaftlicher Qualität und Leistung neu definiert bzw. erweitert und in den Leistungsvereinbarungen bzw. Förderverträgen entsprechend verankert werden. Durch die neue Art, Wissenschaft zu denken und zu betreiben, kann sich Österreich nicht nur als Vorreiter und First Mover im Paradigmenwechsel etablieren, sondern durch die gesteigerte Qualität der Forschung als innovativer Wissenschaftsstandort positionieren.
Scope
des Projektes
1. Zielsetzungen der explorativen Grundrecherche und Analyse
Zielsetzungen:
• Die Erarbeitung eines Policy Papers mit internationalen Evidenzen ( Frontrunner- Beispiele) für einen kommenden Paradigmenwechsel in der Wissenschaft
• Beschreibung der Kerncharakteristika eines zukunftsfähigen Wissenschaftssystems
Explorativer methodischer Zugang:
Datengenerierung basierend auf den Ausgangsfragestellungen:
• Strukturierter internationaler Suchprozess nach relevanten Sekundärdaten – Studien und Policy Papers, wissenschaftliche Publikationen, Websites etc.
• Systematische Suche nach Expert:innen und Innovator:innen im internationalen Wissenschaftsbetrieb
• Tiefeninterviews mit Expert:innen und Innovator:innen Bewertung und Evaluierung der Daten
Ergebnisauswertung
2. Methodik und Vorgehensweise
Strukturierter
internationaler Suchprozess basierend auf
Ausgangsfragestellung
Identifizierung von
Frontrunner-Projekten Kategorisierung und Abgrenzung der
beobachtbaren Entwicklungen Strukturierte Analyse und Beschreibung der Ergebnisse
Internationale Suche nach ExpertInnen und
InnovatorInnen im relevanten Thema – Desktop Research und Pyramding:
42 identifizierte ExpertInnen
16 interviewte ExpertInnen und UmsetzerInnen von Frontrunner-Projekten
10 identifizierte
Hauptherausforderungen Beschreibung der 10 identifizierten
Kerncharakteristika eines zukunftsfähigen
Wissenschaftssystems
82 analysierte Sekundärdaten:
Studien, Journals, Scientific Papers, News-Beiträge, Blogs, etc.
Identifikation von 29 Frontrunner-Projekten aus 11 Ländern
Einordnung in vier Interventionsebenen: Einordnung des
Paradigmenwechsels in der Wissenschaft und der
Frontrunner-Projekte in die Phasen des
Transtheoretischen Modells
3. Analysierte wissenschaftliche Institutionen
Auf der Sache nach Vorreitern wurden im Untersuchungszeitraum 29 relevante Institutionen identifiziert, analysiert und ggf. mit Expert:innen aus diesen Institutionen gesprochen. Hinweise auf fortschrittlichen Projekte ( Frontrunner) wurden im Rahmen der Sekundärdaten-Recherche sowie der Interviews mit Expert:innen gefunden
Institution Land Institution Land
Alexander von Humboldt Institut für Internet und Gesellschaft Deutschland Research Excellence Framework Großbritannien Atmospheric Chemistry and Physics (ACP) International Research on Research Großbritannien
Auckland University Neuseeland Schweizer Nationalfonds Schweiz
Bergische Universität Wuppertal Deutschland Scientific Data Journal Großbritannien / Deutschland
Bill & Melinda Gates Foundation AUS Stifterverband Deutschland
Centre for Science and Technology Studies, Universität Leiden Niederlande The University of St Andrews Großbritannien
Charité Berlin Deutschland Tilburg University Niederlande
CIRAD Research Centre Frankreich TU Nürnberg Deutschland
EMBO reports Publishing Deutschland Universität Bonn, Wirtschaftswissenschaften Deutschland
European College of Neuropsycho-Pharmacology EU Universität Marburg Deutschland
Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg Deutschland University College London Großbritannien
FWF Österreich University Ghent Belgien
Gesellschaft der Ideen Deutschland University Leiden Niederlande
Hartstichting (Heart Foundation) Niederlande University of California, Berkeley USA
Health Research Council Neuseeland University of California, Irvine USA
HU Berlin Deutschland University of Minnesota USA
Journal of Negative Results in Biomedecine International Universitäten für Open Science Niederlande
Junge Akademie Deutschland University of Sheffield Großbritannien
Know-Center Graz Österreich University of Wisconsin USA
Max Planck Gesellschaft Deutschland Universtität Göttingen Deutschland
Mitacs Research Organisation Kanada Universtität Wien Österreich
Nipissing University Kanada Unveristy of Ottawa Kanada
Nordic Institute for Studies in Innovation, Research and Education Norwegen UT Southwestern Medical Center USA
NWO (National Research Organisation) Niederlande VSNU/NFU/ Niederlande
Open University of Catalunya Spanien NWO Niederlande
Preprint Server bioRxiv International VU Amsterdam Niederlande
4. Interviewte Expert:innen
Um relevante Initiativen und Projekte identifizieren und bewerten zu können, wurden mit 16 internationalen Expert:innen und Innovator:innen Gespräche geführt.
INSTITUTION NAME POSITION LAND
Research on Research, University of Sheffield James Wilsdon Digital Science Professor of Research Policy, Director UK Centre for Science and Technology Studies
(CWTS), Leiden University
Ingeborg Meijer Senior researcher in research policy and evaluation NL
Universiteit Gent Rik van de Walle Rector BE
Universiteit Gent Dieter de Bruyn Central Administration, Rectors Office BE
Universiteit Gent Jasmien Van Daele Central Administration, HR BE
Alexander von Humboldt Institut für Internet und Gesellschaft, Berlin
Benedikt Fecher Forschungsprogrammleiter „Wissen und Gesellschaft“ DE
Mitacs (Förderagentur) John. Hepburn CEO CA
Mitacs (Förderagentur) Lissa Matyas Abteilungsleiterin CA
Life Science Startup M-Sense Markus Dahlem Physiker, Start-up Gründer DE
VU Amsterdam Arjen van Witteloostuijn Dean of School of Business and Economcis, Professor NL
Open University of Catalunya Nadja Gmelch Director Open Knowledge Projects ES
Universität Ottawa / CIRAD Etienne Hazelin Professor CA/FR
Universität Marburg Sarah-Mai Dang Post-Doc, DE
Universität Göttingen Maximilian Frank PhD-Student DE
Schweizer Nationalfonds Jean-Luc Barras Abteilungsleiter CH
Tilburg University Patrick Kenis Head of Department, Professor NL
Ergebnisse
der explorativen
Grundrecherche und Analyse
5. Ein zukunftsfähiges Wissenschaftssystem muss neue Lösungen schaffen
Die Analyse der Ausgangslage anhand von Sekundärdaten und Expert:innen-Interviews hat gezeigt, dass in drei Bereichen des Wissenschaftssystems neue Lösungen von großer Bedeutung sind. Dies sind der Forschungsprozess, das Publikationssystem und die Ausbildung und Karriereverläufe von Wissenschaftler:innen.
