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EZB-Jahresbericht zur Aufsichtstätigkeit

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Academic year: 2022

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Andrea ENRIA

Vorsitzender des Aufsichtsgremiums

An den Präsidenten des Nationalrates Herrn Wolfgang Sobotka

Dr.-Karl-Renner-Ring 3 1017 Wien

Österreich

Frankfurt am Main, 18. März 2020

Sehr geehrter Herr Präsident,

gemäß Artikel 21 der Verordnung (EU) Nr. 1024/2013 des Rates1 lege ich Ihnen hiermit den EZB- Jahresbericht zur Aufsichtstätigkeit 2019 vor.

Der Bericht wird am 19. März 2020 um 09:00 Uhr MEZ in 22 Amtssprachen der EU auf der Website der EZB zur Bankenaufsicht veröffentlicht. Bis zu diesem Zeitpunkt unterliegt der Bericht einer Sperrfrist.

Mit vorzüglicher Hochachtung

Andrea Enria

1 Siehe Verordnung (EU) Nr. 1024/2013 des Rates vom 15. Oktober 2013 zur Übertragung besonderer Aufgaben im Zusammenhang mit der Aufsicht über Kreditinstitute auf die Europäische Zentralbank (ABl. L 287 vom 29.10.2013, S. 63).

016135/EU XXVII. GP

Eingelangt am 18/03/20

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EZB-Jahresbericht zur Aufsichtstätigkeit

2019

März 2020

Sperrfrist:

Zur Veröffentlichung ab 19. März 2020, 9:00 Uhr MEZ freigegeben.

Vor Ablauf dieser Sperrfrist dürfen keine Daten aus diesem Dokument weitergegeben und veröffentlicht werden.

Verstöße gegen die Sperrfrist haben zur Folge, dass der zuwiderhandelnden Partei künftig vor der offiziellen Freigabe keine Texte zur Verfügung gestellt werden.

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Inhalt

Vorwort von Christine Lagarde, Präsidentin der EZB 3 Einleitendes Interview mit Andrea Enria, Vorsitzender des

Aufsichtsgremiums 5

1 Bankenaufsicht im Jahr 2019 11

1.1 Der Bankensektor des Euroraums im Jahr 2019 11 1.2 Aufsichtsprioritäten und -projekte im Jahr 2019 21 Kasten 1 Wie wirkt sich die Veräußerung notleidender Kredite auf

den Aktienmarkt aus? 29

Kasten 2 Aufsichtstechnologie 42

1.3 Direkte Aufsicht über bedeutende Institute 43 1.4 Indirekte Aufsicht über weniger bedeutende Institute 53

1.5 Makroprudenzielle Aufgaben der EZB 56

1.6 Ausblick – Risiken und Aufsichtsprioritäten im Jahr 2020 57

Kasten 3 Green Finance 60

2 Erlaubnisverfahren, Zwangsmaßnahmen und Sanktionsverfahren 62

2.1 Erlaubnisverfahren 62

2.2 Meldung von Verstößen, Zwangsmaßnahmen und Sanktionen 68

3 Beitrag des SSM zum Krisenmanagement 72

3.1 Krisenfälle im Jahr 2019 72

3.2 Zusammenarbeit mit dem Einheitlichen Abwicklungsausschuss 76

3.3 Arbeiten im Rahmen der Sanierungsplanung 77

3.4 Krisenmanagement bei weniger bedeutenden Instituten 78

4 Grenzüberschreitende Zusammenarbeit 80

4.1 Erweiterung der Bankenunion durch enge Zusammenarbeit 80 4.2 Zusammenarbeit auf europäischer und internationaler Ebene 82

Kasten 4 EZB und Geldwäschebekämpfung 84

(4)

4.3 Beitrag zur Entwicklung des europäischen und des

internationalen regulatorischen Rahmens 88

5 Organisatorischer Aufbau der Bankenaufsicht der EZB 91

5.1 Erfüllung der Rechenschaftspflicht 91

Kasten 5 Memorandum of Understanding zwischen der EZB und

dem Europäischen Rechnungshof 92

5.2 Transparenz und Kommunikation 93

5.3 Beschlussfassung 94

5.4 Personalausstattung der EZB-Bankenaufsicht 101

5.5 Umsetzung des Verhaltenskodex 105

5.6 Anwendung des Trennungsgrundsatzes zwischen Geldpolitik

und Bankenaufsicht 106

5.7 Rahmen für die aufsichtliche Berichterstattung und

Informationsmanagement 107

6 Berichterstattung zu den Haushaltsausgaben 110

6.1 Ausgaben im Jahr 2019 110

6.2 Gebührenrahmen 2019 114

Im Jahr 2019 erhobener Gesamtbetrag 116

Aufsichtsgebühren für einzelne Institute 117

Sonstige Einnahmen im Zusammenhang mit bankenaufsichtlichen

Aufgaben 118

7 Von der EZB erlassene Rechtsinstrumente 120

7.1 EZB-Verordnungen 120

7.2 EZB-Rechtsinstrumente (ohne Verordnungen) 120

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Vorwort von Christine Lagarde, Präsidentin der EZB

Die Finanzkrise und die Staatsschuldenkrise haben gezeigt, wie rasch und heftig sich Probleme des Bankensektors auf unsere gesamte Währungsunion ausweiten und sowohl die Wirtschaft als auch das Leben der Menschen beeinträchtigen können. Hierauf hat die Politik reagiert und es sich zum Ziel gesetzt, für gesunde Banken und ein widerstandsfähiges Bankensystem zu sorgen. So wurde vor sechs Jahren die europäische Bankenaufsicht geschaffen.

Innerhalb dieser kurzen Zeit seit ihrer Gründung hat sie sich zu einer ausgereiften Institution entwickelt, die ihren festen Platz als konsequent und kohärent handelnde europäische Aufsichtsbehörde eingenommen hat. Seit 2014 konnten die Risiken deutlich gesenkt werden: Die Bestände an notleidenden Krediten haben sich um nahezu 50 % verringert, und die Kapitalausstattung der Banken im Euroraum hat sich sichtbar verbessert. Der Umgang mit notleidenden Krediten zeigt besonders anschaulich, wie gut ein europäischer Ansatz dazu beitragen konnte, krisenbedingte Altlasten in den Griff zu bekommen, unter denen zahlreiche Banken in den einzelnen Ländern litten.

Durch ihren Einsatz für gesündere Banken hat die europäische Bankenaufsicht auch die Geldpolitik unterstützt. Robustere Banken können mehr Kredite an die Wirtschaft vergeben, was wiederum die Transmission der Geldpolitik stärkt. Zudem fördert die europäische Bankenaufsicht ein produktives Risikoverhalten, während sie zugleich der Jagd nach hohen Renditen Einhalt gebietet. Auf diese Weise hilft sie, die Risiken für die Stabilität des Finanzsystems zu begrenzen, und ermöglicht es, dass wir unser Preisstabilitätsmandat mit dem aktuellen geldpolitischen Kurs erfüllen können.

In den letzten Jahren wurden enorme Anstrengungen im Bereich der Bankenaufsicht unternommen. Dennoch muss vonseiten der Banken mehr getan werden, um die auch im Jahr 2020 noch bestehenden Herausforderungen zu meistern. Die Ertragskraft der Institute ist nach wie vor gering. Hält dieser Zustand an, kann dies die Widerstandsfähigkeit des gesamten Bankensektors beeinträchtigen. Banken können ihren Teil zur Lösung des Problems beitragen, indem sie ihre

Überkapazitäten abbauen, die verbliebenen Bestände an notleidenden Krediten verringern und ihre Geschäftsmodelle und IT-Standards auf das digitale Zeitalter ausrichten.

Der andere Teil der Lösung betrifft den institutionellen Rahmen. Dieser muss so gestaltet sein, dass ein effizienterer und stärker integrierter Bankenmarkt gefördert wird. Die Grundlage der Bankenunion – das einheitliche Regelwerk – ist noch immer stark national fragmentiert. Darüber hinaus könnte die Integrität des einheitlichen Bankenmarkts weiterhin in Frage gestellt werden, solange eine Säule der Bankenunion – nämlich das europäische Einlagensicherungssystem – fehlt. Eine weitergehende grenzüberschreitende Integration wird somit verhindert.

(6)

Des Weiteren gilt es, längerfristige Herausforderungen wie den Klimawandel zu bewältigen. Sie betreffen uns alle, und niemand kann die Augen vor ihnen

verschließen. Der Klimawandel wird alle Bereiche der Wirtschaft beeinflussen, auch das Bankensystem. Es liegt daher auf der Hand, dass wir dieses Problem durch gemeinsames Handeln – über Ländergrenzen, Institutionen und Sektoren hinweg – angehen müssen.

