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So liegt es in der Natur des über Jahrzehnte erfolgreichen europäischen Inte- grationsprozesses, dass die nationalen Parlamente immer stärker in EU-Angelegenhei- ten mitwirken

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Academic year: 2022

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D A S Ö S T E R R E I C H I S C H E P A R L A M E N T U N D D I E

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Impressum:

Herausgeber und Medieninhaber: Parlamentsdirektion Redaktionsteam: Susanne Bachmann, Barbara Blümel, Christian Hütterer, David Liebich, Gerhard Koller, Christina Morauf, Lukas Mussi, Josef Wirnsperger Für den Inhalt verantwortlich: Alexis Wintoniak Graphische Gestaltung: Bernhard Kollmann Druck: TDS TypoDruckSares, Wien

Wien, im Juni 2006

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5 DAS ÖSTERREICHISCHE PARLAMENT UND DIE EU-RATSPRÄSIDENTSCHAFT 2006

Mit der fortschreitenden europäischen Integration wird auch die Arbeit der nationalen Parlamente immer stärker von europaweiten Themen geprägt. Den Herausforde- rungen in Wirtschaft, Umwelt, Sicherheit usw. kann nur noch teilweise auf nationaler Ebene begegnet werden. Nach dem Subsidiaritätsprinzip wird die Europäische Union dann tätig, wenn politische Ziele auf der Ebene der Mitgliedstaaten nicht ausreichend erreicht werden können und daher besser auf Gemeinschaftsebene verfolgt werden.

In vielen Bereichen, wo die Europäische Union tätig wird, muss die Umsetzung den- noch auf nationaler Ebene erfolgen. Aber nicht nur in rechtlicher, sondern auch in politischer Hinsicht stellen die nationalen Parlamente ein Bindeglied zwischen den europäischen Bürgern und den EU-Institutionen dar. Die vielen tausenden nationalen Parlamentarier trachten danach, alle politischen Interessen ihrer Wähler entsprechend zu vertreten – und dazu zählen genauso Themenbereiche, die eine EU-Dimension haben. So liegt es in der Natur des über Jahrzehnte erfolgreichen europäischen Inte- grationsprozesses, dass die nationalen Parlamente immer stärker in EU-Angelegenhei- ten mitwirken. Das österreichische Parlament hat dieser Entwicklung während der österreichischen Ratspräsidentschaft Rechnung getragen und vor allem einen Schwer- punkt auf die Diskussion über die Zukunft Europas und die zukünftige Ausgestaltung des Subsidiaritäts- und Verhältnismäßigkeitsprinzips gelegt. Bereits im Herbst 2005 wurde gemeinsam mit dem finnischen Parlament ein anspruchsvolles Arbeits- programm für das Jahr 2006 vorgelegt.

Gerade die Zukunft Europas war im Mittelpunkt vieler Überlegungen: Nach dem Ver- trag von Nizza bestand das Europäische Parlament auf einen Konvent, der eine neue, verständlichere, übersichtlichere und kürzere „Verfassung“ vorlegen sollte. Der Kon- vent wurde vom Europäischen Rat eingerichtet. Er bestand aus Mitgliedern des Euro- päischen Parlaments, Parlamentariern der Mitgliedstaaten und Vertretern der Regie- rungschefs. Er war ein Organ sui generis. Sein Ergebnis wurde von der Regierungs- konferenz der Mitgliedstaaten in 88 Details verändert, von bisher 15 staatlichen Parla- menten ratifiziert und in zwei Volksabstimmungen gutgeheißen, in zwei verworfen - er steckt. In die Nachdenkzeit für die weitere Vorgangsweise fiel der österreichische Ratsvorsitz. Manche im Europäischen Parlament wollten einen zweiten Konvent, unter Einbindung des Verfassungsausschusses, als eine vom Europäischen Parlament ge- leitete Arbeitsgruppe, an der auch Vertreter staatlicher Parlamente teilnehmen sollten.

Dieses Konzept lehnten wir im Einklang mit den finnischen und deutschen Parla- mentspräsidenten ab; die staatlichen Parlamente sind die „Herren der Verträge“ – gemeinsame Entscheidungen durch eine Gruppe des Europäischen Parlaments kennen unsere Geschäftsordnungen und Verfassungen nicht. In einem gemeinsamen Schreiben der Präsidenten des österreichischen Nationalrates, des finnischen Parla- ments und des Deutschen Bundestages an den Präsidenten des Europäischen Parla- ments wurde dies auch zu Beginn der österreichischen Präsidentschaft klargestellt:

Die nationalen Parlamente bekennen sich zu einer Zusammenarbeit mit dem Euro- päischen Parlament als gleichberechtigte Partner, wobei es vor allem um den Informa- tions- und Meinungsaustausch geht. Gemeinsame Beschlussfassungsmechanismen kann es aufgrund der unterschiedlichen Rechtsgrundlagen nicht geben und der Umfang der Kooperation muss auf die den nationalen Parlamenten zur Verfügung stehenden Ressourcen Rücksicht nehmen. Der Präsident des Europäischen Parlaments

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Josep Borrell Fontelles schloss sich dieser Position an, und mit seiner großen Unter- stützung folgte ein halbes Jahr hervorragender Zusammenarbeit.

In enger Kooperation haben das österreichische Parlament und das Europäische Parla- ment die großen interparlamentarischen Konferenzen zu den Themen Wachstum und Beschäftigung (31. Jänner und 1. Februar 2006) und zur Zukunft Europas (8. und 9. Mai 2006) vorbereitet und durchgeführt, an denen hunderte nationale Parlamentarier und Mitglieder des Europäischen Parlaments teilnahmen. Gerade die interparlamen- tarische Konferenz zur Zukunft Europas, in deren Rahmen am „Europatag“ (9. Mai) die Präsidenten des Europäischen Rates, der Europäischen Kommission und des Euro- päischen Parlaments Grundsatzerklärungen zur Weiterentwicklung der Union abga- ben, zeugte von der Vitalität dieses Zukunftsprojektes Europa. Es ist bereits in Aussicht genommen, weitere interparlamentarische Konferenzen in diesem Format durch- zuführen.

Die Anwendung und Ausgestaltung des Subsidiaritätsprinzips stand im Mittelpunkt der Konferenz „Europa fängt zu Hause an“, die das österreichische Parlament am 18. und 19. April 2006 in Zusammenarbeit mit dem österreichischen Bundeskanzler- amt und der Niederösterreichischen Landesregierung in St. Pölten durchführte.

Themenschwerpunkte dieser Konferenz waren die Rolle der Länder und Gemeinden in Europa, die Mitwirkung der nationalen Parlamente in EU-Angelegenheiten und die Verbesserung der Rechtsetzung auf EU-Ebene („Better Regulation“). Die Vertreter der nationalen Parlamente, aber auch die anderen Teilnehmer, waren sich weitgehend einig, dass die nationalen Parlamente verstärkt in die Subsidiaritätsprüfung einbe- zogen werden sollten. So heißt es in der Schlusserklärung der Vorsitzenden: „Auf der Grundlage des geltenden EU-Rechts wird auch die Europäische Kommission ersucht, ihre Rechtsetzungsvorschläge nicht nur den europäischen Institutionen, sondern zeit- gleich auch den nationalen Parlamenten zuzuleiten, und sie einer neuerlichen Über- prüfung zu unterziehen, falls eine repräsentative Anzahl von nationalen Parlamenten begründete Zweifel an deren Vereinbarkeit mit dem Subsidiaritätsprinzip vorbringt.“

Dieses Thema der Subsidiaritätsprüfung durch die nationalen Parlamente wurde dann umgehend vom Präsidenten der Europäischen Kommission José Manuel Durão Barroso aufgenommen. Bei der Konferenz zur Zukunft Europas am 8. und 9. Mai 2006 sicherte er den nationalen Parlamentariern zu, dass die Kommission in Zukunft alle neuen Vorschläge und Konsultationsdokumente den nationalen Parlamenten über- mitteln werde, um sie zur Stellungnahme im Sinne eines verbesserten politischen Prozesses einzuladen. Dieser Vorschlag wurde dann in einer Mitteilung der Kommis- sion an den Europäischen Rat festgehalten. Das Thema von Subsidiarität und Verhält- nismäßigkeit stand auch im Mittelpunkt der Diskussion im Rahmen der Konferenz der Europaausschüsse (COSAC) am 22. und 23. Mai 2006 im österreichischen Parlament.