Die folgende Abbildung stellt die jeweiligen Herausforderungen in den drei Bereichen in einer Übersicht dar:
Die 10 zentralen Herausforderungen im Wissenschaftssystem
Ergebnisse der Analyse internationaler Sekundärdaten und Interviews in Wissenschaftsorganisationen
FORSCHUNGSPROZESS PUBLIKATIONSSYSTEM AUSBILDUNG UND KARRIERE
• Gesellschaftliche Wirkung von Wissenschaft erhöhen.
• Neuartigkeit von
Forschungsergebnissen steigern.
• Forschungsthemen abseits des Mainstreams ermöglichen
.
• Reproduzierbarkeit von Forschungsarbeiten erhöhen.
• Bias in Publikationen reduzieren.
• Time-to-Publish von Forschungsergebnissen verkürzen.
• Zugänglichkeit von Forschungsdaten und -
ergebnissen für Dritte erhöhen.
• Zukunftskompetenzen in der Ausbildung von
wissenschaftlichem Nachwuchs verankern.
• Arbeitsbedingungen und Karrieremodelle für
Wissenschaftler:innen attraktivieren.
• Diversität der Forschenden
erhöhen.
6. Herausforderungen in den Forschungsprozessen
Gesellschaftliche Wirkung von Wissenschaft erhöhen
Lange war der Nutzen der wissenschaftlichen Forschung für die allgemeine Gesellschaft sowie für betroffene Stakeholdergruppen (z.B. Patient:innen) kein ausschlaggebendes,
erfolgsentscheidendes Merkmal. Dies hat sich angesichts großer gesellschaftlicher und ökologischer Herausforderungen geändert: Vielen Wissenschaftler:innen ist mittlerweile bewusst, dass hier neue Anforderungen gestellt werden. Dies verändert Forschungsprozesse: Um einen erhöhten gesellschaftlichen Impact zu erzielen, bedarf es neuer Kollaborationspraktiken, etwa der Einbindung von betroffenen Stakeholder-Gruppen oder stark interdisziplinär zusammengesetzte und arbeitende Forschungsgruppen. Dies führen jedoch meist zu einem erhöhten Mehraufwand, welcher selten entsprechend incentiviert wird.
Beobachtete Entwicklung: Kollaboration mit „unüblichen“ Partner:innen der Wissenschaft, etwa Einbindung der Bevölkerung, und Adressierung gesellschaftlicher Problemstellungen nimmt zu.
Suchfrage: In welcher Form und wo/wie (Förderprogramme, Institutionen) wird gesellschaftlicher Impact in der Forschung gefördert?
Neuartigkeit von Ergebnissen steigern
Viele Forschungsarbeiten führen zu einem geringen Erkenntnisgewinn. Dies liegt u.a. am starken Publikationsdruck, der bei Wissenschaftler:innen die Publizierbarkeit von Arbeiten in den
Vordergrund und die tatsächliche Neuartigkeit (in methodischen Zugängen, Fragestellungen, etc.) in den Hintergrund drängt. Oftmals werden bloß kleinteilige Ergebnisse mit einem sehr geringen Erkenntnisgewinn veröffentlicht.
Beobachtete Entwicklung: In den vergangenen Jahren hat sich der Fokus auf Publizierbarkeit anstatt Erkenntnisgewinn durch den steigenden Wettbewerbsdruck verstärkt.
Suchfrage: Was wird in der Wissenschaft getan, um eine hohe Neuartigkeit von Ergebnissen und Erkenntnisgewinn zu fördern?
Forschungsthemen abseits des Mainstreams ermöglichen
Generell kann eine Reduktion der Forschungsthemen und eine Hinwendung zu Mainstream-Themen beobachtet werden. Gründe sind u.a. die fehlende Freiheit der Forscher:innen sein,
Forschungsthemen selbst bestimmen zu können (beispielsweise aufgrund der Vorgaben des Lehrstuhls), Lenkungs- und Herdeneffekte durch die Art der Vergabe von Drittmitteln und durch die Ausrichtung der Journals oder die geringe öffentliche Aufmerksamkeit für Nischenthemen. Auch ein Bias in der Evaluierung von Förderungen (Mainstream-Themen sind einfacher zu evaluieren)
führt zu der geringen Diversität an bearbeiteten Forschungsthemen.
Beobachtete Entwicklung: : In den vergangenen Jahren hat sich dieser Trend zur Fokussierung auf Mainstream-Themen in der Wissenschaft verstärkt.
Suchfrage: Welche Initiativen gibt es, um die Vielzahl an bearbeiteten Themen, auch abseits des Mainstreams, zu erhöhen?
7. Herausforderungen im Publikationssystem (1/2)
Reproduzierbarkeit erhöhen
Innerhalb als auch außerhalb der Wissenschaft wird die abnehmende Qualität und Relevanz der Forschungsergebnisse und der damit einhergehende Vertrauensverlust in wissenschaftliche Ergebnisse beobachtet. Abnehmende Qualität bedeutet unter anderem, dass die Ergebnisse einer statistisch signifikanten Studie oder eines Experiments nicht reproduziert werden können bzw. vielfach gar nicht der Versuch unternommen wird, die Arbeiten zu wiederholen, da Replikationsstudien keinen hohen Stellenwert in der
Wissenschaft haben. Die weit verbreitete Verwendung nicht-reproduzierbarer Ergebnisse und ihre Auswirkung auf das Wissenschaftssystem ist als kritisch anzusehen.
Beobachtete Entwicklung: In den vergangenen Jahren hat sich der Trend zu einmaligen Forschungsarbeiten, die nicht repliziert werden, kontinuierlich fortgesetzt.
Suchfrage: Wo gibt es bereits Initiativen, um die Reproduzierbarkeit bzw. generell die Qualität in der Wissenschaft zu erhöhen?
Publikationsbias reduzieren
Bei der Veröffentlichung von wissenschaftlichen Ergebnissen gibt es einen starken Trend hin zur Veröffentlichung von positiven Forschungsergebnissen. Negativergebnisse werden üblicherweise nicht publiziert. Das hat zur Folge, dass in der Wissenschaft häufig Daten so lange neu interpretiert werden, bis die Ergebnisse positiv sind. Dadurch gehen große Mengen an wertvollem Wissen für die Wissenschaft verloren, Forschungsarbeiten werden unnötigerweise wiederholt.
Beobachtete Entwicklung: Auch wenn das Bewusstsein hinsichtlich der Bedeutung von Negativdaten und dem Teilen von Rohdaten gestiegen ist, hat sich der Fokus auf Positivdaten kontinuierlich fortgesetzt.
Suchfrage: Wo können negative Ergebnisse von Forschungsarbeiten publiziert werden?
7. Herausforderungen im Publikationssystem (2/2)
Time-to-Publish von Ergebnissen verkürzen
Von der Idee bis zur finalen Publikation vergehen in der Wissenschaft nicht selten Jahre. Das liegt unter anderem am zeitaufwendigen Review-Prozess. Relevante Ergebnisse werden dadurch erst sehr spät anderen Wissenschaftler:innen und der Öffentlichkeit zugänglich gemacht. Die Wissenschaft kann damit nicht auf aktuelle, gesellschaftlich relevante Problemstellungen reagieren. Dies wird verschärft durch die sinkende Bereitschaft von Wissenschaftler:innen, am Reviewprozess teilzunehmen, was unter anderem am mangelnden Belohnungssystem liegt.