(7)

Einleitendes Interview mit Andrea Enria, Vorsitzender des Aufsichtsgremiums

Herr Enria, Anfang 2019 übernahmen Sie den Vorsitz des Aufsichtsgremiums.

Welches Fazit ziehen Sie nach einem Jahr, und was gibt es noch zu tun?

Mein Fazit lautet: Die europäische Bankenaufsicht funktioniert. Es ist sinnvoll und auch nützlich, Banken auf europäischer Ebene zu beaufsichtigen. Unser

Aufsichtsmodell ruht auf starken Säulen. Nach fünf Jahren befinden wir uns nun in einem ausgereifteren Entwicklungsstadium und nicht mehr in der Gründungsphase.

Deshalb müssen wir die großen Projekte dieser Zeit zum Abschluss bringen und uns darauf konzentrieren, unseren Ansatz und die risikobasierte Aufsicht zu festigen.

Zugleich werden wir uns für weitere Verfahrensvereinfachungen einsetzen, um den Aufwand für Aufseher und Banken zu verringern. Hierzu zählt auch die verstärkte Nutzung neuer Technologien. Ebenso sind wir bestrebt, noch transparenter und berechenbarer zu handeln. Wir haben es nach wie vor mit einem Bankensektor zu tun, der eine geringe Ertragskraft aufweist, und mit einer Bankenunion, die nicht so stark integriert ist, wie sie es eigentlich sein sollte. So ist es uns auch ein wichtiges Anliegen, zur Bewältigung dieser großen Herausforderungen beizutragen.

Weshalb soll die Bankenaufsicht transparenter werden und wie kann dies erreicht werden?

Mit der Bankenunion haben wir ein neues Modell für den gesamten Euroraum eingeführt. Ich habe den Eindruck, dass Banken und Investoren sich noch immer schwertun, dieses neue Modell wirklich zu verstehen. Folglich müssen wir als Bankenaufseher unser Handeln und unsere Vorgehensweise besser erläutern und begründen. Dadurch werden wir auch berechenbarer, denn schließlich soll die Bankenaufsicht für Stabilität sorgen und nicht für Überraschungen. Der neue institutionelle Rahmen für das Krisenmanagement sieht vor, dass die Banken zuerst Investoren zur Verlusttragung heranziehen, statt Staatshilfen zu beanspruchen.

Deshalb müssen die Anleger besser darüber informiert werden, ob mit Blick auf die aktuelle Geschäftslage einer Bank bestimmte Aufsichtsmaßnahmen ausgelöst werden könnten. Einen ersten Schritt zur Erhöhung der Transparenz haben wir im Januar 2020 getan. Erstmals wurden für die einzelnen Banken Informationen zu den aufsichtlichen Kapitalanforderungen veröffentlicht, die im aufsichtlichen

Überprüfungs- und Bewertungsprozess ermittelt wurden. Außerdem gaben wir weitere Einzelheiten zu unserer Methodik bekannt. Hierdurch konnten sich

Kreditinstitute und Investoren ein genaueres Bild von der aufsichtlichen Bewertung der europäischen Banken machen.

Kommen wir zu den Banken. Das Thema Ertragskraft ist nach wie vor eine dringliche Herausforderung. Sehen Sie hier Licht am Ende des Tunnels?

Ich fürchte, wir befinden uns noch immer inmitten des Tunnels. Die geringe Ertragskraft der Banken bereitet mir als Bankenaufseher ernsthaft Sorgen, das

(8)

versichere ich Ihnen. Banken, die kaum Gewinne erwirtschaften, können intern kein Kapital bilden. Aufgrund ihrer niedrigen Marktbewertungen gelingt es ihnen

möglicherweise auch nicht, ihren Kapitalbedarf über die Aktienmärkte zu decken.

Folglich werden sie anfälliger. Es ist offenkundig, dass es für Banken gegenwärtig alles andere als einfach ist, im traditionellen Bankgeschäft Geld zu verdienen. An diesen schwierigen Rahmenbedingungen wird sich allerdings so bald nichts ändern.

Das Gebot lautet daher: akzeptieren und sich anpassen. Die Banken müssen die neue Realität akzeptieren und die Möglichkeit in Betracht ziehen, ihr

Geschäftsmodell anzupassen, um überlebensfähig zu bleiben. Die

wettbewerbsfähigsten Institute sind jene, die kosteneffizient arbeiten, über eine – wie wir sagen – gute strategische Steuerung verfügen und sich dem digitalen Wandel stellen. Andere Banken haben hier leider noch einigen Nachholbedarf. Aus diesem Grund werden wir die Entwicklung genau im Auge behalten und Druck auf die Nachzügler ausüben.

Sind Kosteneinsparungen ein mögliches Instrument für Banken und wie können sie erreicht werden?

Zu den wichtigsten Maßnahmen, die die Banken selbst ergreifen sollten, zählt die Steigerung der Kosteneffizienz. Die Aufwand/Ertrag-Relation der Institute im Euroraum ist weiterhin hoch. Im Durchschnitt wenden sie rund 65 Cent auf, um einen Euro zu verdienen, und somit deutlich mehr als ihre internationalen Konkurrenten. Entscheidend ist jedoch, dass nicht an der falschen Stelle gespart wird. Beispielsweise sind Kostensenkungen im Risikomanagement keine Option.

Auch Investitionen in neue Technologien bleiben wichtig, denn sie können zu künftigen Kostensenkungen beitragen. Abgesehen davon werden auch einige eher radikale Vorschläge diskutiert. So könnten Banken beispielsweise bestimmte Dienstleistungen, die sie standardmäßig benötigen, in einem Pool zusammenlegen.

Auf diese Weise wäre es für Banken einfacher, Skaleneffekte zu erzielen und somit ihre Ausgaben zu verringern. Der Hebel mit der größten Wirkung sind natürlich Unternehmenszusammenschlüsse. Wenn sich die richtigen Banken in einer gut durchgeführten Fusion zusammenschließen, kann dies ebenfalls zu

Kostensenkungen und einer Neuausrichtung des Geschäftsmodells beitragen.

(9)

Brauchen wir also eine verstärkte Konsolidierung, d. h. mehr Fusionen, im Bankensektor?

Nun, für mich liegt es auf der Hand, dass im Bankensektor des Euroraums eine Konsolidierung stattfinden muss. Überkapazitäten sind für die mangelnde Ertragskraft mitverantwortlich. Daher müssen sie abgebaut werden. Und Bankenfusionen – sowohl innerhalb eines Landes als auch über Ländergrenzen hinweg – wären da von Nutzen. Aus Zusammenschlüssen auf nationaler Ebene können sich möglicherweise höhere Effizienzgewinne ergeben, weil sich beispielsweise die Vertriebsnetze der Fusionspartner überschneiden.

Grenzüberschreitende Fusionen hingegen können dazu beitragen, die Ertragsquellen und somit auch die Risiken zu diversifizieren. Hierdurch würde letztendlich die Widerstandsfähigkeit der Banken und des gesamten Finanzsystems gegenüber Schocks gestärkt. Ich kann verstehen, dass es für die einzelnen Banken aufgrund der geringen Ertragskraft und Marktbewertungen schwierig ist, gute Argumente für Fusionen zu finden. Betrachtet man jedoch das System als Ganzes, so ist es unwahrscheinlich, dass sich die Ursachen dieser beiden Probleme ohne eine gewisse Konsolidierung innerhalb des Bankensektors beheben lassen.

Kann die EZB hier etwas tun?

Die ökonomischen Argumente für eine Konsolidierung sind für mich durchaus nachvollziehbar. Es ist jedoch nicht meine Aufgabe, diesen Prozess voranzutreiben oder zu bremsen. Ich kann lediglich potenzielle Fusionshindernisse beseitigen, insbesondere, wenn sie in meinen Verantwortungsbereich fallen. Die EZB scheint bei einigen den Eindruck zu erwecken, dass sie Fusionen zu verhindern versucht, indem sie den neu entstehenden Unternehmen höhere Kapitalanforderungen auferlegt. Ich versuche seit einiger Zeit, diesen Irrtum aus der Welt zu schaffen. Wir werden im späteren Jahresverlauf unsere grundsätzliche Position zum Thema Fusionen genauer erläutern. Wie gehen wir beispielsweise mit Badwill um? Wie beurteilen wir die Angemessenheit der Kapitalausstattung in den fusionierenden Banken? Fragen wie diesen werden wir uns widmen, um mehr Klarheit zu schaffen.

(10)

Besteht die Chance einer weiteren Integration auf europäischer Ebene? Wird beispielsweise die Bankenunion zum Abschluss gebracht werden?

Der Bankenmarkt ist noch immer stark national fragmentiert – selbst im Euroraum.

