L e i t f a d e n r e i h e z u m M a r k t r i s i ko B a n d 1
A l l g e m e i n e s M a r k t r i s i ko b e i S c h u l d t i t e l n
2., überarbeitete und erweiterte Auflage
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O e s t e r r e i c h i s c h e N a t i o n a l b a n k
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O e s t e r r e i c h i s c h e N a t i o n a l b a n k
L e i t fa d e n f ü r § 2 2 e u n d § 2 2 h BWG
A l l g e m e i n e s M a r k t r i s i k o
b e i S c h u l d t i t e l n
Eigentümer, Herausgeber und Verleger:
Oesterreichische Nationalbank Für den Inhalt verantwortlich:
Wolfdietrich Grau Erstellt von:
Abteilung für Finanzmarktanalyse Satz, Druck und Herstellung:
Hausdruckerei Internet e-mail:
http://www.oenb.at Papier:
Salzer Demeter, 100% chlorfrei gebleichter Zellstoff, säurefrei, ohne optische Aufheller DVR 0031577
Vorwort
Der vorliegende Leitfaden behandelt das allgemeine Marktrisiko in Schuldtiteln gemäß § 22 h BWG sowie die Zerlegung von Zinsinstrumenten gemäß § 22 e BWG und versucht anhand von zahlreichen Beispielen, eine mögliche Behandlung dieser Thematik im Rahmen der Standardmethode aufzuzeigen.
Abschnitt 1 gibt einen Überblick über die gesetzliche Regelung und führt in die Berechnungs- methoden der Laufzeitbandmethode und der Durationsmethode ein.
In Abschnitt 2 ist der Zerlegung von Zinsprodukten breiter Raum gewidmet. Es werden die gängigsten Produkte beschrieben und deren Zerlegung dargestellt. Zahlreiche Beispiele und graphische Darstellungen sollen in die Thematik einführen und zu einem besseren Verständnis beitragen.
Schließlich wird in Abschnitt 3 am Beispiel eines ausgewählten Musterportefeuilles die Berechnung des Eigenmittelerfordernisses sowohl nach der Laufzeitbandmethode als auch nach der Durations- methode durchgeführt.
Im Anhang befindet sich eine zusammenfassende Übersicht der dargestellten Zerlegungsmethodik aus dem Abschnitt 2 sowie eine Kurzdarstellung des Durationskonzeptes.
Die Autoren danken Annemarie Gaal, Alexandra Hohlec, Gerald Krenn, Alfred Lejsek, Helga Mramor, Manfred Plank, Gabriela de Raaij, und Burkhard Raunig für ihre wertvollen Anregungen.
Wien, März 1998
Gerhard Coosmann Ronald Laszlo
Vorwort zur zweiten, überarbeiteten und erweiterten Auflage
Das Interesse an der ersten Auflage zeigte, daß seitens der Marktteilnehmer ein großer Bedarf an authentischen Gesetzesinterpretationen besteht. Aus diesem Grund wurde dieser Band im Rahmen der Leitfadenreihe zum Marktrisiko neu aufgelegt. Die wesentlichsten Änderungen dieser Auflage betreffen die Bereiche Devisentermingeschäfte, Devisenoptionen und High Yield Bonds. Darüber hinaus wird für Caps und Floors eine Berechnungsmöglichkeit auf Basis des Preisdeltas vorgestellt, die eine einheitliche und konsistente Behandlung aller Zinsinstrumente ermöglicht.
Der Autor dankt Annemarie Gaal, Manfred Plank und Ronald Laszlo für wertvolle Anregungen und Diskussionen. Ganz besonderer Dank gilt unserer Abteilungsleiterin Helga Mramor, deren Engagement entscheidenden Einfluß auf das Zustandekommen der gesamten Leitfadenreihe hatte.
Wien, September 1999
Gerhard Coosmann
1. Einführung 9
1.1 Laufzeitbandmethode (§ 22 h Abs. 2 BWG) 9
1.2 Durationsmethode (§ 22 h Abs. 3 BWG) 11
1.3 Der Sensitivitätsansatz (§ 22 e Abs. 6 und 7 BWG) 12
2. Die Zerlegung von Zinsprodukten 13
2.1 Typologie der Zinsprodukte 13
2.1.1 Basisinstrumente 13
2.1.2 Zusammengesetzte Zinsprodukte 14
2.2 Symmetrische Zinsderivate 16
2.2.1 Forward Rate Agreements 16
2.2.2 Futures 17
2.2.2.1 Zinsfutures 17
2.2.2.2 Bondfutures 18
2.2.3 Termingeschäfte 19
2.2.4 Swapgeschäfte 19
2.2.4.1 Plain Vanilla Swaps 19
2.2.4.2 Basisswaps 20
2.2.4.3 Terminswaps 20
2.2.5 Devisentermingeschäfte 21
2.3 Asymmetrische Zinsderivate (Zinsoptionen) 21
2.3.1 Option auf einen Zinssatz (Option auf ein FRA) 22
2.3.2 Option auf einen Zinsfuture 24
2.3.3 Option auf eine Anleihe 24
2.3.4 Option auf einen Bondfuture 25
2.3.5 Caps 25
2.3.6 Floors 25
2.3.7 Devisenoptionen 26
2.4 Strukturierte Zinsprodukte 26
2.4.1 Reverse Floater 27
2.4.2 Leveraged Floater 28
2.4.3 Floating Rate Note mit Cap 29
2.4.4 Floating Rate Note mit Floor 29
2.4.5 Collars 30
2.4.6 Collarfloater 30
2.4.7 Swaptions 30
2.4.8 Anleihen mit Zinswahlrecht 31
2.4.9 Anleihen mit Kündigungsrecht 32
2.4.9.1 Schuldnerkündigungsrecht 32
2.4.9.2 Gläubigerkündigungsrecht 32
2.4.10 High Yield Bonds 32
2.4.10.1 High Yield Aktien Bonds 33
2.4.10.2 High Yield Währungs Bonds 33
Inhalt
3. Musterportefeuille 34
3.1 Produktzerlegung 34
3.2 Laufzeitbandmethode 38
3.3 Durationsmethode 40
Anhang 43
1. Die Duration 43
2. Übersicht über die Zerlegung von Zinsinstrumenten 45
3. Literaturverzeichnis 47
Inhalt
Einführung
Kreditinstitute werden durch die 2. große BWG-Novelle unter anderem dazu verpflichtet, ab 1. Jänner 1998 Eigenkapital für Handelspositionen in Zinstiteln, die dem allgemeinen Marktrisiko ausgesetzt sind, zu halten.
Unter dem allgemeinen Marktrisiko von Zinspositionen versteht man die potentiellen Kursveränderungen, die durch Änderungen des Marktzins- niveaus verursacht werden und daher nicht auf emittentenspezifische Merkmale (spezifisches Risiko) zurückzuführen sind.
§ 22 h BWG sieht für die Berechnung der erforderlichen Eigenmittel zur Abdeckung des allgemeinen Positionsrisikos in Zinstiteln zwei alter- native Standardverfahren vor: die Laufzeitbandmethode und die Durations- methode. Darüber hinaus sieht § 22 e Abs. 6 und 7 BWG einen Sensitivitäts- ansatz vor, der allerdings bewilligungspflichtig ist.
Die beiden Standardmethoden erfassen grundsätzlich drei Risiko- komponenten: Veränderung des Zinsniveaus (paralleler Shift der Zins- kurve), Drehung der Zinskurve und das Basisrisiko. Unter Basisrisiko ist die Tatsache zu verstehen, daß Zinsinstrumente gleicher Fristigkeiten unter- schiedliche Wertentwicklungen aufweisen können. Stehen sich Long- und Shortpositionen in nicht identen Instrumenten gegenüber, die annähernd gleiche Restlaufzeiten aufweisen, so können durchaus Verluste aus diesem Risiko entstehen. Auch können Verluste dadurch eintreten, da die aktiv- und passivseitigen Laufzeiten innerhalb der Laufzeitbänder nicht völlig gleich sein müssen. Da diese Risiken erfahrungsgemäß im Verhältnis zu den ande- ren Risikofaktoren eher klein sind, sind sie nur mit einem geringen Satz (10%) mit Eigenmitteln zu unterlegen.
Der wesentliche Unterschied zwischen der Laufzeitband- und der Durationsmethode besteht im Grad der Genauigkeit: Während bei der Durationsmethode jede Einzelposition mit ihrer exakten modifizierten Duration in die Berechnung eingeht, berücksichtigen die Gewichtungs- faktoren der Laufzeitbandmethode lediglich die mittlere Duration pro Laufzeitband. Die höhere Rechengenauigkeit der Durationsmethode wird insoferne honoriert, als die Eigenmittelunterlegung beim Durations- verfahren in der Regel geringer ausfällt als beim Laufzeitbandverfahren.
