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Der „zerstreute Hammerwerksbesitzer"

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Zeitschrift des Historischen Vereines für Steiermark Jahrgang 100 (2009)

Der „zerstreute Hammerwerksbesitzer"

Nierhaus

Zur Geschichte der ehemals größten steirischen Zeughammergevverkschaft von 1875 bis 1967

Von B e r n h a r d A, ' R e i s m a n n

Die Zeughammergewerkschaft Nierhaus, deren Werke vom Semmering bis Brück an der Mur verstreut situiert waren, bildete zu ihrer Blütezeit, um das Jahr 1916, mit über 260 Mitarbeitern den größten Betrieb ihrer Art in der Steiermark. Mit dem vor- liegenden Aufsatz wird der Versuch unternommen, ein bedeutendes Stück steirischer Industriegeschichte dem Vergessen zu entreißen. Dies gestaltet sich umso schwieri- ger, als das Werksarchiv beim Konkurs der Gewerkschaft fast vollständig vernichtet und der verbleibende Rest auf mehrere Orte des Landes verstreut wurde. Es war ein Glücksfall, dass Franz Hofer, der Mitbegründer des Vereines „Eisenstraße", einen Teil des verbliebenen Archivbestandes 1967 nach Trofaiach bringen konnte und damit vor der Vernichtung rettete.

Die gesamte Darstellung musste notgedrungen unter diesen Voraussetzungen leiden, und es gelang nicht immer, ein lückenloses und vollständiges Bild der Ge- schehnisse und Zusammenhänge zu rekonstruieren. Viele Fakten konnten nur den einschlägigen Regionalzeitungen entnommen werden, andere konnten durch die umfangreiche Sammlung des Herrn Herbert Nierhaus, eines Sohnes des letzten Ge- werken, erschlossen werden. Für die bereitwillig gewährte Einblicknahme sei ihm an dieser Stelle von ganzem Herzen gedankt. Nicht vergessen seien auch die vielen, großteils bereits verstorbenen Gewährspersonen, die in zahlreichen Interviews stun- denlang Rede und Antwort standen und viele aufgetretene Fragen beantworten konn- ten. Ohne sie wäre die folgende Darstellung nicht möglich gewesen.

I. Die Firmeninhaber

1.1 Der Betriebsgründer Carl Nierhaus (Besitzer 1875-1899)

Im letzten Drittel des 19. Jahrhunderts vollzog sich eine „exogene Erneuerung"

der steirischen Eisenindustrie. Wie viele andere steirische Gewerken und Indus- trielle - man denke im Mürztal nur an Heinrich Bleckmann, den Begründer der Bleckmannwerke in Mürzzuschlag, oder die Industriellen Vogel und Noot, die in

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Wartberg einen bedeutenden Industriebetrieb errichteten -, stammte auch Carl August Nierhaus, der eine der bedeutendsten steirischen Hammergewerkschaften schaffen sollte, aus der traditionsreichen und relativ früh industrialisierten Rheinregion um Solingen und Düsseldorf.

Der Familienstammbaum der Nierhaus reicht gesichert bis zu einem Peter zu Nierhausen zurück, der im Jahr 1704 in Mühlheim an der Ruhr eine Frau namens Elisabeth geehelicht hatte und zum Stammvater einer weit verbreiteten Kaufmanns- und Gewerkendynastie wurde, die hauptsächlich in Düsseldorf und Ronsdorf am Rhein ansässig war. Carl August Nierhaus war das vorletzte von zehn Kindern und erblickte am 7. Februar 1844 eben in Ronsdorf am Rhein das Licht der Welt.1 Wie sein älterer Bruder Heinrich sehr am Montanwesen und der aufstrebenden Eisenin- dustrie interessiert, ging er im Gefolge einer Werkserrichtung seines Schwagers Heinrich Bleckmann im Alter von 19 Jahren nach Österreich und leistete in dessen Fabrik im niederösterreichischen Neunkirchen kommerzielle und technische Diens- te.2 Als Bleckmann 1864 in Mürzzuschlag sein erstes steirisches Werk gründete, wanderte Nierhaus über den Semmering in unsere grüne Steiermark, die er nicht mehr verließ, die seine zweite und ganze Heimat wurde? wie das „Obcrsteirerblatt"

im Nachruf auf den Gewerken 1914 zu berichten wusste.

Bereits im Kriegsjahr 1866 war Nierhaus als Prokurist der Firma Bleckmann tätig und überwachte in Mürzzuschlag die Produktion von Säbeln für die österrei- chische Armee. Neun Jahre lang verharrte er in dieser Position und konnte sich während dieser Zeit mit den industriellen Gegebenheiten der Steiermark vertraut machen.4 Der Drang nach Selbständigkeit, nach freiem Wirken und Schaffen gab letztlich den Ausschlag dafür, dass der 32 Jahre alte Nierhaus den Schritt in die Selbständigkeit wagte und, die Zeichen der Zeil richtig deutend, ab dem Jahr 1875 daran ging, ein „Hammerimperium" aufzubauen, das von Steinhaus am Semmering bis Bämdorf bei Brück an der Mur reichte und zur Blütezeit nicht weniger als zehn eigene Hammerwerke und zwei Pachtwerke umfasste. Dieser aufgesplitterte Besitz- stand trug ihm in der Folge bei seinen Freunden den Spitznamen „zerstreuter Ham- merwerksbesitzer" ein.5

Gewerke Nierhaus war, so berichten die Quellen übereinstimmend, eine ener- giegeladene Persönlichkeit, die mit der Leitung seiner Firma alleine nicht ausgefüllt war. Sein Leben wurde genauso von der Familie, dem Vereins- und Gesellschafts- leben der Region und, damit eng verbunden, der Religion und der Politik ausgefüllt.

Dass gerade die letzten drei Bereiche nicht einen geringen Teil seiner geistigen und körperlichen Kraft in Anspruch nahmen, wird noch gezeigt. Nierhaus war evangeli- scher Christ und von radikal deutschnationaler Gesinnung.'' Dies sollte sich auch in seiner öffentlichen und politischen Tätigkeit entsprechend widerspiegeln.

1 Sammlung Herbert Nierhaus (in der Folge kurz: SHN), Stammbaum der Familie Nierhaus.

2 Obcrsteirerblatt 12.9.1914, 2f., Nachruf auf Carl Nierhaus

3 Wie Anm. 2.

4 Theodor Hü ITENLGOER, Mürzzuschlag. Geschichte unserer Stadt, Mürzzuschlag 1982. 226f.

s Wie Anm. 2.

k Wie Anm. 2.

Bereits im Jahr 1869 hatte Nier- haus die gerade 19 Jahre alt geworde- ne Mürzzuschlager Bezirksrichter- tochter Therese Schönauer geehelicht, die ihm insgesamt vier Kinder gebar.

Laura, 1871 geboren, heiratete 1898 Dr. med. Josef Trigler aus Voitsberg, verstarb aber bereits 1909. Das zweite Kind, Caroline, geboren 1873, heira- tete den Ternitzer Kaufmann Josef Schruf und verzog mit diesem nach Wien. Der erste Sohn, Carl, erblickte 1879 das Licht der Welt, und 1891 wurde das letzte Kind, Hermann, ge- boren.7 Er sollte später der Nachfolger des Gewerken als Betriebsinhaber werden.

Im öffentlichen Leben des Mürz- tales und darüber kam Carl Nierhaus aufgrund seiner zahlreichen Aktivitä- ten bald eine bedeutende Rolle zu. So gründete er, noch in seiner Zeit als Prokurist bei Bleckmann, 1871, ge- meinsam mit dem Mürzzuschlager

Gewerken Engel sowie den Bürgern Kleinhans und Schall die Freiwillige Feuerwehr Mürzzuschlag,* wobei als sicher anzunehmen ist, dass damit vorrangig das Ziel ver- folgt wurde. das liberale bis nationale Bürgertum der Marktgemeinde in einem Ver- einzusammenzufassen. Nationale Gedanken verfolgte Nierhaus auch mit der Grün- dung der ersten obersteirischen „Südmark"-Ortsgruppe in Mürzzuschlag im Jahr 1886, der er lange Jahre als Obmann vorstand. Im Deutschen Schulverein und im Deutschen- und Österreichischen Alpenverein, kurz DuÖAV, dessen Ortsgruppen- gründer in Mürzzuschlag er ebenfalls war, blieb er genau so aktiv wie als Obmann des 1890 neu gegründeten Deutschen Turnvereines Mürzzuschlag.9 Mitglied war der Gewerke weiters im 1893 gegründeten „Verband Steirischer Skiläufer",1" in der Mürzzuschlager „Waldheimatgesellschaft", die sich der Verbreitung des Werkes Peter K. Roseggers verpflichtet hatte, und die er auch mit Rat und Tat unterstützte.

Dabei lag ihm besonders die Ausgestaltung der vereinseigenen „Waldheimat-Büche- rei" sehr am Herzen.11

Abb. 1: Gewerke Carl Nierhaus um das Jahr 1MH5 (Sammlung Reis mann)

Wie Anm. 1.

| Obersteirerblatt 12.9.1914, 2f., Nachruf und HOTTENEGGER (wie Anm. 4), 3041'.

" HOTTENEGGER (wie Anm. 4), 345.

10 Ebd. 226.

" Mürzzuschlager Wochenblatt 14.3.1903, 2.

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Auch überregional betätigte sich Carl Nierhaus auf Vereinsbasis. So hatte er nicht geringen Anteil an der Gründung des „Deutschen Gewerkenbundes" im Jahr 1888.