So begrüßte die COSAC diese Zusage von EK-Präsident Barroso und ersuchte die Kom- mission darüber hinaus, die Stellungnahmen der nationalen Parlamente – vor allem hinsichtlich des Subsidiaritäts- und Verhältnismäßigkeitsprinzips – zu berücksichtigen und diese entsprechend zu beantworten.

Der Europäische Rat hat bei seiner Tagung am 15. und 16. Juni 2006 in Brüssel diesen Anregungen der nationalen Parlamente Rechnung getragen. In den Schlussfolgerun- gen des Europäischen Rates heißt es wörtlich:

„In Anbetracht der Bedeutung, die den Grundsätzen der Subsidiarität und der Verhält- nismäßigkeit zukommt, begrüßt der Europäische Rat die Initiative des österreichi- schen Vorsitzes, der am 18. und 19. April 2006 in St. Pölten eine Konferenz zum Thema Subsidiarität veranstaltet hat, die an der Konferenz vom vergangenen Jahr in Den Haag anknüpfte. Die auf diesen Konferenzen entwickelten Ideen sollten geprüft werden, und künftigen Vorsitzen wird nahe gelegt, diese Arbeit fortzuführen.

Der Europäische Rat weist auf die Zusammenhänge zwischen europäischer und ein- zelstaatlicher Rechtssetzung hin. Er begrüßt daher besonders die Zusage der Kommis-

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7 DAS ÖSTERREICHISCHE PARLAMENT UND DIE EU-RATSPRÄSIDENTSCHAFT 2006

sion, den nationalen Parlamenten alle neuen Vorschläge und Konsultationspapiere direkt zur Verfügung zu stellen und sie um Stellungnahme zu bitten, um so den Pro- zess der Politikgestaltung zu verbessern. Die Kommission wird ersucht, die Stellung- nahmen der nationalen Parlamente – insbesondere in Bezug auf die Grundsätze der Subsidiarität und der Verhältnismäßigkeit – gebührend zu berücksichtigen. Die natio- nalen Parlamente werden aufgefordert, bei der Überwachung der Einhaltung des Sub- sidiaritätsprinzips verstärkt im Rahmen der Konferenz der Ausschüsse für Gemein- schafts- und Europa-Angelegenheiten (COSAC) zusammenzuarbeiten.

Der Europäische Rat bekräftigt ferner, dass das Vertrauen der Bürger in das euro- päische Projekt gestärkt wird, wenn der zusätzliche Nutzen des Handelns der EU in den europäischen Rechtsvorschriften besser zum Ausdruck kommt. Er ruft daher den Rat, das Europäische Parlament und die Europäische Kommission auf, die korrekte Anwen- dung der Grundsätze und Leitlinien des Protokolls über Subsidiarität und Verhältnis- mäßigkeit systematisch zu prüfen.“

Die verschiedenen Konferenzen der Vorsitzenden von Fachausschüssen der natio- nalen Parlamente und des Europäischen Parlaments sind bereits zu einer guten Tradi- tion geworden. Auf Einladung des österreichischen Parlaments trafen sich im ersten Halbjahr 2006 die Vorsitzenden der auswärtigen Ausschüsse (27. und 28. März 2006), der Innenausschüsse (10. April 2006), der Finanzausschüsse (29. Mai 2006) und der Umweltausschüsse (16. Juni 2006). An diesen Konferenzen nahmen jeweils die zu- ständigen Mitglieder der österreichischen Bundesregierung als Vertreter der EU-Rats- präsidentschaft und teilweise auch die zuständigen Vertreter der Europäischen Kom- mission teil. Während der finnischen Ratspräsidentschaft werden nun die Vorsitzenden der auswärtigen Ausschüsse (28. und 29. September 2006), der Verteidigungs- ausschüsse (20. Oktober 2006), der Landwirtschaftsausschüsse (12. und 13. Oktober 2006) und der Gleichbehandlungsausschüsse (31. Oktober und 1. November 2006) im zweiten Halbjahr 2006 in Helsinki tagen.

Außerdem war das österreichischen Parlament von 18. bis 20. April 2006 Gastgeber des 61. Transatlantischen Dialoges von Mitgliedern des Repräsentantenhauses der Vereinigten Staaten und Mitgliedern des Europäischen Parlaments. Vom 25. bis 28. Mai 2006 veranstaltete das österreichische Parlament in Zusammenarbeit mit AWEPA (Vereinigung europäischer Parlamentarier für Afrika) eine Parlamentarierkonferenz in Kapstadt zur Förderung der europäisch-afrikanischen parlamentarischen Partner- schaft im Rahmen der neuen EU-Strategie für Afrika.

Mit der vorliegenden Publikation sollen nun diese Aktivitäten des österreichischen Parlaments im Rahmen der EU-Ratspräsidentschaft im ersten Halbjahr 2006 dokumen- tiert werden. Es ist uns auch weiterhin ein großes Anliegen, dass die nationalen Parla- mente verstärkt in EU-Angelegenheiten mitwirken. Zu diesem Zweck wird das öster- reichische Parlament die Parlamente der kommenden Ratspräsidentschaften mit ganzer Kraft unterstützen.

Unser Dank gilt dem Europäischen Parlament, der Europäischen Kommission, dem österreichischen Bundeskanzleramt, dem Bundesministerium für auswärtige Ange- legenheiten und dem Land Niederösterreich für die hervorragende Kooperation sowie den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des österreichischen Parlaments für ihren großen Einsatz.

Wien, 30. Juni 2006

Sissy Roth-Halvax Andreas Khol

Präsidentin des Bundesrates Präsident des Nationalrates

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9 INHALTSVERZEICHNIS

9 Terminübersicht: Konferenzen und Sitzungen

des österreichischen Parlaments

im Zusammenhang mit der EU-Ratspräsidentschaft . . . . Seite 10

Schülerforum . . . . Seite 12

„Die Parlamente auf dem Weg nach Lissabon“ . . . . Seite 14

Konferenz der Vorsitzenden der Außenpolitischen Ausschüsse . . . . Seite 17

Konferenz der Vorsitzenden der Innenpolitischen Ausschüsse . . . . Seite 20

„Europa fängt zu Hause an.“ Subsidiaritätskonferenz . . . . Seite 23 Erklärung der Vorsitzenden . . . . Seite 26

Transatlantic Legislators’ Dialogue . . . . Seite 28

Parlamentarisches Treffen zur „Zukunft Europas“ . . . . Seite 31

Konferenz der Europaausschüsse (COSAC) . . . . Seite 34 Beitrag XXXV. COSAC . . . . Seite 37

Joint EU-Presidency Seminar in Kapstadt . . . . Seite 40 Empfehlungen . . . . Seite 41

Konferenz der Vorsitzenden der Finanzausschüsse . . . . Seite 42

Konferenz der Vorsitzenden der Umweltausschüsse . . . . Seite 45

Die Tätigkeit der EU-Ausschüsse und des Plenums

des Nationalrates während der EU-Präsidentschaft . . . . Seite 48

Terminübersicht.

Gesamtliste der EU- und internationalen Termine . . . . Seite 50

I N H A L T S V E R Z E I C H N I S

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19. Dezember 2005 Schülerforum mit dem Präsidium des Europäischen Parlaments

und dem Präsidium des österrreichischen Nationalrates 26. Jänner 2006 EU-Unterausschuss

31. Jänner Gemeinsame Konferenz des EP und der nationalen bis 1. Februar Parlamente der EU-Mitgliedstaaten

zum Lissabon-Prozess in Brüssel

Österreichischer Vorsitz: Präsident des Nationalrates Präsidentin des Bundesrates 15. Februar EU-Unterausschuss

20. Februar Treffen der COSAC-Troika und der COSAC-Vorsitzenden in Wien, Parlament

Österreichischer Vorsitz: Abg. Werner Fasslabend BR Gottfried Kneifel

21. März EU-Hauptausschuss

(Vorbereitung Europäischer Rat 23./24. März)

27. bis 28. März Konferenz der Vorsitzenden der auswärtigen Ausschüsse der nationalen Parlamente der EU-Mitgliedstaaten und des EP in Wien, Parlament

Österreichischer Vorsitz: Abg. Peter Schieder BR Hans Ager 30. März EU-Plenarsitzung des Nationalrates

10. April Konferenz der Vorsitzenden der Innenausschüsse der nationalen Parlamente der EU-Mitgliedstaaten und des EP in Wien, Parlament

Österreichischer Vorsitz: Abg. Rudolf Parnigoni BR Franz Eduard Kühnel 18. bis 19. April Subsidiaritätskonferenz in St. Pölten

