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(3)

Inhalt

Editorial

Ursachen und Erklärungsmodelle für Verhaltensstörungen ... 3

Epidemiologie psychischer Störungen bei Kindern und Jugendlichen im Pflichtschulalter ... 8

Die Bedeutung der Kreativität des Kindes im Problemlösungsprozess als Hilfe in der Beratungslehrer/innentätigkeit ... 11

Genies sind im Lehrplan nicht vorgesehen – oder doch? ... 14

Bericht aus der Praxis ... 18

Kinder in ein suchtfreies, gewaltfreies Leben begleiten ... 20

„Gewaltprävention“ ... 23

„1 + 3“ Ein Modell der Vernetzung zur Konfliktprävention und Krisenbewältigung ... 27

Meine Rolle in der Gruppe ... 29

Soziales Lernen und Erlebnispädagogik ... 30

Starke Kinder – starke Klassen Übungen zum sozialen Lernen in der Klasse und deren Wichtigkeit ... 32

Überlegungen zur besonderen Situation türkischsprachiger Kinder und Jugendlicher ... 34

Nestklasse – ein Raum der Entfaltung für Mädchen ... 37

„Böse Buben“ in der Schule Überlegungen zum Phänomen „Verhaltensauffälligkeit“ von Buben/Burschen im Kontext Schule ... 39

Psychodramatische Arbeit mit Kindern ... 43

Von der Leichtigkeit des Seins oder Humor als Arbeitsweise im schulischen Kontext ... 45

Beratungs- und Betreuungsangebote, Kontaktadressen ... 49

Ankündigung ... 70

Fortbildungsangebot ... 73

(4)

Editorial

Die Expertinnen- und Expertenrunde der Beratungslehrer/innen/Betreuungslehrer/innen/

Psychagoginnen und Psychagogen (BBP) wurde 1995 beim Unterrichtsministerium ein- gerichtet. Die Bundesarbeitsgemeinschaft setzt sich aus Lehrerinnen und Lehrern mit spezieller Zusatzausbildung zusammen, die in der Betreuung von Schülerinnen und Schülern mit Verhaltensproblemen tätig sind. Seither leistet diese Gruppe mit den je nach Bundesland unterschiedlichen Berufsbezeichnungen einen wichtigen Beitrag zur professionellen Vernetzung in diesem Bereich.

Im Rahmen dieser Arbeitsgemeinschaft haben wir für Sie diese Schwerpunktnummer zusammengestellt. Der erste Teil enthält Fachartikel aus unterschiedlichen Blickwinkeln zum Thema „Schwierige“ Schülerinnen und Schüler. Im zweiten Teil informieren wir Sie über unsere verschiedenen Beratungs- und Betreuungsangebote sowie die Kontakt- adressen in den Bundesländern.

Alle in dieser Schwerpunktnummer angeführten Beiträge, weitere Fachartikel und ergänzende Literaturangaben finden Sie auf der Homepage

www.cisonline.at/foerderschwerpunkte/verhalten.html

(5)

Susanne Koller

Ursachen und Erklärungs- modelle für Verhaltens- störungen

Unseren Kindern und Jugendlichen werden in epidemiologischer Gesetzmäßigkeit Verhal- tensstörungen attestiert, Familien, Schulen und andere Institutionen sind an den Grenzen ihrer Belastbarkeit angelangt. Pädagogische und sozialpsychologische Beeinflussungs- modelle hinken den Entwicklungen hinterher, multidisziplinäre Experten- und Expertinnen- gremien suchen ständig nach Lösungen.

1.1 Ursachen(er)klärung

Pädagoginnen/Pädagogen werden im Schul- alltag mit den Auswirkungen der viel disku- tierten gesellschaftlichen Veränderungen immer mehr konfrontiert, die sich u. a. in zunehmendem Maße in Verhaltensauffällig- keiten ihrer Schüler/innen widerspiegeln: In der Klasse erleben sie immer mehr Kinder – vordergründig betrachtet – als schwierig, faul, desinteressiert, unruhig, passiv-depressiv, deprimiert, unmotiviert, schlampig, verstockt, misstrauisch, unberechenbar, streitsüchtig und vor allem aggressiv.