Bereits am Montanistentag in Stcyr im Jahr 1884 sowie am Montanistentag in Pest im darauf folgenden Jahr fand sich der Mürzzuschlager Gewerke unter den Ver- fassern von Petitionen, in denen die Regierung12 dringend aufgefordert wurde, sich mit demselben Eifer der Montanindustrie in den alten österreichischen Erblanden anzunehmen, wie sie es in Bosnien wirksam thut. Diese Petitionen verhallten aller- dings bei vielen Gewerken wie bei der Regierung ungehört, und so rief Nierhaus im Vorfeld des Wiener Montanistentages des Jahres 1888 gemeinsam mit dem deutsch- nationalen Abgeordneten und Kindberger Sensengewerken Anton Fürst sowie zwei niederösterreichischen Gewerken zur Gründung des „Deutschen Gewerkenbundes"

auf. Die konstituierende Generalversammlung der Vereinigung fand schließlich am 2. September 1888 um zehn Uhr vormittags in einem Josefstädter Hotel in der Floriangasse statt.13 Für das industriepolitische Interesse des Carl Nierhaus spricht auch seine langjährige Tätigkeit in der Handels- und Gewerbekammer Leoben.14

Was sein religiöses Engagement betrifft, so stand er geraume Zeit der Mürzzu- schlager evangelischen Kirchengemeinde vor. Während dieser Zeit gründete Nier- haus gemeinsam mit seinem „brüderlichen Freund" Direktor Dresel von den Bleck- mannwerken im Jahr 1899 einen „Predigtstations-Ausschuß" und rief seine Glau- bensbrüder zu Spenden für den Kirchenbau auf. Bei dieser Unternehmung wurden sie auch von Peter Rosegger unterstützt, dessen Worte Wer viel hat, gebe reichlich.

wer wenig hat, gebe das Wenige mit willigem Herzen insbesondere im Deutschen Reich auf fruchtbaren Boden fielen. Roseggers Verdienst um den Bau der evangeli- schen Heilandskirche in Mürzzuschlag geriet in der Folge auch nicht in Vergessen- heit.15

Hinsichtlich der politischen Aktivitäten des Mürzzuschlager Gewerken muss dessen deutschnationale Haltung in den Vordergrund gerückt werden, die in seinen späten Jahren immer radikaler wurde. Schon seit Oktober 1879 Mitglied des Mürz- zuschlager Gemeinderates,"' unterstützte er bei der Landtagswahl des Jahres 1891 auf Wählerversammlungen mehrfach den deutschnationalen Kandidaten Rechtsan- walt Anton Walz aus Wartberg.17 Auch in der Mürzzuschlager Bezirksvertretung war Nierhaus aktives Mitglied und wurde im Frühling 1899 sogar zum Obmann gewählt.

legte diese Stelle jedoch zu Beginn des Monats Juni desselben Jahres „aus Familien- rücksichten" gemeinsam mit mehreren anderen Ehrenämtern zurück.18 Tatsächlich war Carl Nierhaus zu diesem Zeitpunkt mit seiner Unternehmung finanziell ge- scheitert, und bald hatten die regionalen Zeitungen auch noch andere Erklärungen

, : Es handelte sich dabei um die Regierung Taaffe II des Eduard Graf Taaffc. die vom August 1879 bis zum November 1893 im Amt war.

13 Obersteirerblatt 16.8.1888.3.

14 Obersteirerblatt 12.9.1914. 2 f.. Nachruf.

15 Ebd. und Mürzzuschlager Wochenblatt 6.10.1900. 4.

16 Leobener Wochenblatt 2.11.1879. 3.

17 Obersteirerblatt 19.6.1891.5.

IS Mürzzuschlager Wochenblatt 11.6.1899.4.

für sein Vorgehen bei der Hand. Das „Mürzzuschlager Wochenblatt" berichtete im Februar 1904:" Doch fand die Wahl keine Bestätigung, da der nackensteife, unbeug- same, kerndeutsche Mann oben nicht in Gnaden stand.

Ähnliches berichtete das „Obersteirerblatt" in seinem Nachruf auf den Gewerken im Jahr 1914, als es anmerkte:2" Und wenn einst seine Wahl zum Obmanne des Be- zirkes die Bestätigung nicht fand, so war daran nur seine radikale deutschnationale Gesinnung die Schuld, die der Regierung zu keiner Zeit genehm war.

Dennoch blieb Nierhaus, der in Graz einen Zweitwohnsitz besaß, auch weiterhin politisch aktiv. So agierte er spätestens ab dem Jahr 1901 als Obmann des Vereines der Deutschvölkischen in Steiermark und wandelte diesen im Jänner 1902 in den

„Alldeutschen Verein Schönerer in Steiermark" um, der später in der Großdeutschen Volkspartei aufging. Ursache zu dieser Umwandlung waren der Bruch des Abgeord- neten Karl Wolf mit der radikalen Linie Georg von Schönerers im Jänner 1902 und die Gründung seiner eigenen, gemäßigten Partei gewesen. Nierhaus blieb radikaler Schönerianer.21

Ein ebenso bezeichnendes Bild auf die politische Gesinnung des Gewerken wirft auch die 1903 umgesetzte Errichtung der so genannten „Bismarckhöhe" in Mürz- zuschlag anlässlich des fünften Todestags des ehemaligen Reichskanzlers. Das zur Errichtung notwendige Grundstück hatte Nierhaus aus seiner Privatschatulle gekauft und dort bei einer mächtigen Buche ein kleines Häuschen, das zum Verweilen ein- ladet, errichtet.

Der Nachruf auf den Gewerken schildert diesen Hort Mürztaler Deutschtümelei als eine Warte zum Ausblick auf das blühende Tal und in die hochragenden Berge.

die er so sehr liebte, und zum Treugedenken des unsterblichen Kanzlers, in all seinem Tun und Lassen getragen vom Deutschen Gedanken, von der Liebe zum deutschen Volke, soweit die deutsche Zunge klingt?1

Gewerke „Niez'haus", wie ihn seine Freunde ob seiner vielfaltigen Aktivitäten nannten,21 blieb in den letzten beiden Lebensdezennien von ganz persönlichen Schicksalsschlägen nicht verschont. So verstarb 1898 sein erstgeborener Sohn Carl, der laut Testament aus dem Jahr 1880 zum eigentlichen Nachfolger in der Firmen- leitung auserkoren war.24 Dazu kamen zum selben Zeitpunkt wirtschaftliche Pro- bleme sowie der Beginn einer langen und schweren Krankheil. Am 30. September 1898 schrieb der Gewerke von einer Geschäftsreise nach Moskau an seinen Betriebs- leiter Rudolf Braun in Grautschenhof einen offenen und berührenden Brief in dem sich folgende Passage findet:25 Ich fürchte, daß ich nicht mehr gesund hin. Sorgen und Kummer, der Schmerz um den Verlust des theuren Sohnes, Vorwürfe und Arger

15 Mürzzuschlager Wochenblatt 6.2.1904. 3.

w Obersteirerblatt 12.9.1914, 2f. Nachruf.

• Mürzzuschlager Wochenblatt 23.3.1901, Beilage, 1, und 8.2.1902, 4.

: Mürzzuschlager Wochenblatt 11.4.1903 und Obersteirerblatt 12.11.1914.

'' Obersteirerblatt 12.9.1914, 2f. Nachruf.

SHN. Chronologie der Familie und Gewerkschaft Nierhaus und erstes Testament des Carl Nier- haus vom 3. Februar 1880.

15 SHN. Originalkorrespondenz Carl Nierhaus. Brief vom 30.9.1898.

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über mich selbst wegen meiner Leichtgläubigkeit und Unbefangenheit ... nagen an meinem Inneren und zehren an meiner Gesundheit! Bitte dringend, lieber Hr. Braun.

von diesen Mittheilungen und Gedanken nichts nach Graz zu verlauten lassen, denn meine arme Frau würde schier verzweifeln.

Durch den Verkaufseiner Hammerwerke konnte sich Carl Nierhaus 1899 noch einmal aus seiner misslichen wirtschaftlichen Lage befreien, den Bankrott abwenden und in zwei Pachtwerken in der Stanz die Zeugwarenproduktion weiterführen. 25 Jahre Aufbauarbeit waren allerdings zerstört, sein Gesundheitszustand blieb wei- terhin angegriffen.

Zu Beginn des Jahres 1908 durch einen Schlaganfall an das Krankenbett gefes- selt, musste er noch den Tod seiner älteren Tochter Laura im Jahr 1909 erleben.111

Gegen Ende seiner Lebensspanne war ihm jedoch noch beschieden, den Rückkauf beinahe aller ehemaligen Werke durch seinen Sohn Hermann zu erleben, wobei dies sicherlich nicht ganz ohne Beratung des wirtschaftlich äußerst gewitzten Gewerken vor sich ging.

Carl Nierhaus verstarb am 7. September 1914 im Alter von 70 Jahren. An seinem Begräbnis nahmen Vertreter sämtlicher Mürztaler und vieler Steirischer Eisenwerke, die Gemeinde- und Bezirksvertretung, Sparcasse, Handelskammer... sowie die Ver- treter anderer Behörden, Institutionen und Vereine teil.2"

1.2 Gewerke Dipl.-Ing. Hermann Nierhaus (Besitzer 1912-1958) Gewerke DI Hermann Nierhaus, der bereits 1910 in den Pachtvertrag seines Vaters bezüglich der beiden erwähnten Stanzer Hammerwerke eingestiegen war. kam am 21. Mai 1881 in Mürzzuschlag zur Welt. Er schloss sein Studium an der Tech- nischen Hochschule in Graz mit dem Titel eines Diplomingenieurs ab und trat bereits in jungen Jahren - die Übernahme der Pachtwerke alleine dürfte nicht die besten Zukunftsperspektiven geboten haben in den öffentlichen Dienst ein, wo sich für ihn rasch eine glänzende Laufbahn abzeichnete. Nachdem er 1909 Irene Weisbach geehelicht hatte,2* ging er nach Zadar (Zara) und wurde mit der Trassierung der Bahnlinie durch Dalmatien beauftragt.29

Bereits 1910 wurde dem Ehepaar Sohn Hermann geboren, 1911 folgte Tochter Irmgard, die im Jänner 1937 mit Helfried Rosegger einen Enkel des mit ihrem Groß- vater Carl sehr gut bekannten Peter K. Rosegger ehelichte,'" und schließlich erblick- te 1920 noch die Tochter Gerhild das Licht der Welt.31

'" SHN. Stammbaum der Familie Nierhaus.