Österreichischer Vorsitz: Bundeskanzler

Landeshauptmann von NÖ Präsident des Nationalrates Präsidentin des Bundesrates Terminübersicht: Konferenzen und Sitzungen des österreichischen Parlaments im Zusammenhang mit der EU-Ratspräsidentschaft

T E R M I N Ü B E R S I C H T

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11 18. bis 20. April Transatlantic Legislators’ Dialogue in Wien, Parlament

(EP/US Interparliamentary Meeting)

19. April EU-Unterausschuss

8. bis 9. Mai Gemeinsame Konferenz des EP und der nationalen Parlamente der EU-Mitgliedstaaten zur Zukunft Europas in Brüssel

Österreichischer Vorsitz: Präsident des Nationalrates Präsidentin des Bundesrates

10. Mai EU-Unterausschuss

11. Mai Plenarsitzung des Bundesrates mit Kommissionspräsident Barroso

11. Mai EU-Hauptausschuss mit Kommissionspräsident Barroso 22. bis 23. Mai XXXV. Konferenz der Europaausschüsse (COSAC) in Wien,

Parlament

Österreichischer Vorsitz: Abg. Werner Fasslabend BR Gottfried Kneifel 25. bis 28. Mai Joint Seminar AWEPA/Österreichisches Parlament,

Kapstadt

24. Mai EU-Plenarsitzung des Nationalrates

29. Mai Konferenz der Vorsitzenden der Finanzausschüsse der nationalen Parlamente der EU-Mitgliedstaaten und des EP in Wien, Parlament

Österreichischer Vorsitz: Abg. Günter Stummvoll BR Johann Kraml 14. Juni EU-Hauptausschuss (Vorbereitung ER 15./16. Juni) 16. Juni Konferenz der Vorsitzenden der Umweltausschüsse

der nationalen Parlamente der EU-Mitgliedstaaten und des EP in Wien, Parlament

Österreichischer Vorsitz: Abg. Kai Jan Krainer BR Karl Boden

4. Juli EU-Unterausschuss

TERMINÜBERSICHT

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In Vorbereitung der österreichischen EU- Ratspräsidentschaft fand am 19. Dezem- ber 2005 ein Schülerforum im Parlament statt, das live im ORF-Fernsehen über- tragen wurde.

Schülerinnen und Schüler aus insgesamt fünf Oberstufenklassen nahmen teil:

Theresianische Akademie

International Business College Hetzendorf

Bundesgymnasium Klosterneuburg

Höhere Bundeslehranstalt für wirtschaftliche Berufe Wien 19

Gymnasium und Realgymnasium Wien 21

Neben dem Präsidenten des National- rates nahm am Präsidium auch der Präsi- dent des Europäischen Parlaments, Josep Borrell Fontelles, Platz. In seiner Stellungnahme betonte Borrell, dass das Schülerforum am Beginn einer Reihe von Bürgerforen steht, die dazu dienen sollen, den Dialog mit den Bürgerinnen und Bürgern Europas zu intensivieren, um das Vertrauen in Europa wieder zu stärken.

Was erwarten sich junge Menschen von der EU? Welche Sorgen bedrängen sie angesichts der Entwicklung der Union?

Welche Hoffnungen verbinden sie mit einem vereinten Europa? Die Schülerin- nen und Schüler nutzten die Gelegen- heit, ihre Anliegen und Kritik Spitzen- vertreterinnen und -vertretern des öster- reichischen und des Europäischen Parla- ments in Form einer parlamentarischen Fragestunde zu unterbreiten.

Nationalratspräsident Andreas Khol appellierte in seinem Eingangsstatement an die Jugendlichen, vor lauter Einzel- problemen das große Projekt Europa, das ein Lebensmodell für die ganze Welt sein könne, nicht zu übersehen. Die EU habe Frieden, Freiheit und Sicherheit gebracht und garantiere eine freie Gesellschaft und die Wahrung der Men- schenrechte. Dieses größte Friedens- und Freiheitsprojekt dürfe daher auch nationalen Streitigkeiten nicht zum Opfer fallen. Er hoffe daher, dass das während des letzten Gipfels vereinbarte Budget auch vom Europäischen Parla- ment mitgetragen werde. Der Euro- päische Verfassungsvertrag stecke ohne Zweifel in einer Krise, sagte Khol, und deshalb sei es notwendig, nun den Dialog mit den Bürgerinnen und Bürgern zu verstärken.

Die beiden Fraktionsvorsitzenden Hans- Gert Poettering (Fraktion der Euro- päischen Volkspartei) und Martin Schulz (Sozialdemokratische Fraktion) bekräf- tigten angesichts der steigenden Skepsis in der Bevölkerung gegenüber der EU, dass man nur gemeinsam eine Chance haben werde, indem man die kulturelle, soziale, ökonomische und politische Kraft binde, ohne die nationale Identität zu verlieren. Schulz kritisierte scharf die

"Hauptstadtmentalität", wonach nur alles gut sei, was auf nationaler Ebene pas- siere und alles Europäische schlecht sei.

Ähnlich formulierte es auch der Euro- päische Parlamentspräsident Borrell, der meinte, Europa laufe Gefahr, an seinem Erfolg zu ersticken, und an seinen Ego- ismen zugrunde zu gehen. Europa müsse vielmehr eine europäische Identität

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Josep Borrell Fontelles, Andreas Khol

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SCHÜLERFORUM

13 bilden, die der nationalen Identität

jedoch in keiner Weise entgegen steht.

Neben Nationalratspräsident Andreas Khol, der Zweiten Präsidentin des Natio- nalrates, Barbara Prammer, und Staats- sekretär Hans Winkler standen der Präsi- dent des Europäischen Parlaments, Josep Borell Fontelles, sowie die Vor- sitzenden bzw. stellvertretenden Vorsit- zenden der europäischen Parlaments- parteien Hans-Gert Poettering (Euro- päische Volkspartei und Europäische Demokraten), Martin Schulz (Sozial- demokrat/innen), Graham Watson (Libe- rale Fraktion), Francis Wurtz (Konföderale Fraktion der Vereinigten Europäischen Linke/Nordische Grüne Linke), Monica Frassoni (Fraktion der Grünen/Freie Euro- päische Allianz), Jens-Peter Bonde (Fraktion Unabhängigkeit/Demokratie), Brian Crowley (Fraktion Union für das Europa der Nationen) und Philip Claeys (fraktionslos) den Jugendlichen Rede und Antwort.

Der Bogen spannte sich von den Themen Arbeitslosigkeit, umweltfreundliche und menschenwürdige Arbeitsbedingungen, bildungspolitische Initiativen über Fra- gen zu den Grenzen der EU, zur Erweite- rung, zur Migration, zur Zukunft der Verfassung und zu einer gemeinsamen Außen- und Verteidigungspolitik bis hin zu kritischer Hinterfragung der Gentech- nik in der Landwirtschaft. Den Abschluss des Katalogs bildete die Frage, wie man die EU volksnäher gestalten könnte, nachdem die Umfragen eine immer größere EU-Skepsis unter der Bevölke- rung konstatieren.

In den Antworten der Abgeordneten spiegelten sich natürlich die unter- schiedlichen Standpunkte wider. Das Schülerforum war ein Dialog im besten parlamentarischen Sinn – gerade die Unterschiede machen Europa und ganz allgemein die Demokratie aus. Kom- promisse zu finden ist nicht immer ein- fach, aber das gemeinsame Haus Europa verdient die Anstrengung auf dem Weg zu einer gemeinsamen Lösung. National-

ratspräsident Andreas Khol meinte abschließend, es gebe für die diffizilen Fragen keine gültigen und einzig richti- gen Antworten, und das sei Demokratie.

Wesentlich sei es aber, das große Projekt nicht aus den Augen zu verlieren.

Dieser Dialog findet und fand aber natür- lich nicht nur zwischen Bürger/-innen und Parlamentarier/-innen, sondern auch zwischen den Abgeordneten der EU- Mitgliedstaaten statt. Eindrucksvoll ist

dies in dieser Bilanz dokumentiert. Am 22./23. Mai waren die Schülerinnen und Schüler, die beim Schülerforum debat- tiert hatten, noch einmal eingeladen. Sie konnten der Tagung der COSAC.

(vgl. auch den entsprechenden Ab- schnitt in dieser Bilanz) als Zuhörer/-in- nen beiwohnen. Die Veranstaltung galt aus parlamentarischer Sicht als ein Höhe- punkt der österreichischen EU-Ratspräsi- dentschaft.

