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17 - 2.4 Beträchtliche Marktmacht gem Art 14 RahmenRL und die Umsetzung im TKG 2003

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Universitätslehrgang

für Informationsrecht und Rechtsinformation an der Rechtswissenschaftlichen Fakultät Wien

„DAS MARKTANALYSEVERFAHREN AM BEISPIEL DER MOBILTERMINIERUNG“

MASTER THESIS

zur Erlangung des akademischen Grades MASTER OF LAWS (LL.M.)

Universitätslehrgang für

INFORMATIONSRECHT UND RECHTSINFORMATION an der Universität Wien

begutachtet von Dr. Wolfgang Feiel

vorgelegt von Mag. Christoph Steindl

September 2009

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Inhaltsverzeichnis

1 Einleitung ... - 1 -

1.1 Gliederung ... - 4 -

1.2 Der Weg vom Monopol zum Wettbewerb ... - 5 -

2 Marktanalyse ... - 13 -

2.1 Definitionsschwierigkeiten des Begriffs „Wettbewerb“ ... - 13 -

2.2 Gleichsetzung von „effektivem Wettbewerb“ und „beträchtlicher Marktmacht“ ... - 14 -

2.3 Exkurs: Drei-Kriterien-Test ... - 17 -

2.4 Beträchtliche Marktmacht gem Art 14 RahmenRL und die Umsetzung im TKG 2003 ... - 18 -

2.4.1 Allgemeines zur Feststellung beträchtlicher Marktmacht ... - 19 -

2.4.2 Kriterien zur Beurteilung der Einzelmarktbeherrschung ... - 20 -

2.4.3 Joint Dominance ... - 23 -

2.4.4 Leveraging ... - 27 -

2.5 Prinzipien bei der Auferlegung sektorspezifischer Verpflichtungen ... - 30 -

3 Terminierung ... - 32 -

3.1 Zum Begriff „Terminierung“ ... - 32 -

3.2 Terminierung als Zusammenschaltungsleistung ... - 32 -

3.3 Mobilterminierung als relevanter Markt ... - 34 -

3.4 Strukturelle Besonderheiten auf dem Mobilterminierungsmarkt ... - 38 -

3.4.1 Festnetz-Mobilnetz-Terminierung ... - 38 -

3.4.2 Mobilnetz-Mobilnetz-Terminierung ... - 39 -

3.5 Beträchtliche Marktmacht am Markt „Terminierung in individuellen öffentlichen Mobiltelefonnetzen“ ... - 41 -

3.5.1 Marktanteile ... - 41 -

3.5.2 Berechnung der Marktanteile ... - 42 -

3.5.3 Marktanteile am Mobilterminierungsmarkt ... - 43 -

3.5.4 Markteintrittsschranken sowie das daraus resultierende Ausmaß an potenziellem Wettbewerb ... - 44 -

3.5.5 Höhe von Markteintrittsschranken am Mobilterminierungsmarkt ... - 46 -

(4)

3.5.6 Das Ausmaß an Nachfrage- und Angebotselastizität ... - 47 -

3.5.7 Ausmaß an Nachfrage- und Angebotselastizität am Mobilterminierungsmarkt ... - 47 -

3.5.8 Das Ausmaß der nachfrageseitigen Gegenmacht ... - 48 -

3.5.9 Nachfrageseitige Gegenmacht auf dem Mobilterminierungsmarkt .... - 50 -

3.6 Wettbewerbsprobleme auf dem Markt der Mobilterminierung ... - 56 -

4 Verfahren ... - 57 -

4.1 Konsultations- & Koordinierungsverfahren ... - 57 -

4.1.1 Konsultationsverfahren ... - 57 -

4.1.2 Koordinierungsverfahren ... - 59 -

4.2 Parteistellung ... - 64 -

4.2.1 Die übergangene Partei ... - 65 -

4.2.2 TKG 2003 idF BGBl I 2005/133 ... - 65 -

4.2.3 TKG 2003 idF BGBl I 2009/65 ... - 68 -

4.2.4 Parteistellung nach § 8 AVG ... - 68 -

5 Aktuelle Fragen ... - 72 -

5.1 Ermessen im Marktanalyseverfahren ... - 72 -

5.2 Bestimmtheit des Bescheidspruchs ... - 73 -

5.3 Auferlegung spezifischer Verpflichtungen für die Vergangenheit ... - 76 -

5.4 Exkurs: Rückwirkung von Zusammenschaltungsvereinbarungen ... - 79 -

5.5 Wegfall eines Marktes ... - 82 -

5.5.1 Rechtslage vor dem TKG 2003 idF BGBl I 2009/65 ... - 82 -

5.5.2 Rechtslage nach dem TKG 2003 idF BGBl I 2009/65 ... - 83 -

5.5.3 Folgen der Novelle im Hinblick auf die Anfechtung der Märkteverordnung mittels Individualantrag ... - 84 -

6 Schlussbemerkungen ... - 86 -

(5)

Einleitung

Abkürzungsverzeichnis

ABl Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften

ABGB Allgemeines bürgerliches Gesetzbuch, JGS 946/1811 idF AVG Allgemeines Verwaltungsverfahrens-Gesetz 1991,

BGBl 1991/51 idF BGBl I 2009/20

BGBl Bundesgesetzblatt

BMVIT Bundesministerium für Verkehr, Innovation und Technologie BlgNR Beilage(-n) zu den stenographischen Protokollen des Nationalrates

B-VG Bundes-Verfassungsgesetz

bzw beziehungsweise

dh das heißt

dTKG deutsches Telekommunikationsgesetz

EG Europäische Gemeinschaften

EGV Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft EuGH Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften

EK Europäische Kommission

etc et cetera

f, ff folgende

FN Fußnote

FL-LRAIC forward looking long run average incremental costs

gem gemäß

GP Gesetzgebungsperiode

Hrsg Herausgeber

idF in der Fassung

idgF in der geltenden Fassung

iVm in Verbindung mit

KommAustria Kommunikationsbehörde Austria

Leitlinien Leitlinien der Kommission zur Marktanalyse und Ermittlung beträchtlicher Marktmacht nach dem gemeinsamen Rechtsrahmen für elektronische Kommunikationsnetze und –dienste, ABl. Nr. C 165 vom 11.07.2002

lit litera

mE Meines Erachtens

(6)

Einleitung

Märkteempfehlung 2003 Empfehlung(2003/311/EG) der Kommission vom 11. Februar 2003 über relevante Produkt- und Dienstmärkte des elektronischen Kommunikationssektors, die aufgrund der Richtlinie 2002/21/EG des Europäischen Parlaments und des Rates über einen gemeinsamen Rechtsrahmen für elektronische Kommunikationsnetze und -dienste für eine Vorabregulierung in Betracht kommen, ABL L 114/45 vom 8. 5. 2003

Märkteempfehlung 2007 Empfehlung (2007/879/EG) der Kommission vom 17. Dezember 2007 über relevante Produkt- und Dienstmärkte des elektronischen Kommunikationssektors, die aufgrund der Richtlinie 2002/21/EG des Europäischen Parlaments und des Rates über einen gemeinsamen Rechtsrahmen für elektronische Kommunikationsnetze und -dienste für eine Vorabregulierung in Betracht kommen, ABl L 344/65 vom 28. 12. 2007

MR Zeitschrift für Medien und Recht

ÖJZ Österreichische Juristen-Zeitung

OGH Oberster Gerichtshof

ONP Open Network Provision

RahmenRL Richtlinie 2002/21/EG vom 7.März 2002 über einen gemeinsamen Rechtsrahmen für elektronische Kommunikationsnetze und – dienste, ABl. Nr. L 108 vom 24.4.2002

RL Richtlinie der Europäischen Gemeinschaften

Rs Rechtsache

RTR-GmbH Rundfunk und Telekom Regulierungs-GmbH

RV Regierungsvorlage

Rz Randzahl

S Seite

SMP significant market power

SSNIP small but significant not transitory increase in price; kleine aber signifikante und anhaltende Preiserhöhung)

TKG 2003 Bundesgesetz, mit dem ein Telekommunikationsgesetz erlassen wird (Telekommunikationsgesetz 2003 – TKG 2003), BGBl. I 2003/70 idF BGBl I 2009/65

TKK Telekom-Control-Kommission

(7)

Einleitung

TKMVO 2003 1. Verordnung der Rundfunk und Telekom Regulierungs-GmbH, mit der die der sektorspezifischen ex-ante Regulierung unterliegenden relevanten nationalen Märkte für den Telekommunikationssektor festgelegt werden (Telekommunikationsmärkteverordnung 2003 – TKMVO 2003), kundgemacht zur Einsicht durch Auflage am 15. Oktober 2003 TKMV 2008 Verordnung der Rundfunk und Telekom Regulierungs-GmbH, mit

der der sektorspezifischen Regulierung unterliegende relevante nationale Märkte für den Telekommunikationssektor festgelegt werden (Telekommunikationsmärkteverordnung 2008 – TKMV 2008), BGBl II 2008/505

ua und andere

vgl vergleiche

VO Verordnung

VfGH Verfassungsgerichtshof

VfSlg Sammlung der Entscheidungen des Verfassungsgerichtshofes (Nummer/Jahr)