Zum großen Teil ist diese Fragmentierung das Ergebnis von Ringfencing, d. h. von Abschottungsmaßnahmen, die während der Finanzkrise ergriffen wurden. Sie haben die Angst verstärkt, dass es im Fall eines Bankenschocks zur Flucht von Kapital und Liquidität ins Ausland kommen könnte und die Steuerzahler die Zeche zu zahlen hätten. Hier müssen wir weitere Fortschritte erzielen, um die

Sicherheitsmechanismen innerhalb der Bankenunion zu vervollständigen. Bei der Einrichtung einer Letztsicherung für den Einheitlichen Abwicklungsfonds sind wir schon ein Stück vorangekommen. Gleichwohl werden das Thema Liquidität im Abwicklungsfall und insbesondere die Schaffung einer gemeinsamen europäischen Einlagensicherung nach wie vor sehr kontrovers diskutiert. Ich hoffe hier auf baldige Ergebnisse, weiß aber auch, wie schwierig diese Debatte ist.

Somit stellt sich die Frage, was wir noch tun können. Wenn sich am bestehenden Rahmen nichts ändert, lässt sich dann innerhalb dieses Rahmens etwas bewirken?

Eine Möglichkeit wäre, die Belange der Aufnahmeländer zu berücksichtigen, wenn es um die Festlegung der bankengruppenweiten Aufsichtsanforderungen geht. Ein bestimmtes geografisch begrenztes Risiko, das trotz Diversifizierungs- und

Verrechnungsmaßnahmen auf konsolidierter Basis fortbesteht, könnte durch bankengruppenbezogene Anforderungen abgedeckt werden. Denkbar wäre auch, Vereinbarungen über die Bereitstellung gruppeninterner finanzieller Unterstützung als festen Bestandteil von Bankensanierungsplänen vorzuschreiben. Wenn wir eine integrierte Aktiv- und Passivsteuerung in guten Zeiten wünschen, müssen wir sicherstellen, dass sie auch im Krisenfall funktioniert. Möglich ist dies durch glaubwürdige Vereinbarungen, die von der EZB durchgesetzt werden können.

Ist denn der neue europäische Rahmen zur Krisenbewältigung hierbei hilfreich?

Dieser neue Rahmen hat uns auf jeden Fall einen Schritt vorangebracht. Gleichwohl weist er auf europäischer Ebene noch gewisse Lücken auf. Eigentlich handelt es sich um einen in weiten Teilen noch immer nationalen Rahmen. Gerade diese Fragmentierung führt dazu, dass der Rahmen weniger wirksam und effizient ist, als er es sein könnte. So kommen etwa bei der Liquidation von Banken nationale Ansätze zur Anwendung, die sich weiterhin recht deutlich voneinander unterscheiden. Auch die Rolle der Einlagensicherungssysteme und der

institutsbezogenen Sicherungssysteme ist nicht einheitlich, genauso wenig wie die Politik, die in Bezug auf die Rettung von Banken mit öffentlichen Mitteln verfolgt wird.

Gleiche Bedingungen sind so nicht gegeben. Für die Bankenaufseher wird es in diesem Umfeld sogar schwieriger, ihre verfügbaren Instrumente einzusetzen.

Deshalb benötigen wir ein stärker harmonisiertes System. Wir könnten uns dem Ansatz der Vereinigten Staaten etwas annähern und beispielsweise auf europäischer Ebene ein Instrument für die verwaltungsbehördliche Zwangsliquidation schaffen.

Auf dem Weg zu einem gemeinsamen europäischen Bankenmarkt dürfte es erforderlich sein, den Aufnahmeländern adäquate Sicherheitsmechanismen an die

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Hand zu geben, so dass es ihnen leichter fällt, nationale Barrieren abzubauen. Wenn wir diese Probleme angehen und das Krisenmanagement verbessern, sinken möglicherweise auch die wahrgenommenen anfänglichen Kosten des Abbaus bestehender Ringfencing-Strukturen zum Schutz des heimischen Bankensektors.

Bis dahin sind wir verpflichtet, alle gegebenen Möglichkeiten zu prüfen, um die Anwendung des bestehenden Rechtsrahmens so zu fördern, dass die

unternehmensweite Aktiv- und Passivsteuerung in der Bankenunion gestärkt wird.

Beispielsweise sollten wir ausloten, ob sich die in einigen Bereichen existierenden Ermessensspielräume der Aufseher nutzen lassen (z. B. Verzicht auf

Liquiditätsanforderungen auf Einzelinstitutsebene oder gruppeninterne Befreiungen von Großkreditanforderungen), um die unternehmensweite Aktiv- und

Passivsteuerung innerhalb der Bankenunion zu unterstützen. Somit entsteht Vertrauen, dass innerhalb einer Bankengruppe mit Hilfe gerechnet werden kann.

Vonseiten der Banken wird häufig behauptet, der hohe Regulierungsgrad sei eine Ursache für die mangelnde Ertragskraft. Halten Sie diese Behauptung für berechtigt?

Die Finanzkrise hat die Schwächen des damals geltenden Regelungsrahmens zu Tage gefördert. Daher waren regulatorische Reformen absolut erforderlich. Wenn wir von den Kosten der Regulierung reden, müssen wir auch über die Kosten einer Krise sprechen. Es stimmt, dass die Banken Erstere in jedem Fall tragen, Letztere jedoch nicht unbedingt. Hierin bestand zum Teil das ursprüngliche Problem. Ich denke, dass wir die Krisenwahrscheinlichkeit zu einem vertretbaren Preis gesenkt haben.

Insofern stehe ich hinter den regulatorischen Reformen, wie sie unter anderem durch das finale Basel-III-Paket verabschiedet wurden. Ich habe mehrfach ihre

gewissenhafte Umsetzung hier in Europa gefordert.

Gleichwohl bin ich mir des Meldeaufwands bewusst, der von den Banken erwartet wird. Die EZB bemüht sich bereits ernsthaft um eine Verringerung dieser Last, insbesondere für kleinere und weniger komplexe Institute. Es gibt allerdings noch zwei offene Punkte. Der erste betrifft die Anzahl an Behörden, die Daten von den Banken anfordern. Durch eine bessere Koordinierung zwischen EZB, nationalen Aufsichtsbehörden, nationalen Zentralbanken und makroprudenziellen Behörden könnten die Banken entlastet werden. Doch die Banken müssen nicht nur

regelmäßige Meldungen einreichen, sondern auch anlassbezogene Datenabfragen bearbeiten. Dies ist der zweite Punkt. Hier müssen wir uns um eine bessere Planung, Priorisierung und Kommunikation der anstehenden Datenabfragen bemühen.

Welche Probleme außer der Ertragsschwäche sollten Banken noch angehen?

Bei unseren Bewertungen stellt sich sehr häufig heraus, dass die interne Governance Grund zur Sorge gibt. Best Practices beginnen bei den

Vergütungsmodellen, die der Risikoneigung einer Bank Rechnung tragen, und reichen bis hin zur Übermittlung genauer und aktueller Risikodaten an die

Geschäftsleitung. Zudem zeigen einige bekannte Beispiele aus jüngster Zeit, dass die Kontrollmechanismen und Verfahren zur Geldwäschebekämpfung noch immer unzureichend sind. Eines ist klar: Wir erwarten von allen Banken, dass sie über

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einen Rahmen zur Gewährleistung einer guten Governance und wirksamen Risikosteuerung verfügen. Probleme in diesen Bereichen können sich rasch außerhalb der Bank ausbreiten und erheblichen Schaden anrichten. Ein gutes Beispiel ist das operationelle Risiko. Hier hat sich die Situation im Jahr 2019 verschlechtert. Der größte Anteil der Verluste aus operationellen Risiken lässt sich auf Verhaltensrisiken zurückführen, die wiederum häufig mit Governance-Problemen verknüpft sind. Auch von der IT-Struktur kann ein operationelles Risiko ausgehen.

Mit der zunehmenden Digitalisierung der Banken wächst die Bedrohung durch Cyberrisiken oder allgemeine IT-Risiken, z. B. aufgrund veralteter Systeme. Wir nehmen dies sehr ernst und führen eine Reihe von Vor-Ort-Prüfungen zum IT-Risiko durch.

Ist der Klimawandel ein Thema für Banken und Bankenaufseher?

Der Klimawandel geht uns alle an. Deshalb werden zurzeit viele weitreichende Ideen diskutiert. So wird beispielsweise die Auffassung vertreten, dass die Regulierung das Thema Umwelt berücksichtigen sollte, d. h., für grüne Anlagen sollten niedrigere Kapitalanforderungen gelten. Unsere Aufgabe als Aufseher ist es, für Sicherheit und Solidität im Bankensektor zu sorgen. Deshalb richtet sich unser Handeln stets nach den Risiken. Diese Risiken sind genau zu analysieren, um keine vorschnellen politischen Entscheidungen zu treffen.