:" Obersteirerblatt 12.9.1914, 2f. Nachruf.

18 SHN, Stammbaum Nierhaus.

" Austria-Pressedienst (Hg.), Repräsentanten der Industrie und Wirtschaft in der zweiten öster- reichischen Republik. Band Industrie. Wien 1957. 48.

"' Leobener Zeitung 31.1.1937. 4.

11 SHN. Chronologie der Gewerkschaft Nierhaus.

Gewerke Hermann Nierhaus, vom Mürzzuschlager Chronisten Theodor Hütten- eeger. der ihn persönlich kannte, als stille Natur, die nicht in das anbrechende Jahr- hundert passte, charakterisiert/2 führte - mittlerweile wieder nach Mürzzuschlag übersiedelt - ab 1912 die gesamte Gewerkschaft im Verein mit Dr. Rudolf Engel aus Wien, der an ihr einen Anteil von 40% hielt und in der Folge die kaufmännische Leitung des Unternehmens übernahm. Engel schied erst im Jahr 1954 aus dem Unternehmen aus, und Hermann Nierhaus wurde damit nach 42 Jahren Alleineigen- tümer. Dies blieb er, bis er 1958 die Firma an seinen Sohn Dr. Harald Nierhaus übergab.

Im öffentlichen Leben trat der sportbegeisterte Gewerke mehr oder weniger nicht in Erscheinung. Lediglich als Schriftführer der „Tennisrunde Mürzzuschlag" scheint Ing. Hermann Nierhaus erstmals im Jahr 1933 auf.33 Er verstarb im Jahr 1968."

1. 3 Gewerke Dr. Harald Nierhaus (Besitzer 1958-1967)

Der 1910 geborene, einzige Sohn des Gewerken Hermann Nierhaus namens Harald hatte, wohl beeinflusst durch die triste wirtschaftliche Lage des väterlichen Unternehmens während der 20er- und 30er-Jahre des 20. Jahrhunderts, ein Jurastu- dium begonnen und dieses mit dem Doktorat abgeschlossen. Während des Zweiten Weltkrieges im Russlandfeldzug verwundet, trat er in der Folge in die Firma seines Vaters ein.15 wurde im Jahr 1953 mit der Procura betraut und übernahm schließlich

1958 auch die Firmenleitung.36

Dr. Harald Nierhaus war in der Folge bemüht, die Gewerkschaft trotz eines schlechten Betriebsleiters und zahlreicher Probleme, die sich ab dem Jahr 1945 an- gehäuft hatten, weiterzuführen. Er hatte nach Maßgabe der immer enger werdenden wirtschaftlichen Möglichkeiten ein offenes Ohr für die Probleme „seiner" Arbeiter, für deren Wohlergehen er die Verantwortung übernehmen wollte, und war bei diesen im Allgemeinen auch sehr beliebt. Trotz heftigster Bemühungen war es ihm aller- dings nicht möglich, die schweren wirtschaftlichen Probleme des Unternehmens in den Griff zu bekommen, und so rutschen die Nierhaus"schen Hammerwerke 1967 in den Konkurs.3" Dr. Harald Nierhaus, der im Anschluss zur Wartbcrger Firma Vogel

& Noot wechselte, verstarb im Jahr 1976.3S

l|1 rTi-\u,(, R (wie Anmerkung 4). 22S StLA. BH Mürzzuschlag 14 I 1/200-1933.

4 SHN. Chronologie der Gewerkschaft Nierhaus.

• Interview mit Frau Gerti Grabner (in der Folge GG). 7. April 1994.

" Repräsentanten (wie Anm. 29). 48, und Obersteirer 13.12.1958, 2.

SHN. Konkursakt Nierhaus 301/435 von 1946 ff. und Interviews mit den Nierhausarbeitern t Johann Ruth (in der Folge Interview JR) vom 27. Juli 1992 und Franz Hölblinger (in der Folge Interview FH) vom 18. April 1994.

SHN. Chronologie der Gewerkschaft Nierhaus.

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II. Die Unternehmensformen

Während der 92 Jahre ihres Bestehens wurde die Gewerkschaft Nierhaus in vier verschiedenen Unternehmensformen geführt. Am Beginn, im Jahr 1875, stand die Form der Eigentümerunternehmung, die im Österreich der frühen Industrialisie- rungsepoche den Unternehmenstypus schlechthin darstellte. Der Unternehmer hatte darin alle wichtigen Funktionen inne, die Leitung war patriarchalisch-paternalistisch geprägt und damit einerseits streng hierarchisch ausgerichtet, andererseits mit der persönlichen Verantwortung des Unternehmers für seine Belegschaft verbunden.

Zielsetzung der Unternehmensleitung war es, ein über das rein kapitalistisch deter- minierte Vertragsverhältnis hinausgehendes Verhältnis zwischen Firma und Beschäf- tigten herzustellen. Der Unternehmer bot nach seinen Möglichkeiten Fürsorge für den einzelnen Arbeiter und erwartete im Gegenzug die Identifikation mit und die Loyalität zu dem Betrieb. Das Management der Unternehmung ging vom Betriebs- inhaber selbst aus. durch die Überschaubarkeit der Firma war der direkte Kontakt zum Personal möglich.39

All diese Kriterien treffen auf die Gewerkschaft von 1875 bis 1899 zu. wobei es ab etwa 1886, in Entsprechung zur immer ausgedehnteren Betriebsstruktur, zu einer

„Verwässerung" der ursprünglichen Voraussetzungen kam. So existierten nun Be- triebsleiter für die Bereiche Mürzzuschlag-Spital am Semmering, Stanz und Bärn- dorf bei Kapfenberg, die zum Teil den Rang von „Direktoren" einnahmen und me- diativ zwischen Arbeitern und Gewerken wirkten, da sich dieser immer häufiger auf Geschäftsreisen befand und sich allcine wegen der über 50 Kilometer betragenden Entfernung zwischen den einzelnen Werken nicht mehr jeden Tag in jedem der Werke aufhalten konnte. Diese Betriebsleiter wurden in der Folge auch zu den ersten Ansprechpersonen bei Wünschen und Anliegen der Belegschaft.40

In den 1899 vorerst alleine verbleibenden Stanzer Pachtwerken der Gewerkschaft dauerten diese Verhältnisse noch weiter an. So berichtet zum Beispiel das „Ober- steirerblatt" im November 1901 mit Bezug auf die dortigen Werke:41 Die Arbeiter der hiesigen Hammerwerke brachten ihrem neuen Chef. Herrn Theodor Paupel- mann. am Vorabend seines Namensfestes einen Fackelzug.

Die paternalistische Prägung des Unternehmens wird aber auch deutlich, wenn man den Bericht über die erhebende Verabschiedungsfeier der Nierhausarbeiter von ihrem Chef liest, die am 30. April 1899 in Steinhaus am Semmering stattfand, als bereits bekannt war, dass Carl Nierhaus seine Werke an die „Teplitzer Zeugwaren- gesellschaft" des Karl Wittgenstein verkaufen werden müsse. Die Arbeiter erwarte- ten den bisherigen Gewerken an diesem Tag um drei Uhr nachmittags mit Musikan- ten vor dem Gasthaus „Zum Steinhaus", anschließend hielt der Steinhauser Werks- führer eine lange und ergreifende Rede, in der das ausgesprochen gute Verhältnis

19 Ingo ANDRUCHOWITZ, Industrielles Unternehmertum in der Habsburgermonarchie. In: Arbeit - Mensch - Maschine. Katalog zur oberösterrcichischen Landesausstellung 1987. hg. v. Rudolf KROPF. Linz 1987. 171 f.

40 Diverse Zeitungsartikel im Obersteirerblatt ab dem Jahr 1886.

41 Obersteirerblatt 14.11.1901.4.

zwischen Arbeitern und Gewerken herausgestrichen wurde, danach wurde noch stundenlang gemeinsam gefeiert.42

Durch die noch 1899 erfolgte Eingliederung des Großteiles der Gewerkschaft in den riesigen Konzern Wittgensteins, der als Aktiengesellschaft organisiert war, ver- änderten sich manche der bisherigen Verhältnisse grundlegend. Nur die gröbsten Veränderungen konnten durch den weiterhin als „Direktor" für den Bereich Mürz- zuschlag-Spital am Semmering agierenden Rudolf Braun abgeschwächt werden. Die ..Nierhaus'schen Hammerwerke" gehörten ab 1899 als eigene Betriebseinheit einem Großkonzern an. der über eine weit entfernt agierende Generaldirektion verfügte und die lokalen Verhältnisse kaum oder nur aus schriftlichen Berichten kannte. In dieser Phase versuchte Werksdirektor Braun von sich aus, für die ihm anvertrauten Ar- beiter das Menschenmögliche zu tun. So war er etwa ganz persönlich am Gesund- heitszustand seine Belegschaft interessiert. Dem Schaufelschmied Johann Gerhart, später sozialdemokratischer Bürgermeister der Gemeinde Spital am Semmering, der seit langem unter gesundheitlichen Problemen gelitten hatte, riet er nach dem Ver- sagen der Schulmedizin zu Naturheilmcthoden, die tatsächlich bald entsprechende Erfolge zeitigten.43 Dieses paternalistische Element nahm als letztlich unzeitgemäß in der Folge natürlich weiter an Bedeutung ab, blieb aber bis zum Ende der Gewerk- schaft im Jahr 1967, wenn auch abgeschwächt, als seitens der Belegschaft positiv wahrgenommenes Element bestehen.44

Die Rückübernahme der Gewerkschaft im Jahr 1912 durch DI Hermann Nierhaus und Dr. Rudolf Engel brachte eine neuerliche Veränderung der Unternehmensform mit sich. Beim Rückkauf hatte Engel Nierhaus finanziell kräftig unter die Arme gegriffen und wurde in der Folge mit 40% des Gewinnes und Verlustes am Unter- nehmen beteiligt.