VwGH Verwaltungsgerichtshof

Z Ziffer

zB zum Beispiel

Zugangsmitteilung Mitteilung über die Anwendung der Wettbewerbsregeln auf Zugangsvereinbarungen im Telekommunikationsbereich – Rahmen, relevante Märkte und Grundsätze, ABl. Nr. C 265 vom 22.8.1998 ZugangsRL Richtlinie 2002/19/EG des Europäischen Parlaments und des Rates

vom 7. März 2002 über den Zugang zu elektronischen Kommunikationsnetzen und zugehörigen Einrichtungen sowie deren Zusammenschaltung, ABl L 108 vom 24. 4. 2002

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(9)

Einleitung

1 Einleitung

Im Gegensatz zum allgemeinen Wettbewerbsrecht, dessen Aufgabe es ist, bereits bestehenden funktionsfähigen Wettbewerb abzusichern, dient das sektorspezifische Wettbewerbsrecht im Bereich der elektronischen Kommunikationsnetze und –dienste erst der Herstellung bzw Aufrechterhaltung

„effektiven Wettbewerbs“. Wenngleich die sektorspezifische Regulierung abnimmt1, erscheint es dennoch auf vielen „Märkten“ erforderlich, potentiell drohenden Wettbewerbsdefiziten durch die Auferlegung geeigneter Verpflichtungen entgegenzuwirken. Dadurch soll ein „chancengleicher und funktionsfähiger Wettbewerb“ sichergestellt werden.2

Zu Beginn erfolgt eine Abgrenzung relevanter Kommunikationsmärkte, die möglicherweise einer sektorspezifischen Regulierung unterliegen, durch die NRB.3 Auf der Grundlage dieser Abgrenzung haben die NRB in einem logisch nächsten Schritt – dem Marktanalyseverfahren – festzustellen, ob auf einem dieser relevanten Märkte „wirksamer“ (so die Terminologie der RahmenRL) bzw

„effektiver“ (so die Diktion des TKG 2003) Wettbewerb herrscht oder ob ein oder mehrere Unternehmen über beträchtliche Marktmacht verfügen.

Stellen die NRB fest, dass auf einem relevanten Markt kein Wettbewerb besteht, so ermitteln sie das oder die Unternehmen mit beträchtlicher Marktmacht und werden ihm oder ihnen spezifische Verpflichtungen, die zur Lösung der identifizierten aktuellen oder potentiellen Wettbewerbsprobleme geeignet sind,4 auferlegen, diese abändern oder bestehen lassen.5

1 Vgl dazu die Märkteverordnungen 2003 und 2007 (FN 60) sowie die TKMVO 2003 (FN 287)und TKMV 2008 (FN 136).

2 § 1 Abs 2 TKG 2003, Bundesgesetz, mit dem ein Telekommunikationsgesetz erlassen wird (Telekommunikationsgesetz 2003 – TKG 2003), BGBl I 2003/70 idF BGBl I 2009/65.

3 Sog „Marktdefinition“.

4 Schriftenreihe der Rundfunk und Telekom Regulierungs-GmbH, Band 5/2004:

Marktanalyseverfahren im neuen Rechtsrahmen für elektronische Kommunikationsmärkte, 15.

5 Für den Fall, dass das Marktanalyseverfahren zum Ergebnis führt, dass auf einem Markt effektiver Wettbewerb existiert, sind bestehende spezifische Verpflichtungen aufzuheben.

(10)

Einleitung

Die Marktdefinition, die Marktanalyse und die allfällige Auferlegung spezifischer Verpflichtungen im Sinne dieses dreistufigen Prozesses der sektorspezifischen Wettbewerbsregulierung sind eng miteinander verknüpft und bedingen einander gegenseitig. Der Auferlegung spezifischer Verpflichtungen hat stets ein Marktanalyseverfahren vorauszugehen. Mit anderen Worten: Jede Auferlegung, Änderung oder Aufhebung von spezifischen Verpflichtungen kann immer nur das Ergebnis der Analyse eines konkreten Marktes sein. Andererseits ist die alleinige Feststellung, dass ein oder mehrere Unternehmen über beträchtliche Marktmacht verfügen, ohne die Auferlegung geeigneter Verpflichtungen nicht mit den

(11)

Einleitung

europarechtlichen Vorgaben und den innerstaatlichen Rechtsvorschriften vereinbar.6

Seit der Erlassung des neuen Rechtsrahmens und dessen Umsetzung im TKG 2003 waren sowohl der EuGH als auch die österreichischen Höchstgerichte, insb der VwGH, wiederholt mit Rechtsfragen hinsichtlich der Marktanalyse und der Auferlegung spezifischer Verpflichtungen befasst. Deshalb beschäftigt sich die vorliegende Arbeit insbesondere mit der zweiten Stufe, der „Marktanalyse“. Es soll ein Überblick über die gegenwärtige Rechtslage gegeben werden und darüber hinaus wird am Beispiel des Mobilterminierungsmarktes näher auf Fragen des Marktanalyseverfahrens eingegangen, mit denen sich die Höchstgerichte in jüngerer Zeit auseinanderzusetzen hatten. Dabei wird die Novelle vom 15. Juli 2009 zum TKG 20037 berücksichtigt und nunmehr auftauchende Fragen dargestellt.

6 Gemeint ist damit insb § 35 TKG 2003, siehe VwGH 22. 11. 2005, 2005/03/0109 und VwGH 28. 2. 2007, 2004/03/0210.

7 Bundesgesetz, mit dem das Telekommunikationsgesetz 2003 geändert wird, BGBl I 2009/65.

(12)

Einleitung 1.1 Gliederung

Neben der Beschreibung des Untersuchungsgegenstandes soll das erste Kapitel ein Überblick über die historischen Dimensionen des Weges vom Monopol zum Wettbewerb geben. Dabei wird insbesondere auf die wettbewerbsrechtlichen Regelungen Bezug genommen.

Im zweiten Kapitel werden die europäischen Vorgaben im Hinblick auf die Marktanalyse und deren Umsetzung in das österreichische Recht dargestellt.

Dieser Teil der Arbeit beschäftigt sich mit der zentralen Frage, wie der europäische und der nationale Gesetzgeber „wirksamen“ bzw. „effektiven“

Wettbewerb definieren.

Darauf aufbauend wird im dritten Kapitel auf spezielle Fragen der Marktanalyse in Zusammenhang mit der Mobilterminierung eingegangen.

Im vierten Kapitel werden die verfahrensrechtlichen Besonderheiten beschrieben, wobei das Hauptaugenmerk auf das Konsultations- und Koordinierungsverfahren gelegt wird. Darüber hinaus werden in diesem Abschnitt die Frage der Parteistellung im Lichte der Rsp des EuGH und VwGH und dessen Auswirkungen auf das TKG 2003 untersucht.

Im abschließenden Kapitel werden die rezente Rsp in Zusammenhang mit der Auferlegung spezifischer Verpflichtungen, insbesondere der „Bestimmtheit des Bescheidspruchs“, „Auferlegung spezifischer Verpflichtungen für die Vergangenheit“ und der „Wegfall eines relevanten Marktes“ dargestellt.

(13)

Einleitung 1.2 Der Weg vom Monopol zum Wettbewerb

Seit Anbeginn der kommerziellen Nutzung der Telegraphie übte der Staat erheblichen Einfluss auf den Betrieb von Telegraphen-, Fernmelde- und Telefonanlagen sowie Telekommunikationsnetzen aus.

So bestimmte bereits das Hofkanzleidekret vom 25. Jänner 1847, dass „[die]

Errichtung von Telegraphen8 […] nur mit Genehmigung Seiner Majestät gestattet [ist]“9. Die Vergabe dieser Bewilligungen an private Unternehmen führte zunächst in Ballungsräumen zu einem Ausbau von Telefonnetzen. Ende des 19. Jhdt.

übernahm der Staat in einer Welle der Verstaatlichung10 diese „Telephonnetze“.

Selbst die umfassenden Regelungen des Telegraphengesetzes 192411 sowie des dieses ersetzende Fernmeldegesetzes 194912 änderten nur wenig am staatlichen Monopol13. Es handelte sich hierbei jedoch nicht um ein rein österreichisches Phänomen, denn der Telekommunikationssektor war von wesentlicher fiskaler14 und militärischer Bedeutung. Als Rechtfertigung für diese historisch gewachsenen Monopole wurde zunächst das ökonomische Argument des „natürlichen Monopols“15 angeführt. Dieser Theorie zufolge wird der Telekommunikationsmarkt

8 Das Telefon wurde als „Telegraf mit akustischen Apparaten“ verstanden und somit zum Telegraphen- bzw. Fernmelderegal erklärt. Näher dazu Damjanovic, Regulierung der Kommunikationsmärkte unter Konvergenzbedingungen, 2002, 26.