Die zentrale Frage lautet daher, ob es Geschäftsaktivitäten oder Aktiva gibt, die in stärkerem Maße Klima- und Umweltrisiken ausgesetzt sind als andere. Die derzeit von der EU entwickelte Taxonomie nachhaltiger Wirtschaftstätigkeiten ist ein wichtiger erster Schritt, denn sie wird es Banken ermöglichen, ihre klima- und umweltbedingten Risiken zu identifizieren und zu melden. Dies trägt wiederum zu einer höheren Transparenz bei. In einem zweiten Schritt müssten dann alle Risiken abgedeckt werden, die in der bankinternen Risikosteuerung oder in unserem aufsichtlichen Überprüfungs- und Bewertungsprozess erfasst werden. Letztendlich könnten sie auch Bestandteil der aufsichtlichen Stresstests werden. An all diesen Themen arbeiten wir weiterhin – größtenteils auf europäischer oder sogar globaler Ebene. So gehört die EZB beispielsweise dem Network for Greening the Financial System an, in dem mehr als 50 Institutionen aus der ganzen Welt vertreten sind.

(13)

1 Bankenaufsicht im Jahr 2019

1.1 Der Bankensektor des Euroraums im Jahr 2019

1.1.1 Allgemeine Widerstandsfähigkeit der Banken im Euroraum

Die Kapitalquoten waren über die jüngsten Berichtszeiträume hinweg auf aggregiertem Niveau stabil (siehe Grafik 1). Nach 17,83 % im entsprechenden Vorjahresquartal fiel die Gesamtkapitalquote im dritten Quartal 2019 mit 18,05 % leicht höher aus. Eine ähnliche Entwicklung ist, mit geringfügigen Schwankungen, auch bei der Quote des harten Kernkapitals (CET1-Quote) und der Kernkapitalquote (Tier-1-Quote) zu beobachten.

Grafik 1

Gesamtkapitalquote der bedeutenden Institute (Übergangsdefinition)

(linke Skala: in Mrd €; rechte Skala: in %)

Quelle: EZB.

Der gewichtete Durchschnitt der vollständig umgesetzten (fully loaded) CET1-Quote der bedeutenden Institute (significant institutions – SIs) blieb vom vierten

Quartal 2018 bis zum dritten Quartal 2019 stabil bei 14,1 % (siehe Grafik 2).

Gegenüber dem entsprechenden Vorjahreszeitraum (5,32 %) erhöhte sich die Verschuldungsquote in den ersten drei Quartalen des Jahres 2019 leicht und lag im dritten Jahresviertel bei 5,42 % (siehe Grafik 3).

8 % 10 % 12 % 14 % 16 % 18 % 20 %

4 000 4 500 5 000 5 500 6 000 6 500 7 000 7 500 8 000 8 500 9 000

Q2 Q3 Q4 Q1 Q2 Q3 Q4 Q1 Q2 Q3 Q4 Q1 Q2 Q3 Q4 Q1 Q2 Q3

2015 2016 2017 2018 2019

CET1-Quote (rechte Skala) Tier-1-Quote (rechte Skala) Gesamtkapitalquote (rechte Skala) Gesamtrisikobetrag (linke Skala) Kapital- und Verschuldungsquoten

über die jüngsten Berichtszeiträume hinweg auf aggregiertem Niveau stabil

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Grafik 2

CET1-Quote der SIs

Quelle: EZB.

Grafik 3

Verschuldungsquote der SIs

(in %)

Quelle: EZB.

Die Liquiditätsdeckungsquote (liquidity coverage ratio – LCR) für die aggregierte Gruppe der bedeutenden Institute setzte ihren zuletzt verzeichneten Aufwärtstrend fort, was einem Anstieg um 4,23 Prozentpunkte gegenüber dem Vorjahreszeitraum entsprach (siehe Grafik 4).

Q4 Q1 Q2 Q3 Q4 Q1 Q2 Q3 Q4 Q1 Q2 Q3 Q4 Q1 Q2 Q3 Q4 Q1 Q2 Q3

2014 2015 2016 2017 2018 2019

9 % 11 % 13 % 15 % 17 % 19 % 21 %

CET1-Quote 25.-75. Perzentil

5,2 % 5,3 % 5,4 % 5,5 % 5,6 % 5,7 %

Q3 Q4 Q1 Q2 Q3 Q4 Q1 Q2 Q3 Q4 Q1 Q2 Q3

2016 2017 2018 2019

Verschuldungsquote (Übergangsdefinition)

LCR für die aggregierte Gruppe der SIs setzte Aufwärtstrend fort

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Grafik 4

Liquiditätsdeckungsquote der SIs

Quelle: EZB.

Im Berichtsjahr nutzte die EZB-Bankenaufsicht ihren jährlichen Stresstest, um das kurzfristige Liquiditätsrisiko der Banken eingehend zu überprüfen. Bei der

Sensitivitätsanalyse zum Liquiditätsrisiko als Stresstest 2019wurde untersucht, inwieweit die SIs einem idiosynkratischen Liquiditätsschock gewachsen sind. Die Widerstandsfähigkeit der Banken gegenüber adversen und extremen Schocks wurde anhand von hypothetischen Stressfaktoren bewertet, die nicht unter Bezugnahme auf geldpolitische Beschlüsse, sondern auf Grundlage von Krisensituationen in jüngerer Vergangenheit kalibriert worden waren.

Der Großteil der 103 teilnehmenden Banken meldete großzügige Liquiditätspuffer und vergleichsweise lange Überlebensdauern(siehe Grafik 5). Demnach betrug der Median der Überlebensdauer im adversen Schockszenario rund sechs Monate und im extremen Schockszenario rund vier Monate (siehe Grafik 6). Eine lange Überlebensdauer unter Stressbedingungen gibt den Banken mehr Zeit, um ihre Notfall-Finanzierungspläne umzusetzen.

Q4 Q1 Q2 Q3 Q4 Q1 Q2 Q3 Q4 Q1 Q2 Q3 Q4 Q1 Q2 Q3 Q4 Q1 Q2 Q3

2014 2015 2016 2017 2018 2019

100 % 125 % 150 % 175 % 200 % 225 % 250 %

LCR 25.-75. Perzentil

Stresstest 2019 – EZB- Bankenaufsicht führte Sensitivitätsanalyse zum Liquiditätsrisiko durch

EZB bescheinigte Banken insgesamt komfortable Liquiditätsposition

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Grafik 5

Verteilung von Banken mit einer Überlebensdauer von weniger als sechs Monaten im jeweiligen Szenario

(Kalendertage; Anzahl der Banken)

Quelle: EZB.

Anmerkung: Die Überlebensdauer wird definiert als der Zeitraum bis zu dem Tag, an dem die kumulierten Netto-Liquiditätsabflüsse das verfügbare Liquiditätsdeckungspotenzial erstmals übersteigen. Mit einer längeren Überlebensdauer wächst auch die Wahrscheinlichkeit, dass die Bank einen Liquiditätsschock übersteht.

Grafik 6

Median der Netto-Liquiditätsposition

(Kalendertage; Median der Netto-Liquiditätsposition in % der Bilanzsumme)

Quelle: EZB.

Anmerkung: Die Netto-Liquiditätsposition bezieht sich auf die algebraische Summe aus den kumulierten Nettoabflüssen und dem verfügbaren Liquiditätsdeckungspotenzial. Die Überlebensdauer ist der Zeitraum bis zu dem Tag, an dem die Netto-Liquiditätsposition erstmals negativ wird.

Die bedeutenden Institute wiesen 2019 weiterhin eine komfortable

Liquiditätsposition auf. Dennoch bedürfen einige Aspekte einer eingehenderen aufsichtlichen Überwachung:a) Eine geringe Anzahl von Banken meldete niedrige Liquiditätspositionen in Fremdwährungen (z. B. US-Dollar); b) einzelne Banken stellen gruppenangehörigen Unternehmen außerhalb des Euroraums Nettoliquidität zur Verfügung, wodurch sie Ringfencing-Risiken ausgesetzt sind; c) mehrere Banken nutzen Optimierungsstrategien, die zu einer verbesserten Einhaltung der

Liquiditätsquoten, jedoch nur zu einer zeitlich begrenzten Versorgung mit Liquidität

0 2 4 6 8 10 12

30 60 90 120 150 180 30 60 90 120 150 180 30 60 90 120 150 180

Basisszenario Adverser Schock Extremer Schock

-10 % -5 % 0 % 5 % 10 % 15 % 20 % 25 %

0 20 40 60 80 100 120 140 160 180

Basisszenario Adverser Schock Extremer Schock

Überlebensdauer (adverser Schock)

Überlebensdauer (extremer Schock)

Bei einigen Aspekten besteht jedoch weiterer Handlungsbedarf

(17)

führen; d) in vielen Fällen könnte das Sicherheitenmanagement, einschließlich der schnellen Mobilisierbarkeit unbelasteter Liquiditätsreserven, verbessert werden; und e) die Banken unterschätzen möglicherweise die negativen Auswirkungen einer Herabstufung der Kreditwürdigkeit auf ihre Liquidität. Gleichzeitig hat der Test dazu beigetragen, Qualitätsprobleme bei den gemeldeten Liquiditätsdaten aufzudecken.