Über die Ursachen von dysphorischem Ver- halten wird in den Medien ständig berichtet, und Fachleute versorgen Lehrer/innen mit einer beinahe unüberschaubaren Fülle an möglichen Erklärungsversuchen. Bei der näheren Betrachtungsweise all jener Störun- gen, die unsere Gesellschaft als abweichend betrachtet und die insofern auch im System Schule fehl am Platz sind, findet das ge- schulte „pädagogische/psychologische Auge“

dahinter vor allem Beziehungsschwierig- keiten, intellektuelle, psychische und soziale Defizite, Depressionen, Entwicklungskrisen, Konzentrations- und vor allem Motivations- störungen, Teilleistungsstörungen, Miss- handlungen, Persönlichkeitsentwicklungs- störungen, Schlafstörungen, Prüfungs- und

Schulängste, Trennungsängste, psychoso- matische Erkrankungen usw. – die Aufzäh- lungen könnten dieses Blatt füllen –, die un- erkannt in massive Verhaltensstörungen münden. Schüler/innen mit „behavioural disorders“ sind – trotz vorhandener Eltern oder eines Elternteils – „verlassene Kinder unserer Zeit“, so die Meinung Bruno

BETTELHEIMS(1978), die aus keinem Nest fallen konnten, weil sie de facto nie eines hatten.

Bei der Erforschung und Behandlung von Verhaltensstörungen und psychischen Problemen von Kindern und Jugendlichen müssen aber – und dies soll besonders unterstrichen werden – sowohl somatische, psychische, geistige und interaktionale als auch soziokulturelle Faktoren in ihrem kompli- zierten Zusammenspiel beachtet werden.

Überblickt man eine beliebige Auswahl der zahlreichen Publikationen, die zu dieser Thematik erschienen sind, so findet man auch eine Vielzahl erkannter Ursachen von psychischen Problemen und Verhaltensauf- fälligkeiten, die damit im Zusammenhang stehen. Viele Gründe liegen im Körper und in der Psyche der Kinder und Jugendlichen;

andere wurden in Familie, Schule und Peer- group (also in den wichtigsten Lebenswelten dieser Altersgruppen) sowie in anderen Systemen entdeckt.

Verschiedene Wissenschaftsdisziplinen kon- zentrieren sich allerdings oft nur auf ganz be- stimmte Ursachenkomplexe bei der Unter- suchung von Verhaltensauffälligkeiten und berücksichtigen die anderen nur unzurei- chend. Das ist nicht verwunderlich, denn wie wir wissen, lernen Ärztinnen/Ärzte im Verlauf ihrer Ausbildung und beruflichen Tätigkeit, Ursachen von Störungen vor allem im bio- chemischen, genetischen, physiologischen und neurologischen Bereich zu suchen, während Psychologinnen/Psychologen sich mehr auf Ursachen im bewussten oder unbe- wussten Erleben und Verhalten von

Menschen konzentrieren.

Pädagoginnen/Pädagogen und Soziologin- nen/Soziologen entdecken hingegen die Ursachen von Verhaltensstörungen in erster Linie in Familie, Schule, Peer-group und Gesellschaft.

(6)

1.2 Erklärungsmodelle

Nach Martin R. TEXTOR lassen sich folgende Erklärungsmodelle für psychische Probleme und Verhaltensstörungen im Kindes- und Jugendalter unterscheiden:

(1) Beim Krankheitsmodell – bei Psychia- tern und Ärztinnen/Ärzten verbreitet – werden vor allem biochemische, physiologische und neurologische Prozesse für die Entstehung psychi- scher Störungen und Verhaltensabwei- chungen (wie z. B. Hyperaktivität – Fallbeispiel IV) verantwortlich gemacht.

Sämtliche Ursachen werden im Körper- lichen gesucht; insbesondere werden Erbfehler, Verletzungen und Erkrankun- gen diagnostiziert, die mit Hilfe von Medikamenten, durch Diätpläne oder durch Operationen behandelt werden können. Bei den meisten Verhaltens- auffälligen wird von einer Diskontinuität zwischen psychischer Gesundheit und emotionalen Problemen ausgegangen, wobei Letztere in der Regel zu einem bestimmten Zeitpunkt irgendwann im Verlauf des Lebens erstmalig auftreten.

(2) Beim konstitutionellen Modell liegt das Hauptaugenmerk auf der Gesamtheit der für die Persönlichkeitsentwicklung bedeutsamen Erbfaktoren. Ursachen von Verhaltensauffälligkeiten werden also in erster Linie im genetischen Bereich gesehen, wobei Körperbau- typologien (z. B. von CONRAD, KRETSCHMER oder SHELDON) mit ihrer Zuordnung von Konstitutionen und bestimmten Verhaltensmustern bzw.

