Europäisches Forum Alpbach 2017
Pressegespräch der OeNB
Gouverneur Univ.-Prof. Dr. Ewald Nowotny Vize-Gouverneur Mag. Andreas Ittner
Direktoriumsmitglied Dr. Kurt Pribil
1.September 2017
www.oenb.at
Die globale Erholung hält an - IWF revidiert die Aussichten für den Euroraum nach oben
• Das Wachstum in den Industriestaaten und Schwellenländern beschleunigt sich 2017
• USA: Unsicherheit über die zukünftige Fiskalpolitik hat Abwärtsrevision gegenüber April zur Folge
• Euroraum: Starke Konjunktur zu Jahresbeginn führt zu höherem Jahreswachstum 2017
• China: Wachstumsaussichten für die Jahre 2017/18 nach oben korrigiert
• Ausgeglichene Prognoserisiken in der kurzen Frist
2016 2017 2018 2016 2017 2018 2016 2017 2018 2016 2017 2018
Euroraum 1.8 1.9 1.7 0.2 1.7 1.5 -1.7 -1.5 -1.2 91.3 90.1 88.6
USA 1.6 2.1 2.1 1.3 2.7 2.4 -4.4 -4.0 -4.5 107.4 108.3 108.9
Japan 1.0 1.3 0.6 -0.1 1.0 0.6 -4.2 -4.0 -3.3 239.2 239.2 239.4
China 6.7 6.7 6.4 2.0 2.4 2.3 -3.7 -3.7 -3.4 46.2 49.3 52.0
Ver. Königreich 1.8 1.7 1.5 0.6 2.5 2.6 -3.1 -2.8 -2.1 89.2 89.0 88.7
Welt 3.2 3.5 3.6 2.8 3.5 3.4 x x x x x x
Quelle: WEO Update Juli 2017 (ausschließlich BIP Zahlen ausgewählter Länder; blaue Werte) und Frühjahrsprognose April 2017.
IWF-Prognose ausgewählter Wirtschaftsindikatoren: WEO April 2017 und WEO Update Juli 2017
Reales BIPVeränderung zum Vorjahr in %
Inflation Budgetsaldo Staatsschuld
in % des BIP
10 Jahre nach Ausbruch der globalen Finanz- und Wirtschafts- krise ist Euroraum zurück auf solidem Wachstumskurs.
70 80 90 100 110 120 130 140 150
2007Q1 2009Q1 2011Q1 2013Q1 2015Q1 2017Q1
Reales BIP
Index: 2007Q1=100
Irland*
Österreich
Griechenland Euroraum Deutschland
Italien Portugal Spanien
BIP- und Inflationsentwicklung seit Ausbruch der Wirtschaftskrise
Quelle: Eurostat. Anmerkung: Irland mit deutlicher Datenrevision im ersten Quartal 2015.
0,0 0,5 1,0 1,5 2,0 2,5 3,0 3,5
2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016
HVPI-Inflation im Euroraum
HVPI-Inflation Kerninflation
Veränderung zum Vorjahr in %
Massive Ausweitung der Bilanzen der Zentralbanken und …
0 100 200 300 400 500 600 700 800 900
2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016 2017 Eurosystem
Bank of England (published sterling liabilities) Federal Reserve Bank
Schweizerische Nationalbank OeNB
Bilanzsummen der Zentralbanken
Jänner 2007 = 100
Quelle: Thomson Reuters.
… Zinssenkungen und zahlreiche unkonventionelle Maßnahmen
Senkung der Leitzinsen (siehe Grafik).
Gezielte längerfristige Refinanzierungsgeschäfte (TLTRO II) mit einer Laufzeit von jeweils vier Jahren (2016/17-2020/21).
Vollzuteilung in allen Tenderoperationen;
mindestens bis Ende 2017.
Programm zum Ankauf von Vermögenswerten (APP) von monatlich 60 Mrd EUR bis Dez. 2017, womit die Ankaufsumme bei rund 2.300 Mrd EUR liegen wird.
Reinvestition der abreifenden Papiere so lange wie erforderlich.