Dies wird dabei helfen, die Qualität der aufsichtlichen Informationen künftig zu verbessern.

Die Testergebnisse flossen in die Beurteilung der Liquiditätsausstattung und der Risikosteuerung der Banken ein, hatten jedoch keine direkten Auswirkungen auf die aufsichtlichen Eigenkapitalanforderungen. Die Aufsicht hat angemessene

quantitative und qualitative Liquiditätsmaßnahmen ergriffen, um die im Stresstest ermittelten Probleme anzugehen. Im Rahmen des jährlichen aufsichtlichen Überprüfungs- und Bewertungsprozesses (supervisory review and evaluation process – SREP) erörterten die Aufseher ihre Erkenntnisse mit den einzelnen Banken. Bei Bedarf werden Nachschauprüfungen hinsichtlich bestimmter Beanstandungen durchgeführt.

Auch die weniger bedeutenden Institute (less significant institutions – LSIs) wiesen 2019 komfortable Liquiditäts- und Eigenkapitalpositionen auf. Die durchschnittliche Liquiditätsdeckungsquote lag im zweiten Quartal bei über 200 %, die

durchschnittliche CET1-Quote bei rund 17 %. Einige Aspekte bedürfen jedoch einer genauen Beobachtung. Hierzu zählen beispielsweise erhebliche

Laufzeitinkongruenzen oder die Abhängigkeit von Liquiditätsgruppen, in denen die verfügbaren Puffer einzelner Mitglieder gebündelt werden.

Die Aktiva-Qualität der Banken hat sich verbessert; der Anteil notleidender Kredite (NPL-Quote) ging kontinuierlich von insgesamt 4,17 % im dritten Quartal 2018 auf 3,41 % im dritten Jahresviertel 2019 zurück (siehe Grafik 7und Abschnitt 1.2.2). Wie in Grafik 8ersichtlich, nahmen auch die Unterschiede zwischen den NPL-Quoten der Banken im gleichen Zeitraum deutlich ab.

Grafik 7

Aktiva-Qualität: notleidende Kredite der SIs

(linke Skala: in Mrd €; rechte Skala: in %)

0 % 1 % 2 % 3 % 4 % 5 % 6 % 7 % 8 % 9 %

0 2 000 4 000 6 000 8 000 10 000 12 000 14 000 16 000 18 000

Q2 Q3 Q4 Q1 Q2 Q3 Q4 Q1 Q2 Q3 Q4 Q1 Q2 Q3 Q4 Q1 Q2 Q3

2015 2016 2017 2018 2019

NPL-Quote (rechte Skala) Nicht notleidende Kredite (linke Skala) Notleidende Kredite (linke Skala) Ergebnisse bildeten Grundlage für

jährliche Liquiditätsbeurteilung der Banken; Aufsicht plant

Nachschauprüfungen

Auch LSIs wiesen 2019 komfortable Liquiditäts- und

Eigenkapitalpositionen auf

Weitere Verbesserung der Aktiva- Qualität der Banken im Jahresverlauf 2019

(18)

Grafik 8

Verteilung der NPL-Quoten der SIs

Quelle: EZB.

1.1.2 Allgemeine Entwicklung der Banken im Euroraum

Auch im Berichtsjahr blieb die Ertragskraft der SIs im Euroraum gedämpft. So ging die aggregierte annualisierte Eigenkapitalrendite von 6,2 % im vierten Quartal 2018 leicht zurück, auf 5,8 % im dritten Jahresviertel 2019 (siehe Grafik 9).1Insgesamt wiesen die SIs im Eurogebiet eine geringere Eigenkapitalrendite auf als US-Banken.

In vielen Fällen lag sie sogar unterhalb der von den Banken ausgewiesenen Eigenkapitalkosten. Diese Entwicklung spiegelt sich auch in den niedrigen Bewertungen der meisten börsennotierten SIs wider. Aufgrund ihres deutlich unter eins liegenden Kurs-Buchwert-Verhältnisses ist es für sie schwierig, ihr Aktienkapital zu erhöhen, ohne dass dies bei den Altaktionären zu einer deutlichen Verwässerung führt.

1 Zur Entwicklung der SIs im Jahr 2018 siehe EZB, Profitability numbers are looking up, but not enough, SSM Supervision Newsletter, August 2019. Eine zukunftsgerichtete Analyse findet sich zudem in EZB, Profitability: banks expect to remain under pressure, SSM Supervision Newsletter, November 2019.

0 % 2 % 4 % 6 % 8 % 10 % 12 % 14 % 16 % 18 %

Q2 Q3 Q4 Q1 Q2 Q3 Q4 Q1 Q2 Q3 Q4 Q1 Q2 Q3 Q4 Q1 Q2 Q3

2015 2016 2017 2018 2019

SSM-Durchschnitt 25.-75. Perzentil

Ertragskraft der SIs bis zum zweiten Quartal 2019 gesunken;

Aufwand/Ertrag-Relation blieb vergleichsweise hoch

(19)

Grafik 9

Eigenkapitalrendite der SIs nach Ertragsquelle

(in % des Eigenkapitals)

Quelle: Statistiken der EZB-Bankenaufsicht.

Anmerkung: Die Daten für das dritte Quartal sind annualisiert.

Während die starre Kostenstruktur weiterhin Anlass zur Sorge gab, sank das Ergebnis vor Wertminderungen, Rückstellungen und Steuern im Verhältnis zum Eigenkapital, blieb in absoluten Zahlen jedoch weitgehend unverändert. Zuwächse im Handelsergebnis wurden zudem von einem negativen Betriebsergebnis oder einem negativen sonstigen betrieblichen Ergebnis konterkariert.

Die Aufwand/Ertrag-Relation der SIs war nach wie vor relativ hoch (siehe Grafik 10).

Zurückzuführen ist dies einerseits auf Kostenineffizienzen und andererseits auf Aufwendungen im Zusammenhang mit Umstrukturierungen und Investitionen in Digitalisierung. Mittelfristig kann die Digitalisierung die Banken gleichwohl in die Lage versetzen, ihre Kosteneffizienz zu steigern und ihr Angebot an Produkten und Dienstleistungen zu erweitern. Auch für die Nachhaltigkeit der Geschäftsmodelle spielt die Digitalisierung eine wesentliche Rolle. Allerdings bringt sie höhere Anfangskosten mit sich, und ihr Nutzen stellt sich erst im Zeitverlauf ein.

-10 -5 0 5 10 15

2016 2017 2018 Q3 2019

Ergebnis vor Wertminderungen, Rückstellungen und Steuern im Verhältnis zum Eigenkapital Wertminderungen und Rückstellungen im Verhältnis zum Eigenkapital

Sonstige Erträge und Steuern im Verhältnis zum Eigenkapital Eigenkapitalrendite

(20)

Grafik 10

Aufwand/Ertrag-Relation und indexierte Komponenten der SIs

(in %)

Quelle: Statistiken der EZB-Bankenaufsicht.

Nach einem mehrjährigen Abwärtstrend und Tiefstand im Jahr 2018 stiegen die Wertminderungen und Rückstellungen in den ersten drei Quartalen 2019 im

Vergleich zum Vorjahreszeitraum wieder stark an. Hierdurch wurde der Ertragsdruck weiter verstärkt. Diese Zunahme war überall zu beobachten – auch in Ländern mit geringen Beständen an notleidenden Krediten. Gründe hierfür sind in erster Linie die Rückstellungen für Kreditausfälle bei NPL-Neubeständen sowie Wertminderungen auf nichtfinanzielle Vermögenswerte der Banken im Zusammenhang mit deren Umstrukturierungsprogrammen.

Wie die SIs verzeichneten auch die LSIs im Euroraum weiterhin eine niedrige Ertragskraft. LSIs sind aufgrund ihrer Abhängigkeit vom Zinsergebnis besonders anfällig für die negativen Auswirkungen eines anhaltenden Niedrigzinsumfelds. Da sie kleiner und vorwiegend regional ausgerichtet sind, ist es für sie schwerer, ihre Ertragsquellen zu diversifizieren und ihre Kosten zu senken. Den jüngsten Daten zufolge lag die durchschnittliche Eigenkapitalrendite der LSIs im Juni 2019 bei lediglich 5,1 % und hatte sich somit nur geringfügig gegenüber Ende 2018 (4,7 %) verbessert.2Demgegenüber waren die Zinserträge – die bedeutendste Ertragsquelle der LSIs – im Berichtsjahr weiter rückläufig (siehe Grafik 11). Das Zinsergebnis sank dank einer gleichzeitigen Reduzierung des Zinsaufwands jedoch nur geringfügig.