(Für weitere Informationen vgl. Parla- mentskorrespondenz Nr. 1043/19.12.2005) Schülerforum

Schülerforum:

Josep Borrell Fontelles, Andreas Khol, Barbara Prammer, Gerhard Koller,

Monica Frassoni, Martin Schulz, Hans Winkler, Hans-Gert Poettering

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Am 31. Jänner und 1. Februar 2006 trafen sich Vertreter der nationalen Parlamente der 25 EU-Mitgliedstaaten, der Beitritts- und Kandidatenländer sowie des Euro- päischen Parlaments in Brüssel, um im Rahmen einer interparlamentarischen

Konferenz die bisherigen Erfolge sowie die nächsten Schritte bei der Umsetzung der Lissabon-Strategie zu beraten.

Es war dies – nach einem ersten Treffen im März 2005 – bereits die zweite Kon- ferenz zwischen nationalen Parlamenten

und dem Europäischen Parlament, die im Rahmen der Lissabon-Strategie statt- gefunden hat.

An der Konferenz nahmen über 110 Abgeordnete aus 29 nationalen Parla- menten und rund 60 Mitglieder des Europäischen Parlaments teil. Den Vor- sitz der Tagung führten der Präsident des Europäischen Parlaments Borrell, der Präsident des Nationalrates Khol und die Präsidentin des Bundesrates Roth-

Halvax. Das österreichische Parlament war durch 11 Mitglieder des National- und Bundesrates vertreten.

Im Mittelpunkt der Beratungen standen die im Herbst 2005 vorgelegten natio- nalen Aktionspläne, deren Bewertung durch die Europäische Kommission sowie deren Behandlung beim Euro- päischen Rat im März 2006. Als Gastred- ner traten der Präsident der Euro- päischen Kommission Barroso und der Präsident des Europäischen Rates Schüssel auf.

Präsident Borrell betonte in seiner Er- öffnungsrede, dass die Ablehnung des Verfassungsvertrages durch Referenden in Frankreich und den Niederlanden Anlass für den Beginn eines Nachdenk- prozesses über eine neue globale Vision Europas gewesen sei. Die gegenwärtige Verstrickung der Mitgliedstaaten in nationale Interessenslagen offenbare sehr deutlich die Notwendigkeit einer Fortsetzung der Verfassungsdebatte.

Die derzeitigen Diskussionen über die Finanzielle Vorausschau würden in aller Deutlichkeit die Schwächen des gegen- wärtigen Finanzierungssystems der Union aufzeigen, daher sei die neu initi- ierte Diskussion über ein Eigenmittel- system der Union zu begrüßen. Steigen- de Ölpreise und der jüngste Gaskonflikt hätten die Notwendigkeit einer gemein- samen Energiepolitik deutlich gemacht.

Die gesamtwirtschaftliche Situation habe sich im Vergleich zum Vorjahr zwar verbessert, jedoch verstärke sich der Glo- balisierungsdruck immer mehr, wodurch das europäische Sozialmodell in Gefahr

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Parlamentarisches Treffen

„Die Parlamente auf dem Weg nach Lissabon“

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„DIE PARLAMENTE AUF DEM WEG NACH LISSABON“

15 gerate. Die realistische Neudefinition der

Lissabon-Strategie und der Kommis- sionsbericht zu den Nationalen Aktions- plänen seien der Beweis, dass Europa fähig ist, Wettbewerbsfähigkeit mit sozialer Gerechtigkeit und Umwelt- verantwortung zu vereinen. Jetzt sei es aber nötig, praktische Umsetzungs- schritte zu unternehmen, denn die Bürger müssten Ergebnisse spüren.

Präsidentin Roth-Halvax wies in ihren einleitenden Worten darauf hin, dass im Hinblick auf die Wiederbelebung der Lissabon-Strategie der Kohäsionspolitik der EU entscheidende Bedeutung zukomme. Die Regionen würden einen wertvollen Beitrag zur Umsetzung der Lissabon-Strategie leisten. Eine richtig ausgerichtete Kohäsionspolitik bewirke nicht nur in den weniger entwickelten Mitgliedstaaten und Regionen beträcht- liche Wachstumseffekte, sondern wirke als Wachstumsspritze für die gesamt- europäische Wirtschaft. Die Kohäsions- politik übe darüber hinaus eine bedeu- tende Hebelwirkung auf die Durch- führung anderer Gemeinschaftspolitiken aus. Die Rolle von Gemeinden, Städten und Regionen für die Implementierung der Europäischen Kohäsionspolitik solle stärker gewürdigt werden. Grenz- und grenzübergreifende Regionen seien Bau- steine und Brücken für den europäischen Einigungsprozess, für das Zusammen- leben der europäischen Bevölkerungen und der Minderheiten. Ein Musterbei- spiel für erfolgreiche grenzübergreifende Zusammenarbeit zwischen Regionen in Europa sei das Projekt Centrope.

Präsident Khol merkte einleitend an, dass im Jahr 2000 bei der Konzipierung der Lissabon-Ziele mit Superlativen nicht gegeizt worden sei, die Bilanz jedoch zeige, dass Europa diese Ziele bisher klar verfehlt habe. Insgesamt werde europa- weit zuviel von einer Krisensituation geredet, Optimismus und Zuversicht würden fehlen. Dabei gäbe es Anlass genug, stolz auf die Entwicklungen der letzten fünf Jahre zu blicken, wie die Einführung des Euro, die historische

Erweiterung der Union auf 25 Mitglied- staaten und die durch den Schengen- Acquis erzielten Fortschritte. Im Hinblick auf die Verfassungsdebatte sei zu be- achten, dass jeder Konstitutionalisie- rungsprozess Zeit benötige. Insgesamt zeichne sich das Lissabon-Programm durch eine äußerst komplexe Aufgaben- verteilung aus, was in der Vergangenheit dazu geführt habe, dass sich in Wahrheit keiner der handelnden Akteure für die Umsetzung zuständig gefühlt habe.

Vorerst sei der Prozess auf die Regierun- gen der Mitgliedstaaten begrenzt gewesen, der Übergang zu einem parla- mentarischen Prozess und zu maß- geschneiderten Konzepten sei zu be- grüßen.

Ratspräsident Schüssel strich in seiner Rede die Bedeutung eines kohärenten gemeinsamen Programms zur Um- setzung der Lissabon-Agenda heraus.

Durch ein gemeinsames Eintreten für den „European Way of Life“ sei ein Mehr- wert für ganz Europa zu erzielen. Wirt- schaft, sozialer Zusammenhalt und Umwelt seien die Eckpfeiler dieses Lebensmodells, die auch auf dem Früh- jahrsgipfel des Europäischen Rates im Mittelpunkt stehen würden. Konkrete Selbstverpflichtungen der Mitglied-

"Die Parlamente auf dem Weg nach Lissabon":

Sissy Roth-Halvax, José Manuel Barroso, Josep Borrell Fontelles

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staaten seien von Nöten. Auch in Bezug auf die Kommissionsberichte sei künftig eine Konzentration auf wenige konkrete Punkte zu empfehlen. Als die vier wichtigsten Herausforderungen nannte Schüssel Investitionen in Wissen und Innovation, Forschung und Entwicklung, ein verbessertes unternehmerisches Umfeld insbesondere für KMU, mehr und bessere Arbeitsplätze angesichts der Globalisierung und der demographi- schen Entwicklung, sowie die Energie- politik. Abschließend forderte Schüssel im Hinblick auf die Finanzierung der Union eine Debatte über EU-Eigenmittel.

Kommissionspräsident Barroso verwies in seinem Redebeitrag darauf, dass die Mitglieder der nationalen Parlamente aufgrund ihrer Nähe zu den Anliegen der Bürger, aber auch wegen ihrer Möglich- keit, Druck auf die nationalen Regierun- gen auszuüben, unverzichtbare Binde- glieder und Legitimitätsstellen innerhalb der Lissabonner Partnerschaft seien. Das Konzept der „New Governance“ stelle die Partnerschaft in den Vordergrund. Es sei festzustellen, dass sich die Mitglied- staaten gut an die Spielregeln halten, insbesondere würden die vorgelegten Nationalen Aktionspläne eine solide Basis für die Messbarkeit der Fortschritte bieten. Die Kommission habe ihrerseits bereits zum jetzigen Zeitpunkt zwei Drittel der im Lissabon-Programm der Gemeinschaft gesetzten Ziele um- gesetzt. Konkrete Aktionen seien nun- mehr wichtiger denn je: Auf Grund der Analyse der Nationalen Reformpläne schlage die Kommission Selbstver- pflichtungen der Mitgliedstaaten in den Bereichen Wissen und Innovation, KMU- Förderung, Schaffung von mehr und besseren Jobs sowie bezüglich einer gemeinsamen Energiepolitik vor.