Beobachtete Entwicklung: Dem allgemeinen Trend, wissenschaftliche Ergebnisse nur sehr zeitverzögert zu veröffentlichen, steht ein kleinerer Gegentrend im Zusammenhang mit COVID-19 gegenüber, Rohdaten und Ergebnisse kurzfristig zu veröffentlichen.
Suchfrage: Was wird getan, um den Time Lag zu reduzieren, der zwischen Entstehen einer Idee, dem Durchführen einer Forschungsarbeit und der Veröffentlichung der Resultate liegt?
Zugänglichkeit von Forschungsdaten und -ergebnissen für Dritte erhöhen
Bereits generierte Forschungsdaten werden üblicherweise anderen Kolleg:innen in der Wissenschaft nicht oder nicht in einer verwertbarten Form (z.B. Datenstruktur) zur Verfügung gestellt. Das Teilen von Daten ist wenig verbreitet, einzelne Vorreiterdisziplinen wie die Astronomie bzw. das Themenfeld COVID-19 stellen eine Ausnahme dar. Hier fehlt es jedoch häufig an Unterstützungsmöglichkeiten, die einen Anreiz zum Teilen von Forschungsdaten in der Wissenschaft setzen.
Bereits weiter fortgeschritten ist die Entwicklung bei der Zugänglichmachung von Forschungsergebnissen. Hier ist ein starker Trend zur Öffnung in Form von Open Access Publikationen zu beobachten.
Beobachtete Entwicklung: Die (Wieder-)Nutzung von Forschungsdaten findet bisher nur in geringem Ausmaß statt, während Publikationen von Ergebnissen in Open Access langsam zum internationalen Trend werden.
Suchfrage: Wie entwickelt sich Open Science? Welche anderen Maßnahmen werden vorangetrieben, um Open Science voranzutreiben?
8. Herausforderungen in der Ausbildung und Karriere von Wissenschaftler:innen
Zukunftskompetenzen in der Ausbildung verankern
Die Ausbildung junger Wissenschaftler:innen hinkt vielfach den Anforderungen der realen Wissenschaftswelt hinterher. Ein deutlicher Mangel der Verankerung in den Curricula der Studiengänge ist hinsichtlich Interdisziplinarität zu erkennen. Auch digitale Kompetenzen, inklusive dem Umgang mit Big Data in der Forschung, werden kaum aufgebaut. Generell hat die Nachwuchs-
Ausbildung in der Wissenschaft eine zu geringe Priorität.
Beobachtete Entwicklung: Entgegen der allgemeinen Entwicklung, die wenig Fokus auf eine hochqualitative Nachwuchs-Ausbildung zeigt, wurden im Zuge der Covid-19-Krise die Themen digitale Kompetenzen sowie Interdisziplinarität stark thematisiert, daher ist auf eine Trendumkehr in diesem Bereich zu hoffen.
Suchfrage: Inwieweit fließen Zukunftskompetenzen in die Ausbildung von Wissenschaftler:innen ein?
Arbeitsbedingungen und Karrieremodelle attraktivieren
Derzeit ist es besonders für junge Wissenschaftler:innen schwer, langfristige Karriereperspektiven innerhalb der Wissenschaft zu finden. Besonders im deutschsprachigen Raum ist der
akademische Mittelbau von einer starken Präkarisierung gekennzeichnet (z.B. hoher Anteil an befristeten Verträgen). Darüber hinaus sind vor allem junge Wissenschaftler:innen einem starken Publikationsdruck ausgesetzt. Das führt zu starken psychischen Belastungen und in weiterer Folge dazu, dass viele gut ausgebildete Wissenschaftler:innen die Wissenschaft verlassen („Brain Drain“).
Beobachtete Entwicklung: Das Problembewusstsein hinsichtlich der Arbeitsbedingungen ist inzwischen stark entwickelt, allerdings gibt es nur wenige Gegenmaßnahmen.
Suchfrage: In welchen Institutionen wird an neuen Arbeitsbedingungen und Karrieremodellen gearbeitet und wie werden diese Probleme adressiert?
Diversität der Forschenden erhöhen
In der Wissenschaft herrscht eine zu geringe Diversität unter den Forschenden, etwa in Bezug auf Gender, Alter und Ethnie. Diese Ungleichheit zieht sich durch alle Bereiche, ist systematisch verankert und verstärkt sich tendenziell im Karriereverlauf.
Beobachtete Entwicklung: In der Covid-19-Krise haben Frauen nachweislich weniger publiziert als Frauen, da sie familiäre Fürsorgepflichten wahrnehmen mussten. Generell ist davon auszugehen, dass als Begleiterscheinung der Wirtschaftskrise die Diversität auch im Wissenschaftssystem abnehmen wird.
Suchfrage: Wie wird das Diversitätsproblem in der Wissenschaft konkret adressiert?
9. Transtheoretisches Modell als Raster für den Paradigmenwechsel
Wieweit der Paradigmenwechsel im Wissenschaftssystem fortgeschritten ist, wird in dieser Studie anhand eines Change Modells, dem sogenannten transtheoretischen Modell (Prochaska, J., 1994) aufgezeigt. Dieses Modell veranschaulicht, welche Herausforderungen bereits im Bewusstsein verankert sind bzw. systematisch mit Maßnahmen adressiert werden und wie stark diese fortgeschritten sind.
Abbildung 1 Transtheoretisches Modell von Prochaska, J. (1994)* (Adaption durch winnovation) Phase 1:
Bewusstsein fehlt
Phase 2:
Bewusstsein steigt und Veränderung ist
wünschenswert
Phase 3:
Pilotprojekte werden gestartet
Phase 4:
Systematische Umsetzung
Phase 5: Aufrechterhaltung der Situation
In Phase eins ist kein
Bewusstsein zu Problematiken oder Herausforderungen vorhanden.
Das Bewusstsein über die Problematiken und Herausforderungen ist vorhanden, und eine
Veränderung wird erwünscht.
Diese wird jedoch noch nicht aktiv angestrebt.
In Phase 3 werden erste Schritte hin zur Veränderung aktiv gesetzt und erste
Pilotprojekte aufgesetzt sowie durchgeführt.
Es erfolgt eine systematische Umsetzung der Projekte, und diese werden von anderen Institutionen kopiert.
Die systematische Umsetzung von neuen Projekten wird zum neuen Status-Quo.
10. Paradigmenwechsel in der Wissenschaft aktuell in den Phasen 2 bis 4
Ein wesentliches Ergebnis der Datenauswertung in dieser Kurzstudie ist, dass der Wandel im Wissenschaftssystem in die Phasen 2 bis 4 einzuordnen ist. Das heißt, dass die Phase 1, in welcher der Status Quo als nicht problematisch wahrgenommen wird, bereits überschritten wurde und international bereits entsprechende Gegenentwicklungen eingeläutet werden.