9Verband Alternativer Telekom-Netzbetreiber (VAT), Die Vision 2010, für gesunden Wettbewerb, hohe Innovationskraft und erfolgreiche Liberalisierung auf dem österreichischen

Telekommunikationsmarkt, 2005, 15

10 Vgl Gesetz vom 29. December 1982, betreffend die Verstaatlichung städtischer Telephonnetze, RGBl 1892/234.

11 Bundesgesetz vom 18. Juli 1924 betreffend den Telegraphen (Telegraphengesetz), BGBl 1924/263.

12 Bundesgesetz vom 13. Juli 1949 betreffend das Fernmeldewesen – Fernmeldegesetz (FG), BGBl 1949/170.

13 So bestimmte § 4 Abs 1 Telegraphengesetz, dass „Öffentliche Telegraphen zu errichten und zu betreiben, ein ausschließliches Recht des Bundes“ ist. In § 2 FG hieß es: „Das Recht,

Fernmeldeanlagen zu errichten und zu betreiben, steht ausschließlich dem Bunde zu.

14Steinmauer bezeichnet die Post- und Telegraphenverwaltung als „Cash Cow“, die ihren Beitrag zur Budgetzielerreichung zu leisten hatte. Steinmaurer, in B. Raschauer (Hrsg), Aktuelles

Telekommunikationsrecht, Vom Monopol zum freien Wettbewerb, 152.

15 „Ein natürliches Monopol liegt dann vor, „wenn ein vorgegebener Output von einem einzelnen Unternehmen zu geringeren Totalkosten produziert werden kann als von einer größeren Zahl von Unternehmen.“, Damjanovic, Regulierung der Kommunikationsmärkte, 27f.

(14)

Einleitung

am effizientesten durch einen einzigen Anbieter bedient.16 Der Aufbau eines Konkurrenznetzes und somit des Wettbewerbs erscheint aus gesamtwirtschaftlichen Erwägungen nicht zweckmäßig. Mehrere Anbieter sind für diesen Markt nicht tragbar.17 Untermauert wurde diese These mit dem Argument der Notwendigkeit einer flächendeckenden gleichberechtigenden Versorgung der Bevölkerung mit Telefonnetzen und -diensten zu erschwinglichen Preisen.18

Erst die Entwicklung neuer Technologien und das Entstehen neuartiger Dienstleistungen – und damit verbundenen Veränderungen der Marktbedingungen – führten allmählich zu einem Umdenken.19 Eine Vorreiterrolle bei der schrittweisen Öffnung des Marktes Anfang der achtziger Jahre nahmen die USA, Großbritannien und Nordirland ein. Sie führten den europäischen Staaten das enorme wirtschaftliche Potential dieses Wachstumsmarktes vor Augen.20

Auf europäischer Ebene wurde in der Folge eine Vielzahl von Maßnahmen zur schrittweisen Öffnung der europäischen Telekommunikationsmärkte gesetzt.21 Die EK ging dabei an zwei Fronten gegen die bestehenden Monopole vor. Zunächst konzentrierte sie sich auf den Endgeräte- und Telekommunikationsdienstemarkt

16 Näher dazu Knieps, Wettbewerbsökonomie, Regulierungstheorie, Industrieökonomie, Wettbewerbspolitik, 2. überarbeitete Auflage, 23ff; Leitl, Missbrauchsaufsicht über Telekommunikationsunternehmen, 14f.

17 Näher dazu Staudacher, in: Fremuth/Parak (Hrsg), Regulierung der Deregulierung von Infrastrukturmärkten, Die Liberalisierung des Telekommunikationsmarktes in Europa, 23f.

18 Gemeint ist damit die sog. „Daseinsvorsorge“.

19 Näher dazu Slominski, Die Implementation des EG-Telekommunikationsrechts aus rechts- und politikwissenschaftlicher Sicht, 46ff.

20Damjanovic, Regulierung der Kommunikationsmärkte, 28f.

21 So setzte der Rat auf Initiative der EK im November 1983 eine „Gruppe hoher Beamter Telekommunikation“ ein. Weiters legte die EK in ihrem „Grünbuch über die Entwicklung des Gemeinsamen Marktes für Telekommunikationsdienstleistungen und

Telekommunikationsendgeräte“ vom 20. 6. 1987, KOM (87)290 ein Konzept zur schrittweisen Öffnung der europäischen Telekommunikationsmärkte fest. Wenngleich das Grünbuch selbst keine rechtlichen Auswirkungen hatte, gaben die ab dem Jahr 1988 verabschiedeten Richtlinien

(Liberalisierungsrichtlinien) dennoch die Grundgedanken des Grünbuchs wieder. Näher dazu Ruhle/Freund/Kronegger/Schwarz, Das neue österreichische Telekommunikations- und Rundfunkrecht, 83ff.

(15)

Einleitung

mit Ausnahme der Sprachtelefonie, der Telexdienste und der Mobilkommunikation.22

Der Übergang von der Hoheitsverwaltung23 zur Privatwirtschaft wurde in Österreich im Rahmen des Beitritts zur Europäischen Gemeinschaft durch das FG 199324 vorbereitet.25 Zwar sah das FG 1993 eine Trennung von Aufsichtsbehörde und Betrieb vor,26 dennoch hielt es am Konzessionssystem sowie dem Vorbehalt für die Post- und Telegraphenverwaltung hinsichtlich der Infrastruktur und des Sprachdienstes fest.27

In den auf die Veröffentlichung des „Grünbuchs“ der EK 1987 folgenden zehn Jahre wurden zahlreiche europäische Rechtsakte28 erlassen, die eine schrittweise Liberalisierung des Telekommunikationsmarktes bewirkten. Parallel dazu trieb die EK die für die Herstellung des Wettbewerbs notwendige Harmonisierung der einzelstaatlichen Rechtsvorschriften voran.29

Die Liberalisierung der Basistelekommunikation und der Infrastruktur sowie damit verbunden die Einführung des vollständigen Wettbewerbs auf sämtlichen Telekommunikationsmärkten erfolgten schließlich durch die WettbewerbsRL

22Damjanovic/Holoubek/Kassai/Lehofer/Urbantschitsch, Handbuch des Telekommunikationsrechts, 18f.

23 Zum Begriff der Hoheits- und Privatwirtschaftsverwaltung siehe Antoniolli/Koja, Allgemeines Verwaltungsrecht, 3. Auflage, 23ff.

24 Bundesgesetz betreffend das Fernmeldewesen (Fernmeldegesetz 1993), BGBl 1993/908.

25 Telekom-Dienstleistungen wurden weitgehend liberalisiert. Für Mobiltelefonie wurden Konzessionen an Wettbewerber des bisherigen staatlichen Monopolisten erteilt.

26 Die durch §§ 1 ff Poststrukturgesetz errichtete Post und die Telekom Austria AG übernahmen die bis dahin von der Post- und Telegraphenverwaltung wahrgenommenen Aufgaben, insbesondere auf dem Gebiet des Post-, Postauto- und Fernmeldewesens. Vgl Bundesgesetz über die Einrichtung und Aufgaben der Post und Telekom Austria Aktiengesellschaft (Poststrukturgesetz - PTSG), BGBl 1996/201.

27Verband Alternativer Telekom-Netzbetreiber (VAT), Die Vision 2010, für gesunden Wettbewerb, hohe Innovationskraft und erfolgreiche Liberalisierung auf dem österreichischen

Telekommunikationsmarkt, 2005, 15.

28 Zur chronologischen Beschreibung der Rechtsakte, siehe

Damjanovic/Holoubek/Kassai/Lehofer/Urbantschitsch, Handbuch des Telekommunikationsrechts, 20ff.