-1,0 -0,5 0,0 0,5 1,0 1,5 2,0 2,5 3,0
Jän.10 Jän.11 Jän.12 Jän.13 Jän.14 Jän.15 Jän.16 Jän.17 Überschussliquidität (rA)
Zinssatz im Hauptrefinanzierungsgeschäft Zinssatz der Refi nanzierungsfazilität Zinssatz der Einlagefazilität
EONIA (Übernachtzins)
Überschussliquidität und EONIA im Korridor
in %
Quelle: EZB, Thomson Reuters.
in Mrd Euro
Geldpolitisches Maßnahmenpaket wirkt – Kreditzinsen für Unternehmen gesunken, Kreditnachfrage erholt sich …
• Die lockere Geldpolitik sorgt für günstige Refinanzierungsbedingungen sowohl für Unternehmen als auch für Haushalte im Euroraum. Die linke Grafik zeigt Kreditzinsen für nichtfinanzielle Unternehmen, jedoch ist auch die Finanzierung über den Kapitalmarkt gegenwärtig sehr günstig.
• Die niedrigeren Zinsen bilden die Basis für Investitionsausweitung.
• Konsum und Investitionen springen an.
• Der bisherige Aufschwung war vor allem von der Binnennachfrage getragen. Dabei
unterstützt in einer Aufwärtsspirale die steigende Beschäftigung das verfügbare Einkommen und
so den Konsum.
… aktuelles Wachstum breit aufgestellt
-3,0 -2,5 -2,0 -1,5 -1,0 -0,5 0,0 0,5 1,0 1,5
1999Q1 2002Q1 2005Q1 2008Q1 2011Q1 2014Q1 2017Q1
BIP
Durchschnitt vor der Krise Durchschnitt während der Krise Durchschnitt seit Euroeinführung BIP-Wachstum im Euroraum
Veränderung zur Vorperiode in %
3 Quartale mit BIP-Wachstum
> 0,5%
Ø BIP-Wachstumsraten:
1999Q1-2007Q4: 0,6 % 2008Q1-2016Q3: 0,1 % 1999Q1-2016Q3: 0,3 %
Quelle: Eurostat.
-1,2 -0,6 0,0 0,6 1,2 1,8
2013Q1 2014Q1 2015Q1 2016Q1 2017Q1
Pr. Konsum Invest. Exporte Importe BIP BIP-Wachstum und Wachstumsbeiträge der Komponenten
Veränderung zur Vorperiode in %, Wachstumsbeiträge in Prozentpunkten
-0,4 -0,2 0,0 0,2 0,4 0,6 0,8
2013Q1 2014Q1 2015Q1 2016Q1 2017Q1
DE FR IT ES Rest EA19
BIP-Wachstum und Wachstumsbeiträge der Staaten
Veränderung zur Vorperiode in %, Wachstumsbeiträge in Prozentpunkten
Solider Aufschwung zeigt sich auch in einer nachhaltigen Verbesserung am Arbeitsmarkt
82 85 88 91 94 97 100 103 106 109 112
2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016 2017 2018 2019 Beschäftigungsentwicklung in ausgewählten
Euroraumländern Index: 2007Q1=100
Österreich Deutschland
Euroraum
Griechenland Spanien Portugal Italien
Irland
Quelle: Eurostat.
0 5 10 15 20 25 30
2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016 2017 2018 2019 Arbeitslosigkeit in ausgewählten
Euroraumländern Arbeitslosenquote nach Eurostat in %
Griechenland
Euroraum
Österreich Deutschland Spanien
Portugal Italien
Irland
OeNB-Kurzfristprognose für Österreich:
BIP-Wachstum im Jahr 2017 mit rund 2¾% stärker als im Juni erwartet
-0,6 0,0 0,6 1,2 1,8 2,4 3,0
-0,2 0,0 0,2 0,4 0,6 0,8 1,0
Q1 Q2 Q3 Q4 Q1 Q2 Q3 Q4 Q1 Q2 Q3 Q4 Q1 Q2 Q3 Q4
2014 2015 2016 2017
Quartalswachstum lt. VGR (realisierte Werte; li. Achse) OeNB-Konjunkturindikator (li. Achse)
Jahreswachstum lt. VGR (re. Achse) Quelle: OeNB-Konjunkturindikat or vom August 2017, WIFO.