Rudolf Engel, wahrscheinlich der gleichnamigen Mürzzuschlager Gewerken- familie entstammend, hatte bereits unter Carl Nierhaus vor 1899 die kaufmännische Leitung der Gewerkschaft inne gehabt und war ihm auch in den Stanzer Jahren treu geblieben. Nach dem Tod des Carl Nierhaus im Jahr 1914 trat allerdings die Situa- tion ein, dass an diesen Pachtbetrieben auch die Schwester von Hermann Nierhaus, Caroline, und die beiden Kinder der bereits verstorbenen Schwester Laura beteiligt waren. Nach dem Wunsch des Erblassers wurde daher im Lauf des Jahres 1915 eine Offene Gesellschaft gegründet, wobei die rechtsgültige Vertretung an DI Hermann Nierhaus überging. Rudolf Engel übernahm auf Wunsch der Gesellschafter auch hier wie in der bereits 1912 neu formierten Gewerkschaft Nierhaus die Prokura und sollte weiters im Fall des Todes von Hermann Nierhaus auch die alleinige Geschäfts-

4 Mürzzuschlager Wochenblatt 7.5.1899. 4.

4' Interview mit GG.

Interview mit JR. In diesem Interview wurde unter anderem die Besorgnis des Gewerken Dr. Harald Nierhaus um seine Arbeiter und deren Familien deutlich. Selbst keinen aufwändigen Lebensstil führend, finanzierte er aus seiner Privatkassc oft unter schweren persönlichen Opfern teils weitreichende Betriehsausflüge mit. um seinen Beschäftigten schöne Stunden und Ab- wechslung bieten zu können.

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Führung übernehmen.45 Diese Konstruktion änderte sich auch nicht, nachdem die Stanzer Pachtwerke vollständig in den Besitz der Gewerkschaft übergegangen waren sondern erst nach deren Verkauf im Jahr 1925.46 Die restlichen Gesellschafter wurden nun ausbezahlt, nur Hermann Nierhaus mit 60% und Rudolf Engel mit 40% der Geschäftsanteile blieben weiterhin Eigentümer der nunmehr etwas geschrumpften Gewerkschaft. Diese Verhältnisse werden auch in der Wirtschaftsprüfung der Gesell- schaft aus dem Jahr 1940 deutlich, in der unter anderem angemerkt wurde: Die Firma steht im Wesentlichen einer KG näher, da kein Gesellschaftsvertrag vor- liegt?1

Dr. Rudolf Engel blieb bis zum Jahr 1953 Einzelprokurist der Firma, musste sich die Prokura ab 1953 jedoch mit Hermanns Sohn Dr. Harald Nierhaus teilen. Nach Dr. Engels Austritt aus der Gesellschaft im Jahr 19554* wurden die Nierhaus'schen Hammerwerke schließlich wieder zu jene „Eigentümerunternehmen", die sie schon zu Beginn ihres Bestehens gewesen waren.

III. Die historische Entwicklung der Gewerkschaft

III. 1 1875-1899: Gründung, Aufschwung und Beinahe-Konkurs Als Carl Nierhaus gegen Ende des Jahres 1875 mit dem Aufbau seines eigenen Unternehmens begann, konnte er auf äußerst günstige Rahmenbedingungen und infrastrukturelle Voraussetzungen zurückgreifen. Seit Jahrhunderten existierte im Mürztal eine ausgeprägte Hammerindustrie. Es waren Fachkräfte ausgebildet wor- den, die mit dem Werkstoff Eisen zu arbeiten verstanden. In nächster Nähe befanden sich kleine und größere Erzlagerstätten mit entsprechender Verhüttung, (Fröschnitz.

Neuberg an der Mürz, Vcitsch), von denen relativ einfach Werkzeugstähle, teils bereits in „Bessemerqualität", bezogen werden konnten. Durch die Errichtung der Südbahnstrecke und der Bahnverbindung Brück an der Mur-Leoben-Vordemberg bis zum Jahr 1872 war diese Versorgung bei sinkenden Rohstoffpreisen noch ein- facher geworden, und die Produktion von Zeugwaren erwies sich in der nach dem Börsenkrach von 1873 einsetzenden Periode des allgemeinen Aufschwunges als vielversprechend. All diese Faktoren muss Carl Nierhaus wohl richtig erkannt und gedeutet haben, als er seine Firma am 1. April 1876 in das Leobener Handelsregister eintragen ließ, an welchem Tage der jetzige Firmaträger Carl Nierhaus in Mürzzu- schlag von Paul M. Aigner daselbst den Steinbachhammer kaufte?9

SHN, Gescllschaftsvertrag vom 6. April 1915.

Sammlung Peter Lanz. Stanz im Mürztal, Mappe „Hammerwerke", Abschrift aus dem Grund- buch.

SHN, Wirtschaftsprüfung der Nierhausschen Hammerwerke. 1. Dezember 1940.

Repräsentanten (wie Anm. 29), 48.

SHN, Chronologie der Gewerkschaft Nierhaus, und: Die Gross-Industrie Oesterreichs (ohne Herausgeber), Wien 1898, 276.

Abb. 2: Der Steinbachhammer in Edlach bei Mürzzuschlag wurde 1876 zum Stammwerk der Gewerkschaft Nierhaus (Sammlung Reismann)

Paul Aigner, ursprünglich Gastwirt in Mürzzuschlag und bei der Erbauung der Semmeringbahn als Subunternehmer zu Wohlstand gekommen, hatte seine Gewinne verwendet um ehemalige Hämmer im Mürzzuschlager Raum aufzukaufen und in Zeugwaren- und Sensenhammerwerke sowie ein Walzwerk in Kohleben bei Mürz- zuschlag umzuwandeln. 1875 in schwere finanzielle Nöte geraten - alleine auf dem Steinbachhammer wurden in diesem Jahr 6.000 Gulden an Schulden intabuliert50 - verkaufte er Carl Nierhaus, der sich gerade auf der Suche nach vakanten Werken befand, um günstiges Geld diesen traditionsreichen und intakten Hammer. Nierhaus konnte die Produktion sofort aufnehmen und erzeugte vorerst rund 100 Hauen und Schaufeln pro Tag.M

Der Erfolg stellte sich rasch ein, und Nierhaus konnte bald an die Vergrößerung seines Unternehmens schreiten. Am 3. September 1877 erstand er ebenfalls von Paul Aigner den „Markthammer" in Mürzzuschlag, am Areal des heutigen „Hammer- parks" gelegen" und als eines der sechs altgefreiten Mürzzuschlager Werke bereits 1450 nachgewiesen, unter Aigner als Sensenhammer betrieben. Welche Produktion

so StLA, GB II BG Mürzzuschlag Nr. 83, fol. 370.

S1 Gross-Industric (wie Anm. 49)" 276.

~! SHN, Grundbuchexzerpte, Urkundenbuch des Grundbuchsamtes Mürzzuschlag, Z. 3.100/1880 vom 24.7.1880.

(7)

Abb. 3: Das vorerst größte und leistungsfähigste Werk, der ehemalige Pfannen- hammer in Spital am Semmering, um das Jahr 1890 (Sammlung Reismann)

Nierhaus in diesem Werk aufnahm, ist nicht ganz klar, die Sensenproduktion wurde jedoch rasch eingestellt.

Im selben Jahr noch pachtete Nierhaus vom Mürzzuschlager Gewerken Josef Brunner dessen „Edlachhammer", etwa 700 Meter westlich des Steinbachhammers und wie dieser an der Fröschnitz gelegen.53 1878 folgte der Kauf des so genannten

„Pfannenhammers" in Spital am Semmering. Dieser war bislang vom Gewerken.

Gastwirt und Bürgermeister Ignaz Oberdorfer betrieben worden, der ebenfalls in Geldnöte geraten war. Das Werk kaufte diesmal offiziell Carls Gattin Therese Nier- haus um 13.714 fl 32 xr.54 Es wurde in der Folge vorerst zum leistungsfähigen Hauptwerk der Gewerkschaft.

Der Firmenmaxime gemäß, wirtschaftlich angeschlagene Werke billig anzukau- fen, die Erzeugung umzustellen und dem eigenen Unternehmen einzugliedern, blieb Nierhaus auch in der Folge treu. Im April 1880 ersteigerte er um das Meistbot von

1.200 flden Steinhauser Zeughammer,55 und am 21. April 1883 folgte der Kauf des so genannten „Schörgendorfer Hammers", eines Zeughammerwerkes aus dem Besitz des Christoph Ulrich,5'' das in seiner Produktionspalette hervorragend zur Gewerk- schaft Nierhaus passte.