Analog zur Entwicklung bei den SIs stiegen die Rückstellungen bei den LSIs kräftig an und nahmen im ersten Halbjahr 2019 um etwa 20 % gegenüber dem

Vorjahreszeitraum zu. Nichtsdestotrotz bleiben die Risikokosten der LSIs relativ niedrig. So lag der Anteil der Wertminderungen finanzieller Vermögenswerte am Gesamtkreditvolumen mit 0,1 % bei weniger als einem Drittel des Werts der SIs.

2 Einen Überblick über die Entwicklung der LSIs im Jahr 2018 bietet der Risikobericht der weniger bedeutenden Institute.

90 95 100 105

2016 2017 2018 Q3 2019

40 50 60 70 Aufwand/Ertrag-Relation (rechte Skala)

Betriebsergebnis (indexiert; linke Skala)

Verwaltungsaufwand und Abschreibungen (indexiert; linke Skala)

(21)

Grafik 11

Entwicklung der Zinserträge, des Zinsaufwands und des Zinsergebnisses der LSIs

(in Mrd €)

Quelle: Statistiken der EZB-Bankenaufsicht.

Anmerkung: Die Grafik basiert auf einer sich verändernden Stichprobe von LSIs. Die Daten für das erste und zweite Quartal 2019 wurden anhand einer Methode annualisiert, die sich auf die jeweils letzten vier Quartale stützt.

Die LSIs waren auch weiterhin bestrebt, ihre Gesamtausgaben zu begrenzen (siehe Grafik 12). Dennoch blieb die Aufwand/Ertrag-Relation mit 72 % im Juni 2019 vergleichsweise hoch und gegenüber 73 % zum Ende des Jahres 2018 im Wesentlichen unverändert. Zudem lag sie nach wie vor über der Aufwand/Ertrag- Relation der SIs. Einige LSIs hielten große Bestände an NPLs, was in Bezug auf die Aktiva-Qualität weiterhin Anlass zur Sorge gab. Insgesamt verlangsamte sich die Bereinigung der Bankbilanzen etwas; die Brutto-Quote notleidender Kredite lag im zweiten Quartal 2019 bei rund 2,71 %, was einem Rückgang um 11 Basispunkte seit Dezember 2018 entspricht.

Grafik 12

Überblick über die Aufwendungen der LSIs

(linke Skala: in Mrd €; rechte Skala: in %)

Quelle: Statistiken der EZB-Bankenaufsicht.

Anmerkung: Die Grafik basiert auf einer sich verändernden Stichprobe von LSIs. Die Daten für das erste und zweite Quartal 2019 wurden anhand einer Methode annualisiert, die sich auf die jeweils letzten vier Quartale stützt.

93,7 90,6 89,2 88,4

-33,7 -30,3 -29,7 -29,2

60,0 60,3

59,5 59,2

45 50 55 60 65 70

-40 -20 0 20 40 60 80 100 120

Q4 2017 Q4 2018 Q1 2019 Q2 2019

Zinsertrag Zinsaufwand

Zinsergebnis (rechte Skala)

39,5 39,8 39,6 39,8

25,4 26,2 26,0 26,2

7,7 8,2 7,8 8,4

50 % 55 % 60 % 65 % 70 % 75 % 80 %

0 10 20 30 40 50 60 70 80

Q4 2017 Q4 2018 Q1 2019 Q2 2019

Personalaufwand

Sonstiger Verwaltungsaufwand Abschreibungen

Aufwand/Ertrag-Relation (rechte Skala)

(22)

1.1.3 Hauptrisiken im Bankensektor

In enger Zusammenarbeit mit den nationalen zuständigen Behörden (national competent authorities – NCAs) identifiziert die EZB jedes Jahr die mittel- und langfristigen Hauptrisiken für Banken (über einen Zwei- bis Dreijahreshorizont). Auf dieser Basis veröffentlicht sie die Grafik zur Risikokonstellation des einheitlichen Aufsichtsmechanismus (Single Supervisory Mechanism – SSM). 2018 wurden in diesem Rahmen die folgenden wesentlichen Risikofaktoren für 2019 und die Folgejahre ermittelt: geopolitische Unsicherheiten, NPL-Bestände und potenzieller Anstieg neuer NPLs, Cyberkriminalität und IT-Störungen. Als weitere Risiken wurden eine Neubewertung von Risiken an den Finanzmärkten, das Niedrigzinsumfeld und die Reaktion der Banken auf die Regulierung genannt.

Geopolitische Unsicherheitenwurden als wesentliches Risiko für die internationalen Finanzmärkte und die Wirtschaft im Eurogebiet erachtet. Eine Verschärfung der handelspolitischen Spannungen und eine zunehmende

geopolitische Unsicherheit beeinträchtigten das globale BIP-Wachstum, das sich im gesamten Jahresverlauf 2019 verhalten zeigte. Auch der Brexit war nach wie vor ein bedeutender Unsicherheitsfaktor, da sich sowohl die Banken als auch die Aufsicht auf alle denkbaren Szenarien vorbereiten mussten. Diese Entwicklungen lasteten im Zusammenspiel mit größeren politischen Unsicherheiten in einigen Euro-Ländern weiterhin auf den wirtschaftlichen Aussichten für den Euroraum, die sich 2019 insgesamt eintrübten.

Obwohl die NPL-Quote im Euro-Währungsgebiet kontinuierlich zurückging, gaben die hohen NPL-Beständezahlreicher Banken im Euroraum weiter Anlass zur Besorgnis. Durch die Umsetzung ihrer Strategien zum NPL-Abbau konnten diese Banken jedoch gute Fortschritte bei der Reduzierung ihrer Altbestände erzielen. Im dritten Quartal 2019 sank die NPL-Quote der bedeutenden Institute auf 3,41 %, lag damit aber weiterhin über dem Vorkrisenniveau. Es bedarf also zusätzlicher Anstrengungen um sicherzustellen, dass die NPL-Strategien weiterverfolgt werden, insbesondere zumal in naher Zukunft nur ein verhaltenes Wachstum des realen BIP zu erwarten ist.

Die stetige Renditesuche der Banken könnte zu einem Aufbau von NPL- Neubeständenführen. Der in vorausgegangenen Jahren spürbare Trend zur Lockerung der Kreditvergabestandards schwächte sich 2019 etwas ab. Dennoch meldeten die Banken im Euroraum in zwei Quartalen des Berichtsjahrs eine leichte Lockerung der Kreditvergabekriterien für Unternehmenskredite und

Wohnungsbaukredite an private Haushalte.3Zudem verstärkten die SIs ihre Aktivität am Markt für Leveraged Loans und nahmen dabei ein historisch niedriges Niveau von Schutzklauseln (Covenants) in Kauf.

Die fortschreitende Digitalisierung von Finanzdienstleistungen kann die

Widerstandsfähigkeit der Banken gegenüber Cyberkriminalität und IT-Störungen beeinträchtigen. Die Banken sind in zunehmendem Maße auf digitale Prozesse

3 Siehe hierzu auch die Umfrage zum Kreditgeschäft im Euro-Währungsgebiet.

2019 wurden geopolitische Unsicherheiten, NPLs,

Cyberkriminalität und IT-Störungen als zentrale Herausforderungen für Banken identifiziert

Geopolitische Unsicherheiten als wesentliches Risiko für die Wirtschaft des Euroraums

NPL-Quote im Euroraum weiter rückläufig

Lockerung von

Kreditvergabestandards könnte zum Aufbau von NPL- Neubeständen führen

Risiken der IT-Sicherheit und Cyberkriminalität nehmen durch fortschreitende Digitalisierung zu

(23)

angewiesen und müssen neue Technologien einsetzen, um ihre Effizienz zu steigern und sich verändernden Kundenpräferenzen gerecht zu werden. Dieser Prozess könnte sich jedoch verlangsamen oder zu erhöhten Kosten führen, da einige SIs noch immer mit veralteten IT-Systemen arbeiten und ihre IT-Infrastruktur vollständig neu aufbauen müssen. Zugleich gehen weitere Risiken von Cyberkriminellen aus, die zunehmend kollektiv handeln.

Vor dem Hintergrund der anhaltenden Suche nach Rendite bestand 2019 nach wie vor ein erhebliches Risiko einer deutlichen Neubewertung von Risiken an den Finanzmärkten. Obwohl die sich verschärfenden Handelskonflikte für Phasen einer erhöhten Volatilität an den Finanzmärkten sorgten, entwickelten sich die

Risikoprämien während des gesamten Jahres verhalten. Die Schuldentragfähigkeit des öffentlichen Sektorsverbesserte sich zwar insgesamt im Euroraum, doch einige Staaten wiesen weiterhin einen erhöhten Schuldenstand auf und waren somit anfälliger für eine etwaige Neubewertung ihres Ausfallrisikos.

