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ii. rechtszugang, rechtsschutz, rechtliche

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Jahresbericht 2010/2011 und Forschungsplan 2012

© irks

Oktober 2011 www.irks.at

institut für R E C H T S – &KRIMINALsoziologie

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Jahresbericht 2010/2011 und Forschungsplan 2012

Jahresbericht 2010/2011 und Forschungsplan 2012

Abgeschlossene Projekte

Laufende Projekte

Projektvorhaben

I. Einleitung . . . .5 II. Rechtszugang, Rechtsschutz, Rechtliche Stellvertretung . . . . .15

Bericht zur „Rechtsfürsorge in Österreich“ – Baustein zu einer

umfassenden Justizberichterstattung . . . . . .17

Das vertretene Rechtssubjekt – Ein Mehrebenenvergleich

wohlfahrtsstaatlicher Kulturen der rechtlichen Stellvertretung . . . .20

Law, Age and Technology – Probleme unterstützender Technologien

in der Altenpflege . . . . .22

Evaluation der Testimplementation des Indikators

„Leistungskennzahlen für die Vereinssachwalterschaft“ . . . .24

Testlauf Leistungsindikator für die Vereinssachwalterschaft . . . . .26

Begleitende Evaluierung zu einem Modellversuch

Familiengerichtshilfe . . . . .27 III. Restorative Justice . . . .29

Victims and Restorative Justice: An empirical study of the needs,

experiences and position of victims within restorative justice practices . . . .31

Außergerichtliche Schlichtung als opferstützendes Instrument . . . . .33

ALTERNATIVE – Developing alternative understandings of security and justice through restorative justice approaches in intercultural

settings within democratic societies . . . . .35

COREPOL – Conflict resolution, mediation and restorative justice

and the policing of minorities in Germany, Austria and Hungary . . . . .37 IV. Datengrundlagen für die Kriminaljustiz, Evaluation

von Strafgesetzen . . . . .39

Studie zur praktischen Anwendung und Wirksamkeit

des VbVG (Verbandsverantwortlichkeitsgesetz) . . . .41

Dienstleistungen des IRKS für die AG „Verbesserte Datengrundlagen für die Kriminaljustiz“ – Phase III . . . . . .44

Zur Verbreitung von Kindesmisshandlung und Kindesmissbrauch und die Inanspruchnahme der Justiz – eine Daten- und Literaturrecherche . . . . . .46

Polizei- und justizstatistische Information über die Migranten- und Ausländerpopulation in Wien und kritische Bewertung

der vorhandenen „Kriminalitätsdaten“ . . . . .49

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V. Vollziehung von Strafen und Maßnahmen und

ihre Wissensgrundlage . . . . . .51

Welcher organisatorischer Schritte bedarf es, um die Zahl der Einweisungen in den Maßnahmenvollzug zu verringern? . . . . .53

Evaluationsstudie zum Elektronisch überwachten Hausarrest (EÜH) . . .56

BIG JUDGES – The role of judges in the transition management from custody to community . . . . . .58

LICOS – Learning infrastructure for correctional services . . . . . .61

KEYS – Integration of learning and working in adult prisons . . . . . .63

Neurophysiologische Defizite als Risikofaktor: Kriminelle Karrieretäter des 21. Jahrhunderts . . . . .66

VI. Sicherheitskosten des Rechts und Rechtskosten der Sicherheit . . . .67

Sichere Gerichtsgebäude . . . . .69

IRISS – Increasing resilience in surveillance societies . . . .71

SURPRISE – Surveillance and privacy . . . .72

VII. Sonstige Projekte . . . . .73

Dokumentation und Kommentierung polizeirelevanter Forschung in Österreich 2008–2010 . . . . .75

POLPEDIA . . . . .78

PARSIFAL – Partizipative Sicherheitsforschung in Ausbildung und Lehre in Österreich . . . .79

Rechtsextreme Straftaten im Kontext . . . . .80

VIII. Tagungen, Vorträge, Ausbildungs- und redaktionelle Tätigkeiten . . . .85

1. Organisation und Durchführung von Veranstaltungen . . . .87

2. Teilnahme an und Vorträge bei Tagungen . . . . . .88

3. Mitwirkung an Komitees, Arbeitskreisen . . . . .91

4. Ausbildungstätigkeiten . . . . .92

5. Redaktionelle- und Herausgebertätigkeit . . . . .93

Liste der Veröffentlichungen . . . . .95

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i. einleitung

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I. Einleitung

Die öffentliche Aufmerksamkeit für Notlagen und ihre Bewältigung im Bereich von Wissenschaft und Forschung in Österreich wird fast zur Gänze von den Uni- versitäten okkupiert. Die außeruniversitäre Forschung hat keinen vergleichbaren organisatorischen Überbau, wie ihn Universitäten und Fachhochschulen aufwei- sen, auch wenn die Gründung der Österreichischen Wissenschaftskonferenz im Vorjahr hier Ausgleich zu schaffen bestrebt war. Das IRKS ist dieser Plattform der heterogenen außeruniversitären Forschungsszene beigetreten. Erfolge, die über die Artikulation von gemeinsamen Problemlagen hinausgehen, sind der Wissenschaftskonferenz bisher aber nicht beschieden.

Das IRKS ist von der Streichung von Fördermitteln des BMWF für die außer- universitäre Forschung in mehrfacher Hinsicht betroffen. Der Wegfall von Basis- subventionen kostet dem Institut voraussichtlich eine ausfinanzierte Stelle, die für Programmierung, Projektanbahnung, Vernetzung, Personalentwicklung und sonstige Leitungsfunktionen zur Verfügung stand. Die kontinuierliche Er- füllung dieser Aufgaben über eine am Forschungsmarkt finanzierte Stelle wird sich schwierig gestalten. Des weiteren erschwert das Aus für das Förderungspro- gramm „Anbahnungsfinanzierung Wissenschaft“, aus dem Kosten für die Pro- jektierung von EU-finanzierter Forschung gedeckt werden konnten, den unter- kapitalisierten außeruniversitären Einrichtungen die Teilnahme am Wettbewerb um europäische Forschungsgelder. Im Jahr 2010/11 hat das IRKS dreimal aus diesem Förderungstopf Mittel erhalten, was in zwei Fällen zum Erfolg führte.

Künftig muss internationale Projektanbahnung zur Gänze eigenfinanziert wer- den. (Ein Vorteil ist dagegen, dass die Beteiligung von Instituten wie dem IRKS auch an nicht vollfinanzierten EU-Projekten des 7. Rahmenprogramms künftig durch österreichische Finanzierungsbeteiligung – durch TOP EU des BMWF – ermöglicht wird.)

Die massive Kürzung von Subventionen für Tagungsveranstaltungen und Publi- kationen hätte, wäre sie schon 2010 wirksam geworden, dem IRKS die Organi- sation zweier mittelgroßer Kongresse in Wien – von Tagungen der Gesellschaft für Interdisziplinäre Wissenschaftliche Kriminologie und der Deutschsprachi- gen Rechtssoziologischen Vereinigungen – sowie die Herausgabe eines weiteren Bandes der Schriften zur Rechts- und Kriminalsoziologie deutlich erschwert bis verboten. Nicht betroffen von Einschränkungen war bisher glücklicherweise der Qualifizierungsverbund für SozialwissenschafterInnen, an dessen Lehrgängen MitarbeiterInnen des Instituts regelmäßig partizipieren konnten.

Diese Kürzungen mit dem Rasenmäher und ohne Evaluation der Forschungs- einrichtungen werden den Aufwand für den Betrieb von außeruniversitären Forschungseinrichtungen erhöhen und deren Abhängigkeit von Auftraggebern, politischen Körperschaften oder Unternehmen vergrößern. Ein Gegensteuern erfordert die intensivere Zusammenarbeit mit anderen nationalen und interna-

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tionalen wissenschaftlichen Instituten und Einrichtungen, mehr Gemeinschafts- produktion bei Projekten, eine deutlichere Schwerpunkt- und Profilbildung, um – wenn schon nicht durch materielle, so doch durch „intellektuelle Quer- subventionierung“ zwischen den Arbeitsfeldern – Vorteile zu erzielen.

Für ein kriminal- und rechtssoziologisches Institut unverzichtbare Kooperatio- nen mit rechtswissenschaftlichen Instituten wurden im abgelaufenen Jahr pro- jektbezogen mit den Instituten für Strafrecht der Universitäten Linz und Graz und mit dem Institut für Zivilrecht der Universität Innsbruck weitergeführt.

Bewährt bei der Bewerbung um internationale Projekte hat sich die intensivierte Zusammenarbeit des IRKS mit der Sicherheitsakademie des BMI und mit dem Institut für Technikfolgenabschätzung der Österreichischen Akademie der Wis- senschaften.