Im Anschluss an die Eröffnungsreden und Keynote-Speeches der beiden Sitzungstage fanden Debatten unter Beteiligung nahezu sämtlicher Teil- nehmer statt, deren überwiegender Tenor eine äußerst positive Bilanz des Treffens war. Zentrale Themen in den ein-

zelnen Wortmeldungen waren unter anderem die Bereiche Wachstum, Bekämpfung der Arbeitslosigkeit, Haus- halt, Energie, Forschung, Bildung und die Dienstleistungsrichtlinie.

Präsident Khol zog am Ende der Tagung detaillierte Schlussfolgerungen aus den Debatten:

Die Dienstleistungsrichtlinie soll in Zusammenarbeit mit den europäischen Sozialpartnern rasch fertig gestellt und rechtlich durchsetzbar gestaltet werden.

Die Mitgliedstaaten sollen stärkere Ver- pflichtungen für Foschung, Techno- logieentwicklung und Innovation ein- gehen und sich bis zum Europäischen Rat präzise festlegen, welchen Prozent- satz für Forschungs- und Entwicklungs- ausgaben sie bis 2010 erreicht haben wollen.

Als Maßnahme für kleine und mittlere Unternehmen sollen bis Ende 2007 in jedem Mitgliedstaat "One Stop Shops"

zur Unterstützung bei Unternehmens- gründungen eingerichtet werden. Der für Unternehmensgründungen nötige Zeitaufwand soll damit um 50 Prozent reduziert werden und die Gründungsge- bühren so niedrig wie möglich gehalten werden.

Bis Ende 2007 soll es möglich sein, dass jeder Schulabgänger innerhalb von sechs Monaten ein Arbeitsangebot, Lehrstellenangebot, eine Zusatzaus- bildung oder andere Qualifizierungs- maßnahmen erhält. Bis 2010 soll diese Periode auf nicht mehr als 100 Tage verkürzt werden. Firmen sollen Anreize erhalten, um Studenten bzw. jungen Arbeitslosen Arbeitserfahrung anzu- bieten.

Im Energiebereich ist eine Verstärkung und Vertiefung des Energiebinnen- marktes vorgesehen, und zwar durch zeitgerechte Umsetzung und wirksame Regulierung der Energiemärkte, stär-

keren Wettbewerb im Bereich Strom und Gas, bessere Kooperation und Inte- gration der Netze zwischen den Mit- gliedstaaten und Identifizierung sowie Vervollständigung fehlender oder un- zureichender grenzüberschreitender Abschnitte.

Außerdem wird die Förderung erneuer- barer Energien und mehr Energieeffizienz angestrebt. Hierfür soll ein entsprechen- des gemeinsames Regelwerk zu erneuer- baren Energien entworfen werden.

Präsident Khol zeigte sich erfreut über die fruchtbare Diskussion im Rahmen des Parlamentariertreffens, die Europa bei der Umsetzung der Lissabon-Ziele weiter bringen werde. Die von der Kom- mission vorgelegten Bewertungen seien wichtig für die Identifizierung und die Evaluierung von Best Practices in den mitgliedstaatlichen Reformprogram- men. Das Motto müsse aber nunmehr sein, von Plänen zur Tat zu schreiten.

Präsident Borrell betonte in seinen Schlussworten die Bedeutung der Kon- ferenz und äußerte seinen Wunsch nach einer Fortsetzung des erfolgreichen parlamentarischen Treffens. Darüber hinaus sei es erstrebenswert, eine ähn- liche Versammlung abzuhalten, um den Sozialpartnern eine verstärkte Teilnahme an der EU-Debatte zur Lissabon-Strate- gie zu ermöglichen. Die erfolgreiche Umsetzung der Lissabon-Strategie sei vom Engagement der nationalen Regie- rungen, aber vor allem auch von An- stößen durch die nationalen Parlamente abhängig, wodurch diesen eine Schlüsselrolle in der Partnerschaft für Wachstum und Beschäftigung zu- komme. Insgesamt sei die Lissabon- Partnerschaft mehr als nur ein Bündel nationaler Strategien, sie erzeuge viel- mehr einen klaren europäischen Mehr- wert.

(Für weitere Informationen vgl. Parla- mentskorrespondenz Nr. 60/1.2.2006)

„DIE PARLAMENTE AUF DEM WEG NACH LISSABON“

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AUßENPOLITISCHE AUSSCHüSSE

17 Am 27. und 28. März 2006 fand im öster-

reichischen Parlament die Konferenz der Vorsitzenden der nationalen Parlamente der EU-Mitgliedstaaten und des Euro- päischen Parlaments statt.

Themenschwerpunkte der Konferenz bildeten die Blöcke „Die weitere Fest-

legung der europäischen Perspektive der Westbalkanländer“ und „Der Stand der aktuellen Kosovo-Verhandlungen“.

Zu dieser unter der Leitung der Vor- sitzenden der Außenpolitischen Aus- schüsse von Nationalrat und Bundesrat stehenden Tagung waren erstmals

K O N F E R E N Z D E R V O R S I T Z E N D E N

D E R A U ß E N P O L I T I S C H E N A U S S C H Ü S S E D E R N A T I O N A L E N P A R L A M E N T E D E R E U - M I T G L I E D S T A A T E N U N D D E S

E U R O P Ä I S C H E N P A R L A M E N T S I N W I E N , 2 7 . U N D 2 8 . M Ä R Z 2 0 0 6

Die Vorsitzenden der Außenpolitischen Ausschüsse der Parlamente der EU (im historischen Sitzungssaal des Parlaments)

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18

auch Vertreter/-innen von Kroatien, Mazedonien, Albanien, Bosnien-Herze- gowina sowie von Serbien-Montenegro eingeladen, um nach einem Einleitungs- statement eines Vertreters der EU- Kommission auch ihnen Gelegenheit zu geben, ihre Sicht der Situation dar- zulegen.

Die EU-Mitgliedstaaten hatten sich auf dem Gipfeltreffen in Thessaloniki im Jahr 2003 geschlossen dafür ausgesprochen, den Ländern des Westbalkans eine klare europäische Perspektive zu geben. Der Obmann des Außenpolitischen Aus- schusses des Nationalrates, Abgeordne- ter Peter Schieder, führte in seiner Ein- leitung aus, dass es dabei insbesondere darum gehe, diese Länder darin zu bestärken, ihre Reformen mit Nachdruck fortzusetzen, um raschere Fortschritte auf dem Weg der europäischen Integration zu erzielen. In der Zwischen- zeit hätten die betreffenden Staaten bei ihren Beziehungen zur Europäischen Union unterschiedliche Fortschritte erzielt. Kroatien habe bereits Beitrittsver- handlungen aufgenommen, Mazedo- nien sei der Kandidatenstatus zuerkannt worden. Albanien stehe kurz vor dem Abschluss eines Stabilisierungs- und Assoziierungsabkommens mit der EU, Serbien-Montenegro und Bosnien-Her- zegowina hätten erst unlängst Verhand- lungen über solche Abkommen aufge- nommen. Das Ziel der Europäischen Union, so der Ausschussobmann, müsse es sein, die Konsolidierung des Friedens und die Verbesserung des Lebensstan- dards der Menschen in den Westbalkan- Ländern nachhaltig voranzutreiben. Man müsse sich gemeinsam mit diesen Län- dern für die Stärkung ihrer Demokratien und die Reform ihrer Wirtschaft einset- zen. Wenn diese Ziele verwirklicht wür- den, werden sie der EU näher rücken und eine Verbesserung der materiellen Lebensbedingungen in der Region erzielen können.