Das Bewusstsein, dass sich Wissenschaft wandeln muss, ist generell als sehr hoch einzustufen (Phase 2)
In der Wissenschaft selbst ist das Bewusstsein, dass sich das Wissenschaftssystem ändern muss bzw. sollte, bereits sehr stark ausgeprägt. Wissenschaftler:innen können die konkreten Herausforderungen benennen und leiden vielfach unter dem Status Quo, sehen jedoch selbst wenig Ansatzpunkte, das träge Wissenschaftssystem zu verändern.
Sehr viele Pilotprojekte in Richtung einer zukunftsfähigen Wissenschaft wurden international bereits gestartet, es wird mit Interventionen gearbeitet und experimentiert (Phase 3)
In den Fokusbereichen der unterschiedlichen Herausforderungen wurden bereits eine Vielzahl an Pilotprojekten gestartet. Viele davon laufen noch, Auswertungen fehlen.
Dadurch ist bei Expert:innen, die sich mitunter intensiv mit Herausforderungen des Wissenschaftssystems beschäftigen, wenig Wissen über die wachsende Zahl an Pilotprojekten und Umsetzungen vorhanden.
Ein Teil der Veränderungen wird bereits im Wissenschaftssystem verankert (Phase 4) Einigen Herausforderungen werden bereits mit systematischen Umsetzungsinitiativen in den Institutionen adressiert. Diese Phase ist noch leicht schwächer als jene der
Pilotprojekte entwickelt, es ist jedoch damit zu rechnen, dass hier viele Projekte nachkommen werden.
11. Hohe Zahl der Frontrunner zeigt, dass Paradigmenwechsel stattfindet.
Die folgende Grafik zeigt die identifizierten internationalen Frontrunner-Beispiele in den Phasen 3 (Pilotprojekte gestartet) und 4 (Systematische Umsetzung) des
transtheoretischen Modells. Als Frontrunner werden in dieser Studie fortschrittliche Beispiele bezeichnet, welche die im System herrschenden Herausforderungen in einer oder mehreren Dimensionen adressieren. Je weiter links die Projekte eingeordnet sind, desto weniger weit ist die Umsetzung fortgeschritten. Befinden sich die Projekte weiter rechts in der Grafik, werden sie systematisch umgesetzt. Die Einordung auf der y-Achse hingegen ist jedoch in dieser und den folgenden Darstellungen zu vernachlässigen.
12. Paradigmenwechsel auf den unterschiedlichen Interventionsebenen
Die große Dichte der Frontrunner-Projekte besonders in einem bereits etablierteren Stadium zeigt, dass viel Bewegung ins Wissenschaftssystem gekommen ist, wenngleich sich der Wandel in einem frühen Stadium befindet. Die hohe Zahl der Pilotprojekte weist darauf hin, dass bald mit einer größeren Wellenbewegung zu rechnen ist – weil ein Teil der erfolgreichen Piloten in den Regelbetrieb übergeführt werden wird.
Auf Ebene des globalen Umfeldes sind insbesondere im Publikationssystem (gelb) einige Frontrunner-Projekte zu erkennen, deren Umsetzung schon systematisch stattfindet.
Hier gibt es somit bereits mehrere Möglichkeiten, Forschungsdaten und -ergebnisse breit zu teilen. Globale bzw. internationale Initiativen können den Paradigmenwechsel besonders schnell vorantreiben, da sie eine sehr große Reichweite haben.
Auf Ebene der Drittmittel- und Fördergeber zielt eine höhere Anzahl von Beispielen auf Veränderungen im Bereich von Forschungsprozessen (blau) ab. Generell kann beobachtet werden, dass im internationalen Kontext Drittmittel und Fördergeber besonders aktiv den Paradigmenwechsel vorantreiben. Besonders private Fördergeber (hauptsächlich Stiftungen) sind hier als Treiber hervorzuheben, welche zum Beispiel neue Kriterien für die Vergabe von Drittmittelförderung anwenden.
Auf der Ebene der Strategie und Organisation der Forschungsinstitution finden besonders viele Projekte im Bereich Forschungsprozesse sowie Ausbildung und Karriere von Wissenschaftler:innen statt. Auf diese beiden Bereiche haben Institutionen logischerweise am meisten Einfluss, während das Publikationssystem von dieser Ebene aus praktisch kaum adressiert werden kann. Die Interviews haben gezeigt, dass die Angst vor Verlust an Wettbewerbsfähigkeit im internationalen Wissenschaftssystem ein wesentlicher Grund ist, warum nicht noch mehr Forschungsinstitutionen aktiv Veränderungsprozesse angehen.
Insgesamt sehr wenige Projekte zu Individuen und Teams wurden identifiziert. Dies liegt hauptsächlich daran, dass auf diesem Micro-Level zwar in der Praxis viel experimentiert wird, diese Initiativen jedoch oft klein bleiben und damit kaum sichtbar und fassbar gemacht werden können.
13. Zahlreiche Institutionen und Geldgeber treiben bereits eine Öffnung der Forschungsprozesse voran
Im Themenbereich Forschungsprozess wurden zahlreiche Frontrunner-Projekte identifiziert. Besonders viele Beispiele zielen auf eine Erhöhung der gesellschaftlichen Wirkung von Wissenschaft ab. Hier reichen die Beispiele von der Einbindung der SDGs in die Themenfindung bis hin zu Metriken zur Messung von gesellschaftlichem Impact. Besonderen Niederschlag findet dieses Thema beispielsweise in der Ausschreibung von Förderungen sowie als Einstellungskriterien zu offenen Positionen im Wissenschaftssystem. Aber auch die Themen Kooperation, Austausch sowie Interdisziplinarität werden angegangen, um eine höhere gesellschaftliche Wirkung von Wissenschaft zu erreichen.
Einzelne Projekte, vor allem Piloten, zielen auf die Steigerung der Neuartigkeit von Forschungsergebnissen und das Aufgreifen von Forschungsthemen abseits des Mainstreams in der Wissenschaft ab.
14. Wenige, jedoch systematisch umgesetzte Frontrunner-Projekte im Publikationsbereich
Da das wissenschaftliche Publikationssystem bisher von einigen wenigen, kommerziell sehr erfolgreichen Verlagen geprägt war, ist hier ein Paradigmenwechsel besonders schwer umzusetzen. Es zeigt sich jedoch, dass bereits mehrere, durchaus nachhaltige Frontrunner-Projekte hier tätig sind, die teilweise über das Stadium der Pilotprojekte hinausgehend auf systemische Veränderung abzielen. Insbesondere bei der Zugänglichmachung von Daten und Ergebnissen ist dies der Fall. Wissenschaftler:innen und Institutionen sind sich der Mängel im klassischen Publikationssystem bewusst und nutzen neue Möglichkeiten (z.B. Veröffentlichung von Ergebnissen auf Preprint-Servern), die einseitige Fokussierung auf Impact-Faktoren und die Vormachtstellung der Verlage zu unterbinden.
15. Frühe Explorationsphasen im Bereich Ausbildung und Karriere
Im Themenbereich Ausbildung wurden konnten zwar insgesamt weniger Frontrunner-Beispiele identifiziert werden als in den übrigen Bereichen. Es zeigt sich jedoch, dass hier sehr wohl
Pilotprojekte entstehen, die eine Modernisierung der Curricula, Verbesserungen in den Arbeitsbedingungen und Karrieremodellen als auch eine Erhöhung der Diversität der Forschenden zum Ziel haben.