Auf internationaler Ebene dienten nicht nur die erwähnten Tagungen der Pflege von Beziehung, Austausch und Projektanbahnung. Der Europäisierung der Arbeit des Instituts kamen alte Verbindungen etwa zum European Forum for Restorative Justice (an der Universität Leuven, BE, angesiedelt) und Kontakte zu Netzwerken der Sicherheitsforschung zugute. Solche Kooperationen werden z. B. im Zuge des durch das IRKS zu koordinierenden Projekts IRISS (s. u.), das 16 Einrichtungen in 9 europäischen Staaten vereint, in den nächsten Jahren noch ausgebaut werden können.

Für viele der wissenschaftlichen Kooperationspartner des Instituts ist besonders dessen Tradition und Positionierung im Nahebereich der Justizverwaltung und Rechtspraxis attraktiv und von Interesse. Auch aus der Sicht der europäischen Forschungsförderungsgeber ist gerade eine Konstruktion zeitgemäß, wie sie das IRKS aufweist, das mit einem eigenständigen Trägerverein mit wissenschaftli- cher Zielsetzung, einer gesellschaftlichen Organisation einerseits, und dem BMJ, der politischen Verwaltung andererseits, zwei unterschiedliche Stakeholder hat.

Dahinter steht die Auffassung, selbst theoretische und Grundlagenforschung sollte auf Tuchfühlung mit der Praxis bleiben, vice versa.

Dem entsprechend hat das BMJ im abgelaufenen Jahr am IRKS wiederum nicht nur als Auftragnehmer für Expertisen zu legistischen und praktischen Projekten der Justizverwaltung Interesse gezeigt. Die materielle und personelle Basissub- vention des BMJ sichert insbesondere angesichts der geschilderten ungünstigen Entwicklungen bei der Forschungsförderung mehr denn je auch die Kapazität des Instituts, ein abgerundetes Forschungsprogramm zu verfolgen und für kri- minal- und rechtssoziologische Studien erfolgreich auch Drittmittel aus natio- nalen und internationalen Wissenschaftsfonds zu akquirieren. Der bewussten Vermittlung des Nutzens, den ein Mix von theoretischer und angewandter For- schung für die Justizverwaltung bietet, muss dabei von beiden Seiten Augenmerk geschenkt werden. Die Einrichtung des regelmäßigen „Jour fixe“ zwischen BMJ und IRKS bietet dafür die geeignete Plattform.

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I. Einleitung

Der diesjährige Forschungsbericht des IRKS weicht in seiner Struktur von frü- heren ab. Die Projekte werden primär nach Sachgebieten geordnet. Sie werden weder nach den Departments Rechtssoziologie und Kriminalsoziologie noch – wie bisher – nach dem Stand ihrer Bearbeitung (abgeschlossen, laufend, geplant) gesondert dargestellt. Auf diese Weise sollen Projektcluster und -ketten und soll die Schwerpunktbildung am Institut besser kenntlich gemacht werden. Mit dieser Veränderung trägt der Bericht auch dem Umstand Rechnung, dass die Departmentstruktur am Institut sistiert wurde. Ausschlaggebend dafür war eine vorübergehende personelle Schrumpfung des Instituts aus unterschied lichen Gründen, vor allem aber die Erfahrung der sachlichen und personellen Über- schneidungen zwischen den Projekten beider Departments sowie die bevorste- hende Rückkehr zu einer gemeinsamen wissenschaftlichen Leitung für alle For- schungsbereiche, unterstützt durch eine neue Position ForschungsmanagerIn.

Diese beiden Positionen am Institut werden im nächsten Forschungsjahr neu besetzt sein, nachdem Univ.-Doz. Dr. Arno Pilgram die Funktion des wissen- schaftlichen Leiters aus Pensionsaltersgründen zurücklegt. Im kommenden Jahr sieht auch Univ.-Doz. Dr. Wolfgang Stangl, ein weiterer Mitarbeiter seit Insti- tutsgründung, seiner Pensionierung entgegen.

Das deutlichste und ein schmerzhaftes Zeichen für den Generationenwechsel am Institut ist jedoch der Tod von Prof. Dr. Heinz Steinert, des Gründers und langjährigen Leiters des Instituts. Wie kein anderer hat er die Arbeit des Instituts geprägt. Er war überzeugter Anhänger einer im doppelten Sinne aufgeklärten Rechtspolitik. Es schwebte ihm zum einen eine aufgeklärte (Straf-)Rechts politik vor, die über Daten über sich und ihren gesellschaftlichen Effekt verfügt, die empirische Fakten rezipiert und sich nicht mit normativen Orientierungen be- gnügt. Zum anderen wollte er gesellschaftswissenschaftliche Aufklärung über den Charakter des Rechts: „Recht hat den Doppelcharakter, dass es regulierte Herrschaft und Infrastruktur ist. .... Man kann real vorfindliches und mögliches Recht darauf untersuchen, wie sehr und für wen es Ressource und Ermöglichung und für wen es Herrschaft und Behinderung ist. Man kann und muss vor allem untersuchen, wie es wofür als Ressource zu nutzen versucht wird und wie es welche Nutzungen verhindert. Dieser ‚informelle‘ Gebrauch des Rechts, zu dem auch die Umgehung gehört, hat uns immer schon interessiert …“. Dies schrieb Heinz Steinert in einem seiner letzten Aufsätze, in dem er auch die Geschichte des IRKS reflektierte.1

Seine Handschrift ist bis heute im Programm und in den Arbeitsschwerpunkten des Instituts erkennbar.

Die zahlreichen Projekte des abgelaufenen und kommenden Forschungsjahres lassen sich rund um folgende bereits traditionelle Kernthemen des IRKS grup- pieren.

1 Steinert Heinz: Gegen- Institutionen und Gegen- Wissen im Strafrecht: am Beispiel des Instituts für Rechts- und Kriminalsozio- logie. Juridikum, 1/2010, S. 44

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1/ Rechtszugang, Rechtsschutz, Rechtliche Stellvertretung:

Soziale Defizite kompensierende und sozial konstruktive Leistungen im Recht und durch die Justiz für Gruppen mit entsprechenden Bedürfnissen sind ein ers- ter Schwerpunkt der Arbeit. Einen Überblick über wohlfahrtsstaatliche Facetten der staatlichen Rechtspflege versucht das laufende Projekt „Pilotbericht Rechts- fürsorge“. Es will die Summe der Maßnahmen, allen gleichen Rechtszugang zu sichern und in kritischen und belasteten Situationen und Lebensphasen Rechts- schutz und Rechtsvertretung zu gewährleisten, systematisch zur Darstellung bringen. Justizleistungen als soziale Dienstleistungen stärker bewusst zu machen, als solche beobachten und bewerten zu lernen und so effizient wie möglich zu gestalten, ist das Curriculum dieses Projektes für das BMJ.

In zwei weiteren laufenden oder beantragten Projekten aus Mitteln österrei- chischer Wissenschaftsfonds („Das Vertretene Rechtssubjekt“, „Law, Age and Technology“) wird der Frage nachgegangen, welche wohlfahrtsstaatlichen, tech- nologischen oder Entwicklungen im Rechtssystem selbst hinter der wachsenden Nachfrage nach rechtlichen (Stell-)Vertretungslösungen stehen. Anders gefragt:

Durch welche Vorkehrungen, den Umbau des Sozialstaats, die Einführung von neuen (z. B.: ambient-assisted-living) Technologien und die Rechtsgestaltung betreffend, wird möglichst weitgehende Selbstbestimmung auch noch bei Be- hinderung und Alter begünstigt. Um die knappen Ressourcen profes sioneller rechtlicher Stellvertretung durch Vereinssachwalter am besten bedarfsge- recht einzusetzen, wurde vom IRKS ferner für das BMJ ein System von Leis- tungskennzahlen entwickelt. Im Rahmen eines Folgeprojekts wird der „Testlauf für den Leistungsindikator Vereinssachwalterschaft“ derzeit vom IRKS be- gleitet.

Für Obsorge- und Besuchsrechtsverfahren an Familiengerichten projektiert die Justiz derzeit einen „Modellversuch Familiengerichtshilfe“ an einer Reihe von Gerichtsstandorten. Die Familiengerichtshilfe soll Verfahren beschleunigen, bes- sere Entscheidungsgrundlagen für möglichst nachhaltige Konfliktlösungen bie- ten, RichterInnen von Rollenkonflikten entlasten und Parteien eher zufrieden stellen. Mit dieser Einrichtung will man in der Justiz einmal mehr versuchen, sozialer Verantwortung – in diesem Fall für Scheidungskinder und Familien – gerecht zu werden. Über die begleitende Evaluierung durch das IRKS finden derzeit Gespräche statt.