1.1 Laufzeitbandmethode (§ 22 h Abs. 2 BWG)
Erfahrungsgemäß sind die Zinsvolatilitäten im kurzfristigen Bereich höher als auf dem langen Ende der Zinskurve. Aus diesem Grund nehmen die angenommenen Zinssatzänderungen von 100 Basispunkten im Geld- marktbereich bis auf 60 Basispunkte im langfristigen Bereich ab. Diesen Annahmen liegen (allerdings unveröffentlichte) statistische Untersuchungen des Baseler Ausschusses für Bankenaufsicht zugrunde.
Die Gewichte in Spalte (4) ergeben sich aus dem Produkt der ange- nommenen Zinsänderungen mit den modifizierten Durationen, welche wie folgt festgelegt wurden: Es wurde pro Laufzeitband die modifizierte Duration eines fiktiven Wertpapiers berechnet, das einen Kupon von 8%
trägt, eine Rendite von 8% aufweist und eine Restlaufzeit hat, die in der Mitte des Laufzeitbandes liegt.
1
Da die Zinssensitivität von Anleihen mit kleineren Kupons größer ist als von Wertpapieren mit höheren Kupons, wurde darüber hinaus bei der Kuponhöhe von 3% eine Unterscheidungsgrenze eingezogen.
Für die Eigenmittelberechnung sind die jeweiligen Nettopositionen der betreffenden Währung zum Zeitpunkt ihrer Zinsfälligkeit in das entspre- chende Laufzeitband einzuordnen – also zum Zeitpunkt der Rückzahlung oder zum nächsten Zinsfestsetzungstermin – und mit dem dafür vorgesehe- nen Gewicht aus Spalte (4) zu multiplizieren. Grundsätzlich sind alle Basisinstrumente zum Barwert einzustellen. Bei Anleihen entspricht dies dem Marktwert. Der Marktwert ist das Produkt aus Nominale und Marktpreis inklusive Stückzinsen („dirty price“). Die Restlaufzeit ist in Übereinstimmung mit den jeweiligen Kapitalmarktusancen zu ermitteln (z. B. 30/360, aktuell/aktuell etc.).
Beispiel:
Daran anschließend müssen die Nettopositionen in Long- und Shortpositionen unterschieden und getrennt aufsummiert werden. Beim sogenannten vertikalen und horizontalen Hedging werden die offenen Positionen innerhalb der Laufzeitbänder und zwischen den Laufzeitzonen gegeneinander aufgerechnet.
Vertikales Hedging
Unter dem vertikalen Hedging versteht man die Aufrechnung der Teilsummen der jeweiligen Long- und Shortpositionen im entsprechenden
1
Laufzeitbandmethode
Zonen Laufzeitbänder
Nominalzinssatz von 3% oder mehr
Nominalzinssatz geringer als 3%
Gewicht
in%
Angenommene Zinssatz- änderung in %
Spalte 1 Spalte 2 Spalte 3 Spalte 4 Spalte 5
Zone (1) bis 1 Monat bis 1 Monat 0'00 –
über 1 bis 3 Monate über 1 bis 3 Monate 0'20 1'00 über 3 bis 6 Monate über 3 bis 6 Monate 0'40 1'00 über 6 bis 12 Monate über 6 bis 12 Monate 0'70 1'00
Zone (2) über 1 bis 2 Jahre über 1 bis 1'9 Jahre 1'25 0'90
über 2 bis 3 Jahre über 1'9 bis 2'8 Jahre 1'75 0'80 über 3 bis 4 Jahre über 2'8 bis 3'6 Jahre 2'25 0'75
Zone (3) über 4 bis 5 Jahre über 3'6 bis 4'3 Jahre 2'75 0'75
über 5 bis 7 Jahre über 4'3 bis 5'7 Jahre 3'25 0'70 über 7 bis 10 Jahre über 5'7 bis 7'3 Jahre 3'75 0'65 über 10 bis 15 Jahre über 7'3 bis 9'3 Jahre 4'50 0'60 über 15 bis 20 Jahre über 9'3 bis 10'6 Jahre 5'25 0'60 über 20 Jahre über 10'6 bis 12'0 Jahre 6'00 0'60 über 12'0 bis 20'0 Jahre 8'00 0'60 über 20'0 Jahre 12'50 0'60 Laufzeitbandmethode
Nominale 10,000.000 Stückzinsen 1'06076
Marktpreis 99'50 dirty price 100'56
Geschäftstag 20. 9. 1997 Marktwert 10,056.076'39
Fälligkeit 15. 7. 2002 Restlaufzeit 4'82 Jahre
Kupon 5'875 mod. Duration 4'05
Frequency 1
1 Die Reihenfolge bei der Gegenrechnung zwischen benachbarten Zonen kann alternativ, also zuerst Zone 1 mit 2 und dann Zone 2 mit 3 oder zuerst Zone 2 mit 3 und dann Zone 1 mit 2 durchge- führt werden.
Laufzeitband. Das verbleibende Basisrisiko wird in den einzelnen Laufzeit- bändern mit 10% der geschlossenen gewichteten Position berücksichtigt.
Horizontales Hedging
Beim horizontalen Hedging werden die verbleibenden offenen gewichteten Positionen der Laufzeitbänder für jede Laufzeitzone wieder nach Long- und Shortpositionen summiert und einander gegenübergestellt. Um nicht- parallele Veränderungen der Zinsstrukturkurve zu berücksichtigen, werden die ausgeglichenen Positionen der Zonen 2 und 3 mit 30% und die aus- geglichene Position der Zone 1 mit 40 Prozent Eigenmitteln unterlegt.
In einem weiteren Schritt sind die nicht ausgeglichenen Positionen zwischen benachbarten Zonen gegeneinander aufzurechnen.1) Der Eigen- mittelbedarf für die ausgeglichenen Positionen zwischen benachbarten Laufzeitzonen beträgt 40% der ausgeglichenen Position. Nach Ermittlung der ausgeglichenen Position von Zone 1 mit Zone 3 ist diese mit 150%
Eigenmitteln abzudecken. Dieser hohe Satz trägt dem Umstand Rechnung, daß sich die Risiken aus entgegengesetzten Positionen in sehr weit aus- einanderliegenden Laufzeitbereichen kumulieren können, wenn eine nicht parallele Verschiebung der Zinskurve auftritt.
Nach dieser letzten Aufrechnung sind die verbleibenden offenen gewich- teten Positionen in ihrer vollen Höhe mit Eigenmitteln zu unterlegen.
Aus Gründen einer besseren Übersicht werden die für das vertikale und horizontale Hedging erforderlichen Kapitalunterlegungsfaktoren für aus- geglichene gewichtete Positionen in folgender Tabelle zusammengefaßt.
1.2 Durationsmethode (§ 22 h Abs. 3 BWG)
Alternativ zur skizzierten Laufzeitbandmethode kann die auf der finanz- mathematischen Kennzahl Duration basierende Durationsmethode zur Eigenmittelberechnung herangezogen werden.
Bei der Durationsmethode sieht das BWG keine Laufzeitbänder, son- dern nur drei Durationszonen vor:
1
Ausgeglichene (geschlossene) gewichtete Positionen
Zonen Innerhalb eines Laufzeitbandes
Innerhalb einer Laufzeitzone
Zwischen benachbarten Laufzeitzonen
Zwischen nicht benachbarten Laufzeitzonen
1 10 Prozent 40 Prozent 40 Prozent
2 10 Prozent 30 Prozent 40 Prozent
3 10 Prozent 30 Prozent 40 Prozent 150 Prozent
(Zone 1 und 3) Ausgeglichene (geschlossene) gewichtete Positionen
Zonen Modifizierte Duration in %
Angenommene Zinssatzänderung in %
1 0 bis 1'0 1'00
2 über 1'0 bis 3'6 0'85
3 über 3'6 0'70
2 Genauer gesagt stellt die Laufzeitbandmethode eine Vereinfachung der Durationsmethode dar.
Zunächst ist von der jeweiligen Nettoposition die modifizierte Duration zu berechnen, um sie dann in die entsprechende Laufzeitzone einstellen zu können. Daran anschließend wird die ermittelte modifizierte Duration mit der angenommenen Zinsänderung multipliziert. Somit erhält man jene Kursveränderung der Nettoposition, die bei einer Zinsänderung im unter- stellten Ausmaß eintritt.