Temperamenteigenschaften als beson- ders aussagekräftig gelten. Meistens wird davon ausgegangen, dass die genetische Prädisposition irgendwann im Verlauf der Persönlichkeitsentwick- lung zur Ausbildung von psychischen Belastungen bzw. Verhaltensstörungen führe, wobei der Übergang vom gesun- den zum pathologischen Zustand kontinuierlich sei.

(3) Beim Stressmodell, das etwa von MEEHL und ZUBIN vertreten wird, kommt es aufgrund der Interaktion von genetischen Prädispositionen und all- gemeinem bzw. spezifischem Stress

zum Ausbruch psychischer Störungen und psychosomatischer Krankheiten, die das Verhalten beeinflussen können.

In diesem Zusammenhang spielen nicht normative Lebensereignisse wie Tod eines Elternteiles, Geburt eines be- hinderten Geschwisterteils, Unfälle, Scheidung der Eltern usw. eine große Rolle, die man schon hinsichtlich ihrer Stärke als Stressoren klassifiziert hat (HOLMES, RAHE, RUCH).

(4) Vertreter/innen des psychodynamischen Modells, die sich meist der Psychoana- lyse oder anderer Schulen der Tiefen- psychologie zurechnen, sind der An- sicht, dass der Mensch durch unbe- wusste dynamische Kräfte gelenkt wird, die miteinander und mit den Anforde- rungen der sozialen Umwelt kollidieren.

Dementsprechend wollen sie die Ur- sachen von emotionalen Störungen und Verhaltensstörungen in unbewussten intrapsychischen Konflikten, die vielfach mit verdrängten frühkindlichen Erleb- nissen in Verbindung stehen, erkennen.

(5) Befürworter/innen des Entwicklungs- modells konzeptualisieren die mensch- liche Entwicklung als eine Abfolge von Phasen zunehmender Komplexität, Differenzierung, Integration und Reife – wobei sich viele auf die Theorien von ERIKSON und PIAGET berufen. Zu psychischen Störungen bzw. Verhal- tensstörungen kommt es dann, wenn ein Kind oder Jugendlicher auf einer Entwicklungsstufe stehen bleibt, also nicht wie die Gleichaltrigen in die nächst höhere Phase „aufsteigt". Natürlich entstehen auch Erlebens- und Verhal- tensauffälligkeiten, wenn eine Person auf eine niedrigere Stufe der psycho- sexuellen, kognitiven und emotionalen Entwicklung regrediert – die Störungen sind umso stärker ausgeprägt, je weiter die jeweilige Entwicklungsstufe

zurückliegt.

(6) Anhänger/innen des lerntheoretischen Modells, das auf den Theorien von THORNDIKE, HULL, PAWLOW, SKINNER, TOLMAN u. a. beruht, ver- treten die Meinung, dass nahezu alle Verhaltensweisen erlernt werden. Folg- lich entstehen auch Verhaltensauffällig- keiten auf Grund von Lernprozessen

(7)

und können jederzeit entwickelt – aber auch zu jedem Zeitpunkt wiederum

„verlernt" – werden.

(7) Beim kognitiven Modell, dessen Ver- treter/innen KELLY, ELLIS, BECK, SELIGMAN u. a. sind, werden als Ursachen für Verhaltensauffälligkeiten Störungen im Prozess der Wahrneh- mung, des Denkens, Vorstellens, Erin- nerns, Bewertens, der Planung eigener Reaktionen (Auswahl von Verhaltens- und Problemlösungsstrategien) und der Verarbeitung von Feedback genannt.

Die Verfälschung des Welt- und Menschenbildes durch irrationale Einstellungen, Vorurteile etc. wird bei diesem Modell betont.

(8) ROGERS, MASLOW, ALLPORT u. a., Vertreter/innen des humanistischen Modells, sind sich einig, dass der Mensch ein rationales und sich selbst verwirklichendes Wesen darstellt.

Psychische Probleme entstehen bei einer Diskrepanz zwischen Selbst und Erfahrung, Selbstwahrnehmung und Selbstbild. Andere Ursachen liegen in der Entfremdung vom eigenen Ich, der mangelnden Selbstentfaltung, den schwachen Selbstwertgefühlen und der geringen Wertbezogenheit hinsichtlich individueller Lebenseinstellung.