+0,7
*+0,6
*+0,7
Veränderung zum Vorquartal in %
Prognose für das reale Bruttoinlandsprodukt in Österreich für das dritte und vierte Quartal 2017 (saison- und arbeitstägig bereinigte Trendreihe)
*) Prognosewerte
+0,9
+1,5
Veränderung zum Vorjahr in %
+2,7*
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Aktuelle Entwicklungen
in der Bankenaufsicht und im Finanzmarkt
Vize-Gouverneur Mag. Andreas Ittner
1.September 2017
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10 Jahre Finanzkrise
BrexitVotum Trump elected
Treasury recapitalisesbanks
BNP fundsfrozen Bear Steamsfundscollapse Lehman Brothers collapse
USB & RBS bailedout
Dodd-Frank act becomes law
Basel 3 agreed on
Treasury sellslast TARP stake FED raisesrates
First European stress test Start ofSSM ECB beginsbond.buying
TARP enacted
European sovereign debt
crisis
Quelle: SNL, The Economist.
M. Draghi: “…whatever it takes…”
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Starke Veränderungen in der Bilanzstruktur
Refokussierung auf das Kerngeschäft (Kredite und Einlagen)
Verbesserte Kapitalisierung
Verbesserte Liquiditätsposition: Starke Abnahme des Interbankgeschäfts, während gleichzeitig die Kundenforderungen stark angestiegen sind (+20%)
Ʃ = 918
Veränderung der Bilanzstruktur österreichischer Banken
(konsolidiert auf Basis CBD)
Ʃ = 946
2006 2016
10 Jahre
AKTIVA Ʃ = 918PASSIVA AKTIVAƩ = 946 PASSIVA
in Mrd. EUR in Mrd. EUR
Langjährige Entwicklung der Bilanzstruktur und Performance der AT-Großbanken (UCBA, EGB, RBI und BAWAG)
AT-Banken mit sehr hohem Kreditwachstum bis zur Krise;
seit 2008 deutlich abgeschwächt
Vorkrisenprofitabilität bleibt unerreichbar
Kreditrisikokosten retten aktuell das Ergebnis
Risikotragfähigkeit hat sich stark verbessert, was sich auch in den gestiegenen Tier-1-Ratios widerspiegelt
(1) BIP und Kreditwachstum 07/08 Finanzkrise
UCBA Dekonsolidierung
(3) Kreditrisikokosten (4) Tier 1 Ratio
(2) Return on Equity (RoE)
%
% %
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(1) Bilanzsumme heimischer Banken (inkl. Auslandstöchter) im Verhältnis zum BIP
(4) Einwohner pro Zweigstelle
(2) Anzahl KIs (gem. CRR Definition; Index 08 =100)
(3) Bilanzsumme (in TEUR) pro Bankangestelltem
Konsolidierung im AT-Bankensektor schreitet voran, ist aber noch nicht abgeschlossen
Quelle: OeNB; EZB: Report on Financial Structures.
Bankenintermediation in Europa und AT stark rückläufig
Konsolidierung im AT-Bankensektor hinkt auf mehreren Ebenen hinterher (Anzahl: Bankstellen, Filialen, Mitarbeiter)Anhaltender Kostendruck im operativen Geschäft
54,5%
56,6%
57,2%
65,4%
75,0%
59,8% 65,8%
64,0%
59,1%
40,0%
45,0%
50,0%
55,0%
60,0%
65,0%
70,0%
75,0%
80,0%
0 1.000 2.000 3.000 4.000 5.000 6.000 7.000 8.000 9.000
2010-Q2 2011-Q2 2012-Q2 2013-Q2 2014-Q2 2015-Q2 2016-Q2 2017-Q2
Verwaltungs- u. sonst. betr. Aufw. (linke Achse) Betriesbserträge netto (linke Achse)
Cost-Income-Ratio (rechte Achse) CIR ohne Einmaleffekt (rechte Achse)
in Mio EUR
Quelle: OeNB.