Die weitere Vorgangsweise für die Berechnung der Eigenmittel- unterlegung deckt sich mit jener der Laufzeitbandmethode, da die Durationsmethode konzeptionell auf der gleichen Vorgangsweise wie die Laufzeitbandmethode beruht.2) Unterschiede bestehen lediglich bei den Kapitalunterlegungsfaktoren im Rahmen des Hedgingverfahrens. Ausge- glichene Positionen müssen innerhalb derselben Laufzeitzone nur mit 2%
unterlegt werden, was dazu führt, daß gegenläufige Positionen fast voll- ständig miteinander aufgerechnet werden können.
Die Verwendung der modifizierten Duration erlaubt allerdings eine genauere Abbildung des dem Portefeuille inhärenten Zinsänderungsrisikos, weil in die Berechnung der modifizierten Duration der gesamte Zahlungsstrom der betreffenden Wertpapiere eingeht.
Der konzeptionelle Hauptmangel liegt allerdings darin, daß jeder Cash Flow mit dem gleichen Zinssatz abgezinst wird und somit eine flache Zinsstrukturkurve unterstellt wird.
1.3 Der Sensitivitätsansatz (§ 22 e Abs. 6 und 7 BWG)
Die genaueste Methode ist zweifellos die Zerlegung von Straight Bonds in synthetische Nullkuponanleihen (sogenanntes pre-processing) und die Messung der Portefeuillesensitivität (Änderung des Portefeuillebarwertes bei Änderung der Zinsen) anhand realistischer Zinsstrukturkurven. Da dieser Ansatz aber einen wesentlich höheren Komplexitätsgrad aufweist und in der Praxis auch schwieriger zu implementieren sein dürfte, ist er durch die OeNB zu begutachten und vom Bundesminister für Finanzen zu bewilligen.
Nicht zulässig ist hingegen das Strippen der Anleihen in synthetische Nullkuponanleihen und das anschließende Weiterverarbeiten dieser Zeros im Rahmen des Standardverfahrens. Es wird erwartet, daß Banken, die tech- nisch in der Lage sind, ein derartiges pre-processing durchzuführen, entwe- der einen Sensitivitätsansatz oder ein internes Modell zur Bewilligung ein- reichen.
1
Die Zerlegung von Zinsprodukten
2.1 Typologie der Zinsprodukte 2.1.1 Basisinstrumente
Wie im ersten Teil bereits ausgeführt, besteht für Zinsänderungsrisiken im Rahmen des Standardverfahrens eine detaillierte Regelung, die eine Zuord- nung der unterschiedlichen Positionen zu den diversen Laufzeitenbändern bzw. Durationszonen vorsieht. Eine besondere Problematik ergibt sich dabei für die Zuordnung derivativer Zinsprodukte. Grundsätzlich sollen Derivative in eine Kombination von Basisinstrumenten (das sind: Straight Bonds, Floating Rate Notes und Nullkuponanleihen)zerlegt werden, welche dann ohne weitere Schwierigkeiten in die entsprechenden Bänder eingestellt werden können. Straight Bonds haben einen über die gesamte Laufzeit konstanten Kupon. Die Rückzahlung des Kapitals erfolgt am Ende der Laufzeit.
Hingegen sind die Kuponzahlungen von Floating Rate Notesan einen varia- blen Referenzzinssatz gekoppelt. Nullkuponanleihen (Zero Coupon Bonds) weisen nur einen einzigen Cash Flow auf. Dieser besteht aus der Tilgung am Ende der Laufzeit. Reine Straight Bonds ohne spezifische Zusätze (wie zum Beispiel Kündigungsrechte, Zinswahlrechte etc.) werden häufig auch als Plain Vanilla Bonds bezeichnet. Gemäß § 22 h Abs 2 BWG müssen Straight Bonds gemäß ihrer Restlaufzeit erfaßt werden. Floater hingegen werden nur bis zur nächsten Zinsanpassung in die entsprechenden Laufzeitenbänder ein- geordnet. Dahinter steht die Überlegung, daß das Zinsänderungsrisiko von Floating Rate Notes auf die Zeit bis zur nächsten Zinsanpassung beschränkt ist. Es kann leicht nachgewiesen werden, daß der Kurs einer Anleihe mit variablen Zinsen zu den Zinsfestsetzungsterminen 100 beträgt.
Betrachten wir eine dreijährige Floating Rate Note mit jährlichen Zins- anpassungen. Diese Anleihe hat ein Nominale von 1 und Kupons in Höhe der erwarteten Einjahreszinssätze E(ri,j). Die aktuelle Zinsstruktur ist durch r1, r2 und r3 gegeben. Somit ergibt sich der Preis der Anleihe durch die Summe der erwarteten, mit den fristenkonformen Zinssätzen abgezinsten Zahlungen:
Wird nun der erste Zinssatz festgesetzt ((E(r0, 1)=r1) und für die erwar- teten Einjahreszinssätze die entsprechenden Forward Rates (f1, 2und f2, 3) eingesetzt, dann ergibt sich:
Nach geeigneter Umformulierung erhält man:
weil (l+f2, 3)(l+f1, 2)(l+r1)=(l+r3)3
Das gleiche wiederholt sich nach Ablauf eines Jahres: Der dann nur noch zweijährige Floater würde abermals zu 100 bewertet werden.
2
E(r0, 1) E(r1, 2) E(r2, 3)+1
P= + + (1)
(l+r1) (l+r2)2 (l+r3)3
r1 f1, 2 f2, 3+1
P=(l+r1)+ (l+r2)2 + (l+r3)3 (2)
(l+f2, 3)(l+f1, 2))(l+r1)
P= (l+r3)3 =1 (3)
2.1.2 Zusammengesetzte Zinsprodukte
Sind Zinsinstrumente aus mehreren Elementen zusammengesetzt, dann müssen sie zunächst in ihre Plain-Vanilla-Elemente zerlegt werden, welche dann den entsprechenden Bändern zugeordnet werden können.
Grundsätzlich ist bei zusammengesetzten Zinsprodukten zu unter- scheiden:
Symmetrische Zinsderivate
• FRAs
• Futures – Zinsfutures – Bondfutures
• Termingeschäfte
• Swaps
– Plain Vanilla Swaps – Basisswaps
– Terminswaps
• Devisentermingeschäfte
Asymmetrische Zinsderivate (Zinsoptionen)
• Option auf einen Zinssatz (= Option auf ein FRA)
• Option auf einen Zinsfuture
• Option auf einen Bond
• Option auf einen Bond Future
• Caps
• Floors
• Devisenoptionen
Strukturierte Zinsprodukte
• Reverse Floater
• Leveraged Floater
• FRN mit Cap
• FRN mit Floor
• Collars
• Collarfloater
• Swaptions
• Anleihen mit Zinswahlrecht
• Anleihen mit (Gläubiger- bzw. Schuldner-)Kündigungsrecht
• High Yield Bonds
Symmetrische Produkte weisen ein gleichmäßiges Gewinn-/Verlust- profil auf. Der Käufer bzw. Verkäufer derartiger Produkte hat sowohl das Recht als auch die Pflicht, die dem Geschäft zugrundeliegende Zinsver- pflichtung einzugehen. Wenn sich der Wert des Basisinstruments (under- lying instrument), auf dem ein symmetrisches Zinsprodukt basiert, ändert, dann sind Verluste und Gewinne grundsätzlich unbegrenzt.
2
Demgegenüber hat der Käufer eines asymmetrischen Produkts lediglich das Recht, nicht aber die Pflicht, die zugrundeliegende Zinsverpflichtung einzugehen. Da dieses Recht nur im für den Käufer günstigen Fall bean- sprucht wird, resultiert daraus einerseits ein grundsätzlich unbegrenztes Gewinnpotential, andererseits aber ein begrenztes Verlustpotential, das sich auf den Verlust der Prämie beschränkt. Alle derartigen Geschäfte weisen einen versicherungsähnlichen Charakter auf, was auch in der Tatsache zum Ausdruck kommt, daß für asymmetrische Produkte eine Prämie entrichtet werden muß.
Bei strukturierten Produkten handelt es sich schließlich um Produkte, hinter denen sich eine Kombination von Einzelprodukten verbirgt. Das strukturierte Produkt kann als ein Portfeuille aufgefaßt werden, das aus einer Anzahl von Bausteinen besteht, wobei diese Bausteine sowohl Basisinstrumente (Straight Bond, FRN) als auch symmetrische (z. B. FRAs) und asymmetrische (Optionen) Produkte umfassen können. Die Aufgabe bei der Analyse strukturierter Produkte besteht daher darin, zu erkennen, aus welchen Elementen sich das Produkt zusammensetzt. Erst dann kann ein
2
Gewinn-/Verlustprofil symmetrischer Produkte
0
Underlying
Verlust/Gewinn
Gewinn-/Verlustprofil asymmetrischer Produkte
Verlust/Gewinn
0
Underlying
derartiges Produkt sowohl hinsichtlich seines korrekten und marktgerech- ten Preises als auch in Hinblick auf sein Risiko richtig beurteilt werden.