2/ Restorative justice:

Herstellung von sozialem und Rechtsfrieden innerhalb verschiedener Kontexte ohne Rückgriff auf formales Recht und Justiz bzw. im „Schatten des Rechts“

ist ein weiterer Arbeitsschwerpunkt. Unterschiedlich justiznahen und in ihrer Opferorientierung unterschiedlich ausgeprägten Organisationsformen des Tat-

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I. Einleitung

ausgleichs widmen sich zwei von der Generaldirektion für Justiz, Freiheit und Sicherheit der EU-Kommission geförderte international vergleichende Studien („Victims and restorative justice“, „Außergerichtliche Schlichtung als opferstüt- zendes Instrument“). In beiden Fällen werden die Erfahrungen von Beteiligten mit Tatausgleichsverfahren erhoben. Unterschiede zwischen beiden Studien be- stehen hinsichtlich der beteiligten Länder und Rechtssysteme, hinsichtlich der einbezogenen Konflikt- bzw. Tatkonstellationen und der Methodik der Erhe- bungen (dem Stellenwert qualitativer vs. quantitativer Daten).

Über die Bearbeitung strafrechtlicher Konflikt- und Schadensfälle zwischen in- dividuellen Konfliktpartnern hinaus gehend, zielt „restorative justice“ in zwei weiteren Projekten dieses Schwerpunkts auf Methoden der Bewältigung von Konflikten zwischen ethnischen Gruppierungen und/oder Institutionen. Das Projekt ALTERNATIVE („Developing Alternative Understandings of Security and Justice in Intercultural Settings“) untersucht vorfindbare Formen der Be- teiligung von Kollektiven an der Lösung interkultureller Konflikte in drei euro- päischen Ländern. In Österreich steht die Bearbeitung von Konflikten von/mit/

durch Zuwanderer/n in Wiener Gemeindebauten im Zentrum der Studie. Das Projekt COREPOL („Mediation and Restorative Justice in the Policing of Mino- rities“) erkundet Möglichkeit und Ansätze, restorative-justice-Prinzipien für die Verbesserung der Beziehungen zwischen Polizei und ethnischen Minderheiten nutzbar zu machen. Diese beiden Projekte werden aus Mitteln des 7. EU-Rah- menprogramms für Forschung und Entwicklung finanziert.

3/ Datengrundlagen für die Kriminaljustiz, Evaluation von Strafgesetzen:

Die am intensivsten in Grundrechte eingreifenden repressiven und strafenden Interventionen des Staates werden von der Kriminaljustiz gesetzt. Mit diesen Interventionen sind hohe Kosten verbunden, sie sind selbst riskant und in ihrer Wirkung zum Teil kontraproduktiv. Aus diesen Gründen war die Strafjustiz schon immer prädestiniert, ein Forschungsschwerpunkt am IRKS zu sein.

Zur Evaluation von strafrechtlichen Innovationen wurde das IRKS vom BMJ in der Berichtsperiode mit einem Projektauftrag zu „Wirksamkeit, Praxis und Anwendungsproblemen des Verbandsverantwortlichkeitsgesetzes (VbVG)“ in Anspruch genommen. Dieses Gesetz differenziert das strafrechtliche Steuerungs- instrumentarium weiter aus für eine Anwendung auf „Verbände“ (juristische Personen, Wirtschaftskörper) und zu neuen Präventionszwecken. Im Projekt interessieren deshalb insbesondere auch die indirekten Gesetzeswirkungen auf Criminal Compliance im Wirtschaftsverkehr.

Um ein verbessertes Monitoring der Strafjustiz insgesamt durch entsprechende Datengrundlagen geht es im Projekt „Verbesserung der Datengrundlagen für die Kriminaljustiz (III)“. In diesem Projekt wird die Zusammenarbeit zwischen BMJ, Informationsdienstleistern (BRZ, Strafregisteramt, Statistik Austria) und

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IRKS fortgesetzt, um die Kriminaljustizberichterstattung neuen Erfordernissen anzupassen und schrittweise zu optimieren.

Um die Zusammenstellung und Nutzung verschiedener Datenquellen zu be- stimmten aktuell debattierten Phänomenen von Kriminalität und Strafverfol- gung geht es in zwei weiteren Projekten dieses Schwerpunkts. Zum einen wurde für das BMJ eine Literatur- und Datenrecherche zu „Kindesmisshandlung und Kindesmissbrauch“ in Österreich durchgeführt, zum anderen wird derzeit für die MA17 der Stadt Wien an einer Recherche über Strafanzeigen gegen und Strafrechtsanwendung bei MigrantInnen in Wien gearbeitet.

4/ Vollziehung von Strafen und Maßnahmen und ihre Wissensgrundlagen:

Der maßvolle Einsatz von Repression und Sanktion, deren Ausgestaltung in einer zurückhaltenden und risikomindernden Weise, deren Flankierung auch durch soziale Integrationsmaßnahmen ist von demokratie- wie sicherheitspoliti- scher Bedeutung und hat zudem fiskalpolitische Relevanz.

Möglichkeiten zu prüfen, Einweisungen in den Maßnahmenvollzug, dessen Belag überproportional wächst, zu minimieren, ist der Auftrag eines durch das BMJ finanzierten Projekts über den österreichischen Maßnahmenvollzug. Das Ziel einer weiteren Studie im Auftrag des BMJ ist es, die Belagsreduktion im Strafvollzug durch die Nutzung neuer Technologien und Betreuungsmodelle im Rahmen des „Elektronisch überwachten Hausarrests“ zu evaluieren. Und im Rahmen eines von der Generaldirektion Justiz, Freiheit und Sicherheit der EU geförderten Projekts „Big Judges“ wurde das Entlassungsmanagement aus dem Strafvollzug unter Beteiligung der Vollzugsgerichte international vergleichend untersucht.

Nicht um die Belagsreduktion, sondern um die berufliche Reintegrations siche- rung drehen sich zwei weitere von EU-Förderungsprogrammen profitierende Projekte. Sie haben zum einen E-Learning-Modelle im Strafvollzug (für Gefan- gene und Beamte) zum Gegenstand, wie das Projekt LICOS „Learning Infra- structure for Correctional Services“, zum anderen die Gefangenenarbeit als Chance zur beruflichen Qualifizierung, wie das Projekt KEYS „Integration of Learning and Working in Adult Prisons“.

Die historische und aktuelle Entwicklung der Wissensbasis für die Klassifikation von Straftätern nach „Risiko“, nach Schuldfähigkeit, Gefährlichkeit, Behand- lungsbedarf und -chance ist die Fragestellung einer aus dem Jubiläumsfonds der ÖNB geförderten Studie „Neurophysiologische Defizite als Risikofaktor: Krimi- nelle Karrieretäter des 21. Jahrhunderts“.

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I. Einleitung

5/ Sicherheitskosten des Rechts und Rechtskosten der Sicherheit:

Ein relativ neuer Forschungsbereich am IRKS betrifft das Verhältnis von verall- täglichten Präventions- und Sicherheitsmaßnahmen und der subjektiven Wahr- nehmung von Sicherheit, Freiheit und deren Einschränkung.

Für das BMJ werden derzeit Bedrohungserfahrungen von MitarbeiterInnen an Gerichten erhoben, ferner Auswirkungen auf den psychischen Haushalt der Be- schäftigten, die informelle Kommunikation über Bedrohungs- und Belastungs- situationen sowie Anpassungen im Verhalten. Die Einstellung von BürgerInnen im allgemeinen und von unterschiedlichen Bevölkerungsgruppen zu Sicherheits- und Überwachungsmaßnahmen, deren Einfluss auf die (mehr oder minder „be- lastbare“, veränderte oder unveränderte) Wahrnehmung von demokratischen Freiheits- und Beteiligungsrechten ist Untersuchungsgegenstand im Projekt IRISS „Increasing Resilience in Surveillance Societies“. Dieses Projekt wird aus dem 7. EU-Rahmenprogramm für Forschung und Entwicklung finanziert wer- den, ebenso wie das Projekt SURPRISE „Surveillance and Privacy“. Dieses hin- terfragt die konventionelle Vorstellung eines trade-off zwischen Sicherheit und Schutz der Privatsphäre.

6/ Sonstiges:

Eine Reihe sonstiger Projekte hat mit der Vermittlung von kriminal- und rechts- soziologischem Wissen in die Praxis, vornehmlich jene der Sicherheitsexekutive, zu tun.