Spätestens ab 1883 arbeitete weiters der Kleingewerke Carl Braun, ein Bruder des Nierhaus'schen Direktors Rudolf Braun, auf seinem Spitaler Hammerwerk als

51 SHN, Chronologie der Gewerkschaft Nierhaus.

54 StLA, OB II BG Mürzzuschlag Nr. 82, fol. 855.

55 StLA, GB II BG Mürzzuschlag Nr. 90, fol. 10.

56 SHN, Grundbuchexzerpte, und Gross-Industrie (wie Anm. 49), 276.

Subunternehmer für Nierhaus. Diese Tätigkeit fand erst durch den Tod Carl Brauns im Jahr 1895 ein jähes und unerwartetes Ende.57 Bereits im Jahr 1885 berichtete Josef Andreas Janisch über die Gewerkschaft des Carl Nierhaus:58 In Mürzzuschlag befinden sich mehrere industrielle Unternehmungen u. z ... zwei Zeughämmer, be- trieben durch Karl Nierhaus, wovon eine dem Genannten selbst, der andere dem Josef Brunner gehört. Außerdem betreibt Karl Nierhaus noch in Spital und Edlach

Hammerwerk. Die Produktion beträgt insgesamt circa 125.000 Kilogr. Zeug- Hauen, Schaufeln, Hämmer, Schlägel, Krampen, Ackerbauwerkzeuge ec.

je ein waaren,

Die Arbeiterzahl beträgt 30-40 Schmiede und Schleifer. Die Werksvorrichtungen bestehen aus den gewöhnlichen Hammerschlägen, sogenannten Schwanzhämmern, im ganzen 10 Stück, dann Schleifereien, Cylindegebläse ec. Der Absatz erfolgt durch die ganze Monarchie.

Die Hammerwerke in Steinhaus und Schörgendorf unterschlug Janisch einfach, jenes in Schörgendorf wird noch als im Besitz des Christof Ulrich geführt, jenes in

Steinhaus erwähnt er nur als „Streckhammer".51' Dies könnte aber durchaus seine Richtigkeit haben, denn über die Produktion der einzelnen Werke in diesen Jahren liegen nur spärliche Informationen vor. So ist lediglich bekannt, dass im Steinbach- hammer Schaufeln und Hauen hergestellt wurden. Weiters weiß man, dass der Spi- taler Hammer oder „Pfannenhammer" als größtes und leistungsfähigstes Werk der Gewerkschaft über vier Hammerschläge verfügte, während die anderen jeweils nur zwei aufwiesen.60

Hinsichtlich des bei Janisch erwähnten monarchieweiten Absatzes der Produkte ist anzumerken, dass dieser unter anderem deshalb so bedeutend geworden war, weil insbesondere die Hauen, welche nach einem neuen Verfahren erzeugt wurden ...

infolge ihrer Güte und soliden Ausführung reichlichen Absatz fanden."1 Ein bezeich- nendes Licht auf die hervorragende Qualität der Produkte wirft wohl auch die Ver- leihung der „Silbernen Staatspreismedaille für Erzeugungen des Bergbaues und des Hüttenwesens", die der Gewerke nach nur fünfjährigem Bestand seines Unterneh- mens anlässlich der Landesausstellung des Jahres 1880 in Graz verliehen bekam.''2

Die bei Janisch 1885 angegebene Zahl von 30 bis 40 Arbeitern ist wohl ebenfalls auf die Verhältnisse in den Jahren vor 1883 zu beziehen, zumal für die in Frage kommenden Werke im Montanschematismus des Jahres 1890 alleine 53 Schmiede und Lehrlinge ausgewiesen sind, wobei der Mürzzuschlager Markthammer und dessen Belegschaft als mittlerweile stillgelegt nicht mehr mitgerechnet wurde.65

" Obersteirerblatt 24.4.1884 und Testament nach Carl Braun, Abschrift von Frau Sabine Praun, Nacka, Schweden.

58 Josef Andreas JANISCH, Topographisch-statistische Lexikon von Steiermark. Bd. II, Graz 1885, 302.

" Ebd. 852 und 901.

'" Allgemeiner Montanistischer Schematismus des österreichischen Kaisertums für das Jahr 1890, Teil II, 78.

6' Gross-Industrie (wie Anm. 49), 276.

"" Leobener Wochenblatt 10.10.1880, 3.

61 Schematismus (wie Anm. 60), 78.

(8)

Aus all diesen Fakten lässt sich unschwer erkennen, dass die Finanzkraft der Gewerkschaft eine bedeutende gewesen sein muss, ganz im Gegensatz zu jener seines Schwagers, des Gewerken Blcckmann in Mürzzuschlag. Noch 40 Jahre später erzählten ehemalige Beamte der Bleckmannwerke, dass sie während der 1880er Jahre an den Zahltagen oft die letzten vorhandenen Gulden zusammenscharrten und manchmal sogar zu Nierhaus gehen mussten, um jenes Geld auszuleihen, mit dem die eigenen Arbeiter bezahlt werden sollten.64

Gewerke Nierhaus strukturierte sein Unternehmen ab dem Jahr 1886 erstmals um. Den Markthammer verkaufte er in diesem Jahr an die Gemeinde Mürzzuschlag.

die zum Ergötzen der immer zahlreicher werdenden Sommerfrischler an seiner Stelle den so genannten „Hammerpark" errichtete. Dafür erstand er im selben Jahr von Brunner den seit 1877 gepachteten Edlachhammer.65 Als Ersatz für den Markt- hammer ersteigerte Nierhaus weiters am 7. Juli 1886 das so genannte „Untcrtaler Werk" in der Laming bei Kapfenberg, das über drei Hammerschläge verfugte und auf 6.116 fl 98 Xr Wert geschätzt worden war. Auf diesem Stand verblieb die Ge- werkschaft in den folgenden Jahren. Für das Jahr 1890 sind dem Montanschematis- mus folgende Betriebsverhältnisse zu entnehmen:66

Werk

Steinhäuser Hammer Spitaler Hammer Grautschenhofhammer Steinbachhammer Edlachhammer Unterlhalcr Hammer Laminger Hammer Gesamt: Sieben Werke

Werkseinrichtung 2 Wasserhämmer 4 Wasserhämmer

?

2 Wasserhämmer 2 Wasserhämmer 3 Wasserhämmer 4 Wasserhämmer

17 + ? Wasserhämmer

Belegschaft 8 Arbeiter

20 Arbeiter, 4 Lehrlinge 14 Arbeiter

12 Arbeiter, 2 Lehrlinge 12 Arbeiter, 2 Lehrlinge 7 Arbeiter

20 Arbeiter

93 Arbeiter, 8 Lehrlinge Besonders fällt auf, dass der Grautschenhofhammer in der Gemeinde Spital am Semmering bereits im Montanschematismus des Jahres 1890 als Betrieb der Gewerk- schaft aufscheint, da er laut Grundbucheintrag erst Ende 1891 von Josef Gauß an Nierhaus verkauft wurde. Durchaus möglich ist. dass auch dieses Werk von Nierhaus schon vor 1890 als Pachtwerk geführt wurde. Ab 1891 wurde der Grautschenhof- hammer, zwischen Spital am Semmering und Mürzzuschlag gelegen, jedenfalls nach und nach zum Hauptwerk der Gewerkschaft ausgestaltet.67 Bereits 1891 wurde das große Magazin- und Arbeiterwohnhaus in Grautschenhof errichtet.

Der Spitaler Hammer erhielt 1893 einen zusätzlichen, fünften. Hammerschlag und was besonders wichtig war - ein eigenes Schleifwerk. Dieses entstand auf einer

64 Theodor HOTTENEGGER, Mürzzuschlags Eisengeschichte. Manuskript, Mürzzuschlag 1966,5 , im Wintersportmuseum Mürzzuschlag.

65 SHN, Chronologie der Gewerkschaft Nierhaus.

66 Schematismus (wie Anm. 60). 78.

67 SHN, Grundbuchsexzerptc, und Gross-Industrie (wie Anm. 49), 276.

Abb. 4: Das Untertaler Werk in der Ausbauphase des Jahres 1896. Ausschnitt aus einer Ansichtskarte (Sammlung Reismann)

Weideparzeile etwa 500 Meter flussabwärts des Spitaler Hammers an der Fröschnitz, auf halber Strecke zum Grautschenhofhammer. Die „Gewerksschleiferei" wurde mit Wasserkraft betrieben, wobei der Fluder unmittelbar unterhalb des Spitaler Hammers begann. Weiters legte Nierhaus Anfang 1899, von der Hauptstraße nach Mürzzu- schlag abzweigend, einen eigenen Zufahrtsweg zur Schleiferei sowie einen Lagerplatz mit etwa 900 m2 Fläche an, beides auf Pachtgrund der Spitaler Pfarrpfründe.6S

Im Werk Cirautschenhof wurde bis 1898 zur Unterstützung der oft nicht ausrei- chenden Wasserkraft zusätzlich ein Lokomobil aufgestellt, das mittels Transmission ebenfalls einen Hammer betreiben konnte.69 Im Verlauf einer Werkserweiterung im Jahr 1896 muss es zur Aufstellung zweier weiterer Wasserhämmer sowie einer hy- draulischen Presse mit Pumpe und Accumulator gekommen sein, die im Montan- schematismus 1900 angeführt werden. Die Schleiferei in Spital am Semmering verfügte mittlerweile bereits über acht Schleifsteine.7"

Der Ausbau des Untertaler Werkes in der Laming wurde ab dem Jahr 1894 for- ciert betrieben, denn als dieses 1896 an den Grazer Gewerken Karl Greinitz verkauft wurde, waren dort an Stelle der ursprünglich sechs bereits 36 Arbeiter beschäf- tigt.71

Parallel zu dieser Betriebsvergrößerung stiegen die Produktionszahlen an. So beschrieb zum Beispiel Krauss in seiner „Ehernen Mark" die Gewerkschaft 1892 mit den Worten:72 Karl Nierhaus (in Mürzzuschlag), Schaufel- und Hauenschmie-

SHN, Grundbuchexzerpte, und DAG, Pfarrarchiv Spital a. S., ungeordnet, Pachtvertrag mit der Pfarrpfründe Spital am Semmering vom 1. Jänner 1899.

_o Gross-Industrie (wie Anm. 49), 276.

Gemeindearchiv Spital a. S., Bauakten, und Schematismus (wie Anm. 60), 1900, Teil II 82f Schematismus 1900, Teil II, 82f.

^m a t K l K R A U S S> Die Eherne Mark. Eine Reise durch das steirische Oberland, Bd I Graz 1892, 143.