Im Anhang dieses Leitfadens befindet sich ein systematischer Überblick über die Zerlegung der wichtigsten Zinsprodukte.
2.2 Symmetrische Zinsderivate
2.2.1 Forward Rate Agreements (FRAs)
Forward Rate Agreements sind Geschäfte, bei welchen sich die Kontra- henten über einen Zinssatz für eine in der Zukunft liegende Zeitperiode einigen. Beispielsweise würde im Falle eines 6- gegen 9-Monate-FRAs ein Zinssatz fixiert, der in sechs Monaten für einen Zeitraum von drei Monaten gilt. Am Beginn der FRA-Periode wird das Settlement vorgenommen (im genannten Beispiel daher nach Ablauf von 6 Monaten), wobei lediglich die Differenzen zwischen den abgeschlossenen FRA-Sätzen und den aktu- ellen Marktzinssätzen ausgeglichen werden. Die Ausgleichszahlung wird auf den Gegenwartswert abgezinst. Es sind keine Kapitalbewegungen involviert.
Der Käufer eines Forward Rate Agreements sichert sich gegen steigende Zinsen ab. Im Falle steigender Zinssätze erhält er eine Ausgleichs- zahlung nach Maßgabe der Differenz zwischen dem vereinbarten FRA-Satz und dem dann geltenden Marktzinssatz. Das Umgekehrte gilt bei fallenden Zinssätzen: dann hat der Käufer die Ausgleichszahlung zu leisten. Daraus ergibt sich ein (theoretisch) unbegrenztes Gewinnpotential bei steigenden Zinsen bzw. ein (theoretisch) unbegrenztes Verlustpotential bei fallenden Zinsen. Prinzipiell entspricht der Kauf eines FRAs einer in der Zukunft liegenden Geldaufnahme, der Verkauf eines FRAs einer in der Zukunft liegenden Geldveranlagung.
Wie kann ein FRA in seine Plain-Vanilla-Elemente zerlegt werden? Das gekaufte FRA kann durch zwei fiktive Zero-Coupon-Positionen synthetisch abgebildet werden: eine Shortposition (Verbindlichkeit) bis zur Fälligkeit des zugrundeliegenden Kreditgeschäftes und eine Longposition (Forderung) bis zum Zeitpunkt des FRAs. Das BWG regelt diesen Sachverhalt in § 22 e Abs. 1 Z 2 unter der Rubrik „Zinstermingeschäfte“, wobei als Beispiel ein verkauftes FRA zerlegt wird. Das Prinzip der Zerlegung in zwei Kompo- nenten, nämlich Short- und Longpositionen in fiktiven Plain-Vanilla-Instru- menten (oft spricht man in diesem Zusammenhang auch vom Grundsatz der Zerlegung in zwei „Legs“ mit unterschiedlichem Vorzeichen), wird in der Folge bei praktisch allen Zinsderivaten zur Anwendung kommen.
Ein Beispielsoll der Verdeutlichung dienen:
Kauf eines 3- gegen 6-Monate-FRAs, Nominale 10 Mio, Zinssatz 5%
Diese Position wird in zwei gegenläufige Zero-Coupon-Bond-Positionen mit Laufzeiten von 3 (Long) und 6 Monaten (Short) zerlegt. Korrekterweise müssen diese Positionen zu ihren Barwerten in die Laufzeitbänder eingeordnet werden (d. h. die synthetischen Cash Flows müssen mit dem aktuellen 3- bzw. 6-Monats- Zinssatz abgezinst werden). Kreditinstitute, die bei der Umsetzung dieser Bestimmung Schwierigkeiten haben, können allerdings auch die Nominalwerte
2
1 Diese Besonderheit ergibt sich aus der Tatsache, daß die Preise der Geldmarktfutures gebildet werden, indem die FRA-Zinssätze von 100 abgezogen werden. Damit hat man erreicht, daß sowohl Geldmarkt- als auch Bondfutures auf Änderung der Zinsen in gleicher Weise reagieren.
(d. h. 10 Mio) in die Spalte (3) der Tabelle aus § 22h Abs. 3 Z 4 BWG eintragen, da der daraus resultierende Fehler infolge der in der Regel eher kurzen Laufzeiten im FRA-Bereich vernachlässigbar klein ist. Generell könnte im unterjährigen Bereich von der Abzinsung Abstand genommen werden, während bei Fälligkeiten ab einem Jahr das Barwertprinzip durchgängig beachtet werden soll. Da es sich um synthetische Nullkuponanleihen handelt, kann unter „Nominalzins geringer als 3%“ eingestellt werden, und zwar unabhängig von der Höhe des tatsächlich vereinbarten FRA-Zinssatzes. Letztlich hat diese Unterscheidung bei Laufzeiten unter einem Jahr ohnehin keine praktische Auswirkung.
2.2.2 Futures
Bei Futures ist grundsätzlich zwischen kurzlaufenden Zinsfutures (z. B.
Future auf den LIBOR) und Futures auf Anleihen (z. B. Future auf den AGB) zu unterscheiden.
2.2.2.1 Zinsfutures
Der kurzlaufende Zinsfuture weist die gleichen Charakteristika wie ein FRA-Geschäft auf (tatsächlich werden die Preise dieser Instrumente auch nach den gleichen Grundsätzen ermittelt). Der Unterschied besteht ledig- lich darin, daß es sich bei Zinsfutures um standardisierte Börsenkontrakte handelt. Es ist allerdings zu beachten, daß die Vorzeichen bei der Synthetisierung eines Zinsfutures durch fiktive Basisgeschäfte genau umge- kehrt wie bei FRAs sind.1) Der Käufer eines Zinsfutures sichert sich gegen fallende Zinsen ab. Dementsprechend muß dieses Geschäft durch eine Longposition des zugrundeliegenden Kreditgeschäftes und eine Short- position bis zum Futures-Termin abgebildet werden. Die gesetzliche Regelung für die Zerlegung von Geldmarktfutures befindet sich in § 22 e Abs. 1 Z 1 BWG („Zinsterminkontrakte“).
2
Kauf eines 3- gegen 6-Monats-FRAs
3 10
5 0 –15 –10 –15
6
1 2 4 5
Beispiel:
Ein im Jänner gekaufter und im März fällig werdender Future auf den 3-Monats-LIBOR in Höhe von 50 Mio wird in eine 5-Monate-Longposition (= Laufzeitband 3 bis 6 Monate) und eine 2-Monate-Shortposition (= Laufzeitband 1 bis 3 Monate) zerlegt. Im übrigen gelten die gleichen Grundsätze wie bei FRAs (Einstellung der Barwerte, oder – wenn dies dem Kreditinstitut nicht möglich ist – der Nominalwerte in die Spalte „Nominal- zinssatz geringer als 3%“).
2.2.2.2 Bondfutures
Im Falle von Bond Futures bestehen die beiden Legs aus Positionen in einem langlaufenden Straight Bond und einem kurzlaufenden Zero Kupon Bond (bis zum Erfüllungstag) mit umgekehrtem Vorzeichen (siehe § 22 e Abs. 1 Z 3 BWG). Sinnvollerweise sollte für die zehnjährige Position die CTD- Anleihe („Cheapest to Delivery“) herangezogen werden, da diese die rea- listischen Zahlungsströme widerspiegelt. Die anderen lieferbaren Anleihen oder die dem Futureskontrakt zugrundeliegende synthetische Basisanleihe sollten für diesen Zweck nicht in Betracht gezogen werden.
2
Kauf eines 3-Monate-LIBOR-Futures
3 40
20 0 –20 –40 –60
1 2 4 5
(Kauf im Jänner, Erfüllung im März)
Beispiel:
Ein im Dezember gekaufter und im Juni fällig werdender Future auf den AGB (Nominale 10 Mio) besteht aus einer Longposition in der zehnjährigen CTD-Anleihe und einer Shortposition in einer 6-Monate-Nullkuponanleihe.
Sollte die Anleihe eine Kuponzahlung im Februar aufweisen, dann müßte außer- dem eine zusätzliche Shortposition in einer 2-Monate-Nullkuponanleihe in Höhe dieses Kupons eingestellt werden. Die Longposition ist zum Barwert (dirty price) einzustellen. Die Höhe der 6-Monate-Nullkuponanleihe ist wie folgt zu berechnen: vereinbartes Nominale mal Futurespreis mal Konversionsfaktor plus Stückzinsen am Liefertag. Dieser Betrag wird anhand der aktuellen Zinsstruktur- kurve auf den Barwert abgezinst.