16. Zusammengefasste Beobachtungen der Ergebnisse
Forschungsprozess
Die Erhöhung der gesellschaftlichen Wirkung von Wissenschaft nimmt eine wichtige Rolle im Paradigmenwechsel ein. Dieses Ziel verändert bereits Forschungsprozesse in verschiedenen Ländern und
Institutionen und kann als Treiber eines Wandels gesehen werden.
Gleichzeitig sind jedoch auch erste Ansätze erkennbar, den
Erkenntnisgewinn – auch in unüblichen Themenbereich – zu steigern.
Publikationssystem
In das starre, global organisierte Publikationswesen kommt erkennbar Dynamik. Am weitesten ist die Entwicklung hinsichtlich Open Access Publikationen, die Teilbereichen der Wissenschaft in den nächsten Jahren zum Standard werden dürften. Durchaus nachhaltige Initiativen entstehen jedoch auch hinsichtlich der Publikation von Negativdaten, schnellere Veröffentlichung von Forschungsergebnissen und die Wiedernutzung von Daten.
Ausbildung und Karriere
Die Abbildung zeigt, dass im Thema Ausbildung und Karriere von Wissenschaftler:innen noch kein starker Paradigmenwechsel erkennbar ist, obwohl das Bewusstsein für Herausforderungen in diesem Bereich bei den Wissenschaftler:innen selbst stark entwickelt ist.
Hier liegt es an den Forschungsinstitutionen selbst als auch an der Politik, mehr Anreize für Veränderung zu setzen, weil die
Weiterentwicklung der Humanressourcen unverzichtbar für Exzellenz im Wissenschaftsbetrieb ist.
17. Kerncharakteristika eines zukunftsfähigen Wissenschaftssystems
Basierend auf der Auswertung der Sekundärdaten sowie den Gesprächen mit Pionier:innen des Paradigmenwechsels im internationalen Wissenschaftssystem wurden die folgenden Kerncharakteristika für ein zukunftsfähiges Wissenschaftssystem identifiziert.
Sie zeigen, dass eine Öffnung des Wissenschaftssystems gegenüber der Gesellschaft, intensivierte Kollaboration zwischen unterschiedlichen Disziplinen und Forscher:innen mit Exzellenz (hohe Qualität der Ergebnisse, innovative und neuartige Forschungsthemen) einhergeht.
Der Exzellenzbegriff muss, das ist anhand der internationalen Entwicklung absehbar, um diese Dimensionen erweitert werden. Um die bestehenden Herausforderungen im Wissenschaftssystem zu adressieren, muss ein Umdenken in der Wissenschaft stattfinden. Die Frontrunner-Beispiele zeigen gut, dass in der Wissenschaft neue
Kerncharakteristika nachgefragt werden.
18. Der Weg zur Exzellenz - mehrdimensionale Definition von wissenschaftlicher Qualität
Ein Umdenken in der Bewertung der Qualität wissenschaftlicher Leistung gilt als zentraler Ansatzpunkt für den Paradigmenwechsel im Wissenschaftssystem. Unter Einbeziehung neuer Metriken kann eine offenere Definition von der Bewertung wissenschaftlicher Leistung erreicht werden. Dadurch kann ein wesentlicher Beitrag zum Paradigmenwechsel erreicht werden.
Das Modell ist eine vereinfachte Darstellung eines komplexen Sachverhaltes.
IST-Zustand
Fokus auf traditionelle Definition von
wissenschaftlicher Qualität
Traditionelle Definition von wissenschaftlicher Qualität ist entscheidend für den Erfolg von Wissen-
schaftler:innen und Forschungseinrichtungen
Wissenschaftler:innen achten primär auf
Qualität im traditionellen Sinne (Publikationen), andere wünschenswerte Eigenschaften werden nicht beachtet bzw.
honoriert
SOLL-Zustand
Fokus auf erweiterte Definition von
wissenschaftlicher Qualität
Neue, erweiterte Definition von wissenschaftlicher Qualität ist entscheidend für den Erfolg von Wissen- schaftler:innen und Forschungseinrichtungen
Wissenschaftler:innen praktizieren andere, für das Gesamtsystem wünschenswerte Verhaltensweisen im Rahmen ihrer Tätigkeit, weil diese Beachtung finden und belohnt werden
19. Aktueller Anlass: Auswirkungen von Covid-19 auf das Wissenschaftssystem
Im Zuge der Covid-19-Krise hat sich gezeigt, dass das Forschungssystem auf veränderte Rahmenbedingungen schnell reagieren kann. Vor allem kleinere Veränderungen, die auf breiteren, schon früher startenden Entwicklungen aufsetzten, waren erkennbar. Es zeigen sich jedoch keine grundlegende Veränderung im Wissenschaftssystem. Daraus kann man schließen, dass das Wissenschaftssystem nicht sehr agil auf veränderte Rahmenbedingungen reagier
Positive Verstärkung:
• Verstärkte Interdisziplinarität
• Sehr schnelles Aufsetzen neuer Förderprogramme durch Fördergeber
• Mehr Offenheit:
• Austausch an Daten / Vielzahl an Preprints / Open Access
• Zurverfügungstellen von Governmental Data
• Shift zu Open Access bei Verlagen
• Nationale Bestrebungen für mehr Austausch und Kollaboration (Plattformen, etc.)
• Verkürzung von Publikationszeiten (Fast-Tracking)
• Stärkere Bürgerbeteiligungen z.b. Folding at Home
Negative Verstärkung:
• Weniger Diversität (z.B. durch Fürsorgepflichten von jungen Forscher:innen)
Offene Fragen, die zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht beantwortbar sind:
Wie drückt sich das auf lange Sicht aus?
20. Relevanz der Ergebnisse für das österreichische System
Aktuell werden in vielen Bereichen des Wissenschaftssystems Veränderungen beobachtet, die auf einen Paradigmenwechsel hinweisen. Dieser befindet sich noch in einem frühen Stadium, Mittel- und langfristig sind stärker wahrnehmbare Veränderungen zu erwarten, die eine Neudefinition des Begriffs wissenschaftlicher Exzellenz miteinschließen. Länder und
Organisationen, die ausreichend früh Schritte in die richtige Richtung setzen und sich für Veränderung öffnen, ohne nachteilige Wirkungen im globalen Wissenschaftsbetrieb zu riskieren, können die Chance nutzen und sich als Vorreiter innerhalb des Wissenschaftssystems positionieren.
Österreich hat als hochentwickelter, jedoch in seiner Größe überschaubarer Forschungs- und Innovationsstandort den Vorteil, schnell reagieren zu können. Für eine nachhaltige Positionierung des Wissenschaftssystem sollten zeitnah die Merkmale wissenschaftlicher Qualität und Leistung neu definiert bzw. ergänzt und in den Leistungsvereinbarungen bzw. Förderverträgen entsprechend verankert werden. Durch die neue Art, Wissenschaft zu denken und zu betreiben, kann sich Österreich nicht nur als Vorreiter und First Mover im Paradigmenwechsel etablieren, sondern durch die gesteigerte Qualität der Forschung als innovativer Wissenschaftsstandort positionieren.