Über den aktuellen Stand der Verhand- lungen zum künftigen Status des Kosovo berichtete der Stellvertreter des UN- Chefverhandlers, Botschafter Albert

Rohan, der in der Einleitung seines Statements auf die Komplexität des Pro- blems hinwies, die durch die gegen- sätzlichen Forderungen der beiden Seiten hervorgerufen würden. So sei für Belgrad alles außer einer Unabhängig- keit annehmbar, für die Kosovaren hingegen sei nichts Anderes als die Unabhängigkeit denkbar. Verschärft werde die Situation überdies noch dadurch, dass die Kosovo-Serben auf Anraten Belgrads nach wie vor die Insti- tutionen in Pristina boykottierten, dies im Glauben, dadurch die Unabhängig- keit verzögern oder verhindern zu kön- nen. Vor diesem Hintergrund rief Rohan sowohl Pristina als auch Belgrad zu mehr Realismus auf. Die internationale Ge- meinschaft habe den Kosovaren klar gemacht, dass mit dem Beginn der Statusgespräche nicht automatisch die Unabhängigkeit kommen werde, und dass Pristina die Standards, insbesondere die Behandlung der serbischen Minder- heit, deutlich verbessern müsse. Gegen- über den Serben im Kosovo wiederum habe man betont, dass sie an der Gestal- tung der Zukunft des Kosovo mitarbei- ten müssten und jeder weitere Boykott kontraproduktiv sei. Die derzeitige Strategie der internationalen Gemein- schaft bestehe, so Rohan, vor allem darin, die Gespräche nicht automatisch auf die Statusfrage zu konzentrieren, sondern zuerst konkrete, praktische Themen zu behandeln, etwa die Dezentralisierung, den Schutz der religiösen Stätten, die Minderheiten- rechte, wirtschaftliche Fragen sowie die Zukunft der internationalen Präsenz im Kosovo.

Der Tagesordnungspunkt „Die Aufgaben der nationalen Parlamente sowie des EU-Parlaments in der europäischen Nachbarschaftspolitik“ war ebenfalls Thema einer lebhaften Debatte. Der zuständige Generaldirektor der EU- Kommission Eneko Landaburu machte darauf aufmerksam, dass sich die Bürger Europas eine stärkere internationale Rolle der EU wünschten. Außerdem sähen die Bürger den Kampf gegen den Konferenz der Außenpolitischen

Ausschüsse:

Hans Ager, Peter Schieder

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AUßENPOLITISCHE AUSSCHüSSE

19 Terrorismus, die Überwindung der Armut

sowie Sicherheit und politische Stabilität als wichtige Aufgaben der europäischen Außenpolitik an und wollten, dass sich die EU auf die unmittelbaren Nachbar- länder konzentriere. Diesem Wunsch ent- spreche das Konzept der Europäischen Nachbarschaftspolitik, das in der Zeit der Verhandlungen mit den neuen Mit- gliedsländern entwickelt worden sei. Es solle verhindert werden, dass zwischen den Ländern, die Mitglieder der EU wur- den, und jenen, die nicht EU-Mitglieder sind, Barrieren entstünden. Auch in diesen Ländern müssten Bedingungen für Wohlstand, Stabilität und Sicherheit geschaffen werden. Die Nachbarschafts- politik werde für die einzelnen Partner in Form von Aktionsplänen maßgeschnei- dert, so Landaburu, und wies beispiel- haft auf die Ambitionen Marokkos hin, sich zu einem demokratischen Rechts- staat zu entwickeln. Solche Aktionspläne seien mit Israel, Moldawien, Marokko, Jordanien, Tunesien, Ukraine und den Palästinensern bereits abgeschlossen worden. In Verhandlungen stünden Aktionspläne mit Ägypten, Libanon, Aserbaidschan und Armenien. Die Umsetzung des Aktionsplans mit der Ukraine habe jedenfalls den WTO-Beitritt der Ukraine beschleunigt, hob der Generaldirektor mit Stolz hervor.

Im Rahmen der Konferenz skizzierte die Bundesministerin für auswärtige Angele- genheiten Ursula Plassnik die zentralen Aspekte der gegenwärtigen EU-Politik unter österreichischer Präsidentschaft.

Österreich sei bemüht, so die Bundes- ministerin, die EU wieder stärker an die Bürger heranzuführen und dabei die Kontakte zu den Menschen auf den verschiedensten „Baustellen“ der Union zu intensivieren. Es gehe vor allem darum, auf die Anliegen der Bevölkerung zu reagieren und die Themen Beschäfti- gung, Wachstum, Jugend und Energie als Prioritäten ins Zentrum der Politik der Union zu rücken. Die österreichische Präsidentschaft sah Plassnik von zwei Punkten geprägt, der Diskussion um die Zukunft Europas nach den Verfassungs-

referenden in Frankreich und den Niederlanden sowie der Frage der Erwei- terung der EU. Plassnik trat dafür ein, hinsichtlich des Verfassungsvertrages die Nachdenkpause zu nützen, um die Gespräche mit den Bürgern zu ver- stärken. Sie rechne nicht mit konkreten Lösungen während der österreichischen Präsidentschaft und betonte, dass es jetzt viel mehr gelte, sich auf einen gemeinsamen Arbeitsplan zu einigen und die nächsten Schritte zu planen.

Zum Thema Westbalkan stellte die Außenministerin fest, dass im laufenden Jahr wichtige Entscheidungen über Statusfragen anstünden. Es gehe darum, ein möglichst stabiles Ambiente zu schaffen und den Partnern eine euro- päische Perspektive mit einer Mitglied- schaft als letztem Ziel anzubieten. Dieser Stabilisierungs- und Assoziierungs- prozess sei ein adäquates Instrument, die Länder dieser Region an europäische Standards heranzuführen.

Den Abschluss der Konferenz bildete eine Aussprache über den Vertrag über das umfassende Verbot von Nuklearver- suchen (CTBT). Das einleitende Referat hielt der Exekutivsekretär der in Wien ansässigen Vorbereitenden Kommission für die Organisation des Vertrages über das umfassende Verbot von Nuklearver- suchen (CTBTO) Botschafter Tibor Toth.

Als Ziel der 1997 gegründeten inter- nationalen Organisation, die mittlerweile von 132 Staaten ratifiziert wurde und heute über 170 Mitarbeiter und ein Bud- get von 104 Millionen US-Dollar verfüge, nannte Toth die Unterbindung aller Atomtests. Denn diese stellten das Kriterium zur Unterscheidung zwischen friedlicher und militärischer Nutzung der Atomenergie dar. Nukleare Tests hätten ausschließlich militärische Zwecke. Um dafür zu sorgen, dass keine Tests stattfinden, habe seine Organi- sation ein Monitoringsystem zu Lande, zur See und zur Luft aufgebaut, das mit seismischen und hydro- akustischen Technologien sowie mit Infraschall und Radioerhebung arbeite.

Weltweit seien für diese Zwecke bis-

lang 337 Stationen und Labors in 89 Ländern eingerichtet.

Die Konferenz der Vorsitzenden der Außenpolitischen Ausschüsse war die erste von insgesamt fünf Konferenzen von Fachausschüssen im Rahmen der österreichischen EU-Ratspräsidentschaft und setzte zweifelsohne neue Akzente im Hinblick auf die Mitwirkung natio- naler Parlamente im EU-Entscheidungs- prozess. Die Parlamentariertagung gab Gelegenheit, eigene Positionen mit den Sichtweisen der Parlamentarier/-innen anderer Länder zu vergleichen und die Suche nach allgemein akzeptierten Lösungen schwieriger und kontrover- sieller Probleme zu unterstützen.

(Für weitere Informationen vgl.

Parlamentskorrespondenz Nr. 196, 241, 252, 255, 257, 259, 260, 261 und 262/2006)

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20

Am 10. April 2006 fand im österreichi- schen Parlament die Konferenz der Vor- sitzenden der Innenausschüsse der nationalen Parlamente und des Euro- päischen Parlaments statt.

„Asyl- und Migrationspolitik als neue Aufgaben der EU“ sowie „Kriminalitäts-

und Terrorbekämpfung im Spannungs- verhältnis zu den europäischen Bürger- rechten“ standen im Mittelpunkt der von den Vorsitzenden der Ausschüsse für innere Angelegenheiten des Nationalra- tes und des Bundesrates, Abg. Rudolf Parnigoni und Bundesrat Franz Eduard Kühnel, geleiteten Konferenz. Die

K O N F E R E N Z D E R V O R S I T Z E N D E N

D E R I N N E N P O L I T I S C H E N A U S S C H Ü S S E D E R N A T I O N A L E N P A R L A M E N T E

D E R E U - M I T G L I E D S T A A T E N U N D D E S E U R O P Ä I S C H E N P A R L A M E N T S I N W I E N , 1 0 . A P R I L 2 0 0 6

Die Vorsitzenden der Innenpolitischen Ausschüsse der Parlamente der EU (im historischen Sitzungssaal des Parlaments)

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21 INNENPOLITISCHE AUSSCHüSSE

Parlamente von 20 EU-Mitgliedstaaten, Rumäniens, Bulgariens, Kroatiens und der Türkei waren vertreten.