2.2.3 Termingeschäfte
Selbstverständlich werden auch Termingeschäfte auf Anleihen, also nicht- standardisierte Vereinbarungen (Over the Counter-Geschäfte) über Kauf oder Verkauf einer Anleihe auf Termin nach der gleichen Methode wie die Bondfutures in ihre Bestandteile zerlegt.
2.2.4 Swapgeschäfte
2.2.4.1 Plain Vanilla Swaps (Kuponswap/Generic Swap)
Bei dieser Variante werden feste gegen variable Zinsen getauscht. Der Käufer eines Swaps bezahlt feste Zinsen und erhält dafür im Austausch variable Zinsen (Payer Swap). Das Umgekehrte gilt für den Verkäufer eines Swaps (Receiver Swap). Kuponswaps lassen sich als eine Kombination eines Geldmarkt- und eines Kapitalmarktpapiers darstellen. Der Käufer des Swaps kann diese Position als Shortposition in einem Straight Bond und einer Longposition in einer Floating Rate Note duplizieren. Es ist daher eine Shortposition in jenem Laufzeitband einzustellen, welches der Laufzeit des Swaps entspricht, und eine Longposition bis zum nächsten Zinsanpassungs- termin einzutragen (§ 22 e Abs. 4 BWG).
2
Kauf eines 10-y-Bundfutures
4 10
5 0 –15 –10 –15
0'5 2 6 8
(kein Kupon bis Erfüllungstag)
10
2.2.4.2 Basisswaps
Bei Basisswaps werden variable gegen variable Zinsen ausgetauscht (z. B.
3-Monats-LIBOR gegen 6-Monats-LIBOR). Es werden daher Long- und Shortpositionen entsprechend den nächsten Zinsanpassungsterminen in die Bänder eingestellt.
2.2.4.3 Terminswaps (Forward Swaps)
Zinsswaps, deren Konditionen heute festgelegt werden, deren Laufzeit aber erst in der Zukunft beginnt, werden als Forward Swaps bezeichnet.
Terminswaps wurden im BWG nicht explizit geregelt. Sinngemäß kann aber eine analoge Produktzerlegung vorgenommen werden: ein Leg bis zur Endfälligkeit des Straight Bonds und ein Leg mit umgekehrtem Vorzeichen bis zur ersten Zinsfestsetzung.
Beispiel:
Der Kauf eines fünfjährigen Kuponswaps (Payer Swap),der in zwei Jahren beginnt und einen Zinssatz von 6% hat, kann in eine siebenjährige Shortposition in einem 6%igen Straight Bond und in eine zweijährige Longposition in einem 6%igen Straight Bond aufgeteilt werden. Die Barwerte dieser synthetischen Anleihen sind anhand einer aktuellen Zinsstrukturkurve zu ermitteln.
Die folgenden Grafiken sollen die Zerlegung von Terminswaps in zwei synthetische Straight Bonds veranschaulichen:
2
4 90
40 –110 –160 –110
1 2 6 7
Grafik 2
3 5
4 90
40 –110 –160 –110
1 2 6 7
Grafik 1
3 5
4 90
40 –110 –160 –110
1 2 6 7
Grafik 3
3 5
variabel fix
4 90
40 –110 –160 –110
1 2 6 7
Grafik 4
3 5
Die erste Grafik zeigt den tatsächlichen Cash Flow des Terminswaps. Im zweiten Bild wird aktiv- und passivseitig das hypothetische Kapital dazu- geschlagen. Die Floating-Seite kann aus den bereits dargestellten Über- legungen (siehe Seite 11) mit dem Wert 100 zum ersten Zinsfest- setzungstermin angesetzt werden (Grafik 3). Um eine Shortposition im siebenjährigen Straight Bond einstellen zu können, müssen noch zwei Kupons in den ersten beiden Jahren angesetzt werden, welche durch ent- gegengesetzte Longpositionen ausgeglichen werden müssen. Das Ergebnis ist eine Longposition in einem zweijährigen Straight Bond.
2.2.5 Devisentermingeschäfte
Bei einem Devisentermingeschäft handelt es sich um einen Währungstausch, der zu einem zukünftigen Zeitpunkt stattfindet, dessen Wechselkurs aber bereits zum Zeitpunkt des Geschäftsabschlusses fixiert wird. Das Haupt- risiko, das aus solchen Geschäften entsteht, ist naturgemäß das Wechsel- kursrisiko.Allerdings sind darüber hinaus auch Zinsrisiken involviert, die im Rahmen des Standardverfahrens berücksichtigt werden müssen. Dabei ist das Termingeschäft aufzuspalten in ein Kassageschäft, ein Geldaufnahme- und ein Geldveranlagungsgeschäft.
Beispiel:
Ein Kauf von 5 Mio EUR gegen USD mit Fälligkeit in 6 Monaten zu einem Terminkurs von 1.05 ist im Rahmen des allgemeinen Zinsrisikos wie folgt zu behandeln:
Einstellung einer EUR-Longposition in das Laufzeitband 3 bis 6 Monate (5 Mio EUR, abgezinst mit dem aktuellen 6-Monate-EUR-Zinssatz) und einer USD-Shortposition in das gleiche Laufzeitband (5.25 Mio USD, abgezinst mit dem aktuellen 6-Monate-USD-Zinssatz).
2.3 Asymmetrische Zinsderivate
Asymmetrische Zinsderivate sind Instrumente mit optionalem Charakter.
Ebenso wie die symmetrischen Geschäfte werden diese Positionen in zwei Legs, das heißt in eine Long- und eine Shortposition aufgeteilt2). Dabei ist eine Position bis zum Laufzeitende des Underlyings und die andere Position bis zum Ausübungstag einzustellen.
Darüber hinaus ist bei Optionen zu berücksichtigen, daß die Kurs- veränderungen des Underlying-Instruments nur einen mittelbaren Einfluß auf die Optionsprämien haben. Aus diesem Grund sind die Positionen mit dem jeweiligen Deltafaktor zu gewichten. Der Deltafaktor gibt an, um wieviel sich der Optionswert ändert, wenn sich der Wert des Underlying- Instruments um eine Einheit ändert. Das BWG (§ 22 e Abs. 2) sieht in diesem Zusammenhang vor, daß im Falle börsengehandelter Optionen der von den Börsen publizierte Deltafaktor herangezogen werden kann. Bei Over the Counter-Optionen muß das Kreditinstitut die Deltafaktoren über ein geeignetes Optionspreismodell selbst berechnen.
Bei der Einstellung der deltagewichteten Positionen ist das Vorzeichen des Delta (Short- oder Longpositionen) zu beachten:
2 Das BWG (§ 22 e Abs. 2) sieht diese Aufteilung in Short- und Longkomponente nicht ausdrücklich vor. Dennoch sollten Zinsoptionen auf diese Weise behandelt werden.
Gerade bei Optionen, deren Ausübungstag weit in der Zukunft liegt, würde eine Vernachlässigung des Legs bis zum Ausübungstag eine deut- liche Verzerrung der Risikoposition darstellen.
Dies ist etwa bei Anleihen mit Kündigungsrecht (callable Bonds), das sind Anleihen mit einer eingeschlossenen Option, der Fall.