Wenn Politik, Fördergeber und Forschungsinstitutionen gemeinsam Schritte in Richtung forcierte Antizipation eines frühen Paradigmenwechsels gehen, kann Österreich die richtigen Impulse für den Umbruch zu einem neuartigem Wissenschaftssystem setzen. In der folgenden Abbildung 11 werden die wesentlichen Interventionsebenen und Instrumente dargestellt.
21. Empfohlene internationale Expert:innen für eine Begleitung des Paradigmenwechsels in Österreich
Die folgenden Expert:innen haben während den Gesprächen sehr wertvollen Input, sowohl zu den Problemstellungen als auch zu Frontrunner-Beispiel sowie selber erarbeiteten Lösungsvorschlägen gegeben. Es kann daher empfohlen werden, diese Expert:innen auch in den weiteren Prozess miteinzubeziehen.
Institution Name Position Land Relevantes Feld
Research on Research,
University of Sheffield James Wilsdon Digital Science Professor of Research Policy,
Director UK Guter Überblick über sämtliche
Themen Centre for Science and
Technology Studies (CWTS), Leiden University
Ingeborg Meijer Senior researcher in research policy and
evaluation NL Evaluation von Wissenschaft und
Forschungspolitik
Mitacs (Förderagentur) Lissa Matyas Abteilungsleiterin CA Innovative Ansätze aus Sicht der Fördergeber
Open University of Catalunya Nadja Gmelch Director Open Knowledge Projects ES Einbindung der Gesellschaft in das Setzen von Forschungsthemen
Universität Ottawa / CIRAD Etienne Hazelin Professor CA/FR Impact-Messung und Entwicklung
von Impact
21. Appendix
Im folgenden werden die Frontrunner-Projekte genauer beschrieben
BioMed Central (Journal of Negative Results in Biomedicine)
Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) Deutschland CIRAD – Agricultural Research Center for Development
Cold Spring Harbor Press (bioRxiv) EMBO Press
European College of Neuropsychopharmacology
European Geosciences Union (EGU) (Atmospheric Chemistry and Physics) Gesellschaft DIALOGIK (DE) unter Einbeziehung 7 europäischer Forschungs- und Förderorganisationen
Georgia Institute of Technology, Leiden University Hartstichting (Heart Foundation) Netherlands Health Research Council (HRC)
Mitacs Research Organization
Nature-Springer (Scientific Data Journal) Nipissing University
Open University of Catalunya (UOC) OSF Registries Network
PubPeer Foundation (PubPeer) Research Excellence Framework (REF) TU Nürnberg
Universität Bonn, Fakultät Wirtschaftswissenshaften University College of London (UCL)
Universität Gent
University of Wisconsin-Madison VSNU/NFU/NWO
VW Stiftung Wellcome Trust
Zusammenschluss niederländischer Universitäten
Name: Journal of Negative Results Initiator: BioMed Central
Herkunft, Ort: UK Besonderheit:
• Beispiele für wissenschaftliche Journals, die sich auf Veröffentlichung von Negativdaten spezialisiert haben
• Ziel: Die Förderung der Veröffentlichung von kontroversieller-, unerwarteter-, provokativer und negativer wissenschaftlicher Forschungsergebnisse
• Hohe Qualität der veröffentlichen Ergebnisse durch Peer-Review
• Das bekannte Journal of Negative Results in Biomedicine hat seinen Betrieb eingestellt
• Das Journal of Negative Results in Ecology & Evolutionary Biology ist in seinem Feld bekannt, hat jedoch wenig Nachfrage
• Forschende sehen die Wichtigkeit, auch negative Ergebnisse zu publizieren, haben jedoch wenig Incentives, dies auch aktiv zu verfolgen
Adressierte Challenges: Zugänglichkeit von Forschungsdaten und -ergebnissen für Dritte erhöhen, Publikationsbias verringern Interventionsebene: Globales Umfeld
Link: https://jnrbm.biomedcentral.com/
Name: Förderung von Citizen Science-Projekten
Initiator: Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) Herkunft, Ort: Deutschland
Besonderheit:
• Ziel ist es, Wissenstransfer zwischen Forschung und Gesellschaft zu stärken und die Auswirkung von Citizen Science-Projekten auf die beteiligten Akteur:innen besser zu verstehen
• Durch gezielte Förderung soll Zusammenarbeit und Vernetzung von Bürger:innen mit Forschungseinrichtungen dauerhaft in Gesellschaft und Wissenschaft verankert werden
• Begleitung der Projekte in Hinblick auf Optimierungspotentiale, Wirtschaftlichkeit, Output sowie Outcome Adressierte Challenges: Gesellschaftlicher Impact
Interventionsebene: Drittmittel- und Fördergeber
Link: https://www.bmbf.de/foerderungen/bekanntmachung-2668.html
https://www.buergerschaffenwissen.de/
Name: Gesellschaft der Ideen – Wettbewerb für Soziale Innovationen Initiator: Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF)
Herkunft, Ort: Deutschland Besonderheit:
• Ziel ist forschungsbasierte Entwicklung gesellschaftlicher Innovation
• Unterschiedliche Akteursgruppen sollen gemeinsam mit wissenschaftlichen Einrichtungen Ideen in Lern- und Experimentierräumen erproben
• Eingereichte Ideen werden partizipativ online durch Bürger:innen bewertet
• Nach maximal 2-jährigen Forschungsprojekten werden Projekte in einer Anschlussförderung längerfristig unterstützt
• Während dieser Zeit werden die Projekte mit Coaching, Matching und Kommunikation begleitet
• Begleitende Forschung und Evaluation, um Lerneffekte für die Forschungs-förderung sicherzustellen Adressierte Challenges: Gesellschaftlicher Impact
Interventionsebene: Drittmittel- und Fördergeber
Link: https://www.gesellschaft-der-ideen.de/
Name: ImpresS – Impact of Research in Agricultural Research Initiator: CIRAD – Agricultural Research Center for Development Herkunft, Ort: Frankreich
Besonderheit:
• Ziel des Research Center ist es zu verstehen, in welchem Ausmaß die eigenen Forschungsprojekte realen Impact in den betroffenen Regionen erzielen können
• ImpresS ex post–Methode: Analyse ausgewählter Forschungsprojekte, um den Impact auch nach Beendigung des Projektes zu messen und zu verstehen, welche Erfolgsfaktoren Impact bedingen
• ImpresS ex ante-Methode: Vor Aufsetzen neuer Forschungsprojekte werden Learnings aus den Projekten genommen und evaluiert, wie Impact am besten mitgedacht werden kann
Adressierte Challenges: Gesellschaftliche Wirkung erhöhen Interventionsebene: Strategie und Organisation der Forschungsinstitution
Link: https://www.cirad.fr/en/our-research/the-impact-of-our-research
Kontakt
Name: Etienne Hainzelin
Unternehmen: CIRAD, University of Ottawa Position: Co-Koordinator ImpresS Task Force Mailadresse: [email protected]
Name: Preprint Server bioRxiv
Initiator: Cold Spring Harbor Laboratory Press Herkunft, Ort: USA
Besonderheit:
• Preprint Server für Lebenswissenschaften, der das Zuverfügungstellen von Forschungsergebnissen in Form von vorläufigen Manuskripten ohne bzw. vor Peer Review ermöglicht
• Manuskripte werden oftmals vor der „offiziellen“ Publikationen in einem Journal auf Preprint-Servern
veröffentlicht. Viele Journale akzeptieren mittlerweile Manuskripte, die vorher im Rahmen von Preprint Servern veröffentlicht wurden
• Dadurch werden die Ergebnisse anderen Wissenschafter:innen früher zugänglich gemacht. Diese Form der Vor- Publikation hat vor allem seit der Covid-19-Pandemie enorm an Zulauf gewonnen
Adressierte Challenges: Publikationsbias reduzieren, Time-to-publish verkürzen Interventionsebene: Globales Umfeld
Link: https://www.biorxiv.org/
Name: Transparenter Review Prozess („Open Reports“) Initiator: EMBO Press
Herkunft, Ort: Deutschland Besonderheit:
• Prominentes Beispiel für “Open Reports“, eine Form von „Open Peer Review“. Andere Beispiele sind die Journals
„eLife“ und der Verlag „BioMed Central (BMC)“
• Nach erfolgreichem Peer Review Prozess werden die Kommentare der Reviewer gemeinsam mit der finalen Publikation veröffentlicht. In manchen Fällen wird zusätzlich noch weitere Information veröffentlicht (z.B.