In seinem Eröffnungsstatement zum ersten Themenschwerpunkt „Asyl- und Migrationspolitik“ sprach sich Vorsitzen- der Parnigoni für eine einheitliche euro- päische Asylpolitik aus. Die Bundesminis- terin für Inneres, Liese Prokop, meinte in ihrem Einleitungsreferat, dass die Asyl- und Migrationspolitik eine zentrale Auf- gabe der Union sei und deren erfolgrei- che Wahrnehmung im Interesse der Mit- gliedstaaten und ihrer Bürger liege.

Denn innere Sicherheit und Stabilität können nur dann erreicht werden, wenn man mit den Problemen, die von außen kommen, umgehen könne. Gesamt- europäische Lösungsansätze seien daher notwendig.

Seitens der Kommission befasste sich Jean-Louis de Brouwer, Direktor für Zuwanderung, Asyl und Grenzen, mit dem Kampf gegen die illegale Einwande- rung. Er wies auf die bisherigen Erfolge der EU in den Bereichen der Asyl- und

Migrationspolitik hin und betonte die Aktivitäten, die sich gegen den inter- nationalen Menschenhandel richten.

In der äußerst aufschlussreichen, vom Vorsitzenden Parnigoni geleiteten Dis- kussion war ein klares Bekenntnis zu einer gemeinsamen Asylpolitik und gemeinsamen Maßnahmen im Kampf gegen die illegale Einwanderung erkennbar. Ein gemeinsames Anliegen aller Länder war die bessere finanzielle und technische Unterstützung von Sei- ten der EU sowie die effizientere Bekämpfung der Schwarzarbeit.

Im zweiten Teil der Tagung, dem Thema

„Gemeinsame Kriminalitäts- und Terror- bekämpfung im Spannungsverhältnis zu den europäischen Bürgerrechten“ ge- widmet, kamen Experten, der Vorsitzen- de der europäischen Datenschützer/-in- nen Peter Schaar, der Präsident des öster- reichischen Rechtsanwaltskammertages Gerhard Benn-Ibler und der Vizepräsi- dent der europäischen Internetservice Provider Kurt Einzinger zu Wort. Den Vor- sitz führte Bundesrat Kühnel.

Konferenz der Innenpolitischen Ausschüsse:

Kurt Einzinger, Gerhard Benn-Ibler, Peter Schaar

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22

Einig waren sich die drei Hauptredner, dass die Zusammenarbeit von Polizei und Justiz auf EU-Ebene zur Bekämpfung der internationalen Kriminalität und des Terrorismus notwendig sei, dabei dürfe es aber nicht zu einer Aushöhlung von Bürgerrechten und zu einer Vernachlässi- gung des Datenschutzes kommen. Es gebe eine Tendenz zu präventiver Über- wachung und Datenerhebung, die jedoch – insbesondere bei fehlendem Datenschutz – eine potenzielle Gefahr für den Rechtsstaat sei. Alle drei Experten äußerten sich zudem skeptisch hinsicht- lich der EU-Richtlinie über die verpflich- tende Vorratsdatenspeicherung von Telekomunternehmen.

Auch in der anschließenden vom Vorsit- zenden Kühnel geleiteten Diskussion gingen die Teilnehmer/-innen auf die Datenspeicherung und den euro- päischen Haftbefehl ein und unterzogen vor allem den Richtlinienentwurf zur Vor- ratsdatenspeicherung wegen dessen Unklarheit Kritik. Allgemein wurde die Notwendigkeit unterstrichen, die Grund- rechte sowie die parlamentarischen

Rechte im Sinne der Gewaltenteilung zu wahren und zu stärken. In wesentlichen Fragen der Sicherheit fehlen auf euro- päischer Ebene noch immer präzise Definitionen, resümierte Vorsitzender Kühnel.

Am Abschluss der Konferenz bestand Einigkeit, die Diskussion unter finnischer Präsidentschaft weiterzuführen, wobei die finnische Vertreterin vorschlug, auf der nächsten Sitzung eine Evaluierung aller bisher umgesetzten Maßnahmen zu diskutieren.

(Für weitere Informationen vgl. Parla- mentskorrespondenz Nr. 207, 301, 311, 312, 313, 314 und 315/2006)

Konferenz der Innenpolitischen Ausschüsse: Rudolf Parnigoni, Franz Eduard Kühnel

INNENPOLITISCHE AUSSCHüSSE

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SUBSIDIARITÄTSKONFERENZ

23 Am 18. und 19. April 2006 fand im Land-

haus in St. Pölten eine Konferenz über Mittel und Wege statt, eine effektivere Anwendung des Subsidiaritätsprinzips im europäischen Rechtsetzungsprozess zu erreichen und dadurch einen Beitrag zu mehr Bürgernähe zu leisten. Die Tagung sollte an eine im November 2005 in Den Haag abgehaltene Konferenz mit dem Titel "Sharing Power in Europe:

Striking the right balance between EU and Member State action" anschließen.

Die Veranstaltung war in drei Teile gegliedert, den Vorsitz führten abwech- selnd Bundeskanzler Schüssel, National- ratspräsident Khol und der Landeshaupt- mann von Niederösterreich Pröll. Die Konferenz befasste sich in Form von Impulsreferaten, weiteren Beiträgen und Diskussionsrunden mit dem möglichen Beitrag der Regionen und Kommunen, mit der Rolle der nationalen Parlamente in der Europäischen Union und mit der Wechselbeziehung zwischen Subsidiari- tät und „Better Regulation“, einer Initiati- ve der EU, die eine bessere Rechtsetzung und einen Abbau bürokratischer Hemm- nisse zum Ziel hat.

Parlamentarier/-innen und Regierungs- vertreter/-innen aus nahezu allen 25 EU- Ländern und den Beitrittsländern Bul- garien und Rumänien diskutierten gemeinsam mit Experten sowie Ver- tretern der Europäischen Kommission und des Europäischen Parlaments über eine bessere Aufgabenverteilung zwi- schen der Europäischen Union auf der einen und der nationalen bzw. regio- nalen Ebene auf der anderen Seite.

Einige Kandidatenländer waren als Beob- achter vertreten.

Im ersten Teil der Konferenz betreffend den Beitrag der Regionen und Kommu- nen betrachtete Dimitrij Rupel die Sub- sidiarität unter dem Blickwinkel der Schlüsselworte Ausgewogenheit, Auf- gabenteilung und bessere Leistung.

Gerade bei der Lösung praktischer Pro- bleme könnte die Euro-Region Alpen- Adria Beispielwirkung haben.

Ivan Jakovcic verwies auf die Bedeutung der Subsidiarität für den Balkan und meinte, Subsidiarität sei der Schlüssel der europäischen Demokratie, ohne Sub- sidiarität werde es in Südosteuropa keine Demokratie geben können.

Michel Delebarre wertete das Subsidiari- tätsprinzip als Aktionsprogramm für die Zukunft, um aus der gegenwärtigen Sackgasse herauszukommen. Ausschlag- gebend sind bei der Ausgestaltung des Subsidiaritätsprinzips die Schlagworte Partnerschaft, demokratischer Dialog, Kooperation und Anpassungsfähigkeit.

„ E U R O P A F Ä N G T Z U H A U S E A N . “ S U B S I D I A R I T Ä T S K O N F E R E N Z 2 0 0 6 , S T . P Ö L T E N , 1 8 . U N D 1 9 . A P R I L 2 0 0 6

Subsidiaritätskonferenz:

Wolfgang Schüssel, Andreas Khol, Erwin Pröll

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24

Als Referenten im zweiten, parlaments- bezogenen Teil der Konferenz, fun- gierten der Präsident des Europäischen Parlaments, Josep Borrell Fontelles, der Präsident des finnischen Parlaments Paavo Lipponen, der Präsident der EU-Delegation in der französischen Nationalversammlung Pierre Lequiller, der frühere EU-Kommissar Franz Fischler und Professor Christian Calliess von der Universität Göttingen.

Unter anderem zur Diskussion stand ein von Nationalratspräsident Andreas Khol eingebrachter Vorschlag, jene Teile des EU-Verfassungsvertrags, die stärkere Mitwirkungsbefugnisse der nationalen Parlamente im Gesetzgebungsprozess der EU zum Inhalt haben, auf Basis bereits bestehender Möglichkeiten vorab mit Leben zu erfüllen. Dabei geht es, wie Khol zum Auftakt der Subsidiari- tätskonferenz betonte, nicht darum,

"Rosinen" aus dem Verfassungsvertrag herauszupicken und vor dessen Beschlussfassung in Geltung zu setzen, sondern das Subsidiaritätsprinzip auf der Grundlage des Amsterdamer Vertrags besser umzusetzen.