(9) Das phänomenologisch-existenzialis- tische Modell beruht auf den Theorien von JASPERS, FRANKL, MINKOWSKI u. a.; dabei wird die Einzigartigkeit der Person (und ihrer Probleme), des Da- seins, der subjektiven Erfahrung betont.

Zu Störungen im Verhalten kommt es aufgrund falscher Entscheidungen und Werte, anormalen Bewusstseinsinhal- ten, mangelndem Lebenssinn und fehlender Kommunikation.

(10) Vertreter/innen des „Labeling"-Modells (GOFFMAN, RÜTHER, TANNENBAUM u. a.) beschäftigen sich weniger mit den Ursachen von Verhaltensauffälligkeiten als mit den Reaktionen und Sanktionen der Gesellschaft und kommen zur Ansicht, dass abweichendes Verhalten durch seine Etikettierung und durch die Reaktionen von Kontrollorganen wie psychosozialen Diensten, Polizei oder Justiz zum Problem wird.

(11) Beim mikrosozialen Modell werden pathogene Strukturen und Prozesse in kleineren sozialen Systemen (Familie, Schule etc.) für die Entstehung von Problemen hinsichtlich Verhalten ver- antwortlich gemacht. Das Modell wird vor allem in der Familienberatung, aber auch z. B. von KLEIN, BERNE und LAING vertreten. Dementsprechend werden etwa gestörte interpersonale Beziehungen und Interaktionsmuster, zwischenmenschliche Konflikte und fehlerhaft ausgeübte Rollen analysiert.

(12) Beim makrosozialen Modell, das sich auf die Lehrmeinungen von MARX, FROMM, DURKHEIM, BURGESS, PARSONS u. a. zurückführen lässt, stehen hingegen noch größere soziale Einheiten wie Wirtschaftssystem, Schicht oder Kultur im Mittelpunkt der genaueren Betrachtung. Ergo werden störende und auffällige Verhaltens- muster auf den schnellen gesellschaft- lichen Wandel in seiner Verbindung mit Wertekonflikt, Entfremdung, auf

Verstädterung, Ghettobildung, die kapitalistische Gesellschaftsordnung oder dem Zusammenstoß

verschiedener Kulturen zurückgeführt (vgl. TEXTOR 1988,

S. 129 ff).

Die Auflistung von Erklärungsmodellen könnte man noch verlängern und/oder weiter differenzieren. Allerdings zeigt sie sehr deut- lich – durch die Unterscheidung der wohl bekanntesten Erklärungsmodelle – dass jede dieser „Theorien" nur einige wenige Ursachen von Verhaltensstörungen herausstellt. Dem- nach wählen die einzelnen Theorien-Vertreter einen anderen Standpunkt, von dem aus sie sich dem Erkenntnisobjekt „psychische Probleme und Verhaltensstörungen" nähern.

Daraus resultieren unterschiedliche Perspek- tiven, so die Meinung der Verfasserin – für sie sind diese wissenschaftlichen Erkenntnisse sehr umfassend und komplex.

1.3 Fazit

Erklärungsmodelle sind im Grunde keine wissenschaftlichen Theorien, da sie für ihren Bereich kein umfassendes, auf Gesetzmäßig-

(8)

keiten, Regeln und Hypothesen beruhendes Erklärungssystem bieten.

Kein Modell kann für sich beanspruchen, eine systematische und in sich geschlossene Ord- nung aller Erkenntnisse über die Ursachen von Verhaltensauffälligkeiten von Kindern und Jugendlichen zu sein, diese unter Berück- sichtigung aller Aspekte zu erklären bzw. zu analysieren sowie die Wirklichkeit solcher Schüler vollständig widerzuspiegeln (vgl. TEXTOR 1988, S. 129 ff).

Zusammenfassend lässt sich also erklären, dass das heute unumstrittene Mehrebenen- modell bei der Ursachenklärung jener Symptomatik, die uns im Schulalltag so zu schaffen macht, unser Verständnis für Schülerinnen und Schüler mit Verhaltens- auffälligkeiten entscheidend beeinflussen sollte. Und gerade hier muss vor allem die individualpsychologische Betrachtungsweise im Sinne Alfred ADLERS im Vordergrund stehen, der den Menschen immer als einen Teil eines größeren Ganzen sieht, also als Teil seiner Familie, der Gesellschaft, seiner Kultur usw., was im Denkgebäude der Indi- vidualpsychologie begrifflich als „Gemein- schaftsgefühl“ (Alfred ADLER) seinen Platz gefunden hat.