Dazu gehören die Projekte „Dokumentation polizeirelevanter Forschung in Ös- terreich“ und POLPEDIA, beide im Auftrag der Sicherheitsakademie des BMI realisiert. Auch das Projekt PARSIFAL „Partizipative Sicherheitsforschung in Ausbildung und Lehre“ (aus KIRAS-Mitteln) gehört in diese Projektkategorie.

Das Projekt „Rechtsextreme Straftaten im Kontext“ wiederum erstellt eine Typo- logie rechtsextrem motivierter Straftaten. Es zeigt die eingeschränkten strafrecht- lichen Anknüpfungspunkte für die Arbeit des Bundesamts für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung und die strafjustiziellen Reaktionen auf diese Ar- beit im Zeitverlauf.

Weitere Hinweise auf die Distribution der Forschungsergebnisse des Instituts in Publikationen und in Aus- und Fortbildungsveranstaltungen finden sich im Abschnitt VIII dieses Berichts.

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ii. rechtszugang, rechtsschutz, rechtliche

stellvertretung

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II. Rechtszugang, Rechtsschutz, rechtliche Stellvertretung

bericht zur „rechtsfürsOrge in österreich“ – baustein zu einer umfassenden

justizberichterstattung

Projekt im Auftrag des Bundesministeriums für Justiz Projektleitung: Arno Pilgram

Mitarbeit: Walter Hammerschick, Alexander Neumann, Christa Pelikan Laufzeit: März 2010 bis Februar 2011, verlängert

Gegenstand und Zielsetzung des Projekts wurden im Jahresbericht 2010 dar- gestellt. Das Projekt ist in vier Module gegliedert, von denen zwei zur Gänze abgeschlossen sind und eines bearbeitet wird.

Überblick über Justizberichterstattung (insbesondere im Bereich der Zivilgerichtsbarkeit), staatliche Forschungsprogramme und Forschungsergebnisse in anderen Staaten (Modul 2)

Ergebnis dieses abgeschlossenen Moduls ist ein Bericht über die Praxis periodi- scher wie anlassbezogener staatlicher (Zivil-)Justizberichterstattung in anderen Ländern (Deutschland, Finnland, Niederlande, Großbritannien) und ein Ver- gleich von „good practice“ aus diesen Ländern mit der Situation in Österreich.

Dabei werden formale Aspekte der Berichterstattung berücksichtigt, wird aber vor allem analysiert, wer als „Subjekt“ der Berichterstattung auftritt, welche Rolle dabei verwaltungsnahe und universitäre wissenschaftliche Einrichtungen und Forschungsergebnisse spielen und wer die Adressaten der Berichterstattung sind.

Darüber hinaus wird über die Bestrebungen internationaler Organisationen zur Vereinheitlichung und Zusammenführung nationaler Berichterstattung und die Schwierigkeiten dabei berichtet.

Sachwalterschaft, Patientenanwaltschaft, Bewohnervertretung – Kommentierter statistischer Jahresbericht (Modul 1)

Dank der Vorarbeiten und Erfahrung im IRKS mit den Daten zu diesen recht- lichen Stellvertretungsleistungen konnte ein erster Jahresbericht 2009 über die- sen Bereich der „Rechtsfürsorge“ abgeschlossen werden. Er enthält eine Über- sicht über das vorhandene statistische Quellenmaterial, dessen übersichtliche Zusammenstellung und Kritik.

Die Bereiche Patientenanwaltschaft, Bewohnervertretung und Sachwalterschaft übergreifend, werden im Textteil des Jahresberichtes

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• die besonderen Risikosituationen für Eingriffe in persönliche Freiheiten und die Betroffenenpopulationen,

• die verschiedenen Interventionen der spezifisch für diese Risikosituationen geschaffenen Rechtsfürsorgeeinrichtungen sowie

• die Involvierung und jeweiligen Entscheidungen der Gerichtsbarkeit statistisch dargestellt.

Ferner wurde ein Gutachten zur periodischen Realisierbarkeit eines solchen Kommentierten Statistischen Jahresberichts, des erforderlichen Aufwands dafür und über Optimierungsmöglichkeiten erstellt.

Machbarkeitsstudie für eine umfassende (statistische) Darstellung von Rechtsfür sorge maßnahmen auf der Grundlage vorhandener Register, Berichte und Budgetdaten (Modul 3)

Über weite Teilbereiche der „Rechtsfürsorge“ jenseits von Sachwalterschaft, Patientenanwaltschaft und Bewohnervertretung (vgl. Modul 2) existieren ent- weder keine vergleichbar aufbereiteten oder keine veröffentlichten Daten oder lediglich rudimentäre Berichte. Die Qualität vorhandener Leistungs- und Bud- getvollzugsberichte von diversen Akteuren der Rechtsfürsorge in den Bereichen Beratung am Amtstag, Prozessbegleitung, Unterhaltsvorschussleistung und Kin- derbeistand und die Verwertbarkeit solcher Berichte für eine systematische Jus- tizberichterstattung wurden überprüft. Zu diesen Leistungsbereichen sowie zu denen von Patientenanwaltschaft, Bewohnervertretung und Sachwalterschaft wurden, je nach Datenlage unterschiedlich befriedigende Entwürfe für „Pilotka- pitel“ im Rahmen eines Rechtsfürsorgeberichts verfasst. In diesen Kapiteln wird der Stellenwert der jeweiligen Maßnahme im Komplex der Rechtsfürsorge und die gesetzliche Grundlage dargestellt, auf den historischen und internationalen Kontext sowie aktuelle Entwicklungen eingegangen, die praktische Organisation und Finanzierung geschildert und statistisches Datenmaterial geboten.

Die Tauglichkeit dieser Pilotkapitel für einen Rechtsfürsorgebericht wird inner- halb des Projektlenkungsausschusses zu diskutieren sein.

Für den Bereich der Verfahrenshilfe sollte die Machbarkeitsstudie in Gesprächen mit Experten in den Fachabteilungen der Justizverwaltung sowie des BRZ die bisher ungenutzten Möglichkeiten der statistischen Darstellung auf der Basis der VJ überprüfen. In mehreren Arbeitsgruppensitzungen wurde ein Tabellenpro- gramm für eine Verfahrenshilfestatistik auf VJ-Basis entworfen und dessen Reali- sierbarkeit (die Aufwändigkeit der Umsetzung) untersucht. Für eine probeweise statistische Auswertung der VJ wurde bisher kein Auftrag erteilt. Auf Basis der Daten der Österreichischen Rechtsanwaltskammer lassen sich Verfahrenshilfe- leistungen nur sehr ungenügend darstellen.

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II. Rechtszugang, Rechtsschutz, rechtliche Stellvertretung

Entwicklung eines mittelfristigen Forschungsprogramms zur Ergänzung periodischer Justizberichterstattung (Modul 4)

Aus den Befunden über internationale Forschungsansätze (Modul 1) sowie über national vorhandene und verwertbare sowie über fehlende oder mangelhafte Dokumentationen über die einzelnen Felder der Rechtsfürsorge wird abzuleiten sein, was sich einer periodischen Berichterstattung erschließt und welche Fakten erst über fallweise Studien ermittelt werden können, oder erst über solche in den richtigen Kontext gestellt werden müssen. Dieses Modul soll das Projekt abschließen und ist noch nicht bearbeitet.

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das vertretene rechtssubjekt –

ein mehrebenenvergleich wOhlfahrtsstaatlicher kulturen der rechtlichen stellvertretung

Eingereicht bei der Österreichischen Akademie der Wissenschaften im Rahmen des APART-Förderungsprogramms

Projektleitung: Walter Fuchs (Habilitationsprojekt) Laufzeit: Jänner 2012 bis Dezember 2014

Ziel des Projekts ist ein Vergleich von Kulturen der Stellvertretung erwachse- ner Menschen, denen ihre rechtliche Handlungsfähigkeit abgesprochen wird.

Seine zentralen Forschungsfragen lauten: Worauf lässt sich die gegenwärtig stark steigendende Bedeutung von Rechtsinstituten der rechtlichen Stellvertretung zurückführen? Was sind die wichtigsten Bedingungsfaktoren der im nationalen und regionalen Vergleich (konkret: zwischen Deutschland und Österreich und innerhalb Österreichs) dennoch sehr unterschiedlich ausfallenden Nachfrage nach formalrechtlicher Betreuung? Was hat es gesellschafts- und rechtstheore- tisch zu bedeuten, dass moderne Rechtssubjektivität sich zunehmend als unter- stützungsbedürftig erweist und rechtliche Handlungsfähigkeit kontrafaktisch konstruiert werden muss?