2
3 Dies gilt vorbehaltlos für amerikanische Calls, aber nur eingeschränkt für amerikanische Puts.
4 Siehe Band 4 der Leitfadenreihe zum Marktrisiko (Gaal/Plank – Berücksichtigung von Optionsrisiken).
5 Siehe Hull, Seite 392 ff.
Es wird für die Zwecke der Eigenkapitalunterlegung kein Unterschied zwischen europäischen (Ausübung nur zu einem bestimmten Stichtag mög- lich) und amerikanischen (Ausübung während eines bestimmten Zeitraums möglich) Optionen gemacht. Es wird unterstellt, daß amerikanische Optionen nicht vorzeitig ausgeübt werden.3)
Weiters ist im Zusammenhang mit Optionen auch auf andere Risiken Bedacht zu nehmen. § 22 e Abs. 3 BWG weist ausdrücklich auf Gamma- und Vegarisiken hin. Eine detaillierte Regelung eines vereinfachenden Verfahrens zur Behandlung dieser Risiken wird in der Optionsrisikoverordnung vorge- nommen.4)
2.3.1 Option auf einen Zinssatz (Option auf ein FRA)
Kaufoptionen auf ein FRA werden als caplets, Verkaufsoptionen als floor- lets bezeichnet. Derartige Optionen werden genauso zerlegt, wie das der Option zugrundeliegende FRA selbst (siehe Punkt 2.2.1). Allerdings müs- sen die Positionen deltagewichtet in die jeweiligen Laufzeitbänder eingeordnet werden. Eine für die Berechnung der Prämien und Sensitivi- täten geeignete Methode stellt zum Beispiel das sogenannte Black- 76-Modell dar5):
L = Nominalbetrag F = Forward Zinssatz R = Strike
† = Laufzeit des Caplet/Floorlet
k = Perioden bis Laufzeitbeginn des Caplet/Floorlet e = Eulersche Zahl
2
Optionsposition Delta Underlying
gekaufter Call positiv Longposition
verkaufter Call negativ Shortposition
gekaufter Put negativ Shortposition
verkaufter Put positiv Longposition
Prämien: (4)
caplet=†Le–r(k+l)†[FN(d1)–RN(d2)]
floorlet=†Le–r(k+l)†[RN(–d2)–FN(–d1)]
wobei:
d1=ln(F/R)+‚2 k†/2
‚‹˘k†
d2=d1–‚‹˘k†
Sensitivitäten:
•(call)=†N(d1)e–r(k+l)†
•(put)=†(N(d1)–1)e–r(k+l)†
©= n(d1) †e–r(k+l)†
F‚‹˘k†
wobei:
N = Verteilungsfunktion n = Dichtefunktion
‚= Volatilität
r = risikoloser Zinssatz bis Laufzeitende des Caplet/Floorlet Beispiel:
Es soll eine verkaufte Calloption auf ein 1- gegen 2-Jahres-FRA zerlegt und in die Laufzeitbänder eingestellt werden.
Nominalbetrag: 20 Mio, Strike: 6%,
Forwardzinssatz 1 gegen 2 Jahre: 5.41%, Risikoloser Zinssatz: 5.21%,
Volatilität: 20%.
Aus diesen Angaben resultieren folgende Ergebnisse:
Prämie: 39.413.79 ATS, Delta: 0.305
Deltậquivalent: 6,093.541 ATS.
Wie hat die Produktzerlegung und Einstellung zu erfolgen?
Eine verkaufte Calloption stellt eine Shortposition im Underlying dar (siehe Punkt 2.2). Es ist daher das Deltậquivalent einer verkauften FRA-Position in die beiden Legs aufzuspalten und in die Laufzeitbandmethode einzustellen: Das heißt, daß der Betrag in Hưhe von 6,093.541 ATS sowohl als Longposition in das Laufzeitband 1 bis 2 Jahre als auch als Shortposition in das Laufzeitband 6 bis 12 Monate einzustellen ist. Das sich daraus ergebende Eigenmittel- erfordernis beträgt 50.570.– ATS.
2
Laufzeitbänder
Kupons >=3% Kupons <3%
Gewicht
%
Offene Positionen
long short
Gewichtete offene Positionen long short
Geschlos- sene Band- position
Verbleibende offene Bandposition long short
Geschlos sene Zonen- positionen
Offene Zonen- positionen long short
–1 –1 0% 0'00 0'00 0'00 0'00 0'00
>1–3 >1–3 0'20% 0'00 0'00 0'00 0'00 0'00
>3–6 >3–6 0'40% 0'00 0'00 0'00 0'00 0'00
>6–12 >6–12 0'70% 6.093 0'00 42'65 0'00 0'00 42'65
Zone 1 0'00 42'65 0'00 0'00 42'65
>1–2 >1–1'9 1'25% 6.093 76'16 0'00 0'00 76'16 0'00
>2–3 >1'9–2'8 1'75% 0'00 0'00 0'00 0'00 0'00
>3–4 >2'8–3'6 2'25% 0'00 0'00 0'00 0'00 0'00
Zone 2 76'16 0'00 0'00 76'16 0'00
>4–5 >3'6–4'3 2'75% 0'00 0'00 0'00 0'00 0'00
>5–7 >4'3–5'7 3'25% 0'00 0'00 0'00 0'00 0'00
>7–10 >5'7–7'3 3'75% 0'00 0'00 0'00 0'00 0'00
>10–15 >7'3–9'3 4'50% 0'00 0'00 0'00 0'00 0'00
>15–20 >9'3–10'6 5'25% 0'00 0'00 0'00 0'00 0'00
>20 >10'6–12 6'00% 0'00 0'00 0'00 0'00 0'00
>12–20 8'00% 0'00 0'00 0'00 0'00 0'00
>20 12'50% 0'00 0'00 0'00 0'00 0'00
Zone 3 0'00 0'00 0'00 0'00 0'00 0'00
6 Korrekterweise müssen diese beiden Positionen mit dem auf den Gegenwartswert abgezinsten Betrag angesetzt werden. Siehe dazu die Besprechung des Musterporteufeuilles in Abschnitt C.
2.3.2 Option auf einen Zinsfuture
Eine Option auf einen Zinsfuture stellt das Recht dar, während eines bestimmten Zeitraums oder zu einem bestimmten Zeitpunkt in einen Futureskontrakt zu einem vorher fixierten Strike einzutreten. Eine der- artige Option wird genauso zerlegt, wie der der Option zugrundeliegende Futureskontrakt selbst (siehe Punkt 2.2.2.1). Allerdings werden die beiden Legs mit ihrem Deltậquivalent eingestellt.
Beispiel:
Eine im Jänner gekaufte Calloption auf den im März fällig werdenden Future auf den 3-Monats-LIBOR wird in eine deltagewichtete 5-Monate-Longposition und eine deltagewichtete 2-Monate-Shortposition zerlegt.
2.3.3 Option auf eine Anleihe
Eine Option auf einen Straight Bond beinhaltet das Recht, eine Anleihe zu einem bestimmten zukünftigen Zeitpunkt zu einem festgelegten Kurs zu kaufen oder zu verkaufen. Nach dem „two legged approach“ ist eine derartige Position ebenfalls in eine Nullkuponanleihe-Position bis zum Ausübungstag und in eine entgegengesetzte Straight Bond-Position bis zur Endfälligkeit der Anleihe zu zerlegen, wobei – da es sich um eine Optionsposition handelt – beide Positionen mit ihrem Deltậquivalent anzusetzen sind.
Beispiel:
Es wird ein Put mit einem Ausübungstag in 3 Monaten auf eine Anleihe gekauft.
Der vereinbarte Strikepreis beträgt 99.– (wobei unterstellt wird, daß in diesem Preis bereits Stückzinsen enthalten sind). Bei der dem Put zugrundeliegenden Anleihe handelt es sich um eine 8%ige Bundesanleihe mit einer Restlaufzeit von 8.2 Jahren. Der aktuelle Marktpreis (inklusive Stückzinsen) beträgt 98.–. Das Nominale ist 10 Mio, das Preisdelta der Putoption beträgt –0.4.
Der erworbene Put wird deltagewichtet mit einer Shortposition im Laufzeitenband 7 bis 10 Jahre und mit einer Longposition im Laufzeitenband 1 bis 3 Monate eingestellt. Da diese Anleihe noch vor dem Ausübungstag eine Kuponzahlung auf- weist, sollte dieser Kupon mit einer weiteren Longposition im Laufzeitenband 1 bis 3 Monate neutralisiert werden.
Daher: Laufzeitband 1 bis 3 Monate 3,960.000.– Long 320.000.– Long6) Laufzeitband 7 bis 10 Jahre 3,920.000.– Short
2
Position EK-Satz
%
Eigenmittel- erfordernis
Geschlossene Positionen in Laufzeitbändern 0'00 10 0'00
Geschlossene Positionen in Zone 1 0'00 40 0'00
Geschlossene Positionen in Zone 2 0'00 30 0'00
Geschlossene Positionen in Zone 3 0'00 30 0'00
Geschlossene Position zw. Zone 1 und 2 42'65 40 17'06
Geschlossene Position zw. Zone 2 und 3 0'00 40 0'00
Geschlossene Position zw. Zone 1 und 3 0'00 150 0'00
übrige offene Positionen 33'51 100 33'51
50'57
2.3.4 Option auf einen Bondfuture
Eine Option auf einen Bondfuture beinhaltet das Recht, einen Futures- kontrakt auf eine Anleihe zu einem bestimmten zukünftigen Zeitpunkt (bzw.
während eines bestimmten Zeitraums, da die meisten börsegehandelten Optionen auf Bondfutures vom amerikanischen Typ sind) zu einem festgelegten Kurs zu kaufen oder zu verkaufen. Bei der Zerlegung sind abermals zwei Legs zu bilden. Ein gekaufter Call besteht aus einer Longposition in einem Straight Bond und einer Shortposition bis zum Ausübungstag der Option.