„Wir glauben immer weniger imstande zu sein, bestimmte einzelne genetische Faktoren einerseits oder Umweltfaktoren andererseits für Fehlentwicklungen (des Kindes, Anm.) verantwortlich machen zu können, sondern sprechen heute von biopsychosozialen und multifaktoriellen Krankheitsmodellen, die unter dem Aspekt einer systemisch-dynami- schen Verflechtung untereinander zu sehen sind. (...) Die Individualpsychologie nimmt also an, daß der Mensch im wesentlichen ein Teil von größeren Systemen ist. (...) Seine Probleme sind immer als Probleme seiner sozialen Beziehungen zu betrachten.“

(LEIXNERING 1990, zit. nach POSCH 1990, S. 168/170)

Verhaltensauffälligkeiten, so unterschiedlich sie in der Praxis aufscheinen, müssen daher in einem größeren Zusammenhang betrachtet werden, und dem individuellen Fall entspre- chend muss unsere „pädagogische Brille“

immer etwas modifiziert werden. Dass dies Sensibilität, Flexibilität und Erfahrung voraus- setzt, das ist wohl keine Frage, aber dabei sind wohl unsere Schüler/innen die besten Lehrmeister/innen!

1.4 Diagnose von Lern- und Verhaltens- störungen

Das folgende Diagnoseschema beinhaltet die wesentlichsten Fragen, die bei der Betreuung von Verhaltensauffälligen zu beantworten sind, um erfolgreich handeln zu können.

Demnach kann es als relevantes Konzept bzw. pädagogische Handlungsgrundlage (für Beratungs-, Betreuungslehrer/innen und Psychagoginnen/Psychagogen) angesehen werden.

Graphische Darstellung über

„Methodisches Vorgehen – Detailschritte – Gesichtspunkt“ siehe nächste Seite!

Literatur

GRUBER, H., LEDL, V. (1992): Allgemeine Sonderpädagogik. Grundlagen des Unter- richts für Schüler mit Schulschwierigkeiten und Behinderungen.

Ein Studien- und Arbeitsbuch.

Wien: Jugend & Volk.

POSCH, C. (Hrsg.). (1990): Kinder im Mittel- punkt. Innsbruck

KOLLER, S. (2002): Vom Umgang mit ver- haltensauffälligen Schülern in der Haupt- schule. Das Burgenländische Betreuungs- lehrermodell. Diplomarbeit an der Fakultät für Human- und Sozialwissenschaften der Universität Wien. Eigenverlag.

TEXTOR, M. R. (1985): Integrative Familien- therapie. Eine systematische Darstellung der Konzepte, Hypothesen und Techniken amerikanischer Therapeuten. Berlin, Heidelberg, New York, Tokio: Springer.

Autorin

Mag. Dr. Susanne KOLLER

Erziehungswissenschafterin und seit 1981 im burgen- ländischen Schuldienst tätig.

(9)

Methodisches Vorgehen Detailschritte Gesichtspunkt

1. WAS liegt vor?

Beobachtungen und konkrete

ERFASSEN Beschreibung des Verhaltens phänomenologisch

2. WO zeigen sich die Probleme?

Abklären der schulischen, familiären und soziokulturellen Verhältnisse, in denen

das Kind lebt

situativ

3. WANN treten die Störungen auf?

Zeitpunkt im Lebenslauf chronologisch

INTERPRETIEREN ↓

4. a) WARUM kam es zu den Problemen? (Ursachen)

ätiologisch b) WOZU dient das Verhalten des Kindes? (Ziele)

5. WOHIN soll der Weg führen?

(kurz-, mittel- und langfristige Ziele fixieren) theologisch

PLANEN ↓

6. WIE können die Ziele erreicht werden?

(Methoden und Mittel) methodisch

7. WAS ist für alle Beteiligten möglich?

- für dieses Kind (Schüler/in)

- für mich als Lehrer/in (BL) dialogisch 8. WO liegen unsere gemeinsamen Chancen und Grenzen?