Die bisherige rechtssoziologische Forschung zu den Determinanten der Nach- frage nach dauerhafter rechtlicher Stellvertretung ging meist von der Annahme aus, der beobachtbare Boom der Vertretungsinstitute sei eine direkte Konse- quenz der Alterung der Gesellschaft (und der damit verbundenen Zunahme an Demenzerkrankungen). Dies ist aber – so eine grundlegende Hypothese des Pro- jekts – sowohl empirisch als auch theoretisch verfehlt. Demographische und epi- demiologische Pressionen werden von Rechtssystem und Rechtspraxis nicht ein- fach nur gespiegelt. In dem beabsichtigen Forschungsvorhaben wird die enorm gestiegene Bedeutung der Sachwalterschaft (Österreich) und der rechtlichen Be- treuung (Deutschland) indes vor allem als Folge einer spezifischen wohlfahrts- staatlichen Konstellation in den Blick genommen. Der Umbau des Sozialstaates

„konservativer“ Prägung führt in Verbindung mit zunehmend risikoorientierten Verrechtlichungstendenzen zu einem steigenden Bedarf an Unterstützung und Vertretung der rechtlichen Handlungsfähigkeit. Das vertretene Rechtssubjekt erscheint dergestalt als ein konstitutives Anderes des wirkmächtigen gesellschaft- lichen Leitbilds eines autonomen und „unternehmerischen Selbst“. Diese allge- meine Entwicklung wird jedoch in ihrer konkreten empirischen Erscheinung von spezifischen rechtskulturellen Faktoren überlagert, die sowohl im Vergleich zwischen Deutschland und Österreich (trotz sehr ähnlicher Rahmenbedingun-

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II. Rechtszugang, Rechtsschutz, rechtliche Stellvertretung

gen, was geschriebenes Recht und Wohlfahrtssystem anbelangt) als auch im re- gionalen Vergleich innerhalb Österreichs (bei identischem Recht, jedoch durch Bundesländerzuständigkeiten leicht unterschiedlichen sozialrechtlichen Bedin- gungen) sehr verschieden ausfallen. In einem Rechtskulturenvergleich werden historische, empirische und rechtsvergleichende Erkenntnisse systematisch und rechtssoziologisch-theoretisch informiert aufeinander bezogen. Dabei kommt ein Methodenmix aus quantitativen und qualitativen Verfahren zur Anwen- dung. Schließlich sollen nicht nur Bausteine für eine Theorie des vertretenen Rechtssubjekts entworfen, sondern auch rechtspolitische Implikationen disku- tiert werden.

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law, age and technOlOgy – PrObleme unterstützender technOlOgien in der altenPflege

Projekt gefördert durch den Jubiläumsfonds der Österreichischen Nationalbank Projektleitung: Arno Pilgram

Projektdurchführung: Reinhard Kreissl, Walter Fuchs, Leo Matteo Bachinger Laufzeit: März 2011 bis Februar 2013

Vor dem Hintergrund des demographischen Wandels knüpfen sich zwei Hoff- nungen an den Einsatz unterstützender Technologien in der Altenpflege: Zum einen sollen technische Lösungen helfen, die Kosten von Pflegedienstleistungen zu dämpfen. Zum anderen wird von solchen Systemen erwartet, die Chancen auf ein selbstbestimmtes Leben im Alter zu verbessern. Sie sollen helfen, den Umzug in Einrichtungen der Altenpflege hinauszuzögern. Gegenwärtig fehlt je- doch noch ein breiterer Diskurs über mögliche unerwünschte Nebenfolgen die- ser Technologien. Am Beispiel der Situation in Österreich sollen die Verbreitung, die Praxis und die Erfahrung mit sogenannten ambient-assisted-living (AAL)- Technologien untersucht werden. Es interessieren in erster Linie solche Arran- gements, bei denen die Nutzerinnen überwacht werden und in die ärztliches oder pflegerisches Personal technikvermittelt involviert ist, wobei dieses Personal dann über die Nutzer Entscheidungen trifft – und zwar auf der Basis von Infor- mationen, die mit Hilfe von AAL-Technik erzeugt und übermittelt werden. Ein Beispiel für eine solche Anwendung wären etwa Sensoren zur automatischen Sturzerkennung oder zur permanenten Messung, Übermittlung und Aufzeich- nung von Vitalparametern, die bei Überschreitung bestimmter Schwellenwerte Alarm auslösen.

Kritische Fragen betreffend datenschutzrechtlicher Probleme, Freiheitsbeschrän- kung, Haftungsrecht und rechtlicher Stellvertretung, die sich im Zusammenhang mit diesen neuen Technologien stellen, sind bisher noch wenig thematisiert. Ziel des Projekts ist die Analyse der in der akademischen und politischen Diskussion eher vernachlässigten rechtlichen Dimension aus rechts- und sozialtheoretischer Perspektive. Dabei lässt sich eine Reihe von rechtssoziologisch spannenden und relevanten Fragen untersuchen: Können Probleme technisch vermittelter Ent- scheidungsprozesse und Interventionen mit den Mitteln des Rechts angemes- sen erfasst werden? Oder bedarf es neuer Kategorien und Konzepte, um die in ihren Konstellationen möglicherweise ungewöhnlichen Rechtsfragen zu klären?

Wie wird der Technikeinsatz erlebt? Welche praktischen Lösungen entwickeln die beteiligten Akteure vor Ort „im Schatten des Rechts“? Wie geht man etwa in der Praxis mit Fehlalarmen um? Inwiefern entsteht durch die ständige Erfas-

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II. Rechtszugang, Rechtsschutz, rechtliche Stellvertretung

sung und Dokumentation einer Fülle von Daten über Personen, die mit Hilfe solcher Technologien aus der Ferne überwacht werden, um rechtzeitige helfende Interventionen zu ermöglichen, so etwas wie ein neuer „gläserner Mensch“? Wel- che Haftungen übernehmen Hersteller oder Betreiber solcher Systeme? Welches

„Restrisiko“ müssen Nutzer tragen? Könnten sich diese Technologien, insofern ihre Anwendung eine autonome Zustimmung (informed consent) von Perso- nen voraussetzt, die dazu aufgrund häufig bereits eingetretener Demenz faktisch nicht mehr in der Lage sind, als Treiber formalrechtlicher Stellvertretungsver- hältnisse (Sachwalterschaft) entpuppen?

Sozialtheoretisch interessant ist an der Thematik vor allem die Frage nach dem

„ontologischen Status“ von Personen, die AAL-Technologien nutzen. Ist die Vorstellung eines gleichsam „monadischen“ autonomen Subjekts, die dem tra- ditionellen Handlungsmodell des Rechts und der Medizin zugrunde liegt, hier wirklich angemessen? Diese Frage soll in Auseinandersetzung mit Einsichten der Actor-Network-Theory (Mensch als „Aktant“, als „techno-social-hybrid“) und der Systemtheorie (rationales Subjekt als „kommunikative Fiktion“ der recht- lichen und medizinischen Praxis) erörtert werden. Als empirische Forschungs- methoden kommen Dokumentenanalysen, explorative Experteninterviews und organisationsethnographische Analysen in ausgewählten Pflegesettings zum Ein- satz. Die Ergebnisse der Untersuchung sollen in ein Weißbuch einfließen, das den unterschiedlichen Stakeholdern Anhaltspunkte für die Entwicklung und den Einsatz von AAL-Technologien aus rechtssoziologischer Perspektive an die Hand geben wird.

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evaluatiOn der testimPlementatiOn des indikatOrs „leistungskennzahlen für die vereinssachwalterschaft“

Projekt im Auftrag des Bundesministeriums für Justiz Projektleitung: Reinhard Kreissl

Mitarbeit: Arno Pilgram, Alexander Neumann Laufzeit: September 2010 bis April 2011

Die ausführliche Darstellung des Projektdesigns findet sich im Jahresbericht des vergangenen Jahres. Das Projekt wurde erfolgreich abgeschlossen und der

„Leistungsindikator“ wird jetzt in einer zweijährigen Testphase erprobt, um eine Daten grundlage für die geplante endgültige Überführung in den Normalbetrieb als Grundlage für die Leistungsbemessung der Vereinsachwalter zu erstellen (s. u.).

Das Projekt, wiewohl abgeschlossen, verdient Erwähnung in diesem Bericht, da es für einen neuen Typus von Auftrag steht, den wir hier erstmals umgesetzt haben.

Die Aufgabe war die Entwicklung eines Instruments in einem Prozess, der sowohl traditionelle Datenerhebung als auch Workshops mit den beteiligten Akteuren und Entwicklung eines „Messinstruments“ umfasste. Traditionellerweise hat das IRKS auf der Basis eines Designs, das Bestandteil des Vertrags mit dem Auftrag- geber war, klassische Sozialforschung betrieben: es wurden Daten erhoben, analy- siert, ausgewertet, interpretiert und dann als Ergebnis ein Forschungs bericht er- stellt. Dieser Forschungsbericht enthielt die Ergebnisse in komprimierter Form, falls erforderlich versehen mit Anhängen, in denen die Daten beigefügt waren.