(9)

de mit 80-90 Arbeitern, erzeugt jährlich ca. 300.000 Stück Schaufeln und Hauen als Werkzeuge für Feld- und Weinbau; außerdem Werkzeuge für Eisenbahn- und Stra- ßenbau. Qualität infolge Holzkohlen)reierung vorzüglich. Im Jahr 1898 betrug die

Tagesproduktion bereits rund 2.000 Hauen, Schaufeln und Hacken, ... ausserdem noch Ackerbauwerkzeuge, Werkzeuge für den Eisenbahn- und Strassenbau, für Schmiede und Schlosser, als Schlegel, Hämmer. Krampen. Ambosse etc. ...

Die Produktion hatte damit die magische 500.000-Stück-Zahl pro Jahr bereits deutlich überschritten, im Unternehmen waren rund 120 Arbeiter, Schmiede und Schleifer beschäftigt. Weiters wurde 1898 berichtet:"1 Der Umsatz beläuft sich auf etwa 'A Million Gulden jährlich; die Firma steht mit sämtlichen grösseren Eisen- händlern Oesterreich-Ungarns in Verbindung und arbeitet ferner nach Serbien.

Bulgarien und Rumänien, in jüngster Zeit auch nach Russland.

Gerade diese neue Handelstätigkeit im Südosten und Osten Europas war es aber.

die Carl Nierhaus im Jahr 1899 beinahe in den Ruin trieb. Dies hatte mehrere Ur- sachen.

Die Modernisierung und Ausweitung der Gewerkschaft ab etwa 1890 konnte nicht mehr aus eigener Kraft finanziert werden, und so war Nierhaus zum Schuldner bei Verwandten, seinem Betriebsleiter Rudolf Braun, den Sparkassen in Brück an der Mur und Mürzzuschlag sowie der Grazer Gemeindesparkasse geworden. Der Firma Gauß schuldete er weiters für den 1891 erstandenen Grautschenhofhammer im Jahr 1899 noch eine bedeutende Summe, so dass seine Außenstände 1899 rund 80.000 Kronen betrugen.74 Diese Summe, etwa dem Jahreslohn all seiner Arbeiter entsprechend, wäre alleine noch nicht existenzbedrohend gewesen, doch nun brach die Katastrophe voll über die Gewerkschaft herein. Nierhaus hatte sich aus blinder Gutgläubigkeit einem Vertreter in Budapest ausgeliefert, der ab 1898 seine gesamten Ostgeschäfte zu kontrollieren begann. Hüttenegger führt aus, dass schurkische Ver- treter in Moskau, Warschau und Budapest Nierhaus nach Aussage des damals in der Grautschenhofer Zentralkanzlei angestellten Georg Cilück alleine 1898 um die Sum- me von etwa 100.000 Kronen betrogen.75

Der erhalten gebliebene Briefverkehr des Gewerken mit seinem Grautschenhofer Betriebsleiter Rudolf Braun aus dem Jahr 1898 gibt darüber einen klaren Überblick.

So hatte die Gewerkschaft Handelskontakte mit der Firma Carl Andrenyi & Söhne in Arad und besaß mit einem gewissen Mirzky einen Vertreter, der mit umfassenden Vollmachten ausgestattet war. Er war unter anderem berechtigt, den gesamten Brief- verkehr mit Russland zu beheben, und übersetzte diesen auch für die Zentralkanzlei in Grautschenhof. Diese Vereinbarung sollte laut Vertrag mit Juli 1898 auslaufen.

Dazu kam es in der Folge nicht, ganz im Gegenteil erhielt Mirzky sogar noch das Recht, Gelder der Firma Nierhaus zu beheben, worüber Werksdirektor Braun mehr- fach seine Bedenken äußerte. Braun vermutete nämlich bereits im April 1898, dass

71 Gross-Industrie (wie Anm. 49), 276.

74 SHN, handschriftliche Schuldenauflistunn des Carl Nierhaus. 1899. und Obersteirerblatt 29.10.1988. Sonderbeilage.

'3 Theodor HCTTENEGÜER. Nierhaus. In: Unsere Gemeinde. Mitteilungsblatt der Stadtgemeinde Mürzzuschlag. Ausgabe Juli 1968.

Mirzky der Gewerkschaft einlaufende Zahlungen nicht anzeige und diese zurück- halte. Diese Vermutung dürfte durch Hinweise Rudolf Engels aus Wien noch unter- mauert worden sein, der zu diesem Zeitpunkt für Nierhaus bereits mehrfach in Russland agierte, um Geschäfte für die Gewerkschaft zu tätigen.76

Die Probleme mit Mirzky spitzten sich am 20. April 1898 zu, als dieser nach Graz kam und dort heftig an Rudolf Braun geriet. Braun spiele nach diesem Zwi- schenfall ernsthaft mit dem Gedanken, seinen Posten bei Nierhaus zu verlassen, und Nierhaus schrieb nun an ihn. anscheinend noch immer nicht von Mirzkys Schuld überzeugt:77 Wie ist es möglich, daß ein Mann, mit dem ich durch bald ein viertel Jahrhundert in Ruhe und Friede gearbeitet habe, der mir so viele Beweise seine Anhänglichkeit und Treue gegeben hat, dem ich so viel verdanke, den ich nicht bloß einen eifrigen Mitarbeiter, sondern einen treuen und aufrichtigen Freund nenne, auf einmal in solch schroffer Weise gegen dich auftritt, dir gewissermaßen die Freund- schaft kündigt und alles hinter sich läßt, was bisher in seinem Leben ihm lieb und werth gewesen ist!

Carl Nierhaus zog schließlich doch bis Juni 1898 die Konsequenzen aus all den Ereignissen und versuchte, sich von Mirzky zu lösen. In diesem Zusammenhang versuchte er gemeinsam mit seinem seit 1888 in der Laming tätigen Nebengewerken Carl Gillich, eine gemeinsame Bearbeitung des Ostmarktes zustande zu bringen, wobei die Geschäfte von der Wiener Länderbank abgewickelt werden sollten.78 Dieses Projekt blieb jedoch im Anfängsstadium stecken, denn im Juli 1898 begannen sich die Ereignisse zu überschlagen.

Wohl hatte Nierhaus in Smolensk seit Sommer 1898 einen äußerst regen und tüchtigen Vertreter namens Kononowitz sitzen, über den er insbesondere den russi- schen Sensenhandel abwickelte. Weitere Cieschäftspartner in diesem Bereich waren die Großhändler Mcdyn in Saratow und Karan in Kaluga. Schließlich arbeiteten noch Vertreter von Samara und Tula aus. Damit wurde der Wolgabercich von Nierhaus ebenso mit steirischen Sensen versorgt wie der Großraum von Moskau.79 All diese positiven Faktoren wurden jedoch von Mirzky in Budapest gründlich konterkariert.

Im September 1898 stand definitiv fest, dass dieser eigenmächtig damit begonnen hatte, im Namen des Carl Nierhaus Geschäfte auf eigene Rechnung zu tätigen. Dem Fass endgültig den Boden schlug allerdings die Tatsache aus. dass Mirzky im Namen des steirischen Zeugwarenproduzenten Talmiuhren und Knöpfe verkaufen wollte, welche die Empfänger aber nicht übernahmen und Nierhaus in Rechnung stellten.KU Der Schaden belief sich tatsächlich auf rund 100.000 Kronen. Nierhaus war in der Folge gezwungen, seine gesamte Gewerkschaft schnellstens zu verkaufen und fand tatsächlich rasch einen geldkräftigen Abnehmer für seine sechs Hammerwerke samt Schleiferei. Ob Nierhaus, dem nur noch zwei Pachtbetriebe in der Stanz verblieben, zu diesem Zeitpunkt, am 15. März 1899, bereits Teilhaber an der Scnsengewerk-

SHN. Korrespondenzen, Briefe vom 9. und 12. April 1898.

SHN. Korrespondenzen, Brief vom 21. April 1898.

, Obcrsteirerblatt 18.3.1888. 3. und SHN. Korrespondenzen. Brief vom 12. Juni 1898.

( SHN. Korrespondenzen. Brief vom 18. September 1898.

SHN. Korrespondenzen. Brief vom 21. September 1898.

(10)

schaft in Möderbrugg war, ist eher zu bezweifeln, wenn auch das Mürzzuschlaget Wochenblatt am 11. April 1900 ausführte: Über Ersuchen des Carl Nierhaus wurde im Handelsregister bei der Fa. Nierhaus die Hauptniederlassung in Spital, ferner der Besitz eines Streckhammers in Edlach, eines Streckhammers und einer Huf- schmiede in der CG Semmering, je eines Streckhammers in Schöneben und Graut- schenhof einer Hammerschmiede in Kindberg, eines Zainhammers in Bärndorf und des so genanten Pfannhammers in Spital gelöscht, dagegen der Handel mit Sensen und Strohmessern in Mürzzuschlag eingetragen?1

III.2 1899-1912. Die Firma Carl Nierhaus und das „Teplitzer Zwischenspiel"

Hinter dem Käufer der Gewerkschaft Nierhaus, der „Teplitzer Schaufel- & Zeug- warenfabriks-AG" stand niemand Geringerer als der Großindustrielle Karl Wittgen- stein, ein Onkel des berühmten Philosophen. Auf der Suche nach ertragreichen Absatzmärkten für seine in Böhmen produzierten und raffinierten Rohstoffe war er um 1890 auch in die Steiermark gekommen und hatte - wie Nierhaus 15 Jahre zuvor - damit begonnen, dahinvegetierende Gewerkschaften aufzukaufen und neu zu struk- turieren. Auf diesem Weg kam bereits 1890 der Kindberger „Trautzlhammer" in seinen Besitz, der rund 170 Sensenarbeiter beschäftigte und über eine eigene Werks- feuerwehr sowie einen eigenen Werkskonsum verfügte.s: 1894 folgten in Mürzzu- schlag zwei Sensenwerke, die Wittgenstein der Witwe Paul Aigners abkaufte, der Kreuz- und der Kugelhammer, beide an der Fröschnitz gelegen. Wittgenstein reorga- nisierte die beiden Hämmer in der Folge und wandelte den Kreuzhammer zum Zeughammerwerk um, während der Kugelhammer zur dazugehörigen Werksschlei- ferei wurde.8-'

Spätestens 1894 muss Wittgenstein wohl auch den benachbarten Zeughammerge- werken Nierhaus gekannt haben, und so war es für diesen nun wohl ein Leichtes.

seine Gewerkschaft mit ihren in der ganzen Monarchie geschätzten Produkten an Wittgenstein zu verkaufen.