Entscheidungsbegründung zur Veröffentlichung durch die Editor:innen)
• Vorteile:
o Höhere Transparenz
o Erweiterter Zugang zu nützlicher aber bisher unzugänglicher wissenschaftlicher Information o Höhere Verantwortlichkeit und höhere Reviewqualität
o Höhere Nachvollziehbarkeit des Review Prozess Adressierte Challenges: Publikationsbias reduzieren
Interventionsebene: Globales Umfeld
Link: https://www.embo.org/news/articles/2019/a-decade-of-transparent-peer-review.html
Name: Best Negative Data Prize
Initiator: European College of Neuropsychopharmacology (ECPN) Herkunft, Ort: EU
Besonderheit:
• Im Rahmen des jährlichen ECPN Kongresses wird die beste Studie mit 10.000€ belohnt, die negative
wissenschaftliche Resultate oder Resultate veröffentlichen, die frühere Resultate nicht replizieren oder nicht der ursprünglichen Hypothese entsprechen
• Ziel des Preises ist es, Forschung robust und reproduzierbar zu machen und dadurch Wiederholungen von Studien (und den damit verbundenen Mehraufwand) zu verhindern
• Eines von mehreren Beispielen die Veröffentlichung von Negativdaten und Replikationsstudien belohnen: z.B.
Organization for Human Brain Mapping: Preis für die beste Replikationsstudie (unabhängig davon ob positiv oder negativ):
o
https://www.humanbrainmapping.org/m/pages.cfm?pageid=3731Adressierte Challenges: Reproduzierbarkeit erhöhen Interventionsebene: Globales Umfeld
Link: https://www.ecnp.eu/research-innovation/awards/best-negative-data-prize
Name: Public peer review beim Journal Atmospheric Chemistry and Physics (ACP) Initiator: European Geosciences Union (EGU)
Herkunft, Ort: Deutschland Besonderheit:
• Manuskripte werden direkt nach einem initialen „Access-peer-review“ in einem Online-Diskussionsforum
vorläufig veröffentlicht, und werden dann im Rahmen eines interaktiven, öffentlichen peer-review begutachtet
• Inkludiert Kommentare von Mitgliedern der Wissenschaftsgemeinschaft (nicht anonym), Antworten der Autoren sowie Kommentare von Reviewern (teilweise anonym)
• Der öffentliche Peer-review dient als Grundlage für das Akzeptieren eines Manuskriptes, und wird bei einem positiven Ergebnis mit dem finalen Artikel veröffentlicht
Adressierte Challenges: Time-to-Publish von Ergebnissen verkürzen, Publikationsbias reduzieren Interventionsebene: Globales Umfeld
Link: https://www.atmospheric-chemistry-and-physics.net/
Name: PROSO Projekt
Initiator: Gesellschaft DIALOGIK (DE) unter Einbeziehung 7 europäischer Forschungs- und Förderorganisationen (inkl. ITA der ÖAW) Herkunft, Ort: International
Besonderheit:
•
Promoting Societal Engagement in Research and Innovation
•
Ziele sind:
o
Anleitungen und Unterstützung, wie Bürger:innen sowie Drittsektor-organisationen (NGOs, zivilgesellschaftliche Organisationen) in Forschungs- und Innovationsprojekte integriert werden können
o
Entwicklung in Richtung Responsible Research and Innovation (RRI) stärken
•
Erwünschte Resultate:
o
Identifikation 6 kritischer Barrieren, die Einbindung von Bürger:innen und Drittmittelorganisationen hindern,
oEntwicklung von Möglichkeiten für Forschungspolitik, Förderorganisationen, Forschungseinrichtungen und
Drittsektorakteuren, um diese Barrieren zu senken,
oVeröffentlichung in Form des „PROSO Support Tools“
Adressierte Challenges: Gesellschaftliche Wirkung erhöhen
Interventionsebene: Drittmittel- und Fördergeber Strategie und Organisation an den Forschungsinstitutionen Link:
http://www.proso-project.eu/http://www.proso-project.eu/proso-support-tool-2018.pdf
Kontakt
Name: Dr. Marion Dreyer
Unternehmen: Gesellschaft DIALOGIK Position: Stv. Direktorin, Prokuristin Mailadresse: [email protected]
Name: Leiden Manifesto
Initiator: Georgia Institute of Technology, Leiden University Herkunft, Ort: Niederlande
Besonderheit:
• Erarbeitung von 10 Prinzipien einer neuen Art wissenschaftliche Leistung zu messen
• Prinzipien haben große Wirkung unter den Universitäten gezeigt und inspirieren viele Institutionen zu einem Umdenken
• Wichtige Punkte sind:
o Quantitative Untersuchungen statt einseitigen Peer Reviews
o Bewertung anhand des Forschungsziels der Institution, der Gruppe oder des Forschers o Berücksichtigung unterschiedlicher Publikations- und Zitierungskulturen
o Qualitative Einschätzung der Publikationsliste statt einseitige Zahlen (z.B. h-index) o Erkennung systematischer Effekte von Gutachten und Indikatoren
o regelmäßiges Hinterfragen und Aktualisiere der Indikatoren
Adressierte Challenges: Gesellschaftliche Wirkung erhöhen, Diversität der Forschenden erhöhen
Interventionsebene: Strategie und Organisation der Forschungsinstitutionlobales Umfeld
Link: http://www.leidenmanifesto.org/
Name: Miteinbeziehung der Gesellschaft bei Vergabe von Förderprojekten durch die niederländische Heart Foundation Initiator: Hartstichting (Heart Foundation) Netherlands
Herkunft, Ort: Niederlande Besonderheit:
Die niederländische Stiftung Hartstichting macht foglende Aktivitäten:
• Förderung von Forschung sowie Awareness-Aktivitäten im kardiovaskulären Bereich.