29 Dadurch erklären sich die Bezeichnungen Liberalisierungs- und Harmonisierungsrichtlinien.

(16)

Einleitung

199630, die die Mitgliedsstaaten zur Aufhebung sämtlicher ausschließlicher oder besonderer Rechte auch auf dem Bereich der Sprachtelefonie verpflichtete. Diese Gesamtheit an Rechtsakten31 gab die Bedingung für die Schaffung von Wettbewerb in der Phase des Übergangs vom Monopolbetrieb zum vollständigen Wettbewerb vor.32

Trotz der ersten Schritte in Richtung Öffnung des Telekommunikationsmarktes durch das FG 1993 erreichte erst die Umsetzung des „alten Rechtsrahmens“ durch das TKG 199733 die Herstellung wettbewerbsrechtlicher Strukturen auf sämtlichen Telekommunikationsmärkten. So bestimmte § 12 Abs 1 TKG 1997, dass „Jedermann berechtigt [ist], Telekommunikationsdienste unter Einhaltung der gesetzlichen Bestimmungen zu erbringen“. Trotz und gerade wegen der Öffnung für den Wettbewerb waren regulatorische Maßnahmen notwendig, um die durch die bestehende Infrastruktur vorhandene ungleiche „Marktverteilung“ zwischen dem früheren Monopolisten und neu in den Telekommunikationssektor eintretenden Unternehmen auszugleichen.34

Mit dem Ziel, die „Sicherstellung eines chancengleichen und funktionsfähigen Wettbewerbs auf den Märkten der Telekommunikation“35 zu gewährleisten, wurden Regelungsinstrumente in das TKG 1997 implementiert, die den

„marktbeherrschenden Unternehmen“36 besondere Verpflichtungen37 auferlegten.

Nach § 37 TKG 1997 war ein Unternehmer marktbeherrschend, wenn er auf dem

30 Richtlinie 96/19/EG der Kommission vom 13. März 1996 zur Änderung der Richtlinie 90/388/EWG hinsichtlich der Einführung des vollständigen Wettbewerbs auf den Telekommunikationsmärkten, ABl L 74/13 vom 22.03.1996.

31 Sog „alte Rechtsrahmen“.

32Paschalk/Otto/Weber/Zuser, Telekommunikationsrecht, 18.

33 Bundesgesetz betreffend die Telekommunikation (Telekommunikationsgesetz - TKG), BGBl I 1997/100.

34Taufner, Wettbewerb bei der Zusammenschaltung im Mobilfunk, Das Zusammenspiel der sektorspezifischen Regulierung zur Verhinderung von Missbräuchen und der kartellrechtlichen Missbrauchsaufsicht, Wien Diss., 43.

35 § 1 Abs 2 Z 2 TKG 1997.

36 § 33 TKG 1997.

37 Sog „Remedies“.

(17)

Einleitung

abgegrenzten Markt keinem bzw nur unwesentlichen Wettbewerb ausgesetzt38 war oder über eine im Verhältnis zu seinen Mitbewerbern überragende Marktstellung verfügte39. Wenngleich die NRB die marktbeherrschende Stellung anhand dieser Kriterien zu beurteilen hatte, stellte § 37 Abs 2 TKG 1997 dennoch die Vermutung an, dass ein Unternehmer mit einem Marktanteil von 25% „marktbeherrschend“

war.40 Mit dieser Feststellung der marktbeherrschenden Stellung gingen nach dem TKG 1997 ex lege taxativ aufgezählte Verpflichtungen einher.41

Von Anbeginn der vollständigen Liberalisierung war klar, dass es zu einer Überprüfung des bestehenden Rechtsrahmens auf europäischer Ebene bis spätestens Ende 1999 kommen sollte.42 So führte die EK in ihrem Kommunikationsbericht 199943 an, dass die zur schrittweisen Öffnung der europäischen Telekommunikationsmärkte erlassenen Liberalisierungs- und Harmonisierungsrichtlinien, die sich anfangs als notwendig erwiesen, um die bestehenden Monopole aufzubrechen, sehr unübersichtlich und im Hinblick auf die sich entwickelnden Telekommunikationsmärkte anpassungsbedürftig waren und

38 § 33 Abs 1 Z 1 TKG 1997.

39 § 33 Abs 1 Z 2 TKG 1997 zählte insbesondere folgende Indikatoren der markbeherrschenden Stellung auf: die Möglichkeit, Marktbedingungen zu beeinflussen; Umsatz im Verhältnis zur Größe des Marktes; Kontrolle über den Zugang zu Endbenutzern; Zugang zu Finanzmitteln; Erfahrung mit der Bereitstellung von Produkten und Diensten.

40 „Es wird vermutet, daß [sic!] ein Unternehmer marktbeherrschend ist, wenn er am sachlich und räumlich relevanten Markt über einen Marktanteil von mehr als 25% verfügt.“,

§ 33 Abs 2 TKG 1997; beachte auch die Möglichkeit der Regulierungsbehörde von der festen Grenze der Marktanteile abzugehen.

41 Vgl §§ 34ff TKG 1997.

42 So bestimmte Art 8 der Richtlinie 90/387/EWG des Rates vom 28. Juni 1990 zur Verwirklichung des Binnenmarktes für Telekommunikationsdienste durch Einführung eines offenen Netzzugangs (Open Network Provision - ONP): „Im Laufe des Jahres 1992 prüft der Rat anhand eines Berichts, den die Kommission dem Europäischen Parlament und dem Rat vorlegt, unter Berücksichtigung der technologischen Entwicklung gemäß dem Verfahren des Artikels 100 b des Vertrages, welche Harmonisierungsfortschritte erzielt wurden und welche Beschränkungen für den Zugang zu den Telekommunikationsnetzen und -diensten noch bestehen, wie sich diese Beschränkungen auf das Funktionieren des Binnenmarktes für Telekommunikation auswirken und welche Maßnahmen unter Beachtung des Gemeinschaftsrechts zur Beseitigung dieser Beschränkungen ergriffen werden könnten.

43 Mitteilung der Kommission an das europäische Parlament, den Ministerrat, den Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen 1999, , Entwicklung neuer Rahmenbedingungen für elektronische Kommunikationsinfrastrukturen und zugehörige Dienste, Kommunikationsbericht 1999, COM (1999) 539.

(18)

Einleitung

schlug eine Neukonzipierung des bestehenden Regelwerks vor.44 Auf der Grundlage der im Kommunikationsberichts 1999 unterbreiteten Vorschläge wurden nach Durchführung diverser Konsultationsverfahren fünf Richtlinien erlassen, die nunmehr den „neuen Rechtsrahmen“ (im engeren Sinn) bilden und die bis dahin geltenden Liberalisierungs- und Harmonisierungsrichtlinien ablösten.45

Richtlinie 2002/21/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 7. März 2002 über einen gemeinsamen Rechtsrahmen für elektronische Kommunikationsnetze und -dienste (RahmenRL)46

Richtlinie 2002/19/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 7. März 2002 über den Zugang zu elektronischen Kommunikationsnetzen und zugehörigen Einrichtungen sowie deren Zusammenschaltung

(ZugangsRL)47

Richtlinie 2002/20/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 7. März 2002 über die Genehmigung elektronischer Kommunikationsnetze und -dienste (GenehmigungsRL)48

Richtlinie 2002/22/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 7. März 2002 über den Universaldienst und Nutzerrechte bei elektronischen Kommunikationsnetzen und -diensten (UniversaldienstRL)49

44Bei dem neuen Rechtsrahmen sollte es damit möglich sein, auf den erfolgreichsten Elementen der bestehenden Vorschriften aufzubauen, um eine Regelung zu schaffen, die in der Lage ist, sich rasch und flexibel an Entwicklungen in Technologie und Marktstruktur

anzupassen.“ Kommunikationsbericht 1999, COM (1999) 539; dazu auch Ruhle, Telekommuniations- und Rundfunkrecht, 97.

45 Lediglich die Richtlinie 1999/5/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 9. März 1999 über Funkanlagen und Telekommunikationsendeinrichtungen und die gegenseitige Anerkennung ihrer Konformität, ABl. L 91/10 vom 7. 4. 1999 (FTE-RL) ist noch in Kraft.

46 ABl L 108 vom 24. 4. 2002, S 33.

47 ABl L 108 vom 24. 4. 2002, S 7.

48 ABl L 108 vom 24. 4. 2002, S 21.

49 ABl L 108 vom 24. 4. 2002, S 51.

(19)

Einleitung

Richtlinie 2002/58/EG idF 2006/24/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Juli 2002 über die Verarbeitung personenbezogener Daten und den Schutz der Privatsphäre in der elektronischen

Kommunikation (Datenschutzrichtlinie für elektronische Kommunikation)50 Im weiteren Sinn können auch folgende Rechtsakte zum neuen Rechtsrahmen gezählt werden:

Verordnung (EG) Nr. 717/2007 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27. Juni 2007 über das Roaming in öffentlichen Mobilfunknetzen in der Gemeinschaft und zur Änderung der Richtlinie 2002/21/EG

Entscheidung Nr. 676/2002/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 7. März 2002 über einen Rechtsrahmen für die Funkfrequenzpolitik in der Europäischen Gemeinschaft (Frequenzentscheidung)51

Richtlinie 2002/77/EG der Kommission vom 16. September 2002 über den Wettbewerb auf den Märkten für elektronische Kommunikationsnetze und -dienste52

Richtlinie 2006/24/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. März 2006 über die Vorratsspeicherung von Daten, die bei der

Bereitstellung öffentlich zugänglicher elektronischer Kommunikationsdienste oder öffentlicher Kommunikationsnetze erzeugt oder verarbeitet werden, und zur Änderung der Richtlinie 2002/58/EG53

Ein Schwerpunkt des „neuen Rechtsrahmens“ war die Neukonzipierung der Definition der relevanten Märkte und die Beurteilung, ob auf einem dieser Märkte effektiver Wettbewerb besteht.54 Zwar wurde am Grundkonzept der sektorspezifischen Regulierung festgehalten, doch geht die RahmenRL davon aus, dass obwohl sich die Definition der marktbeherrschenden Stellung des alten

50 ABl L 201 vom 31. 7. 2002, S 37.

51 ABl L 108 vom 24. 4. 2002, S 1.

52 ABl L 249 vom 17. 9. 2002, S 21.

53 ABl L 105 vom 13 4. 2006, S 54.

54Paschalk/Zuser/Otto, Telekommunikationsrecht, Grundlagen und Praxis, 7f.