2.3.5 Caps
Caps sind Zinsbegrenzungsvereinbarungen. Der Käufer eines Caps schützt sich vor steigenden Zinsen. Sollte der variable Referenzzinssatz (z. B.
3-Monats-LIBOR) den vereinbarten Cap-Zinssatz übersteigen, erhält der Käufer die Differenz. Ein Cap kann als ein Portfolio von Optionen auf einen Zinssatz (Calloptionen auf FRAs) interpretiert werden, wobei diese Optionen den gleichen Strike, aber unterschiedliche Laufzeiten haben. Die einzelnen Optionselemente werden häufig auch als Caplets bezeichnet.
Diese Caplets sind „im Geld“, wenn der Referenzzinssatz über dem Capzinssatz liegt. Liegt er hingegen darunter, sind sie „aus dem Geld“. Für die Bewertung eines Caps ist es erforderlich, jedes einzelne Optionselement gesondert zu bewerten; der Preis des Caps ergibt sich aus der Summe der Preise der individuellen Optionen.
Da ein Cap lediglich aus einer Serie von Caplets besteht, ist er in die individuellen Caplets aufzuspalten und diese sind nach der unter Punkt 2.3.1 bereits beschriebenen Methode weiterzuverarbeiten. Jedes Caplet ist als deltagewichtetes FRA mit seinen beiden Legs in die entsprechenden Laufzeitbänder einzureihen. Bei einem gekauften Cap sind pro Caplet die Legs mit den längeren Laufzeiten als Shortpositionen, jene mit den kürzeren Laufzeiten als Longpositionen einzustellen.
2.3.6 Floors
Floors sind ebenso wie Caps Zinsbegrenzungsvereinbarungen. Der Käufer eines Floors schützt sich vor fallenden Zinsen. Fällt der Referenzzinsssatz unter den vereinbarten Floorzinssatz, dann erhält der Käufer des Floors die Differenz. Auch Floors können als Portfolio von Einzeloptionen interpre- tiert werden, wobei jedes einzelne Optionselement als Floorlet bezeichnet wird. Ein Floor stellt somit eine Serie von Putoptionen auf FRAs dar, welche unterschiedliche Laufzeiten, aber gleiche Strikes aufweisen.
Die Produktzerlegung ist daher im Falle von Floors spiegelbildlich zu Caps vorzunehmen. Jedes Floorlet ist als deltagewichtetes FRA mit seinen beiden Legs in die entsprechenden Laufzeitbänder einzureihen. Bei einem gekauften Floor sind pro Floorlet die Legs mit den längeren Laufzeiten als Longpositionen, jene mit den kürzeren Laufzeiten als Shortposition ein- zustellen.
2
2.3.7 Devisenoptionen
Devisenoptionen geben dem Optionskäufer das Recht, aber nicht die Pflicht, einen in der Zukunft liegenden Währungstausch zu einem bestimmten Wechselkurs (Strike) durchzuführen. Für die Zwecke der Kapitaladäquanz ist ein derartiges Geschäft als deltagewichtetes Devisen- termingeschäft zu behandeln, wobei dieses in der unter Punkt 2.2.5 beschriebenen Weise weiter zu zerlegen ist (synthetisches Kassageschäft und zwei gegenläufige Geldmarktgeschäfte). Ein für die Ermittlung des Deltas von europäischen Devisenoptionen geeignetes Modell ist das von Garman und Kohlhagen modifizierte Black-Scholes-Modell:
wobei:
S = aktueller Kurs des Underlying X = Strike
e = Eulersche Zahl N = Verteilungsfunktionen r = risikoloser Zinssatz
‚= Volatilität
rf = risikoloser Zinssatz der Fremdwährung T = Laufzeit der Option
Beispiel:
Ein Kauf eines Calls auf eine Devisenoption Pfund Sterling gegen US-Dollar in Höhe von 5 Mio GBP mit folgenden Geschäfts- und Marktdaten:
Underlying S 1.61
Strike X 1.60
Zinssatz STG rf 5.50%
Zinssatz USD r 5.80%
Zeit T 0.5
Volatilität ‚ 15.00%
Delta ∂ 0.535
wird im Rahmen des allgemeinen Zinsrisikos wie folgt zerlegt:
Einstellung einer deltagewichteten GBP-Longposition in das Laufzeitband 3 bis 6 Monate (5 Mio GBP mal dem Delta = GBP 2.67 Mio) und einer USD- Shortposition in das gleiche Laufzeitband (8 Mio USD mal dem Delta = 5 Mio mal 1.6 mal 0.535 = 4.28 Mio USD).
2.4 Strukturierte Zinsprodukte
Die bisher besprochenen Zinsinstrumente werden häufig miteinander kom- biniert und in einem sogenannten strukturierten Produkt „verpackt“. Auf
2
c=e–rfTSN (d1)–e–rTXN (d2) p=e–rTXN (–d2)–e–rfTSN (–d1) wobei:
d1=ln(S/X)+(r–rf+‚2/2)T
‚‹˘T d2=d1–‚‹˘T
7 Aus Gründen einer vereinfachten Darstellung wurde eine jährliche Zinsanpassungsperiode gewählt.
diese Weise lassen sich die unterschiedlichsten Zahlungsströme synthetisch generieren. Es gibt auf diesem Gebiet bereits eine ungeheure Produkt- vielfalt, wobei in der Folge lediglich jene Instrumente dargestellt sind, die in der Praxis am häufigsten angeboten werden.
2.4.1 Reverse Floater
Reverse Floater sind Anleihen mit variabler Verzinsung, wobei in regel- mäßigen Abständen ein variabler Referenzzinssatz von einem Fixzinssatz abgezogen wird (z. B. 12% minus 6-Monats-LIBOR). Der Käufer eines Reverse Floaters profitiert von fallenden Zinsen. Das Kursrisiko dieser Papiere ist im Gegensatz zu Plain Vanilla Floatern sehr groß.
Dies wird unmittelbar verständlich, wenn ein Reverse Floater in seine Basiselemente zerlegt wird: Eine Longposition in einem Reverse Floater besteht aus einer Longposition in zwei Straight Bonds, einer Shortposition in einem Plain Vanilla Floater und einer Longposition in einem Cap.
Um den Cash Flow zum Zeitpunkt der Tilgung korrekt abzubilden, muß die Anzahl der Straight Bonds immer um eins größer sein als die Anzahl der Floater. Die Notwendigkeit einen Cap einzustellen, ergibt sich aus der Tatsache, daß die Emissionsbedingungen von Reverse Floatern eine negative Verzinsung ausschließen.Würden Marktbedingungen eintreten, bei denen der variable Referenzzinssatz den Fixzinssatz übersteigt, müßte der Käufer des Papiers eine Zahlung an den Emittenten leisten. Um dies zu verhindern, wird eine Mindestverzinsung von 0% eingezogen.
Beispiel:
Kauf einer Reverse Floating Rate Note
Nominale 1 Mio,Verzinsung 12% minus 6-Monats-LIBOR, Laufzeit 10 Jahre, Mindestverzinsung 0%.
Dieses Papier besteht aus:
• Longposition in einem Straight Bond
Nominale 2 Mio,Verzinsung 6%, Laufzeit 10 Jahre
• Shortposition in einem Plain Vanilla Floater
Nominale 1 Mio,Verzinsung 6-Monats-LIBOR, Laufzeit 10 Jahre
• Longposition in einem Cap Basispreis 12%, Laufzeit 10 Jahre
Der Cap ist nach dem oben beschriebenen Verfahren in seine Basiselemente weiter zu zerlegen.
Fallweise treten auch Reverse-Floater-Konstruktionen wie zum Beispiel Fixzinssatz minus 2 mal variabler Referenzzinssatz (sogenannte „Turbo Reverse Floater“) auf. In diesem Fall steht einer Longposition in drei Straight Bonds eine Shortposition in zwei FRNs gegenüber.
Häufig werden Reverse Floater auch mit Perioden fixer Verzinsung verbunden.
Beispiel:
Longposition in einer Anleihe mit 8% fix bis zum 2. Jahr, danach 10% minus 12-Monats-LIBOR7), Gesamtlaufzeit 5 Jahre, Mindestverzinsung 0%.
2
8 Die Longposition in einem Leveraged Floater kann alternativ auch als eine Longposition in einem Plain Vanilla Floater und eine Position in einem Payer Swap interpretiert werden.