↓ AUSFÜHREN

9. HANDELN mit

ERFOLGSKONTROLLEN

10. KOOPERATION

mit schulischen und außerschulischen Instanzen zur Erstellung einer umfassenden

„SONDERPÄDAGOGISCHEN FÖRDERDIAGNOSE“

schulisch außerschulisch

Direktorinnen/Direktoren, Schulinspektorin- nen/-inspektoren, Schulpsychologinnen/Schul- psychologen, Betreuungslehrer/innen, Bera- tungslehrer/innen, Psychagoginnen und Psychagogen u. v. a.

Hort, Jugendamt, Facharzt des Kindes, Klinik (Neurologie, Kinderpsychiatrie), sozialpädago- gische und -therapeutische Institute, Institut für Erziehungshilfe, familientherapeutische Einrichtungen

Diagnoseschema von Lern- und Verhaltensstörungen (vgl. KOBI 1977; PEYER 1976 in: GRUBER u. LEDL 1992 S. 64).

(10)

Barbara Nigitz-Arch

Epidemiologie psychischer Störungen bei Kindern und Jungendlichen im

Pflichtschulalter

Psychische Störungen beeinträchtigen die optimale Aktivierung von Lern- und Entwick- lungspotentialen bei Kindern und Jugend- lichen und sind damit ein relevantes Thema für das System Schule. Epidemiologisches Wissen um Problembereiche soll weder paralysieren noch langweilen, sondern gibt Orientierungshilfe über notwendige Interven- tionen in den betreffenden sozialen

Systemen.

Laut HBSC-Studie (1) beträgt in Österreich der Anteil Kinder und Jugendlicher, welche aufgrund schwerer psychischer Störungen akut fachkompetenter Behandlung bedürfen, zwischen drei und vier Prozent der gesamten Altersgruppe.

Psychische Auffälligkeiten mit klinischer Relevanz, welche den diagnostischen Kriterien der WHO (ICD – 10/International classification of mental and behavioural disorders) entsprechen, treten aber in we- sentlich größerer Häufigkeit in Erscheinung.

„Weltweit leiden bis zu 20 % der Kinder und Jugendlichen an Behinderungen durch psychische Gesundheitsprobleme“ (2). Auf Europa bezogene Datenerhebungen (z. B.

Kurpfalzstudie 1993-96, WHO/HBSC 2001/02) nennen Prävalenzraten von zwi- schen 16 und 18 % im schulpflichtigen Alter und bis zu 18 Jahren hin.

Diese Liste wird von jenen 10,4 % der Kinder und Jugendlichen im Pflichtschulalter ange- führt, welche unter verschiedenen Formen von Ängsten leiden (z. B. Soziale Phobie, Trennungsangst, Versagensängste, generali- sierte Angst, spezielle Phobien).

Spitzenwerte von bis zu 15 % im Alter von ca.

13 Jahren (die Geschlechterdifferenz beträgt 1:2 im Verhältnis Burschen zu Mädchen) stellen einerseits ein entwicklungspsycholo-

gisches Faktum dar, treten aber insbeson- dere dann zum Vorschein, wenn „die typi- schen Entwicklungsaufgaben in diesem Ent- wicklungsabschnitt nicht ausreichend bewäl- tigt werden“ (3). Die Schule ist als Arbeits- platz der betroffenen Jugendlichen neben der Familie und Peer-group die „Bühne“ diesbe- züglicher Szenarien. Hierin bestehen notwen- dige Ansatzpunkte zu (Früh-)Erkennung und zur Vermittlung zu klinischer Diagnostik und Behandlung.

Klinisch relevante Formen der Angst beein- flussen also bei mehr als einem Zehntel unserer Schüler/innen im Pflichtschulalter in irgendeiner Form die Qualität des Schulbe- suches, den Schulerfolg, die emotionale Be- findlichkeit im Schulalltag oder die Qualität der sozialen Integration der betroffenen Jugendlichen.

Am Beispiel Sozialer Phobien wird deutlich, wie einfach aber effektiv Früherkennung und frühe Präventionsmaßnahmen (z. B. Soziales Kompetenztraining, Gruppentraining) zu einer Reduktion späteren Wiederauftretens oder Verhinderung der Chronifizierung beitragen könn(t)en. Der Zusammenhang zwischen kindlichen Ängsten und der Diagnose im Erwachsenenalter ist vielfach belegt. „Eine Angststörung in der Jugend stellt ein zwei- bis dreifach erhöhtes Risiko für eine Angststö- rung im Erwachsenenalter dar, wobei der überwiegende Teil der Menschen, die unter einer Sozialphobie leiden, diese bereits in jungen Jahren erwerben“ (4). Wenn wir be- denken, dass die Häufigkeit Sozialer Phobien im Jugendalter zwischen 5 und 10 % liegt, so wird erkennbar, dass gerade in diesem Altersbereich eine hohe Notwendigkeit be- steht, diesen Entwicklungen frühzeitig zu begegnen!