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Einleitung

Rechtsrahmens55 „in den Anfangsphasen der Marktliberalisierung als Kriterium für Vorabverpflichtungen als sinnvoll erwiesen hat, sie an komplexere, dynamischere Märkte angepasst werden musste“. Ziel war es, diese Definition an das Konzept der beherrschenden Stellung nach der einschlägigen Rsp des EuGH und des EuG anzupassen.56 Österreich setze die europäischen Vorgaben im Telekommunikationsgesetz 2003 – TKG 200357 vom 19. 8. 2003 um, welches nun nach dreimaliger Novellierung58 seit sechs Jahren in Kraft ist.

55 Art 4 Abs 3 RL 97/33/EG.

56 Vgl Erwägungsgrund 25 der RahmenRL; sowie Rz 70 der Leitlinien der Kommission zur

Marktanalyse und Ermittlung beträchtlicher Marktmacht nach dem gemeinsamen Rechtsrahmen für elektronische Kommunikationsnetze und -dienste (SMP- Leitlinien), ABl C 165 vom 11. 7. 2002.

57 Bundesgesetz, mit dem ein Telekommunikationsgesetz erlassen wird (Telekommunikationsgesetz 2003 - TKG 2003), BGBl I 2003/70.

58 Zuletzt novelliert am 15. 7. 2009, BGBl I 2009/65.

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Marktanalyse 2 Marktanalyse

Die NRB haben nach Art 16 Abs 1 der RahmenRL sobald wie möglich nach der Verabschiedung oder Aktualisierung der Märkteempfehlung59 durch die EK unter weitestgehender Berücksichtigung der SMP-Leitlinien die relevanten Märkte zu analysieren.

Stellt eine NRB fest, dass auf einem relevanten Markt kein wirksamer Wettbewerb herrscht, ist sie verpflichtet, dem in einem weiteren Schritt (in der Praxis erfolgt dies nicht im Wege einer separierten Untersuchung) zu ermittelnden Unternehmen mit beträchtlicher Marktmacht spezifische Verpflichtungen aufzuerlegen, zu ändern oder beizubehalten.60

Stellen die NRB hingegen fest, dass auf einem relevanten Markt wirksamer Wettbewerb besteht, dürfen keine spezifischen Verpflichtungen auferlegt werden bzw. sind bestehende Verpflichtungen aufzuheben.61

Die zentrale Frage, die sich die NRB bei der Beurteilung der Regulierungsbedürftigkeit im Rahmen der Marktanalyse zu stellen haben, ist daher

„Besteht auf einem relevanten Markt wirksamer Wettbewerb oder nicht?“

2.1 Definitionsschwierigkeiten des Begriffs „Wettbewerb“

In der Literatur finden sich je nach der Ebene der Betrachtung, der funktionellen Bedeutung und der kontextbezogenen Begriffsinterpretation zahlreiche Versuche, das komplexe Phänomen „Wettbewerb“ zu definieren. Dennoch kann es eine

59 Empfehlung (2003/311/EG) der Kommission vom 11. Februar 2003 über relevante Produkt- und Dienstmärkte des elektronischen Kommunikationssektors, die aufgrund der Richtlinie 2002/21/EG des Europäischen Parlaments und des Rates über einen gemeinsamen Rechtsrahmen für

elektronische Kommunikationsnetze und -dienste für eine Vorabregulierung in Betracht kommen, ABL L 114/45 vom 8. 5. 2003 (Märkteempfehlung 2003).

Empfehlung (2007/879/EG) der Kommission vom 17. Dezember 2007 über relevante Produkt- und Dienstmärkte des elektronischen Kommunikationssektors, die aufgrund der Richtlinie 2002/21/EG des Europäischen Parlaments und des Rates über einen gemeinsamen Rechtsrahmen für

elektronische Kommunikationsnetze und -dienste für eine Vorabregulierung in Betracht kommen, ABl L 344/65 vom 28. 12. 2007 (Märkteempfehlung 2007).

60 Art 16 Abs 4 RahmenRL.

61 Art 16 Abs 3 RahmenRL.

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Marktanalyse

eindeutige und für alle Zusammenhänge gültige Wettbewerbsdefinition nicht geben.62

Wenn schon die Definition des Begriffs „Wettbewerb“ Schwierigkeiten bereitet, werden die vorangestellten Attribute „wirksam“ bzw „effektiv“ umso größere Unsicherheiten mit sich bringen.

2.2 Gleichsetzung von „effektivem Wettbewerb“ und „beträchtlicher Marktmacht“

Diesen allgemeinen Definitionsschwierigkeiten scheint der europäische Gesetzgeber mit einer eigenständigen Begriffsbestimmung zu begegnen.

Die RahmenRL selbst enthält zwar keine ausdrückliche Definition des Begriffs

„wirksamer Wettbewerb“. Vielmehr sieht Art 16 Abs 2 RahmenRL vor, dass die NRB bei der Beurteilung, ob Verpflichtungen für Unternehmen aufzuerlegen, beizubehalten, zu ändern oder aufzuheben sind, anhand eines Marktanalyseverfahrens zu ermitteln hat, „ob“ effektiver Wettbewerb herrscht.

Aus Erwägungsgrund 27 der RahmenRL ergibt sich zunächst, dass wirksamer Wettbewerb dann nicht vorliegt, wenn es auf einem Markt ein oder mehrere Unternehmen mit beträchtlicher Marktmacht gibt und die Instrumente des nationalen und gemeinschaftlichen Wettbewerbsrechts nicht ausreichen, um das Problem zu lösen. Daraus könnte geschlossen werden, dass wirksamer Wettbewerb auch auf den Märkten besteht, auf denen ein oder mehrere Unternehmen mit beträchtlicher Marktmacht vorhanden sind und Wettbewerbsprobleme durch das allgemeine Wettbewerbsrecht lösbar sind (arg.

„und“).63 Systematisch betrachtet sieht dieser Erwägungsgrund jedoch lediglich vor, dass Vorabverpflichtungen nur auferlegt werden sollen, wenn kein wirksamer Wettbewerb besteht. ME kann daraus keine Definition gewonnen werden, da

62 Näher dazu Rundfunk und Telekom Regulierungs-GmbH (RTR-GmbH), Marktanalyseverfahren im neuen Rechtsrahmen für elektronische Kommunikationsmärkte,Schriftenreihe der Rundfunk und Telekom Regulierungs-GmbH, Band5/2004, 93.

63 So auch Lust, Telekommunikationsrecht im Überblick, 52f. Wirksamer Wettbewerb soll dadurch gekennzeichnet sein, dass es entweder gar keine beherrschende Stellung gibt oder zumindest die Instrumente des herkömmlichen Kartellrechts zur Abstellung von Ungereimtheiten am Markt ausreichen.

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Marktanalyse

bereits bei der Abgrenzung der Märkte zu prüfen ist, ob das allgemeine Wettbewerbsrecht ausreicht, um effektiven Wettbewerb sicherzustellen. Kann effektiver Wettbewerb durch Instrumente des allgemeinen Wettbewerbsrechts hergestellt werden, so wird dieser Markt ohnehin nicht für sektorspezifische Verpflichtungen „relevant“.64 Ob diese Feststellung im Rahmen der Marktdefinition oder der Marktanalyse getroffen wird, ist im Ergebnis unerheblich.

Diese Auffassung wird auch durch die Märkteempfehlung 2007 gestützt. Bei der Entscheidung, ob ein Markt für eine Vorabregulierung in Betracht kommt, ist nämlich im Rahmen des Drei-Kriterien-Tests65 zu prüfen, ob ein Marktversagen durch wettbewerbsrechtliche Maßnahmen alleine behoben werden kann.

Erst wenn den wettbewerbsrechtlichen Eingriffen alleine nicht entgegengewirkt werden kann, sind diese Märkte „relevant“ im Sinn einer sektorspezifischen Regulierung.66 Damit soll die Anzahl der Märkte begrenzt werden, in denen regulatorische Vorabverpflichtungen auferlegt werden.