Diese Berichte dienten den Auftraggebern als Anregung und Unterstützung im Rahmen ihrer jeweils anstehenden Projekte – sei es Reformen eines existierenden Gesetzes oder Entwicklung eines neuen Regelungswerks.

Mit dem Projekt Leistungskennzahlen sind wir einen anderen Weg gegangen.

Auf der Basis einer Erhebung der Tätigkeiten der Vereinssachwalter wurden Vor- schläge entwickelt, wie diese Tätigkeit differenziert bewertet werden kann. Diese Vorschläge wurden den Beteiligten (Sachwaltervereine, Betriebsräte, Bundes- ministerium für Justiz) in einer Reihe von Workshops präsentiert, die von den Projektmitarbeitern vorbereitet und moderiert wurden. Ziel dieser Workshops war es, die ersten Entwürfe mit dem Auftraggeber und den anderen Beteiligten zu diskutieren, Vorschläge und Kritik aufzunehmen und im Lauf der Zeit das zu entwickelnde Messinstrument so zu verfeinern und anzupassen, dass es den Bedürfnissen aller Beteiligten gerecht wird.

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II. Rechtszugang, Rechtsschutz, rechtliche Stellvertretung

Im Gegensatz zum klassischen Aufbau unserer Projekte, bei denen es zu Beginn und am Ende zu Kontakten mit dem Auftraggeber kommt (plus evtl. zusätz- licher Kontakte im Rahmen von Zwischenberichten), fand im Rahmen dieses Projekts ein relativ regelmäßiger und kontinuierlicher Kontakt statt. Neben die übliche Forschung traten hier Elemente von Beratung und Prozessbegleitung als Teil des Auftrags. Hier zeichnet sich ein neuer Typus von Angebot des IRKS ab, bei dem sich klassische sozialwissenschaftliche und eher beratungsorientierte Ele- mente verbinden. Derzeit ist hier als weiteres Projekt, das einen ähnlichen Ansatz verfolgt, POLPEDIA (s. Sonstige Projekte) zu nennen. Der Vorteil dieses Pro- jekttyps ist, neben einer gewissen (zeitlichen und inhaltlichen) Flexibilität in der Vorgehensweise, die Möglichkeit, Ergebnisse mit den Auftraggebern gemeinsam zu erarbeiten und so effektiver und nachhaltiger Lerneffekte zu erzielen.

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testlauf leistungsindikatOr für die vereinssachwalterschaft

Projekt im Auftrag des Bundesministeriums für Justiz Projektleitung: Alexander Neumann

Mitarbeit: Leo Bachinger

Laufzeit: April 2011 bis Dezember 2012

Der Testlauf zum Leistungsindikator für die Vereinssachwalterschaft setzt den Themenschwerpunkt „Sachwalterschaft“ am IRKS fort. Zur Verbesserung der Leistungsermittlung der Sachwaltervereine wurde im Auftrag des Bundesminis- teriums für Justiz ein Leistungsindikator für die Vereinssachwalterschaft konzi- piert. Leistung wird durch diesen Indikator nicht länger über eine reine Fall- zählung definiert, sondern Fälle werden nach ihren Merkmalen und Merkmalen ihrer Bearbeitung gewichtet. Diese individuelle Bewertung von Fällen nach deren unterschiedlicher Komplexität, definiert über eine Reihe von Merkmalen, ermög- licht nunmehr eine differenziertere Gesamtbewertung der Leistungen der Vereine als dies über eine Leistungsdefinition qua Fallzählung möglich ist. Nachdem im Frühjahr 2011 die Entwicklung des Prototyps in Abstimmung mit den Sach- waltervereinen und dem Auftraggeber erfolgreich abgeschlossen werden konnte, folgt nun ein Testlauf, in dem sich der Indikator über einen längeren Zeitraum bewähren soll.

Der Leistungsindikator wird quartalsweise für alle mit Sachwalterschaften betrau- ten Vereine vom IRKS berechnet. Dabei gilt es zunächst die Daten der Vereine hinsichtlich möglicher Fehlerquellen zu testen und zu plausibilisieren. Ziel des Projekts ist die zukünftige Nutzung des vom IRKS entwickelten Tools durch das Bundesministerium für Justiz, ohne weitere Einbeziehung externer Unterstützung.

Arbeitsschritte im laufenden Projekt

• Plausibilisierung der Vereinsdaten, Nacherfassung von fehlenden Daten mit anschließenden Fehlerberichten an das BMJ

• Berechnung des Leistungsindikators inkl. Aliquotierung unter Berücksichti- gung des Faktors „Fläche“ (räumliche Ausdehnung des Arbeitssprengels der Sachwalter)

• Verfassen eines standardisierten Quartalsberichts zum Leistungsindikator

• Erstellen von Jahresberichten für die Kalenderjahre 2011 und 2012

• Vorbereitung eines Lösungsansatzes zur Übernahme der Berechnung der Leistungskennzahlen durch das Bundesministerium für Justiz ab dem Be- richtsquartal 1/2013

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II. Rechtszugang, Rechtsschutz, rechtliche Stellvertretung

begleitende evaluierung zu einem mOdellversuch familiengerichtshilfe

Projektexposé auf Ersuchen des Bundesministeriums für Justiz: Arno Pilgram Projektleitung IRKS: Brita Krucsay

Vorgesehene Projektdauer: 30 Monate

Zielsetzungen für den Modellversuch

In den vorliegenden Planungsunterlagen für den Modellversuch wird dessen Notwendigkeit mit häufig unbefriedigenden Verfahrensverläufen und -ergebnis- sen in Obsorge- und Besuchsrechtsverfahren begründet. Die lange Verfahrens- dauer aufgrund der hohen Erfordernisse des gerichtlichen Verfahrens, die hohe Belastung sowie die Rollenkonflikte von FamilienrichterInnen und Mitarbeite- rInnen der Jugendwohlfahrt lassen eine Entflechtung der richterlichen Entschei- dungstätigkeit von der sozialarbeiterischen und psychologischen Erhebungs- und Schlichtungstätigkeit und die Schaffung einer gerichtsnahen, die Rolle der Jugendwohlfahrtsträger ergänzenden Einrichtung angeraten scheinen.

Darauf sind die Aufgaben der Familiengerichtshilfe abgestimmt. Es wird von ihr erwartet:

• Ein rasches Clearing zu Beginn des Verfahrens, das Möglichkeiten und Wege einer gütlichen Einigung auslotet und anbahnt, die Parteien informiert, die wesentlichen Streitpunkte und Konfliktquellen eruiert und erforderlichenfalls eine Entscheidungsgrundlage für eine einstweilige Regelung für die Dauer des Verfahrens schafft;

• die Durchführung spezifischer Erhebungen;

• die Erstellung von sozialarbeiterisch und psychologisch fundierten Stellung- nahmen.

• An einzelnen Standorten soll die Familiengerichtshilfe auch Kernaufgaben der Jugendgerichtshilfe übernehmen – Jugenderhebungen, Kriseninterven- tion und Haftentscheidungshilfe.

Evaluierungskriterien und Erfolgsmaßstäbe

Von der oben dargestellten Konzeption leiten sich die Evaluationskriterien für den „Modellversuch Familiengerichtshilfe“ ab:

• Richterliche Inanspruchnahme und Verfügbarkeit des Dienstes (aufgrund adäquater Dimensionierung),

• Zügigkeit der Fallbearbeitung (zeitliche Bedarfsgerechtigkeit),

• Nachvollziehbarkeit und Orientierungswert der Berichte (inhaltliche Be- darfsgerechtigkeit aus Sicht der Gerichte),

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• mehr unmittelbar gütliche oder vorläufige Regelungen bzw. Entscheidungen für die Dauer des Verfahrens,

• besseres „matching“ zwischen Klientel und sonstigen Einrichtungen (Kin- derbeistand, Familienberatung/mediation bei Gericht, Jugendwohlfahrtsbe- hörde, Sachverständige),

• nachhaltige Regelungen bzw. Entscheidungen (keine baldigen Neuanträge),

• dadurch insgesamt:

• Beschleunigung der Verfahren,

• höhere Zufriedenheit der Parteien,

• Arbeitserleichterung für die Gerichte durch Entlastung von Rollenkonflik- ten, durch mehr von den Parteien akzeptierte und nachhaltige Erledigun- gen/Entscheidungen.