• Neue Wege der Bewertung von Forschungsanträgen durch aktiven Einbezug von Ärzt:innen sowie Patient:innen
• Höhere gesellschaftliche Relevanz der beforschten Themen
• Höhere wissenschaftliche Qualität der Projekte Adressierte Challenges: Gesellschaftliche Wirkung erhöhen
Interventionsebene: Drittmittel- und Fördergeber
Link: https://www.hartstichting.nl/over-de-hartstichting
Name: Grant lotteries beim Health Research Council Initiator: Health Research Council (HRC)
Herkunft, Ort: Neuseeland Besonderheit:
• Teilweise Vergabe von Förderungen aufgrund eines Lotterie-Systems
• Nach einer eingehenden Prüfung von Minimum-Standards nehmen Förderwerber an einer Lotterie teil. Mit diesem werden Förderungen nach Zufallsprinzip vergeben
• Neuartige Ideen und diverse Forschungsthemen (abseits vom Mainstream) werden eher zugelassen
• Weniger Bias bei der Bewertung von Forschungsanträgen
• Weniger administrativer Aufwand bei Förderwerber und der Förderagentur
• Weitere Förderagenturen (z.B. SNSF, Volkswagen Stiftung) führen dieses System ein Adressierte Challenges: Forschungsthemen abseits des Mainstreams ermöglichen
Interventionsebene: Drittmittel- und Fördergeber
Link: https://www.nature.com/articles/d41586-019-03572-7
Name: Kollaborationen werden durch Mitacs forciert Initiator: Mitacs Research Organization
Herkunft, Ort: Kanada Besonderheit:
• Die Förder- und Researchagentur Mitacs schafft gezielte Kollaboration in bestimmten, vordefinierten Gebieten (nationale Cluster)
• Nationale und international Akteure werden gezielt zusammengebracht und kollaborative Arbeitsweisen gefördert
• Kollaborationen zwischen Studierenden, Forschenden und Unternehmen werden incentiviert
• Besonderer Fokus auf junge Studierende, um deren offenes Mindset zu fördern
• Förderung von internationalen Kollaborationen sowie (interdisziplinäre) Zusammenarbeit, auch mit der Industrie) stark incentiviert
Adressierte Challenges: Neuartigkeit von Ergebnissen steigern, Zukunftskompetenzen in der Ausbildung verankern Interventionsebene: Drittmittel- und Fördergeber
Link: https://www.mitacs.ca/en / Information durch Interviews
Kontakt
Name: Lissa Matyas Unternehmen: Mitacs
Position: Vice-President, International Partnerships Mailadresse: [email protected]
Name: Scientific Data Journal Initiator: Nature Springer
Herkunft, Ort: UK / DE Besonderheit:
• Prominentes Beispiel für den steigenden Stellenwert von wissenschaftlichen Daten und Datensätzen als bedeutender wissenschaftlicher Output
• Scientific Data publiziert ausschließlich Data Papers
• Beschreibungen wissenschaftlich wertvoller Datensets mit den Daten
• Ziel: das Teilen und Wiederverwenden/-nutzen von Daten voranzutreiben und diejenigen Wissenschaftler:innen, die Datensets zur Verfügung stellen, anzuerkennen
• Data Papers werden mittlerweile in verschiedenen Journals publiziert
• Der Aufbau eines Journals, das auf Data Papers spezialisiert ist, durch einen der größten und einflussreichsten wissenschaftlichen Verlage, illustriert den hohen Stellenwert des Themas Adressierte Challenges: Zugänglichkeit von Forschungsdaten und -ergebnissen für Dritte erhöhen
Interventionsebene: Globales Umfeld
Link: https://www.nature.com/sdata/
Name: Unterschiedliche Professuren an der Nipissing University Initiator: Nipissing University
Herkunft, Ort: Kanada Besonderheit:
• Nipissing University hat unterschiedliche Professuren (research/teaching/ service professor)
• Dadurch können sich Professoren auf Aspekte konzentrieren, die ihrem Interesse entsprechen
• Besonders auf die Ausbildung hat das einen Einfluss: Professoren haben mehr Kapazitäten, sich der Ausbildung der Studierenden zu widmen, da sie nicht de Druck ausgesetzt sind, publizieren zu müssen
• Auch andere Institutionen im anglo-amerikanischen Raum verwenden dieses System (z.B. Harvard).
Adressierte Challenges: Zukunftskompetenzen in der Ausbildung verankern
Interventionsebene: Strategie und Organisation der Forschungsinstitution
Link: https://www.nipissingu.ca/research/staff
Name: Participatory final projects and Open Knowledge Action Plan Initiator: Open University of Catalunya (UOC)
Herkunft, Ort: Spanien Besonderheit:
•
Sourcing von Themen für Abschlussarbeiten (und in weiterer Folge Forschungsprojekten) in Zusammenarbeit mit NGOs.
Anstatt eine klassische „Diplomarbeit“ zu verfassen adressieren Forscher:innen und Studierende „Real-Life-Problems“
•
Teil des „Open Knowledge Action Plan“ der UOC:
•
Anerkennt die zentrale Rolle von Wissen, sowie Forschungs- bzw. höheren Bildungseinrichtungen zu einer fairen und nachhaltigen Zukunft
•
Offenheit dient als Grundprinzip der gesamten Universität und wird auf alle Phasen der Wissensgenerierung angewandt
•
Beinhaltet: Open access, open FAIR data, open learning, open innovation, open to society, resrarch evaluation models Adressierte Challenges: Gesellschaftliche Wirkung erhöhen
Interventionsebene: Strategie und Organisation der Forschungsinstitution
Link:
http://openaccess.uoc.edu/webapps/o2/bitstream/10609/99666/8/Dossier_Pla%20d%27Accio%20Coneixement%20Obert_En.pdf https://www.uoc.edu/portal/en/coneixement-obert/oberta-societat/treballs-finals-participatius/index.htmlKontakt
Name: Dr. Nadja Gmelch Unternehmen: UOC
Position: Director of Open Knowledge Projects Mailadresse: [email protected]
Name: Prä-Registrierung von Studien vor Studienbeginn Initiator: OSF Registries Network
Herkunft, Ort: International Besonderheit:
• Besonders in der Psychologie gibt es ein Problem mit der Reproduzierbarkeit von Studien. Eine Möglichkeit dieser Herausforderung zu begegnen sind Präregistrierungen:
• Präregistrierungen erlauben es den Autor:innen von Studien bereits auf die Studienskizze Feedback von ihren Peers zu bekommen
• Dadurch kann die Qualität von Studien bereits vor Beginn gehoben werden
• Die Verwendung dieser Präregistierungs-Tools nimmt im Rahmen der Open Science Diskussion, vor allem in der Psychologie, in den letzten Jahren merklich zu
Adressierte Challenges: Reproduzierbarkeit erhöhen Interventionsebene: Globales Umfeld
Link:
https://osf.io/registries/https://blog.bildungsserver.de/?p=6793