Eine Definition des Begriffspaares „wirksamer Wettbewerb“67 lässt sich in den SMP-Leitlinien finden, die nach Art 16 Abs 1 RahmenRL bei der Analyse der relevanten Märkte „weitestgehende Berücksichtigung“ finden sollen.68

Danach wird der Begriff „wirksamer Wettbewerb“ für den Anwendungsbereich des neuen Rechtsrahmens mit der Feststellung gleichgesetzt69, „dass auf diesem Markt

64 So auch Damjanovic/Holoubek/Kassai/Lehofer/Urbantschitsch, Handbuch des Telekommunikationsrechts, 157.

65 Näheres zum Drei-Kriterien-Test siehe Kap. 2.3.

66 Vgl Märkteempfehlung 2007, Erwägungsgrund 5, 13 und 14.

67 Die deutschsprachige Fassung verwendet sowohl den Begriff „wirksamer Wettbewerb“ als auch den Begriff „echter Wettbewerb“. Aus der englischen und französischen Sprachfassung, die lediglich die Begriffe „effective competition“ bzw „concurrence effective“ verwenden, geht jedoch hervor, dass diese Begriffe gleichzusetzen sind.

68Daher ist es erforderlich, dass die Kommission im Einklang mit den Grundsätzen des Wettbewerbsrechts Leitlinien auf Gemeinschaftsebene festlegt, die von den nationalen

Regulierungsbehörden bei der Beurteilung der Frage, ob auf einem bestimmten Markt wirksamer Wettbewerb herrscht und eine beträchtliche Marktmacht vorliegt, eingehalten werden müssen. Erwägungsgrund 27, RahmenRL.

69 Zur Gleichsetzungsthese siehe Schütze, in Spindler/Schuster, Das Recht der neuen Medien, 1. Auflage 2008, Zehnter Teil: Telekommunikationsgesetz, § 11 Marktanalyse, Rz 7. Die

Gleichsetzungstheorie entspricht dem wettbewerbsrechtlichen Ansatz, wie er etwa in Art. 82 EG

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Marktanalyse

kein Betreiber allein oder gemeinsam mit anderen eine beherrschende Stellung einnimmt. Aus diesem Grund wird […] wirksamer Wettbewerb dahingehend definiert, dass es […] kein Unternehmen gibt, das alleine oder zusammen mit anderen eine individuelle oder gemeinsame beherrschende Stellung einnimmt.“70 Wenngleich die SMP-Leitlinien hier den Terminus „beherrschende Stellung“

verwenden, wird ein scheinbarer Unterschied zum Begriff der „beträchtlichen Marktmacht“ des Art 14 RahmenRL durch einen Blick in Rz 5 der SMP-Leitlinien aufgelöst. Der Terminus „beherrschende Stellung“ wurde durch die Rsp des EuGH als eine „Situation wirtschaftlicher Stärke definiert […], die es einem Unternehmen gestattet, sich in beträchtlichem Umfang unabhängig von Mitbewerbern, Kunden und letztlich Verbrauchern zu verhalten“ verstanden.

Eine solche wirtschaftliche Stellung, die ein unabhängiges Verhalten von Wettbewerbern, Kunden und letztlich Verbrauchern ermöglicht, wird nach Art 14 Abs 2 RahmenRL71 als eine „der Beherrschung gleichkommende Stellung“

bezeichnet. Unternehmen, die eine „der Beherrschung gleichkommende Stellung“

einnehmen, bezeichnet die Richtlinie als „Unternehmen mit beträchtlicher Marktmacht“. Somit wurde die Definition der beträchtlichen Marktmacht durch Art 14 Abs 2 RahmenRL mit der vom EuGH vorgegebenen Definition der

beherrschenden Stellung im Sinne von Artikel 82 EG in Einklang gebracht.72 Damit soll klargestellt werden, dass die Fallpraxis der europäischen Gerichte, der EK und der NRB übereinstimmt.73

niedergelegt ist. Danach ist die Abwesenheit von wirksamem Wettbewerb synonym mit dem Vorhandensein einer marktbeherrschenden Stellung.

70 Vgl SMP-Leitlinien, Rz 19 und Rz 112: „Umgekehrt lässt die Feststellung, dass der Wettbewerb auf einem relevanten Markt nicht wirksam ist, den Schluss zu, dass es auf dem betreffenden Markt Unternehmen gibt, die alleine oder gemeinsam mit anderen eine beherrschende Stellung

einnehmen.

71 Vgl auch SMP-Leitlinien, Rz 70.

72 Vgl SMP-Leitlinien, Rz 70.

73Feiel/Lehofer, Telekommunkationsgesetz 2003, 135.

(25)

Marktanalyse

Die Tatsache, dass ein Unternehmen über beträchtliche Marktmacht

verfügt, bedeutet, dass es aus „struktureller Sicht kurz- bis mittelfristig in der Lage ist und sein wird, auf dem relevanten Markt eine wirtschaftlich starke unabhängige Stellung einzunehmen“. Hingegen bedeutet es nicht, dass dieses Unternehmen eine beherrschende Stellung iSd Art 82 EG einnimmt oder eine solche Stellung missbräuchlich ausnutzt.74

2.3 Exkurs: Drei-Kriterien-Test

Im Rahmen der Marktdefinition legen die NRB die sachlich und geographisch

„relevanten“ Märkte fest. Ob ein Markt „relevant“ für eine sektorspezifische Regulierung sein kann, wird anhand des Drei-Kriterien-Tests ermittelt. Diese Untersuchung wurde in der Märkteempfehlung 2003 lediglich in den Erwägungsgründen angeführt.75 Jedoch wird der Drei-Kriterien-Test in den SMP- Leitlinien näher bestimmt und fand so Eingang in die Praxis der Regulierungsbehörden.76 Mit der Märkteempfehlung 2007 wurde der Drei- Kriterien-Test nun in den verfügenden Teil übernommen, wenn Ziffer 2 bestimmt, dass „Die nationalen Regulierungsbehörden […] bei der Festlegung von Märkten […] sicherstellen [sollen], dass die […] drei Kriterien kumulativ erfüllt sind“.

Im Konkreten handelt es sich um folgende drei Kriterien:

a) Bestehen von beträchtlichen, anhaltenden Zugangshindernissen77

b) Keine Tendenz des Marktes zu einem wirksamen Wettbewerb innerhalb des relevanten Zeitraums

c) Das allgemeine Wettbewerbsrecht allein reicht nicht aus, um dem betreffenden Marktversagen angemessen entgegenzuwirken.

74 SMP-Leitlinien, Rz 30.

75 Vgl Märkteempfehlung 2003, Erwägungsgrund 9.

76 Vgl SMP-Leitlinien, Rz 38ff.

77 Dabei kann es sich um strukturelle, rechtliche oder regulatorische Hindernisse handeln. Siehe Märkteempfehlung 2007, Rz 9 f.

(26)

Marktanalyse

2.4 Beträchtliche Marktmacht gem Art 14 RahmenRL und die Umsetzung im TKG 2003

Ausgehend von der Prämisse der Gleichsetzung „wirksamen Wettbewerbs“ mit dem Nichtbestehen „beträchtlicher Marktmacht“ eines oder mehrere Unternehmen wird im folgenden Kapitel darauf eingegangen, wie die NRB eine solche Stellung ermitteln.

Gem Art 14 Abs 2 RahmenRL bzw dessen Umsetzung in § 35 Abs 1 TKG 2003 gilt ein Unternehmen als Unternehmen mit beträchtlicher Marktmacht, „wenn es entweder allein oder gemeinsam mit anderen eine wirtschaftlich so starke Stellung einnimmt, die es ihm gestattet, sich in beträchtlichem Umfang unabhängig von Wettbewerbern, Kunden und letztlich Verbrauchern (in der Terminologie des TKG 2003 Nutzern) zu verhalten“.78

Beide Bestimmungen sind unbestimmt und bedürfen einer weiteren Konkretisierung. Wesentlich sind jedenfalls zwei Elemente:

 Einerseits die Fähigkeit zu unabhängigem Verhalten gegenüber der Marktgegenseite, also den Kunden und Verbrauchern

 Andererseits die Fähigkeit zu unabhängigem Verhalten gegenüber Wettbewerbern derselben Branche oder Handelsstufe.79

Der österreichische Gesetzgeber hat mit dem – wohl bemerkt nicht abschließenden – Kriterienkatalog in § 35 Abs 2 TKG 2003 versucht, die Vorgaben der SMP-Leitlinien umzusetzen. So sind auch zur Auslegung dieser Kriterien jedenfalls die SMP-Leitlinien heranzuziehen. Auf diese Weise sollen die Entscheidungen der NRB über das Vorliegen beträchtlicher Marktmacht mit der Fallpraxis der EK und der einschlägigen Rsp der europäischen Gerichte

78 Das schließt aber nicht per se einen gewissen Wettbewerb auf einem relevanten Markt aus, sondern bedeutet lediglich, dass ein Unternehmen in eine Lage versetzt ist, die Bedingungen, unter denen sich der Wettbewerb entwickeln kann, zu bestimmen oder wenigstens merklich zu

beeinflussen. SMP-Leitlinien, Rn 72.