* (Verwaltungsaufwendungen + Abschreibungen von immat. Vermögen, Sachanlagen, als Finanzinvestition gehaltene Immobilien) / Betriebserträge Anmerkung: eingeschränkte Vergleichbarkeit aufgrund methodologischer Änderungen ab Q3-2014
Cost-Income-Ratio* Significant Institutions (exkl. UCBA)
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OeNB Stresstest simuliert globale Rezession vor dem Hintergrund des herrschenden Niedrigzinsumfelds
… zudem in Simulation abgebildet: erhöhte geopolitische Unsicherheit und Vertrauensverlust
Verstärkung des Schocks durch wirtschaftliche Verflechtungen in Zentraleuropa
Anstieg der Arbeitslosigkeit, Abwertung ost- europäischer Währungen gegenüber dem Euro
Allgemein bessere Ausgangssituation im Vergleich zum EBA Stresstest 2016
Jedoch stärkere Differenzierung der CESEE Region, wobei rohstoffnahe Volkswirtschaften besonders betroffen sind
OeNB hat den Stresstest zentral für alle österreichischen Banken durchgeführt. Untersucht wurden:
Kapitalisierung (d.h. die Fähigkeit, unerwarteten Verlusten zu
widerstehen)
Liquiditätssituation und Risiko aus Fremdwährungskrediten
Ansteckungseffekte im österreichischen
Bankensystem
Der Stresstest zeigt verbesserte Risikotragfähigkeit, aber auch Risiken aus systemischen Verflechtungen
Die Banken sind daher gefordert, ihre Kostenstruktur, Profitabilität und Eigenmittelausstattung nachhaltig zu stärken
Gute Ausgangsposition durch stetig verbesserte Kapitalisierung und gute Wirtschaftslage
Deutlicher Rückgang des Exposure in CESEE
Risiko bei Fremdwährungskrediten konnte deutlich abgebaut werden
Ein ebenfalls durchgeführter Liquiditätsstresstest zeigt adäquate Liquiditätsausstattung
Solides Ergebnis im Stresstest
Dem im Aggregat adäquaten Ergebnis stehen strukturelle sowie idiosynkratische Risiken bei einzelnen Instituten gegenüber
CESEE Risiko weiterhin vorhanden
Ansteckungseffekte aus Verflechtungen zwischen den Banken stellen ein Risiko dar
Notwendigkeit für Maßnahmen bleibt bestehen
■Risiken aus FW-Krediten: -0,2 pp
■Ansteckungsrisiken: -0,8 pp
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Zinsumfeld stellt Banken vor Herausforderungen
Aktuelles Niedrigzinsumfeld ist für die österreichischen Banken belastend:
… bedeuten einen strukturellen Rückgang des Nettozinsertrages
Baseline Szenario: Auswirkung auf das operative Ergebnis vor Risiko: -7% über 3 Jahre
Adverses Szenario: Auswirkung auf das operative Ergebnis vor Risiko: -15% über 3 Jahre
…bringen nicht notwendigerweise eine Entlastung
Zinsertrag steigt im Vergleich zum obigen Szenario, allerdings steigen auch die Kredit- ausfälle
Im Zinsschock-Szenario neutralisieren sich beide Effekte weitgehend; der Ertragsdruck bleibt bestehen
Auch vor diesem Hintergrund ist eine nachhaltige Verbesserung der Kostenstruktur erforderlich.
Die Kreditvergabe muss gerade in Zeiten niedriger Zinsen verantwortungsvoll und unter Einhaltung risikoadäquater Standards erfolgen.
Gleichbleibende
Zinsen... Steigende Zinsen …
WER:
Kleine/nicht komplexe Institute
WAS:
Bestimmte aufsichtliche Erleichterungen
WO:
Definition und Rahmenbedingungen
im Level I Text
WOMIT:
AT-Vorschlag im Sinne des Säule 1+
Ansatzes
WIE:
Pauschale Säule 2 Anforderung und Widerrufsrecht der
Aufsicht
AT-Legislativvorschlag zur Einführung von Proportionalität
Säule 1+ Ansatz: Proportionalität via „pauschale“ Säule 2 und Befreiung von Säule 3
Richtig verstandene Proportionalität ermöglicht, die Regulierung vom Risikogehalt des Geschäftsmodells abhängig zu machen („so einfach wie möglich, so komplex wie notwendig“)