:: Mürzzuschlager Wochenblatt 11.4.1900, 3. Zur genannten Hammerschmiede des Carl Nierhaus in Kmdberg ist anzumerken, dass es sich bei deren Betrieb wohl nur um ein zwischen 1898 und 1900 anzusiedelndes Zwischenspiel gehandelt haben kann. Weder die Montanschematis- men noch der Kindberger Chronist Karl Schobert wissen von einem industriellen Engagement des Gewerken in Kindberg zu berichten: Karl SCHÖBERL. Kindberg Vom alten Markt zur jungen Stadt. Kindberg 1982.

x: Ebd. 123 f.

83 Mürzzuschlager Wochenblatt 18.6.1899. 3. Zu Karl Wittgensteins Biografie, seine Konzen- tration der obersteirischen Sensenindustrie in den „Vereinigten Scnscnwerken" mit Sitz in Ju- denburg sowie den 1897 erfolgten Erwerb der Aktienmehrheit an der ÖAMG findet sich eine gute, wenn auch kurze Zusammenfassung in der 2004 erschienenen, von der Österreichischen Industriegeschichte Gmbh Linz herausgegebenen Österreichischen Industriegeschichte. Bd. 2.

1848-1955. 186f.

Laut Kaufvertrag vom 15. März 1899 übernahm Wittgenstein allerdings nur den Spitaler-, Grautschcnhof-, Steinbach-, Edlach- und Laminghammer, während der kleine, kaum leistungsfähige Steinhauser Hammer aufgelassen wurde. Der Kaufpreis für diese Werke, mit allem was nicht niet- und nagelfest ist. wurde mit 135.000 Kronen festgelegt, wovon 80.000 Kronen zur Freimachung des Besitzers verwendet werden sollten. 35.000 Kronen erhielt Nierhaus sofort in bar, die restlichen 20.000 Kronen sollten nach der vollständigen Abrechnung am 10. Mai 1899 folgen.

In diesem Kaufpreis inkludiert waren auch alle Grundstücke, die Wohn- und Arbeiterhäuser, Markenzeichen und Fabriksmarken. Laut Punkt III des Vertrages verblieben Nierhaus alle Vorräte an Fertigwaren und Halbfabrikaten sowie alle Be- triebsmaterialien, wobei die Werke bis 30. April 1899 noch auf Rechnung des Vor- besitzers geführt wurden, um die erwähnten Vorräte aufzubrauchen.

Besonderen Wert legte Wittgenstein darauf, dass sich Nierhaus ohne seine Bewil- ligung niemals direkt oder indirekt an den von ihm verkauften Werken beteiligen durfte. Auch die Errichtung einer neuen Unternehmung, die sich mit der Erzeugung derselben Artikel befasse, welche in den nach diesem Vertrag angekauften Objekten erzeugt werden, sollte Nierhaus bei einem Pönale von 20.000 Kronen verboten sein.84 Diese letzte Klausel hatte durchaus ihren Sinn, denn die Qualität der Produkte war zu diesem Zeitpunkt immerhin derart bekannt, dass die neue Unternehmung Witt- gensteins unter dem Namen „Nierhaus'sche Hammerwerke der Teplitzer Schaufel- und Zeugwaren-Fabrik" firmierte. Man konnte also keine wie auch immer geartete Konkurrenz Nierhaus'scher Hammerwerke brauchen.

Ganz ohne Reibungen ging die Übernahme der Gewerkschaft schließlich nicht vor sich. Noch im März 1899 berichtete der Betriebsdirektor im Teplitzer Stamm- werk. Rudolf Schneefuss, der die Übernahme kontrollieren sollte, an Wittgenstein, dass Nierhaus eine ganze Reihe von Werkzeugen. Schleifsteinen und Hammerhöl- zern als nicht verkauft betrachtete und dafür eine gesonderte Ablöse verlangte. Auch die beim Betriebe jetzt nothwendig gewesenen Pferde und Wägen wollte Nierhaus als nicht verkauft betrachten.*5

Nierhaus konterte am 12. April 1899 in einem Brief an Wittgenstein. Darin lobte er die Vorzüge seines verkauften Betriebes nochmals in den höchsten Tönen, nannte als Gründe für den Verkauf den Tod seines Sohnes Carl und angebliche große Verluste im Sensengeschäft mit Russland*6 und teilte Wittgenstein weiters mit, nichts liege ihm ferner, als einen Prozess vom Zaun zu brechen, da es sich bei den umstrittenen Objekten und Pferden eindeutig um Betriebsmaterialien handle, die vom Kauf ausgenommen waren."7 Wittgenstein war so klug, nicht auf dem Stand- punkt seines Teplitzer Betriebsdirektors zu verharren.

SHN. Kaufs- und Verkaufsvertrag über die Nierhaussche Gewerkschaft vom 15. März 1899.

SHN. Originalkorrespondenz vom 27. März 1899.

Diese angebliche Verkaufsursache ist zumindest zu hinterfragen, da Nierhaus gerade den Sen- senhandel ab 1899 ausdrücklich weiter in großem Umfang betrieb. Es scheint sich wohl eher so zu verhalten, dass er Wittgenstein aus ganz persönlichen Ursachen nicht auf die selbst durch seine Gutgläubigkeit gegenüber Mirzky verursachten Schwierigkeiten stoßen wollte.

SHN. Onginalkorrespondenz, 13. April 1899.

(11)

Da Carl Nierhaus nun laut Vertrag keine Zeugwaren mehr produzieren durfte beteiligte er sich, vermutlich spätestens im Sommer 1899, an der Sensengewerk- schaft in Möderbrugg. Wenn der Mürzzuschlager Chronist Hüttenegger mehrfach angibt, Nierhaus habe den Vertrieb der Produkte aus seinen ehemaligen Hammerwer- ken weiter geleitet und wäre als „Bediensteter" angestellt geblieben,88 so ist dies durch nichts zu bestätigen. Auch die Aussage Hütteneggers, Kreuz- und Kugelham- mer seien von den „Teplitzern" bereits 1901 an Nierhaus verkauft worden, ist eine vollkommen aus der Luft gegriffene Annahme. Richtig ist, dass sich Nierhaus in der Folge völlig auf Produktion und Handel von Sensen sowie die Ambossproduktion in seinen beiden Stanzer Pachtwerken konzentrierte.

In diesen Werken waren bereits ab dem Jahr 1836 Zeugwaren produziert worden.

neben Ankern für die k.u.k. Marine auch Ambosse, während im Alt- oder Teichham- mer Sensen produziert wurden.81* Diese Produktionspalette war auch beibehalten worden, nachdem die Hammerwerke 1884 an die Firma Anton Wachtl gekommen waren. Wachtl betrieb übrigens in Graz am Grieskai Nr. 16 eine Niederlassung, in welcher er prima Werkzeuge für Fabriken, Mechaniker und Schlosser aus vorzüg- lichem Werkzeug-Stahl führte.90

Wachtl dürfte schon vor 1900 - genaue Hinweise fehlen leider - zumindest eines seine Stanzer Hammerwerke an Nierhaus verpachtet haben. Als die Hämmer im Jahr

1903 an Georg Malburg, einen Schwiegersohn des Brucker Industriellen Andrieu.

gelangten,'" blieb Nierhaus weiterhin als Pächter erhalten. Neben dem Althammer mit seiner Sensenproduktion nahm Nierhaus bald nach dem Jahr 1905 auch den so genannten „Oberen Hammer" in Pacht und erzeugte dort die erwähnten Ambosse und Schraubstöcke. Die eigene Sensenproduktion wurde spätestens 1908 aufgelas- sen, die Erzeugung der übrigen Produkte im gleichen Atemzug ausgeweitet. Als der Pachtvertrag 1910 auslief, wurde ein neuer über weitere zehn Jahre, also bis 1920.

geschlossen.''2 Die Stanzer Hammerwerke des Carl Nierhaus verfügten bis 1910 über 18 Zeugfeuer und vier Großzeughämmer für die Ambossproduktion. zwei Gebläse.

drei Schleifsteine in der Werkschleiferei, sechs Drehbänke, vier Bohrmaschinen.

zwei Pressen, zwei Hobelmaschinen, eine Streckwalze und eine Schraubenschmiede- maschine. Zur Unterstützung des Wasserbetriebes wurde bis zum Jahr 1910 zu- sätzlich noch ein Benzinmotor aufgestellt. Zu Spitzenzeiten wurden in den Werken 50 Arbeiter beschäftigt.9' Die Stanzer Werke waren hinsichtlich ihrer technischen Ausstattung die modernsten, die Carl Nierhaus je betrieben hatte, und dazu kam noch

m HOTTENEGGER, Mürzzuschlag (wie Anmerkung 4), 226. und HOTTENEGGER, Nierhaus (wie An- merkung 75).

89 Bernhard A. REISMANN, Die Mürz entlang. Eine industriegeschichtliche Wanderung von der Frein bis Stanz. Manuskript. Mürzzuschlag 1990, 69f.

,0 Sammlung Peter Lanz. Stanz im Mürztal, Mappe „Hammerwerke", und Mürzzuschlager Wo- chenblatt 1.12.1901. Beilage.