Es folgen mit einer durchschnittlichen Prävalenz von rund 7,5 % Schüler/innen mit Störungen des Sozialverhaltens, welche ge- meinsam mit den Hyperkinetischen Störun- gen (HKS, AD/HS) mit 4,4 % – zusammen- gefasst im Begriff „expansive“ Verhaltensstö- rungen – den Hauptteil schulischer Bera- tungstätigkeit wie auch einen Gutteil schul- psychologischer Interventionen beanspru- chen. In der Einschätzung von Lehrpersonen liegt die Häufigkeit hyperaktiver Schüler/innen jedoch bei 16 bis 18 %, in jener der Eltern immer noch mit 9,5 % (5) deutlich höher, als dies nach klinischen Kriterien der Fall ist.

Expansives Verhalten leitet die soziale Auf-

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merksamkeit von Lehrer/innen wesentlich stärker, Erwachsene und Gleichaltrige reagie- ren (meist konflikthaft) früher und markanter auf betreffende Verhaltensweisen, als dies bei sozialem Rückzug, Vermeidungsverhalten oder psychosomatischen Beschwerden je- mals der Fall ist. Expansives Verhalten ist jenseits empathischer Einfühlung wahrnehm- bar und wird meist im Sinne des Sozialen Konfliktes oder des „Sich durch das Verhalten des Jugendlichen in bestimmten Vorhaben gestört Fühlens“ wahrgenommen. Jenseits des Einzelfalles, welcher bestimmte Interven- tionen notwendig machen möge, ist in diesem Zusammenhang zu bedenken, dass Soziale Aufmerksamkeit (auch die negative, sanktio- nierende) geeignet ist, die Verhaltensrate (Wahrscheinlichkeit des Auftretens eines bestimmten Verhaltens) zu steigern. Das gilt natürlich auch für unerwünschtes Verhalten.

Mit 4,4 % depressiven Störungen liegt Öster- reich etwas über dem europäischen Durch- schnitt von 4 %. Dies bestätigt sich auch in der Suizidrate bei Jugendlichen, womit sich Österreich unrühmlich im europäischen Spitzenfeld befindet. „Depressive Störungen treten bei männlichen Jugendlichen häufiger schon im Schulalter, bei weiblichen Jugend- lichen im späten Jugendalter und frühen Er- wachsenenalter auf“ (6) und betreffen im Alter von 18 Jahren schon 9 % der Gesamtpopula- tion. Ihre Symptomatik zeigt vielfältige Er- scheinungsformen (Leistungsabfall, Antriebs- losigkeit, Desinteresse, sozialer Rückzug, psychosomatische Beschwerden, Substanz- missbrauch, Risikoverhalten). Sie ist ge- schlechtsspezifisch unterschiedlich. Suizid- ankündigungen von Kindern und Jugend- lichen haben in jedem Fall appellativen Charakter und sollten, wie auch immer geäußert, immer ernst genommen werden!

Fachliche Hilfe ist in jedem Fall anzuregen!

Traumatisierte Schüler/innen (Posttraumati- sche Belastungsstörungen) haben im allge- meinen zwar einen nur verhältnismäßig kleinen Anteil (1 %), häufen sich aber in Risikogruppen (z. B. Kinder mit Fluchterfah- rungen, Kinder aus psychosozial belasteten Familien ...) mit bis zu 58 % Prävalenz (7)!

Posttraumatische Belastungsstörungen äußern sich unter anderem in flashbacks (sich plötzlich aufdrängende Erinnerungen an die traumatischen Ereignisse), Albträumen und Schlafstörungen, wie auch Teilnahms-

losigkeit gegenüber der Umwelt oder aber auch extrem gesteigertem Antrieb.