Die bedeutenden Institute hatten abermals mit einer geringen Ertragskraft zu kämpfen, da die Aussicht auf eine anhaltende Niedrigzinsphaseund eine hohe Wettbewerbsintensität das Generieren von Erträgen weiterhin erschwerten. Im Jahr 2019 erwirtschaftete mehr als der Hälfte der SIs eine Eigenkapitalrendite, die unter ihren geschätzten Eigenkapitalkosten lag. Trotz einer leichten Erhöhung der Eigenkapitalrendite im Jahr 2018 korrigierten die Banken ihre Ertragsprognosen nach unten, was auf eine Senkung ihrer Eigenkapitalrenditeprognosen für 2019 und 2020 schließen lässt. Sollten sich die makroökonomischen Bedingungen im

Eurogebiet weiter verschlechtern, ist sogar eine weitere Abwärtskorrektur denkbar.

Die vorstehend beschriebenen wesentlichen Risikofaktoren werden – trotz der Veränderungen in der Risikolandschaft im Jahr 2019 – auch in den kommenden Jahren eine äußerst wichtige Rolle spielen (siehe Abschnitt 1.6 zum Risikoausblick für 2020 und die Folgejahre).

1.2 Aufsichtsprioritäten und -projekte im Jahr 2019

1.2.1 Aufsichtsprioritäten für 2019 im Überblick

Die vom Aufsichtsgremium der EZB erörterten und gebilligten Aufsichtsprioritäten legen für das jeweils kommende Jahr bestimmte Schwerpunktbereiche der

Bankenaufsicht fest. Sie basieren auf einer Einschätzung der wesentlichen Risiken, denen die beaufsichtigten Banken im aktuellen wirtschaftlichen, regulatorischen und aufsichtlichen Umfeld ausgesetzt sind (siehe Abschnitt 1.1). Außerdem

berücksichtigen sie thematische Entwicklungen, die von den gemeinsamen

Aufsichtsteams (Joint Supervisory Teams – JSTs) im Rahmen der laufenden Aufsicht ermittelt werden, sowie Erkenntnisse aus Vor-Ort-Prüfungen. Die Aufsichtsprioritäten werden jährlich neu festgelegt. Sie sind ein wesentliches Instrument, um die

Aufsichtsmaßnahmen für die einzelnen Banken in angemessener Weise harmonisiert, verhältnismäßig und effizient zu koordinieren. Somit tragen sie zu

Risiko einer Neubewertung an den Finanzmärkten blieb signifikant

Ertragskraft der Banken weiterhin gedämpft

(24)

gleichen Wettbewerbsbedingungen und einer stärkeren Wirkungskraft der Aufsicht bei. Im Folgenden werden die Aufsichtsprioritäten im Jahr 2019 und die

entsprechenden Vorhaben dargestellt (siehe auch Abbildung 1).

Abbildung 1

Aufsichtsprioritäten im Jahr 2019

Quelle: EZB.

* Geänderte Aktivität

** Neue Aktivität/neuer Schwerpunkt im Jahr 2019 1) Notleidende Kredite.

2) Bankinterne Prozesse zur Sicherstellung einer angemessenen Kapital- und Liquiditätsausstattung.

3) Wenngleich ein spezifischer Stresstest zum Liquiditätsrisiko noch nicht geplant ist, wird der EU-weite Stresstest, der eine Vielzahl von Risikoarten erfasst, im Jahr 2020 durchgeführt.

1.2.2 Arbeit in Bezug auf notleidende Kredite

Die Europäische Zentralbank (EZB) beschloss 2019, ihre aufsichtlichen Erwartungen an die Risikovorsorge für neue notleidende Risikopositionen (non-performing exposures – NPEs) zu überarbeiten, die in der Ergänzung zum EZB-Leitfaden für Banken zu notleidenden Krediten (nachstehend „Ergänzung zum EZB-Leitfaden“) beschrieben sind. Damit sollte der Verabschiedung der EU-Verordnung 2019/6304 Rechnung getragen werden, in der die Behandlung notleidender Risikopositionen nach Säule 1 dargelegt ist. Die neue Verordnung, die bestehende

Aufsichtsvorschriften ergänzt, trat am 26. April 2019 in Kraft. Hintergrund für die Überarbeitung der Ergänzung zum EZB-Leitfaden ist die Zusage der EZB, die

4 Verordnung (EU) 2019/630 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17. April 2019 zur Änderung der Verordnung (EU) Nr. 575/2013 im Hinblick auf die Mindestdeckung notleidender Risikopositionen (ABl. L 111 vom 25.4.2019, S. 4).

Qualität der Kreditvergabestandards und Risikopositionen (z.B.

Immobilienfinanzierungen und Leveraged Finance)*

Gezielte Überprüfung interner Modelle

Verbesserung der ICAAP- und ILAAP2-Ansätze der Banken und weitere Integration in den SREP

Beurteilung der IT- und Cyberrisiken**

Liquiditätsstresstest**

Brexit-Vorbereitungen

Handelsbuch- und Bewertungsrisiken**

Folgemaßnahmen zum NPL1-Leitfaden Kreditrisiko

Risiko- management

Mehrere Risiko- dimensionen Geplante Aktivität Mögliche Aktivität Noch nicht geplant

Prioritäten 2019 Aufsichtsaktivitäten 2019 und danach 2019 2020 2021

Indikativer Zeitplan

3

(25)

aufsichtlichen Erwartungen für neue NPEs zu überprüfen, sobald die neuen Rechtsvorschriften zur NPE-Behandlung nach Säule 1 finalisiert worden sind.

Zwischen der neuen Behandlung notleidender Risikopositionen nach Säule 1 und dem Säule-2-Ansatz der EZB wurden drei Hauptunterschiede festgestellt.

x Erstens sehen die Bestimmungen zur NPE-Behandlung nach Säule 1 vor, dass alle Banken automatisch einen Abzug von den Eigenmitteln vornehmen, wenn notleidende Risikopositionen nicht in ausreichendem Maße durch

Rückstellungen oder sonstige Anpassungen gedeckt sind. Dabei handelt es sich um eine rechtsverbindliche Anforderung. Die aufsichtlichen Erwartungen der EZB an die Risikovorsorge bedeutender Institute im Rahmen des Säule-2- Ansatzes sind dagegen nicht rechtlich bindend. Sie dienen vielmehr a) als Ausgangsbasis für den aufsichtlichen Dialog, hängen b) von einer Bewertung des Einzelfalls ab und stellen c) eine Aufsichtsmaßnahme dar, die in

Anwendung der Säule-2-Regelungen im Rahmen des SREP-Zyklus ergriffen werden kann.

x Zweitens weichen die Behandlung von NPEs nach Säule 1 und der aufsichtliche Säule-2-Ansatz für neue und bereits bestehende notleidende Kredite hinsichtlich der Kalibrierung des Zeitplans geringfügig voneinander ab.

Außerdem sind verschiedene Wege vorgesehen, um im Fall des Säule-2- Ansatzes der EZB die Anpassungen und im Fall der Säule-1-Regelungen die volle Umsetzung zu erreichen.

x Drittens besteht ein wesentlicher Unterschied im Hinblick auf den Anwendungsbereich. Die Behandlung von NPEs nach Säule 1 gilt nur für notleidende Risikopositionen, die aus neuen, seit dem 26. April 2019 vergebenen Krediten entstehen, und weder für a) den bereits vorhandenen NPE-Bestand noch b) für sämtliche nicht notleidende Kredite in den Bankbilanzen, die vor dem 26. April 2019 vergeben wurden und künftig zu NPEs werden könnten. Daraus ergab sich die Notwendigkeit, den Aufsehern im Rahmen des Säule-2-Ansatzes der EZB Instrumente zur Verfügung zu stellen, um auf dieses potenzielle Risiko reagieren zu können.