" Sammlung Peter Lanz. Stanz im Mürztal. Mappe „Hammerwerke".

92 SHN. Dies geht aus dem Wortlaut des dort befindlichen, bereits erwähnten Gesellschaftsver- trages aus dem Jahr 1915 hervor.

'" Schematismus (wie Anm. 60). 1905. 90f, und 1910, 93f.

die moderne Infrastruktur dieser Werke mit eigener Werksküche und angeschlossener

3 Während Nierhaus sich in seinen beiden Stanzer Werken also neu entfaltete, waren die „Teplitzer" in den ehemals Nierhaus'sehen Werken in Spital, Mürzzuschlag und Laming „heimisch" geworden und hatten diesen zumindest teilweise eine neue Leitung beschert. Der Direktor Rudolf Schneefuss agierte in Teplitz selbst, der Sitz des Verwaltungsrates befand sich in Wien I, Kriegerstraße 18, dem gesamten Ver- waltungsrat saß als Prokurist Karl Wittgenstein vor, als sein Stellvertreter agierte Friedrich Schneefuss. Die weiteren Mitglieder des Verwaltungsrates waren Karl Wolfram. Dr. Karl Kuppelwieser, Karl Ritter von Wessely, Isidor Weinberger, Robert Lenk. Wilhelm Kestranek und Max Feilchenfeld.''5 Betriebsdirektor der „Nier- haus'schen Hammerwerke" der Teplitzer war auf Anraten des Verkäufers Carl Nier- haus weiterhin Rudolf Braun geblieben, die Direktion dieser Betriebseinheit blieb ebenfalls in Grautschenhof ansässig, wo das Verwaltungsgebäude noch im Sommer 1899 in seiner heutigen Form um- und ausgebaut wurde.96

Rudolf Braun wurde, wohl zur Kontrolle, von der Teplitzer Direktion mit Ferdi- nand Gottsmann ein Rechnungsführer zur Seite gestellt,97 mit dem es mehrfach zu persönlichen Problemen kam. die im Verlauf des Jahres 1901 in gegenseitigen An- schwärzungen bei der Konzerndirektion und einem darauf folgenden Ehrenbeleidi- gungsprozess kulminierten, den Rudolf Braun angestrengt hatte. Dieser hatte über Gottsmann der Direktion einige Male nicht günstig berichtet, hatte dieser gegenüber aber auch anerkannt, daß Gottsmann ein wichtiger und leistungsfähiger Beamter sei.

Gottsmann, darob von der Direktion um Aufklärung gebeten, rechtfertigte sich im Jänner 1902 mit einem Brief an die Generaldirektion. in dem er gegen Braun ver- schiedene Anschuldigungen und Vorwürfe erhob, die er vor Gericht schließlich mit Bedauern zurückzog.98 Gottsmann wurde in der Folge von seinem Posten in der Steiermark abgezogen und durch Eduard Lobert ersetzt.99

Was die Entwicklung der einzelnen Werke während der Jahre ab 1899 anbelangt, so erhöhte sich deren Produktivität kaum. Die „Teplitzer" übernahmen sie im April 1899 mit einem Stand von 114 Arbeitern und drei Meistern.""1 Durch die Einglie- derung der bereits in Wittgenstein 'schein Besitz befindlichen Werke Kugel- und Kreuzhammer erhöhte sich in der Folge lediglich der Arbeiterstand auf 175 Personen, die Zahl der Meister blieb gleich.

Der Kreuzhammer war, von Grund auf neu erbaut, mit vier Zeughammerschlägen ausgestattet worden, der Kugelhammer als Gewerksschleiferei verfügte über acht Schleifsteine. Interessant und erwähnenswert scheint in diesem Zusammenhang, dass

"4 Arbeiterwille 7.9.1918.

" Schematismus (wie Anm. 60) 1900, 275.

* Gemeindearchiv Spital am Semmering, alte Bauakten, ohne Zahl. 14.7. und 21.7.1899

" Schematismus (wie Anm. 60) 1900. 275.

" Mürzzuschlager Wochenblatt 9.8.1902, 3, und 30.8.1902, 3.

" Schematismus (wie Anm. 60) 1905, 81 f.

"" Schematismus (wie Anm. 69) 1900. 275.

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die „Teplitzer" bereits im August 1899 Zeugschleifer suchten. Der Arbeiterwille"

klärte daraufhin seine Leserschaft auf, dass die Zustände in diesen Werkstätten ganz erbärmlich seien, man locke die Arbeiter mit dem Versprechen, bei guter Arbeit bis zu 60 Gulden im Monat zu verdienen, führte aber weiter aus:"" Die Schleifen sind theilweise reparaturbedürftig und manchmal wochenlang ohne Wasser, so daß theil- weise nur der Mindestlohn von 60-80 Kreuzer/Tag bezahlt wird.

In diesem Zusammenhang verdient erwähnt zu werden, dass der durchschnittliehe Lohn eines Nierhausarbeiters bereits im Jahr 1896 bei 1 Gulden 20 Kreuzer bis

1 Gulden 50 Kreuzer pro Tag lag.'": Der im Artikel des „Arbeiterwillen" angespro- chene Wassermangel war übrigens ein stetes Leiden sämtlicher Hammerwerke in diesem Bereich gewesen und sollte es bis zum Ende der Gewerkschaft im Jahr 1967 bleiben.

Dass die Schleiferei im Kugelhammer noch 1899 modernisiert worden war, än- derte nichts an der Gefährlichkeit der dortigen Arbeit. So meldete das Mürzzuschla- ger Wochenblatt am 23. Juni 1900:101 Ein gräßlicher Unglücksfall ereignete sich Freitag mittags 1 Uhr 40 Mt. im Teplitzer Hammerwerk (vorm. Nierhaus) in der

Wienerstraße. Der 35 Jahre alte Hammerschleifer Johann Berthold, wohnhaft in Spital, war mit dem Schleijen von Hauen beschäftigt, als der durch die Maschine betriebene Schleifstein, welcher einen Durchmesser von 180 cm besitzt, in vollem Gang war, plötzlich in vier Stücke zersprang, so daß Berthold von einem Stück der- art getroffen, daß er gegen die Decke geschleudert wurde und mit zerschmetterten Füßen, sowie schweren Verletzungen im Gesicht und an der Brust zu Boden fiel und nach einer Stunde starb, ohne das Bewusstsein wieder erlangt zu haben. Ein wei- teres Stück des Schleifsteines schlug die Decke durch. Der Betrieb wurde sofort eingestellt. Drei unmündige Kinder haben durch den schrecklichen Unfall ihren

Vater verloren.

Die Schleiferei im Kugelhammer wurde in der Folge weiter erneuert und die Sicherheitsvorkehrungen für die Schleifer verbessert. Bis zum Jahr 1905 kamen zu den acht bereits vorhandenen Schleifsteinen zwei weitere dazu, und bis zum Jahr

1910 wurde auch der Antrieb durch den Einbau von Francisturbinen verbessert.l0:|

Die Spitaler Schleiferei, noch unter Carl Nierhaus 1893 errichtet, brannte in der Nacht zum 27. November 1909 aus ungeklärten Ursachen ab und wurde in der Folge im Frühjahr 1910 neu errichtet. Doch blieb die Anzahl der Schleifsteine mit sieben gleich, während der Antrieb ebenfalls auf eine effektivere Turbine umgestellt wurde.105

Einfache Modernisierungen wurden in der „Teplitzer" Periode auch im Haupt- werk Grautschenhof durchgeführt. Dort entstand noch im Jahr 1899 eine eigene

101 Arbeiterwille 14.9.1899, 8.

102 StLA, Hs. 1556/1: Georg Ritter von KRI-MMER, Chronik von Spital am Semmering, 23.

103 Mürzzuschlager Wochenblatt 23.6.900, 5.

104 Schematismus (wie Anm. 60) 1905, 90f. und 1910, 93f.

105 Sonntagsbote 5.12.1909, 12, und DAG, Pfarrarchiv Spital a. S., ungeordnet, Kommissionspro- tokoll der BH Mürzzuschlag vom 2.4.1900.

Abb. 5: Die Zentrale in Grautschenhof im Jahr 1912, noch vor dem Ausbau des Magazin- und Wohngebäudes im Vordergrund, gegen Norden abgebildet. Rechts vom Hammerwerk selbst befindet sich die 1899 modernisierte Zentralkanzlei (Sammlung Reismann)

Werksschlosserei für sämtliche Werke in Spital und Mürzzuschlag, und zu den be- reits bestehenden vier Zeughäinmern und der Presse kamen zwischen 1905 und 1910 noch eine Walze und ein eigener Schleifstein.106 Die Ende 1911 projektierte Er- richtung einer Francisturbine beim Stammwerk, dem Steinbachhammer, kam durch den Verkauf der „Nierhaus'sehen Hammerwerke der Teplitzer Schaufel- und Zcug- warenindustrie-AG" im Jahr 1912 über das Planungsstadium nicht mehr hinaus und unterblieb auch in der Folge.107

In der Struktur der Betriebsleitung kam es hingegen zu Veränderungen. Direktor Braun bekam bald nach 1905 mit Johann Wyran einen „Betriebsassistenten" ver- ordnet, Rechnungsführer und Kassier wurde Friedrich Strutz, die Zahl der Meister wurde auf zwei reduziert.108 Dies mag damit zusammenhängen, dass auch die Pro- duktion in den Werken ab 1905 auf Hacken, Hauen und Schaufeln reduziert worden war. Im Jahr 1910 wiesen die Werke folgende Struktur auf:1"9

' Schematismus (wie Anm. 60), 1910, 92f.

( SHN. Onginalplan der Turbinenanlagc. Blaupause, datiert mit 12.12.1911.

Schematismus (wie Anm. 60) 1910 92 f

"' Ebd.

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