EP-Präsident Borrell forderte eine genauere Definition der Kompetenzen

der EU, gleichzeitig räumte er aber ein, dass Reibungsflächen und geteilte Kompetenzen unvermeidlich seien.

Diese Fragen seien aber politisch zu lösen und könnten keinesfalls von Rich- tern geklärt werden, unterstrich Borrell.

Er meinte auch, die Länder müssten sich mehr der Frage zuwenden, welche Gemeinsamkeiten sie haben, und rief daher zu einem entsprechenden politischen Engagement auf.

Ebenso wie Borrell vertrat Präsident Lipponen die Auffassung, dass Sub- sidiaritätsmechanismen politische Werk- zeuge sind und kein juristisches Kon- strukt sein dürften. Vielfach betreffe aber die Kritik an der Europäischen Gesetz- gebung nicht die Subsidiarität, sondern die Qualität der Rechtsetzung. So prüfe das finnische Parlament seit zehn Jahren, ob eine Verletzung des Subsidiaritäts- prinzips vorliege, aber in keinem ein- zigen Fall sei man zu dieser Auffassung gelangt. Kritisiert werde aber regel- mäßig, dass die Gesetze zu detailliert sind. Lipponen brach weiters eine Lanze für bessere Qualität im Gesetzgebungs- prozess und für eine verständlichere Sprache. Das Ergebnis sollten klare und in sich stimmige Rechtsnormen sein.

Nach Meinung des Abgeordnetem Lequiller gibt es in der EU für nationale Abgeordnete mehr denn je eine Zukunft, aber diese gelte es gemeinsam und ohne Konkurrenz zwischen europäischer und nationaler Ebene zu gestalten. Das Sub- sidiaritätsprinzip mit Leben zu erfüllen, hielt er für ein wichtiges Instrument und begrüßte die Möglichkeit des Früh- warnmechanismus im EU-Verfassungs- vertrag. Es gehe nun darum, die Worte in Taten umzusetzen, und dabei seien nationale Abgeordnete besonders ge- fordert. Sie müssten ihren Beitrag zum europäischen Aufbau leisten und dass sie das im Stande seien, beweise ihre Arbeit im EU-Konvent, wo sie gemein- sam mit den Abgeordneten des Euro- päischen Parlaments wesentliche Ideen auch zur Grundrechte-Charta bei- getragen haben.

Subsidiaritätskonferenz:

Wolfgang Schüssel, Edmund Stoiber, Günther Verheugen, Ursula Plassnik, Erwin Pröll

(25)

SUBSIDIARITÄTSKONFERENZ

25 Auch Franz Fischler meinte, man

brauche nicht auf den Verfassungs- vertrag zu warten, um dem Prinzip der Subsidiarität und Verhältnismäßigkeit zum Durchbruch zu verhelfen. Wenn es gelinge, die entsprechenden Schritte zu setzen, dann würde man einen wich- tigen Beitrag dazu leisten, die Vorurteile der Bürgerinnen und Bürger gegenüber der EU abzubauen und gleichzeitig die Politik kohärenter und effizienter zu gestalten. Er unterstützte auch den Wunsch der nationalen Parlamente nach rechtzeitiger Konsultation, um Stellung- nahmen zu Gesetzesvorhaben aus- arbeiten zu können, die von der Kommis- sion zu berücksichtigen sind.

Christian Calliess versuchte aus der Sicht des Wissenschafters Kriterien für die Prü- fung von Subsidiarität und Verhältnis- mäßigkeit zu formulieren. Im Hinblick auf die Subsidiarität stellten sich nach seiner Meinung anhand der Grund- struktur des EG-Vertrages drei Fragen:

Zunächst sei zu prüfen, ob die EU über- haupt tätig werden darf. Des weiteren müsse man die Frage der Kompetenz- ausübung stellen, ob die EU auch Gebrauch von ihrer Kompetenz machen soll. Würden diese Fragen bejaht, so seien die Art, der Umfang und die Inten- sität der Regelung zu beachten, wobei man von der größtmöglichen Schonung dezentraler Strukturen aus- gehen müsse.

Bundeskanzler Schüssel, der den Vorsitz im dritten Teil der Konferenz innehatte, erinnerte zunächst an das Ziel der öster- reichischen Präsidentschaft, den Bürgern konkrete Antworten auf ihre Fragen zu geben und Lösungen anzubieten. Dies setze voraus, auf die Bürger zu hören und ihre Angst vor einer Zentralisierung ernst zu nehmen.

Für Bundesministerin Plassnik ist die Subsidiarität der "Klebstoff" zwischen den verschiedenen Ebenen des euro- päischen Geschehens, sowohl ein po- litisches Gestaltungsprinzip als auch ein Rechtsprinzip.

Ministerpräsident Stoiber machte darauf aufmerksam, dass höhere Ebenen gene- rell versucht seien, Kompetenzen von unten an sich zu ziehen und sah eine wichtige Bedeutung des Subsidiaritäts- prinzip darin, dafür zu sorgen, dass die EU sich auf jene Aufgaben konzentrieren könne, die nur gemeinsam gelöst werden können. Besonders wichtig sei das Subsidiaritätsfrühwarnsystem unter Einbindung der nationalen Parla- mente. Es gelte zu verhindern, dass die nationalen Parlamente Regelungen umsetzen müssen, die sie für falsch halten.

Nach Meinung des Vizepräsiden- ten der Europäischen Kommission Verheugen sei die Subsidiarität seit Maastricht eine lebendige Maxime der EU, die nur regeln soll, was National- staaten nicht regeln können. Diesem Grundsatz entspreche er selbst in seinem Verantwortungsbereich, indem er die Vorschläge zum Bereich Binnenmarkt stark reduziert habe. Zentrale Bedeu- tung maß der Verheugen dem Prinzip der Transparenz bei. Er könne keinen Grund dafür erkennen, dass Teile der EU-Gesetzgebung hinter verschlosse- nen Türen ausgehandelt werden. Das Recht der Bürger zu wissen, wie und warum entschieden werde, sei zu respektieren.

Der Europaabgeordnete Joseph Daul unterstrich das Bemühen des Euro- päischen Parlaments, das Vertrauen der Bürger in die Europäische Union zu stär- ken und die Effizienz der Entscheidungs- findung auf Europäischer Ebene zu er- höhen.

Das Subsidiaritätsprinzip stelle laut dem Präsidenten des Europäischen Gerichts- hofes Skouris die Kompetenzverteilung nicht in Frage, es handle sich vielmehr um eine Kompetenzausübungsregel, die nur dort wirksam werde, wo die Gemein- schaft keine ausschließliche Kompetenz besitze. In der Rechtsprechung habe das Subsidiaritätsprinzip aber kaum Spuren hinterlassen und relativ wenig Ein-

fluss auf den Ausgang der Verfahren gehabt.

Der Präsident des österreichischen Ver- fassungsgerichtshofs Korinek äußerte den Wunsch, dass der Respekt vor den Kompetenzen zwischen gemeinschaft- lichen und staatlichen Organen wachse und der EuGH die Balance zwischen der Realisierung des Europäischen Rechts und der Gestaltungsfreiheit der natio- nalen Gesetzgebung wahre und die Sensibilität dafür entwickle.

Die Veranstaltung wurde durch eine rege Diskussion abgerundet, wobei viele interessante regionale, kommunale, nationale und europäische Aspekte und Erfahrungen präsentiert wurden.

In der Schlusserklärung der Vorsitzenden wurde für die nationalen Parlamente und das Europäische Parlament die Absicht ausgedrückt, in regelmäßigen Ab- ständen parallel zueinander die von den EU-Institutionen geplanten Rechtsakte im Hinblick auf das Subsidiaritäts- und Verhältnismäßigkeitsprinzip zu prüfen.

Die Kommission wurde ersucht, ihre Rechtsetzungsvorschläge neben den europäischen Institutionen zeitgleich auch den nationalen Parlamenten zu- zuleiten und sie einer neuerlichen Prü- fung zu unterziehen, falls eine repräsen- tative Anzahl von nationalen Parlamen- ten begründete Zweifel an deren Verein- barkeit mit dem Subsidiaritätsprinzip vorbringt. Die nationalen Parlamente werden ermuntert, ihre Zusammen- arbeit bei der Subsidiaritätsprüfung im Rahmen der Konferenz der Europa- ausschüsse (COSAC) weiter auszubauen.

(Für weitere Informationen vgl. Parla- mentskorrespondenz Nr. 326, 328, 329, 330, 332, 333 und 334/2006)

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