Nachdem die EZB die wesentlichen Unterschiede ermittelt hatte, beschloss sie, ihre aufsichtlichen Erwartungen an die Risikovorsorge für neue NPEs anzupassen. Ziel war es, den Gesamtansatz für notleidende Risikopositionen zu vereinfachen und zu vereinheitlichen. Zum einen wurde der Anwendungsbereich der aufsichtlichen Erwartungen der EZB an neue NPEs im Rahmen des Säule-2-Ansatzes – wie in der Ergänzung zum EZB-Leitfaden kommuniziert – auf Risikopositionen beschränkt, die nicht unter die Behandlung nach Säule 1 fallen. Damit sollte eine Überschneidung vermieden werden, bei der für ein und dieselbe Risikoposition Maßnahmen sowohl im Rahmen von Säule 1 als auch von Säule 2 ergriffen würden. Demnach gelten für NPEs, die aus seit dem 26. April 2019 vergebenen Krediten entstehen, im Prinzip nur die Säule-1-Regelungen. Zum anderen wurden die maßgeblichen Zeitspannen für notleidende Risikopositionen, die sich aus vor dem 26. April 2019 ausgereichten

Wesentliche Unterschiede zwischen dem Säule-2- und dem Säule-1- Ansatz

Anpassung des Säule-2-Ansatzes für neue NPEs im Hinblick auf Anwendungsbereich und Kalibrierung des Zeitplans

(26)

Krediten ergeben, von 2/7 Jahren auf 3/7/9 Jahre geändert und damit auf die im Rahmen von Säule 1 verwendeten Zeitspannen abgestimmt.5Genauer gesagt wird erwartet, dass für notleidende Risikopositionen, die in den Anwendungsbereich der Ergänzung zum EZB-Leitfaden fallen, folgende Zeitspannen gelten: 3 Jahre für unbesicherte NPEs, 7 Jahre für (außer durch Immobilien) besicherte NPEs und 9 Jahre für durch Immobilien besicherte NPEs. Dabei sind entsprechend den Säule-1-Regelungen Wege vorgesehen, um die volle Umsetzung (d. h. einen Deckungsgrad von 100 %) zu erreichen.6

Die aufsichtlichen Erwartungen hinsichtlich des Bestands an NPEs (d. h. am 31. März 2018 als notleidend eingestufte Risikopositionen) blieben unverändert. Sie gelten weiterhin ab einer Zeitspanne von 2/7 Jahren für unbesicherte/besicherte NPEs, in Abhängigkeit von den aufsichtlichen Empfehlungen zur Risikodeckung und unter Berücksichtigung von Wegen zur schrittweisen Annäherung, die in den SREP- Beschlüssen kommuniziert werden.7Oberste Priorität hat ein rascher

Bestandsabbau. Damit soll sichergestellt werden, dass die Bankbilanzen für den Fall, dass sich die konjunkturelle Lage eintrübt, „bereinigt“ sind.

Alle anderen Aspekte der Behandlung neuer notleidender Risikopositionen nach dem Säule-2-Ansatz blieben gegenüber der Beschreibung in der Ergänzung zum EZB-Leitfaden unverändert. Unter anderem werden auch weiterhin bei der Bewertung etwaiger Abweichungen von den aufsichtlichen Erwartungen an die Risikodeckung im Rahmen des Säule-2-Ansatzes besondere Umstände

berücksichtigt, aufgrund derer die Erwartungen an die Risikovorsorge für bestimmte Portfolios bzw. Risikopositionen möglicherweise nicht mehr angemessen sind. Dies gilt sowohl für neue NPEs als auch für den Altbestand.

Zusammenfassend lässt sich festhalten: Die aufsichtlichen Erwartungen der EZB in Bezug auf neue NPEs gelten nur für Risikopositionen, die aus vor dem 26. April 2019 vergebenen Krediten entstehen und nicht unter die Behandlung nach Säule 1 fallen.8Notleidende Risikopositionen, die sich aus seit dem 26. April 2019

ausgereichten Krediten ergeben, werden nach den Säule-1-Regelungen behandelt,

5 Die Länge der Zeitspanne bezieht sich auf den Zeitraum, über den eine Risikoposition als notleidend eingestuft ist (engl. „vintage“). Die NPE-Zeitspanne ist definiert als die Anzahl der Tage (umgerechnet in Jahre) ab der Einstufung einer Risikoposition als notleidend bis zum jeweiligen Melde- oder Stichtag.

Für die Zeitspannen von 2/7 Jahren und 3/7/9 Jahren wird eine vollständige Umsetzung vorgesehen, d. h. eine 100%ige Risikodeckung. Ein Deckungsgrad von 100 % wird demnach für unbesicherte NPEs nach drei Jahren, für (außer durch Immobilien) besicherte NPEs nach sieben Jahren und für durch Immobilien besicherte NPEs nach neun Jahren erwartet. Auch für niedrigere Zeitspannen gibt es entsprechende Erwartungen an die Risikodeckung. Weitere Informationen dazu finden sich in Tabelle 3 der Mitteilung zu den Erwartungen der Aufsicht an die Deckung von NPE.

6 Für die Teile der NPEs, für die eine öffentliche Exportversicherungsagentur Bürgschaften oder Versicherungen bereitstellt, wird keine lineare Annäherung mehr an eine vollständige Umsetzung erwartet. Im Rahmen der NPE-Behandlung nach Säule 1 bestehen also bis zur Zeitspanne von 7 Jahren keine Erwartungen hinsichtlich der Deckung. Für Risikopositionen im Zusammenhang mit Exportkrediten ist erst bei einem NPE-Status von über 7 Jahren eine 100%ige Deckung vorgesehen.

7 Weitere Informationen dazu finden sich in Abschnitt 4 der Mitteilung zu den Erwartungen der Aufsicht an die Deckung von NPE.

8 Im Einklang mit der Behandlung notleidender Risikopositionen nach Säule 1 gilt Folgendes: „Werden die Bedingungen einer vor dem 26. April 2019 begründeten Risikoposition durch das Institut so verändert, dass sich die Risikoposition des Instituts gegenüber dem Schuldner erhöht, so gilt die Risikoposition als zu dem Zeitpunkt begründet, zu dem die Änderung anwendbar wird“ (siehe Art. 469a der Verordnung (EU) 2019/630).

Unveränderte Erwartungen der Aufsicht hinsichtlich des NPE- Bestands

Bei Alt- und Neubeständen an NPEs werden weiterhin besondere Umstände berücksichtigt, in deren Folge sich die Erwartungen an die Risikovorsorge als unangemessen erweisen könnten

Zusammenfassung des angepassten Ansatzes zur NPE- Deckung

(27)

wobei die EZB ein besonderes Augenmerk auf die mit ihnen verbundenen Risiken richtet. Außerdem ist für alle neuen NPEs – ungeachtet des Begründungsdatums der Risikoposition – der Zeitplan gleichermaßen kalibriert und die besicherten

Risikopositionen sind gleichermaßen aufgeteilt. Neue NPEs werden zudem genauso behandelt wie die Teile der notleidenden Risikopositionen, für die eine öffentliche Exportversicherungsagentur Bürgschaften oder Versicherungen bereitstellt. Dadurch soll die Meldung neuer NPEs vereinfacht werden (siehe Abbildung 2).

Abbildung 2

Aufsichtlicher und regulatorischer Ansatz für die Deckung von NPEs im Überblick

Quelle. EZB.

Aspekte im Zusammenhang mit der Veröffentlichung der NPE- Leitlinien der Europäischen Bankenaufsichtsbehörde

Durch die Veröffentlichung der beiden folgenden Leitlinien der Europäischen Bankenaufsichtsbehörde (EBA) zu notleidenden Risikopositionen wurde der aufsichtliche Ansatz für NPEs Ende 2018 weiter gestärkt: a) Leitlinien über das Management notleidender und gestundeter Risikopositionen vom 31. Oktober 2018 (EBA/GL/2018/06) und b) Leitlinien über die Offenlegung von notleidenden und gestundeten Risikopositionen vom 17. Dezember 2018 (EBA/GL/2018/10). Die EZB gab der EBA ihre Absicht bekannt, den genannten Leitlinien nachzukommen.9

9 Weitere Informationen dazu finden sich in Abschnitt 2 der Mitteilung zu den Erwartungen der Aufsicht an die Deckung von NPE.

Säule 2 – Ergänzung zum EZB-Leitfaden*

3/7/9-Zeitplan Progressive Annäherung an

100 % Ausnahmen vom Leitfaden Begründungs-

datumder Risikoposition am

oder nachdem 26. April 2019

Säule 1 – Backstop 3/7/9-Zeitplan Progressive Annäherung an

100 % CRR

Säule 2 – NPE-Bestand (EZB-Pressemitteilung)

2/7-Zeitplan Keineprogressive Annäherung

Ausnahmen vom Leitfaden Vor dem 1. April 2018 als NPE

eingestuft Am oder

nach dem 1. April 2018

als NPE

eingestuft Begründungs- datumder Risikoposition vor

dem 26. April 2019

Maßnahmen im Rahmen von Säule2NPE-Abbaustrategien, Meldung usw.

*Exportkredite, die in den Anwen- dungsbereich von Säule 2 gemäß Ergänzung zum EZB-Leitfaden fallen, werden wie nach Säule 1 besonders behandelt

EZB gab ihre Absicht bekannt, den NPE-Leitlinien der EBA

nachzukommen

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