Diese Anleihe kann in eine Longposition in zwei fünfjährigen Straight Bonds zu 5%, eine Shortposition in einem fünfjährigen Floater, eine Position in einem zweijährigen Payer Swap mit 2% Fixzinssatz (damit werden die Cash Flows für die ersten beiden Jahre korrigiert) sowie in einen Cap long in Höhe von 10%
(forward starting 2 gegen 5 Jahre) zerlegt werden.
Um feststellen zu können, ob das Wertpapier korrekt repliziert wurde, empfiehlt es sich, den aus den fiktiven Basisinstrumenten resultierenden Zahlungsstrom abzubilden und mit jenem des zu zerlegenden Produkts zu vergleichen:
In der Spalte LIBOR wird eine fiktive LIBOR-Entwicklung ausge- wiesen. Auf Basis dieser Zinsannahme ergibt sich der Cash Flow des Reverse Floaters (Spalte 3). Die Summe der hypothetischen Basisinstrumente muß den gleichen Cash Flow ergeben.
2.4.2 Leveraged Floater
Leveraged Floater sind variabel verzinsliche Anleihen, deren laufende Verzinsung nach einem Prinzip konstruiert ist, welches das genaue Gegen- teil zu Reverse Floatern darstellt: von einem variablen Referenzzinssatz wird ein Fixzinssatz abgezogen (z. B. zweimal LIBOR minus 4%). Die Mindestverzinsung ist Null Prozent. Der Käufer eines Leveraged Floaters profitiert von steigenden Zinsen. Die Kursentwicklung eines derartigen Papiers hängt von den langfristigen Zinssätzen ab: Steigen die langfristigen Zinsen, dann steigt auch der Kurs des Leveraged Floaters.
Produktzerlegung:
Eine Longposition in einem Leveraged Floater setzt sich aus einer Longposition in zwei Floating Rate Notes und einer Shortposition in einem Straight Bond8) zusammen. Um eine negative Verzinsung auszuschließen, bestehen darüber hinaus zwei Longpositionen in einem Floor.
Beispiel:
Kauf eines Leveraged Floaters
Nominale 1 Mio, Verzinsung zweimal 6-Monats-LIBOR minus 4%, Laufzeit 5 Jahre, Mindestverzinsung 0%
Dieses Papier besteht aus:
• Longposition in einem Plain Vanilla Floater
Nominale 2 Mio, Verzinsung 6-Monats-LIBOR, Laufzeit 5 Jahre
• Shortposition in einem Straight Bond
Nominale 1 Mio, Verzinsung 4%, Laufzeit 5 Jahre
2
LIBOR Zeit Reverse
Floater
2 Straights (5%) long
1 FRN short
Payer Swap (2%)
1 Cap long (10%)
Summe
5 1'0 8'0 10'0 – 5'0 –2'0 5'0 8'0
7 2'0 8'0 10'0 – 7'0 –2'0 7'0 8'0
9 3'0 1'0 10'0 – 9'0 1'0
11 4'0 0'0 10'0 – 11'0 1'0 0'0
13 5'0 100'0 210'0 –113'0 3'0 100'0
9 Aus Gründen einer vereinfachten Darstellung wurde eine jährliche Zinsanpassungsperiode gewählt.
• Longpositionen in zwei Floors Basispreis 2%, Laufzeit 5 Jahre
Die Floors wären nach dem oben beschriebenen Verfahren in ihre Basiselemente weiter zu zerlegen.
2.4.3 Floating Rate Note mit Cap
Cap Floater sind variabel verzinste Anleihen, deren Zinssatz eine bestimmte Obergrenze nicht übersteigen kann. Da sich der Emittent dadurch vor steigenden Zinsen schützen will, erwirbt er einen Cap. Der Käufer des Floaters hingegen verkauft den Cap. Er erhält dafür einen höheren Aufschlag auf den Referenzzinssatz.
Beispiel:
Verkauf einer Cap Floating Rate Note
Verzinsung 12-Monats-LIBOR9) plus 0.375%, Laufzeit 5 Jahre, Höchstzinssatz 6.875%
Dieses Papier ist in eine Shortposition in einem Plain Vanilla Floater und eine Longposition in einem Cap mit dem Strike 6.5% zu zerlegen. Eine völlig exakte Replizierung des Cash Flows würde darüber hinaus auch erfordern, daß eine Shortposition in einem Straight Bond mit einem Zinssatz von 0.375% und eine Longposition in einer fünfjährigen Nullkuponanleihe eingestellt werden.
Die dargestellte Methode der Zerlegung des Aufschlags auf den variablen Referenzzinssatz in einen Straight Bond mit einem Kupon in Höhe des Aufschlags und eine gegenläufige Nullkuponanleihe-Position auf die Endfälligkeit sollte übrigens auch bei allen Plain Vanilla Floatern mit Aufschlag vorgenommen werden.
Im Rahmen eines Standardverfahrens kann allerdings von einer derarti- gen Vorgangsweise Abstand genommen werden. Die involvierten Cash Flows sind so geringfügig, daß eine Vernachlässigung dieses Zins- änderungsrisikos kaum ins Gewicht fällt und somit keine wesentliche Fehlerquelle darstellt.
2.4.4 Floating Rate Note mit Floor
Floor Floater sind variabel verzinste Anleihen, deren Zinssatz eine be- stimmte Untergrenze nicht unterschreiten kann. Floor Floater schützen den Anleger vor unter ein bestimmtes Niveau fallenden Zinsen. Dies geschieht mittels eines erworbenen Floors. Der Preis für den Floor wird in der Regel als Abschlag auf die variable Verzinsung dargestellt.
2
Jahre LIBOR Cap-FRN Short FRN Long Cap Short
Straight Bond
Long Zero Summe
1 4 – 4.375 – 4 – 0'375 – 4.375
2 5 – 5.375 – 5 – 0'375 – 5.375
3 6 – 6.375 – 6 – 0'375 – 6.375
4 7 – 6.875 – 7 0'5 – 0'375 – 6.875
5 8 –106.875 –108 1'5 –100'375 100 –106.875
Beispiel:
Kauf eines Floor Floaters
Verzinsung LIBOR minus 0.5%, Laufzeit 5 Jahre, Mindestzinssatz 3.5%
Dieses Papier wird in eine Longposition in einer Floating Rate Note und in eine Longposition in einem Floor mit dem Strike 4% zerlegt.Will man eine völlig exakte Abbildung des Cash Flows erzielen, dann ist darüber hinaus eine Short- position in einem Straight Bond mit einem Kupon von 0.5% und eine Long- position in einer fünfjährigen Nullkuponanleihe einzustellen. In Analogie zu den Ausführungen im Zusammenhang mit Cap Floatern kann aber aus Gründen der Praktikabilität von dieser Vorgangsweise im Rahmen des Standardverfahrens abgesehen werden.
2.4.5 Collars
Collars sind Kombinationen aus Caps und Floors. Der Kauf eines Collars stellt eine Absicherung gegen steigende Zinsen dar. Der Aufwand für den Cap wird durch den Erlös aus dem Verkauf des Floors reduziert. Häufig werden Collars so konstruiert, daß der Preis des Caps gleich jenem des Floors ist (= Zero Cost Collar).
Zerlegung: Ein gekaufter Collar (= Longposition) besteht aus einer Longposition in einem Cap und einer Shortposition in einem Floor. Ein verkaufter Collar (= Shortposition) besteht aus einer Longposition in einem Floor und einer Shortposition in einem Cap.
2.4.6 Collarfloater
Collarfloater sind Floating Rate Notes mit einem Höchst- und einem Mindestzinssatz. Der Anleger kann von steigenden Zinsen nur bis zur Obergrenze profitieren, erhält aber im Gegenzug eine Mindestverzinsung, auch wenn die Marktzinsen unter dieses Niveau fallen. Implizit hat der Käufer eines derartigen Papiers daher einen Cap verkauft und einen Floor gekauft.
Zerlegung: Eine Longposition in einem Collarfloater besteht aus einer Longposition in einem Plain Vanilla Floater und einer Shortposition in einem Collar (= Shortposition in einem Cap plus Longposition in einem Floor).
2.4.7 Swaptions
Eine Swaption ist eine Option, in einen zukünftigen Swapvertrag mit einem bereits heute vereinbarten Fixzinssatz eintreten zu können (Forward Swap).
Die international übliche Konvention lautet:
2
Kauf Verkauf
Payer Swaption Das Recht, fix zu zahlen und Die Verpflichtung, fix zu erhalten variabel zu erhalten. und variabel zu zahlen.
Receiver Swaption Das Recht, fix zu erhalten Die Verpflichtung, variabel und variabel zu zahlen. zu erhalten und fix zu zahlen.