79Polster, in Stratil (Hrsg), TKG – Telekommunikationsgesetz 2003, zu § 35, Anm 2, 101.

(27)

Marktanalyse

übereinstimmen.80 Den SMP-Leitlinien und der Märkteempfehlung der EK kommen somit höchste Bedeutung zu.

Dies leitet der VwGH81 für die Marktdefinition aus Art 15 Abs 1 und Abs 3 der RahmenRL ab. Durch diese Bestimmungen wird die EK einerseits mit der Erlassung der „inhaltlich eng determinierten Empfehlung“ beauftragt, andererseits legen die Bestimmungen ein ausdrückliches Berücksichtigungsgebot für die NRB fest. Diese Feststellung trifft auch für die SMP-Leitlinien im Marktanalyseverfahren zu, wenn die EK nach Art 15 Abs 2 RahmenRL „Leitlinien zur Marktanalyse und zur Bewertung beträchtlicher Marktmacht […] [zu erlassen hat], die mit den Grundsätzen des Wettbewerbsrechts in Einklang stehen müssen“ und die Marktanalyse nach Art 16 Abs 1 RahmenRL „unter weitestgehender Berücksichtigung der Leitlinien“ durchzuführen ist.

2.4.1 Allgemeines zur Feststellung beträchtlicher Marktmacht

Der neue Rechtsrahmen sowie das TKG 2003 unterscheiden bei der Beurteilung, ob beträchtliche Marktmacht vorliegt zwischen drei Fallgruppen:

 § 35 Abs 2 TKG 2003 legt die Kriterien fest, die zur Feststellung heranzuziehen sind, ob ein Einzelunternehmen beträchtliche Marktmacht besitzt.82

 Hinsichtlich der Beurteilung der beträchtlichen Marktmacht von zwei oder mehreren Unternehmen stellte der Richtliniengeber einen Kriterienkatalog

zur Verfügung, der von den NRB gem

Art 14 Abs 2 iVm Anhang 2 RahmenRL, – umgesetzt durch

§ 35 Abs 3 und Abs 4 TKG 2003 – heranzuziehen ist. Diese Prüfung ist wesentlich komplexer als die Einzelmarktbeherrschungsanalyse, da neben der Prüfung eines unabhängigen Verhaltensspielraumes auch zu beurteilen

80 SMP-Leitlinien, Rn 70.

81 VwGH 17. 12. 2008, 2008/03/0116. Schon in einer früheren Entscheidung spricht der VwGH von

„höherer Bedeutung“ Vgl. VwGH 28. 2. 2007, 2004/03/0210.

82 Die RahmenRL selbst sieht keine Kriterien zu Feststellung der Einzelmarktbeherrschung vor, sondern verweist auf die nach Art 15 Abs 2 RahmenRL zu erlassenden, im Einklang mit den Grundsätzen des Wettbewerbs stehenden Leitlinien zur Bewertung beträchtlicher Marktmacht.

(28)

Marktanalyse

ist, ob es innerhalb des Oligopols zur wirksamen Wettbewerbsvermeidung kommt.83

 Zuletzt enthält Art 14 Abs 3 RahmenRL bzw § 35 Abs 5 TKG 200384 Regelungen über Situationen, in denen ein Unternehmen seine Marktmacht auf einem Markt auf Grund besonderer Umstände auf einen anderen benachbarten, verbundenen Markt übertragen kann.85

Allgemein ist anzumerken, dass die in der RahmenRL und § 35 TKG aufgelisteten Kriterien keinesfalls abschließend (arg. „insbesondere“) zu verstehen sind.

2.4.2 Kriterien zur Beurteilung der Einzelmarktbeherrschung

Dieses Kapitel nimmt nicht für sich in Anspruch, sämtliche Kriterien der Marktanalyse abschließend darzustellen.86 Es soll hingegen die theoretische Grundlage für die in Kapitel 3.5 erörterte „Terminierung in betreiberindividuelle öffentliche Mobilfunknetze“ vermittelt werden. Einzelne Kriterien werden im Rahmen der Analyse der Mobilterminierung erörtert, in der auch auf die Beurteilung der beträchtlichen Marktmacht auf diesem Markt eingegangen wird.87

„Von Einzelmarktbeherrschung spricht man, wenn ein einzelnes Unternehmen in der Lage ist, die Aufrechterhaltung wirksamen Wettbewerbs auf dem betroffenen Markt zu verhindern, indem es über die Möglichkeit verfügt, sich gegenüber anderen Marktteilnehmern unabhängig zu verhalten.“88

83 Polster, in Stratil (Hrsg), TKG – Telekommunikationsgesetz 2003, zu § 35, Anm 2, 117.2.4.3

84 Siehe Art 14 Abs 3 RahmenRL.

85 Siehe dazu 2.4.4.

86 Näher dazu Polster, in Stratil (Hrsg), TKG – Telekommunikationsgesetz 2003, zu § 35, Anm 4, 97ff.

87 Siehe dazu 3.5

88Polster, in Stratil (Hrsg), TKG – Telekommunikationsgesetz 2003, zu § 35, Anm 2, 101.

(29)

Marktanalyse Die Angebotsmacht eines Unternehmens hängt von

1) seiner eigenen Marktposition

2) der Marktposition aktueller und potentieller Wettbewerber sowie 3) der möglichen Gegenmacht von Käufern ab.89

Wenngleich die RahmenRL keine Konkretisierung der Kriterien vornimmt, listete der österreichische Gesetzgeber in §35 Abs 2 TKG 2003 eine Vielzahl von Indikatoren auf, die sich teils aus den SMP-Leitlinien und damit aus der Fallpraxis der EK und der Rsp der europäischen Gerichte ergeben, teils aber von den SMP- Leitlinien abweichen.90 So versuchen Ruhle et al, die Kriterien der SMP-Leitlinien jenen des § 35 Abs 2 TKG 2003 gegenüberzustellen und Abweichungen darzustellen.

SMP-Leitlinien TKG 2003

Gesamtgröße des Unternehmens (insb

Marktanteile) die Größe des Unternehmens, seine

Größe im Verhältnis zu der des relevanten Marktes sowie die Veränderungen der relativen Positionen der Marktteilnehmer im Zeitverlauf (§ 35 Abs 2 Z 1)

Kontrolle über nicht leicht zu

duplizierende Infrastruktur die Kontrolle über nicht leicht ersetzbare Infrastruktur (§ 35 Abs 2 Z 12)

technologische Vorteile oder

Überlegenheit der technologiebedingte Vorsprung

(§ 35 Abs 2 Z 6) Fehlen von oder geringe ausgleichende

Nachfragemacht das Ausmaß der nachfrageseitigen

Gegenmacht (§ 35 Abs 2 Z 3)

89 Vgl Scheurle/Mayen (Hrsg), Beck‟scher TKG-Kommentar², § 11, Rz 15; Wenngleich es sich bei dem zitierten Werk um ein Kommentar zum deutschen TKG handelt, ist anzunehmen, dass aufgrund des dichten gemeinschaftsrechtlichen Richtliniennetzes – insbesondere im Hinblick auf das Marktanalyseverfahren – keine relevanten Abweichungen zwischen den Rechtsordnungen zu finden sind; Polster gliedert die Auflistung des § 35 Abs 2 TKG 2003 in unternehmensbezogene und marktbezogene Strukturmerkmale. Siehe Polster, in Stratil (Hrsg), TKG –

Telekommunikationsgesetz 2003, zu § 35, Anm 4, 102.

90Ruhle/Freund/Kronegger/Schwarz, Das neue österreichische Telekommunikations- und Rundfunkrecht, 321f.

(30)

Marktanalyse leichter oder privilegierter Zugang zu

Kapitalmärkten/finanziellen Ressourcen der Zugang zu Finanzmitteln (§ 35 Abs 2 Z 11)

Diversifizierung von

Produkten/Dienstleistungen (z. B.