Für einen Teil dieser Kriterien sind objektive Maße möglich, ein anderer Teil ist über die subjektive Einschätzung von Verfahrensbeteiligten zu erfassen. Un- abhängig von objektiven Verfahrensdaten (die auf die Reaktion von Parteien hinweisen) und von subjektiven Bewertungen der Familiengerichtshilfe durch RichterInnen ist die Beurteilung der Familiengerichtshilfe durch die involvierten Parteien von Interesse.

Design für die Begleitstudie zur Evaluierung des Modellversuchs

Der Modellversuch ist ausgelegt auf 4 Standorte im Bundesgebiet (BG Wien In- nere Stadt, Amstetten, Leoben und Innsbruck) sowie auf eine Personalkapazität von 12 Vollzeitäquivalenten und eine Laufzeit von zwei Jahren. Es wird davon ausgegangen, dass pro Vollzeitarbeitskraft 40 familiengerichtshilfliche Fälle pro Jahr bearbeitet werden können. Bei der vorgesehenen Laufzeit des Modellver- suchs von 2 Jahren sollten damit im Rahmen der Begleitstudie etwa 800 Fälle der Familiengerichtshilfe anfallen.

Aus der Sicht der Begleitforschung ist der Modellversuch somit regional, von der personellen Ausstattung und zeitlichen Erstreckung her ausreichend dimensio- niert, um valide Ergebnisse zu gewährleisten.

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iii.

restorative Justice

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III. Restorative Justice

victims and restOrative justice: an emPirical study Of the needs, exPeriences and POsitiOn Of victims within restOrative justice Practices

Projekt gefördert durch die Generaldirektion für Justiz, Freiheit und Sicherheit der Europäischen Kommission im Rahmen des Programms „Criminal Justice“.

Projektleitung: Prof. Dr. Ivo Aertsen, Katholische Universität Leuven Projektmitarbeiter am IRKS: Christa Pelikan, Walter Hammerschick, Roland Gombots

Gesamtprojektlaufzeit: November 2010 bis Juni 2012;

The general objective of the project is to gain more insight – through empirical evidence – about the needs, experiences and position of victims when participat- ing in restorative justice (RJ) programmes. The aim is to set up empirical research in several European countries, in a comparative way. The proposed project, of which the global set up has resulted from mutual consultation between practi- tioners and researchers in the European fields of victim support on the one hand, and restorative justice on the other, intents to move beyond the level of mere impressions, fragmentised findings or small-scale studies. For this new step, an empirical approach will be used by, amongst other research activities, interview- ing groups of victims in the participating countries. The enhanced knowledge must finally support the assistance to victims and the sound implementation of RJ programmes in Europe.

The research will deal with both the micro- and the macro-level of RJ practices (i. e. the personal level and the institutional level).

Das IRKS ist als Partner mit der Durchführung einer der Länderstudien beauf- tragt.

Das erste Steering Group Meeting für diese Untersuchung hat im Februar 2011 stattgefunden, das Kick-off meeting für den Beginn der empirischen Untersu- chung an den drei Standorten im Juni 2011. Dort wurden die von der Projekt- koordinatorin in Zusammenarbeit mit Antony Pemberton von Intervict (Uni- versität Tilburg) entwickelten Fragebögen für die drei Kategorien von Opfern (solche, die eine Mediation abgeschlossen haben, solche, die sie abgebrochen haben, und solche, die die Teilnahme abgelehnt haben) vorgelegt, diskutiert und Veränderungen vorgeschlagen. In der Folge wurden diese Fragebögen ins Deut- sche übersetzt. Es wurde eine Reihe von Probeinterviews durchgeführt, die zu weiteren kleinen Veränderungen der Fragebögen führten. Für die Dokumenta- tion der offenen Fragen wurde ein „Eingabe-Grid“ entwickelt. Das Schema für

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die quantitative Auswertung wird wiederum von den wissenschaftlichen Leite- rInnen in Leuven und Tilburg vorbereitet.

Gleichzeitig wurden Vorarbeiten für die Erstellung des „Makro-Reports“ geleis- tet.

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III. Restorative Justice

aussergerichtliche schlichtung als OPferstützendes instrument

Projekt gefördert durch die Generaldirektion für Justiz, Freiheit und Sicherheit der Europäischen Kommission im Rahmen des Programms „Criminal Justice“.

Projektleitung: Sabine Behn, Camino – Werkstatt für Fortbildung, Praxisbegleitung und Forschung im sozialen Bereich, Berlin

Projektleitung am IRKS: Wolfgang Stangl Projektlaufzeit: Juli 2011 bis Juli 2013

Ziele des Forschungsprojekts

Das Projekt „Außergerichtliche Schlichtung als opferstützendes Instrument“ ver- folgt das Ziel, den Täter-Opfer-Ausgleich (TOA) in Deutschland bzw. den Tat- ausgleich (TA) in Österreich auf seine Wirkungen für die Opfer zu untersuchen und zu prüfen, welche Bedingungen positive Effekte für die Opfer befördern bzw. verhindern. Im Mittelpunkt steht die Frage, wie „Copingprozesse“ bei den Opfern durch die außergerichtliche Schlichtung beeinflusst werden (können) und welche Faktoren bedeutsam sind, um positive Aufarbeitungsprozesse zu er- leichtern.

Die vorhandenen qualitativen Standards sowie die Umsetzungspraxis des TOA bzw. TA werden mit den Ergebnissen internationaler Forschung abgeglichen und auf dieser Basis in Richtung einer stärkeren Unterstützung von Opfern geprüft und Empfehlungen für die Praxis ausgearbeitet.

Die Staatsanwaltschaften und die Polizei sollen weiter für Fragen der Einleitung von mediativen Prozessschritten sensibilisiert werden. Bürokratische Logiken, die diesem Ziel entgegenstehen, sind im Rahmen des Projekts zu beschreiben und Vorschläge für eine Veränderung der Praxis mit den Behördenvertretern an- zuregen.

Ein weiteres Projektziel bildet (in Übereinstimmung mit der EU-Programm- linie) die Formulierung von Aussagen darüber, welche Begleitung/Beratung für die Opfer bereits besteht oder nötig erscheint um Opfer gleichzeitig so weit wie möglich zu schützen.

Gegenstand der Forschung

Im Mittelpunkt der Forschung stehen strafrechtliche Mediationsverfahren im Anschluss an Gewaltdelikte im sozialen Nahraum. Auszuschließen sind soge- nannte „situative Vorkommnisse“, also gewaltförmige Auseinandersetzungen zwischen einander vor der Tat unbekannten Personen. Ebenfalls ausgeschlossen sind Fälle, in denen Täter auch Opfer und Opfer auch Täter sind. Um somit als

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geeigneter Untersuchungsfall zu gelten, ist eine eindeutige Rollenzuordnung – nur Täter oder nur Opfer – nötig. Zu denken ist an Delikte nach den §§ 83, 84, 85, 107, 109 öStGB. Mediationen im Zusammenhang mit Stalking wer- den nicht berücksichtigt. Die Forschung umfasst 13 TA-Verfahren in Österreich und 25 TOA-Verfahren in Deutschland. Der Anteil männlicher Opfer soll etwa 60 %, jener von Frauen ca. 40 % betragen.

Forschungsmethoden

Methodisch kommen teilnehmende Beobachtungen bei den Schlichtungsge- sprächen, anschließende Interviews mit den Opfern, Interviews mit den Schlich- terInnen, Interviews mit den Tätern (in ausgewählten Fällen) sowie nachgehende Interviews mit den Opfern (ca. 6 bis 12 Monate nach dem TOA/TA) zur An- wendung. Die Interviews sowie die Beobachtungen werden transkribiert bzw.

dokumentiert und nach Regeln der sozialwissenschaftlichen Textinterpretation ausgewertet.

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III. Restorative Justice

alternative – develOPing alternative understandings Of security and justice thrOugh restOrative justice aPPrOaches in intercultural settings within

demOcratic sOcieties

Collaborative project im Rahmen des 7. Rahmenprogramms der EU – Topic SEC- 2011.6.5-1 Conflict resolution and mediation

Projektleitung: Prof. Dr. Ivo Aertsen, Katholische Universität Leuven Projektmitarbeiter am IRKS: Christa Pelikan, Katrin Kremmel, Gesamtprojektlaufzeit: Jänner 2012 bis Jänner 2016

The overarching objective and expected impact of this project is to provide al- ternative and deepened understanding based on empirical evidence on how to handle conflicts in intercultural contexts within democratic societies in order to set up security solutions for communities, which are carried by the active partici- pation of the citizens.

ALTERNATIVE has at its core four intensive case studies (which mainly take the form of action research activities) built around, supported by and mutually feeding into three more theoretically oriented work packages and thus into the project as a whole. These different parts together are to produce a spectrum of theoretically grounded and empirically tested models of dealing with conflicts in intercultural settings by restorative justice (RJ) oriented processes.

The theoretically oriented work packages deal mainly with alternative episte- mologies of justice and security, with conflict and conflict resolution approaches, and with RJ models application and their relevance for European policies.

Immigration and conflict resolution are central and intertwined in our research.

We deliberately in our proposal emphasize the different levels at which inter- cultural conflicts become manifest and are dealt with by different models of conflict resolution: the micro-, meso- and macro-level. It is these approaches to conflict resolution and their locus in society that determine the action research programmes within the work packages mentioned. The titles of these work pack- ages already indicate this orientation: activating civil society, fostering victim- oriented dialogue, activating community through multi-agency approach, prac- ticing encounters.

In each of the work packages the assessment of the phenomenon, as it appears in the different research sites, precedes the development of the action research programme. Therefore, also the immigration issue becomes embedded in many

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concrete research activities. For example: Against the background of the social and political importance of the Viennese ‘Gemeindebau’ (public/social housing estate) the struggle regarding the admission of migrants or ‘foreigners’ (‘Fremde’) will be described, as well as the state of affairs according to detailed statistical records. The method applied will be an analysis of press releases starting from the 90s and of statistics available at the Statistical Office of the City of Vienna; finally we can draw on earlier research of the IRKS in the context of the EC-funded INSEC-project: ‘Vienna – A Safe City?’.

The case studies are located at four different sites. The action research in each of these sites is dedicated to different levels of intercultural conflicts in a few selected security sensitive areas: 1) at the micro-level – everyday conflicts between local residents and residents with migrant background in public/social housing (Vienna); 2) at the meso-level – conflicts in a small town with Roma and non- Roma inhabitants (Hungary); 3) at the meso/macro-level – interethnic conflicts within three multi-ethnic and multicultural regions: conflicts between Serbs, Albanians, Muslims and Croats (Serbia); 4) and at the meso/macro-level – civil conflicts at three sites: conflicts between a local community and gangs of youths;

between long term residents and recent immigrants; and inter-community sec- tarian conflict (Northern Ireland).

In particular, the active participation of the conflict parties in each of the ‘action research’ work packages will be promoted and supported practically. Therefore members of immigrant population will play an active role in setting up, com- menting upon and criticizing the conflict resolution models that are to be ap- plied.

Beyond a comparison of the models developed at the different sites and their re- spective potential (dealt with by the comparative analysis work package), the dis- semination has been conceptualized as an ongoing cyclical process of discussing, adapting and further applying the models developed and tested. The expected results of this project are therefore not static, they will consist of sets of materials to be used in processes that are to become self-sustained. By this holistic percep- tion of intercultural immigration related and of other conflicts and by trying out concrete practices to tackle them we hope to arrive at models that can be trans- ferred and adapted to similar problem constellations elsewhere in Europe. This highlights deeply and clearly the alternative approach we would like to take and propose to matters of intercultural conflict and conflict resolution.

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III. Restorative Justice

cOrePOl – cOnflict resOlutiOn, mediatiOn and restOrative justice and the POlicing Of minOrities in germany, austria and hungary

Collaborative project im Rahmen des 7. Rahmenprogramms der EU – Topic SEC- 2011.6.5-1 Conflict resolution and mediation – mit Partnern in Deutschland, Österreich und Ungarn

Projektleitung: Prof. Dr. Joachim Kersten, Deutsche Hochschule der Polizei (DHPOL) Projektmitarbeiter am IRKS: Walter Hammerschick, NN

Gesamtprojektlaufzeit: Jänner 2012 bis Jänner 2015

Across European member states minority-police problems appear to be wide- spread and persistent. From a realistic point of view, police services in EU mem- ber states will not be in the position to socially, economically or culturally im- prove the situation of discriminated minorities. It is the aim to produce research findings that steer the police clear of making the situation of such minorities worse. Unprofessional policing or neglect of duties is against the obligation of police to act ‘justly.’1

The proposed research will use a comparative design to establish whether bet- ter police – minority relations can be achieved through means of a Restorative Justice (RJ) approach. It will determine the extent to which RJ is presently used and how it can be made suitable to improve police – minority communication and interaction. The extent and cultural particularities of RJ programs and their affiliation to the criminal justice system will be ascertained and the involvement of police in RJ programs for minority populations will be explored. Police – mi- nority research will focus on different populations in each of the participating countries with the aim of analysing the specific situation of these minorities and the relationship of these minorities and the police. In Germany it will be Turkish migrants, in Austria residents with African background and in Hungary Roma communities. This will enable the project team to cross-compare findings with respect to commonalities and differences and will result in a more comprehensive view (‘Multiple-perspective’) on the problems under investigation. Finally, the proposed research will exemplify the scope of RJ approaches for the improve- ment of police – minority communication and interaction. The research will include open questions of gender, age and cultural compatibility of RJ.

The outcomes of the research and practical recommendations based on these will be disseminated not least also focusing on a dialogue with the police. With positions at police universities the project consortium is well grounded in police

1 Manning, P. K. (2010), Democratic Policing in a Changing World. Boulder/

London: Paradigm, p. vii

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science and has carried out previous work on minorities. This grants them access to the field and to practical areas of police work and management. Their prin- cipal involvement in B.A./ M.A. programs for police officers and in CEPOL/

EUSEC research secures dissemination into police and the scientific community.

Training material will be drafted for national and European police seminars on RJ, minorities and democratic policing of minorities for discussions with the policy level.

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iv. datengrundlagen Für die kriminalJustiz,

evaluation von straFgesetzen

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IV. Datengrundlagen für die Kriminaljustiz, Evaluation von Strafgesetzen

studie zur Praktischen anwendung und wirksamkeit des vbvg (verbandsverantwOrtlichkeitsgesetz)

Projektauftrag durch das Bundesministerium für Justiz Projektleitung: Arno Pilgram, Reihard Kreissl

Mitarbeit: Walter Fuchs, Wolfgang Stangl Laufzeit: März 2010 bis Februar 2011

Die vorliegende Studie zur Evaluierung der Anwendung des Verbandsverant- wortlichkeitsgesetzes (VbVG) geht auf eine Entschließung des österreichischen Nationalrats vom 28. 9. 2005 zurück. Sie verlangt, den Umfang der Anwendung und die Wirksamkeit des Gesetzes nach vier Jahren Geltung zu überprüfen.

Diese Evaluation erscheint aber auch europarechtlich geboten, zumal das VbVG letztlich auf Übereinkommen zum Schutz der finanziellen Interessen der Euro- päischen Gemeinschaft und andere völkerrechtlich verbindliche Abkommen zurückgeht, welche die rechtliche Verantwortlichkeit auch juristischer Personen durch „wirksame, angemessene und abschreckende Maßnahmen“ sicherzustellen verlangen.

Ergebnisse zu Anwendungsumfang und Anwendungsbereichen des VbVG Durch Sonderauswertungen der VJ („Verfahrensautomation Justiz“) und durch Analyse von Tagebüchern der StA und Gerichtsakten konnte die Grundlage für eine solide Abschätzung des Anwendungsumfangs des VbVG geschaffen werden:

Im Untersuchungszeitraum 1. 1. 2006 bis 31. 12. 2010 wurde in mindestens 528 Geschäftsfällen der Strafjustiz zumindest phasenweise der Vorwurf einer Verfeh- lung gegen das VbVG und auch eine juristische Person verfolgt. Hinter diesen Geschäftsfällen stehen 300 bis 350 Verfahren mit im allgemeinen sowohl juris- tischen als auch natürlichen Personen, d. h. mit einer größeren Zahl an betroffe- nen Personen.

Verfahren nach dem VbVG kommen – gemessen an über einer Million Straf- fällen bei Bezirks- und Staatsanwaltschaft im fünfjährigen Beobachtungszeit- raum – somit sehr selten vor. Dabei ist zu berücksichtigen, dass sich die Zahl der Verfahren im Zeitverlauf deutlich vergrößert. Wenn man die Häufigkeit von Verbandsstrafverfahren in Relation setzt zur Zahl von Verbänden bestimmter Rechtsform und Branchen, so erscheint sie in manchen Wirtschaftsbereichen durchaus nicht zu vernachlässigen. Für Verbände vom Typus Aktiengesellschaft und für Unternehmen aus dem Banken-, Finanz- und Versicherungswesen, aber auch für große Unternehmen der Verkehrs- und der Bauwirtschaft schafft das VbVG auch ein reales Verfahrensrisiko.

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