Bündelung von Produkten und Dienstleistungen)

das Ausmaß der Produktdifferenzierung (§ 35 Abs 2 Z 10)

Größenvorteile die Existenz von Skalenerträgen,

Verbund- und Dichtevorteilen (§ 35 Abs 2 Z 8)

Verbundvorteile

vertikale Integration das Ausmaß vertikaler Integration (§ 35 Abs 2 Z 9)

hochentwickeltes Vertriebs- und

Verkaufsnetz allfällige Vorteile in der Verkaufs- und Vertriebsorganisation (§ 35 Abs 2 Z 7) Fehlen von potenziellem Wettbewerb die Höhe von Markteintrittsschranken

sowie das daraus resultierende Ausmaß an potenziellem Wettbewerb (§ 35 Abs 2 Z 2)

Expansionshemmnisse

das Verhalten am Markt im Allgemeinen, wie etwa Preissetzung, Marketingpolitik, Bündelung von Produkten und Dienstleistungen oder Errichtung von Barrieren § 35 Abs 2 Z13 das Ausmaß an Nachfrage- und Angebotselastizität (§ 35 Abs 2 Z 4) die jeweilige Marktphase (§ 35 Abs 2 Z 5)

Quelle: Ruhle/Freund/Kronegger/Schwarz, Das neue österreichische

Telekommunikations- und Rundfunkrecht, 321f. [Überarbeitung des Verfassers]

(31)

Marktanalyse 2.4.3 Joint Dominance

Neben der Einzelmarktbeherrschung berücksichtigt Art 14 Abs 2 RahmenRL auch die Situation, dass mehrere Unternehmen gemeinsam über beträchtliche Marktmacht verfügen. Die Idee der Marktmacht zweier oder mehrerer Unternehmen entstammt dem allgemeinen Wettbewerbsrecht.91 So sieht bereits Art 82 EG ausdrücklich die Möglichkeit einer marktbeherrschenden Stellung durch zwei oder mehrere wirtschaftlichen Einheiten vor, die rechtlich und wirtschaftlich voneinander unabhängig sind.92

Nach der Rsp der europäischen Gerichte können diese Unternehmen eine beherrschende Stellung einnehmen, wenn sie in wirtschaftlicher Hinsicht auf einem bestimmten Markt gemeinsam als kollektive Einheit auftreten und handeln.93 Ein identisches Verhalten in jeder Hinsicht ist allerdings nicht notwendig, um diese Stellung zu begründen. Entscheidend ist vielmehr, dass sie in der Lage sind, eine gemeinsame Strategie – sei dies durch Absprache oder stillschweigend – auf dem Markt zu verfolgen und sich dabei in beträchtlichem Umfang unabhängig von Wettbewerbern, Kunden und letztlich Verbrauchern (in der Diktion des TKG 2003 „Nutzern“) zu verhalten.94

Rz 93 der SMP-Leitlinien erwähnt zudem, dass sich die Feststellung einer gemeinsamen Marktbeherrschung auch „aus anderen verbindenden Faktoren ergeben kann und […] von einer wirtschaftlichen Beurteilung und insbesondere einer Beurteilung der Struktur des fraglichen Marktes [abhängt]“.

Diese Feststellung wurde durch das Airtours-Urteil des EuG95 konkretisiert und bildet nunmehr den Maßstab für die Beurteilung kollektiver Marktbeherrschung.96

91 Eine Darstellung der Rechtsprechung des EuG und des EuGH sowie der Entscheidungspraxis der EK findet sich in den SMP-Leitlinien, Rz 89 – Rz 96.

92 Vgl SMP-Leitlinien, Rz 86 und Rz 89.

93 Vgl SMP-Leitlinien, Rz 92 unter Verweis auf EuGH, Rs C-395/96 P, Compagnie Maritime Belge Transports/Kommission, Slg 2000, I-1365, Rz 39ff.

94 So auch Art 14 Abs 2 RahmenRL.

95 EuG, Rs T-342/99, Airtours/Kommission, Slg. 2002, II-2585, WM 2002, 1695, Rn 62.

96Polster erachtet es aufgrund dieses Urteils als notwendig, Rz 96 der SMP-Leitlinien insbesondere in Bezug auf die Wertigkeit der genannten Prüfkriterien zu relativieren. Polster, in Stratil (Hrsg), TKG – Telekommunikationsgesetz 2003, zu § 35, Anm 18, 118.

(32)

Marktanalyse

Danach müssen für die kollektive beherrschende Stellung drei Voraussetzungen kumulativ97 vorliegen:

 Jedes Mitglied des beherrschenden Oligopols muss das Verhalten der anderen Mitglieder in Erfahrung bringen können, um festzustellen, ob sie einheitlich vorgehen oder nicht.98

 Eine gemeinsame Koordinierung muss auf Dauer erfolgen können, dh: eine kollektive beherrschende Stellung kann nur dann Bestand haben, wenn genügend Abschreckungsmittel langfristig für den Anreiz sorgen, nicht vom gemeinsamen Vorgehen abzuweichen. Daher muss jedes Mitglied des Oligopols wissen, dass „jede auf Vergrößerung seines Marktanteils gerichtete, starke wettbewerbsorientierte Maßnahme seinerseits die gleiche Maßnahme seitens der anderen auslösen würde [und somit] keinerlei Initiative aus diesem Verhalten ziehen könnte“.

 Die erwarteten Ergebnisse des gemeinsamen Vorgehens dürfen nicht durch die voraussichtliche Reaktion der tatsächlichen und potentiellen Wettbewerber und Abnehmer (in der Diktion des EuG „Konkurrenten sowie […] Verbraucher“) in Frage gestellt werden.

Im Einklang mit dieser Rsp stellt auch der Erwägungsgrund 26 RahmenRL klar, dass eine marktbeherrschende Stellung nicht nur angenommen werden kann, wenn strukturelle oder sonstige Beziehungen zwischen den auf einem Markt tätigen Unternehmen bestehen sondern auch „wenn die Struktur des betreffenden Marktes als förderlich für koordinierte Effekte angesehen wird, das heißt wenn hierdurch ein paralleles oder angeglichenes wettbewerbswidriges Verhalten auf dem Markt gefördert wird“.

97 Im Urteil in der Rs Bertelsmann und Sony/Impala bestätigt der EuGH grundsätzlich diese Kriterien, führte allerdings aus, dass „Bei der Anwendung dieser Kriterien […] jedoch nicht mechanisch in einer Weise vorgegangen werden [darf], bei der jedes Kriterium einzeln für sich allein geprüft wird, ohne den wirtschaftlichen Gesamtmechanismus einer unterstellten

stillschweigenden Koordinierung zu beachten. EuGH am 10. 7. 2008, Rs C-413/06 P; Näher dazu Lehofer, „Plausible Theorie stillschweigender Koordinierung": EuGH zu Joint Dominance, Blog vom 10. 7. 2008, http://lehofer.at/blog/2008/07/plausible-theorie-stillschweigender.html, Datum des letzten Zugriffs: 9. 9. 2009.

98 Sog „Markttransparenz“.

(33)

Marktanalyse

Bei dieser Beurteilung sind gem Art 14 Abs 2 RahmenRL die in deren Anhang II aufgelisteten Kriterien heranzuziehen.99 Der österreichische Gesetzgeber hat die Vorgaben des Anhangs II zunächst in § 35 Abs 3 TKG 2003 umgesetzt, der bestimmt, dass „Bei zwei oder mehreren Unternehmen davon auszugehen [ist], dass sie gemeinsam über beträchtliche Marktmacht verfügen, wenn sie - selbst bei Fehlen struktureller oder sonstiger Beziehungen untereinander - in einem Markt tätig sind, dessen Beschaffenheit Anreize für eine Verhaltenskoordinierung aufweist“.

§ 35 Abs 4 TKG 2003 listet sodann folgende Kriterien auf, die zur Beurteilung von gemeinsamer Marktmacht heranzuziehen sind:

1. das Ausmaß an Marktkonzentration, die Verteilung der Marktanteile und deren Veränderung im Zeitverlauf,

2. die Höhe von Markteintrittsschranken, das daraus resultierende Ausmaß an potenziellem Wettbewerb,

3. das Ausmaß der nachfrageseitigen Gegenmacht, 4. die vorhandene Markttransparenz,

5. die jeweilige Marktphase, 6. die Homogenität der Produkte,

7. die zugrunde liegenden Kostenstrukturen,

8. das Ausmaß an Nachfrage- und Angebotselastizität,

9. das Ausmaß an technologischer Innovation und der Reifegrad der Technologie,

10. die Existenz freier Kapazitäten,

11. die Existenz informeller oder sonstiger Verbindungen zwischen den Marktteilnehmern,

12. Mechanismen für Gegenmaßnahmen,

13. das Ausmaß der Anreize für Preiswettbewerb.

99 Vgl Anhang II der RahmenRL.

(34)

Marktanalyse

Anhang II RahmenRL stellt ausdrücklich fest, dass der angeführte Kriterienkatalog nicht abschließend ist und dass es sich nicht um kumulative Kriterien handelt.

Es sollen damit nur Beispiele für die Argumente gegeben werden, auf die sich Feststellungen über das Vorliegen einer gemeinsamen Marktbeherrschung stützen können.

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