Substanzmissbrauch beinhaltet einerseits den Aspekt der Sucht, andererseits jenen der Autoaggression/Depressivität. Der Anteil der Fünfzehnjährigen, welche angeben, schon mindestens 4 mal „richtig betrunken“

gewesen zu sein, pendelte sich nach einem Höchstwert von 28 % (1998) bei rund zwan- zig Prozent ein, wobei Mädchen mittlerweile mit den Burschen anteilsmäßig gleichge- zogen haben (8).

Der Aspekt der Lehrer/innenbefindlichkeit scheint im Lichte der bisherigen Darstellun- gen brisant:

Lehrer/innenbefindlichkeitsstudien (Bauer 1999/2001 (9); Potsdamer Studie 1995 (10);

Katschnig 1998 (11)) attestieren dem Be- rufsstand der Pädagoginnen/Pädagogen hohe Raten von Burnout (30 %) und seinen Vorformen (weitere 30 %!). Berücksichtigend, dass Erschöpfung, hohe Stressbelastung und belastete Befindlichkeit hemmende Wirkung auf Wahrnehmungsdifferenzierung mit sich bringt und problemorientierte Wahrneh- mungsmuster fördert (12), erscheint die Not- wendigkeit der flächendeckenden Implemen- tierung von Supervision und kollegialer Inter- vision in diesen Berufsfeldern besonders plausibel!

Insgesamt ist evident, dass derzeitige Be- gleitungs- und Beratungskontingente im österreichischen Schulwesen (Beratungsleh- rer/innenkontingente sind z. B. gebunden an angenommene 2,7 % Schüler/innen mit Sonderpädagogischem Förderbedarf) einer unverhältnismäßig hohen Zahl von Schü- ler/innen mit Beratungsindikation gegen- überstehen. Hier ausreichend – das heißt epidemiologischen Fakten entsprechend – und damit präventiv Beratung, Vermittlung und psychosoziale Begleitung sicher zu stellen, ist bzw. wäre eine Investition, welche sich langfristig im Sinn der psychosozialen Gesundheit und damit auch volkswirtschaft- lich rechnen würde.

Salzburg, September 2006

(12)

Quellen

(1) HBSC/Health Behaviour in School-aged Children (Österreich – Datenset aus den Jahren 2001/02); Die HBSC ist eine Studie der WHO/im Auftrag des BMGF/Ludwig Boltzmann Institut für Medizin- und Gesund- heitssoziologie, Wien.

(2) „Herausforderungen annehmen,

Lösungen schaffen“ – Psychische Gesundheit von Kindern und Jugendlichen; Arbeitspapier für die Europäische Ministerielle WHO-Konfe- renz für Psychische Gesundheit, Helsinki, Jänner 2005

(3) Stangl, W.; „Werner Stangl’s Arbeitsblätter – Angst, Depression und Suizidalität im Jugendalter“;

http://arbeitsblätter.stangl-taller.at (4) HBSC – factsheet Nr. 4, S. 8;

http://www.give.or.at/download/

(5) Döpfner, M.; „Therapieprogramm für Kinder mit hyperkinetischem und

oppositionellem Trotzverhalten – THOP”, PVU 2002; ISBN: 3621274251

(6) HBSC – factsheet Nr. 4; S. 9; s. o.

(7) Blanz, B.; Schmidt, H., u. a.: „Psychische Störungen im Kindes- und Jugendalter“

Vlg. Schattauer, Stuttgart 2006;

ISBN 3-7945-2175-7

(8) HBSC – factsheet Nr. 1; S. 2; s. o.

(9) Bauer, J.; „Stress und Burnout: Seelische Gesundheit im Beruf”;

http://www.psychotherapie-prof- bauer.de/burnoutframe.htm

(10) Schaarschmidt, U.; „Lehrerbelastung“;

basierend auf der Potsdamer

Berufsbefindlichkeitsstudie 1995f; in

D. H. Rost (Hrsg.), Handwörterbuch Pädago- gische Psychologie (2. Aufl.); Weinheim:Beltz (11) Katschnig, T.; „Lehrerbefindlichkeit, Lehrerängste“, ZS Erziehung und Unterricht 1/2, 2002

(12) U. Ravens-Sieberer u. a,: „Risiken und Ressourcen für die psychische Gesundheit von Kindern und Jugendlichen“, Robert Koch Institut, Berlin, aus: „Gesundheitswesen 2002, Sonderheft 1, S. 88 ff, Keyword

„Beurteilereffekte“, Georg Thieme Verlag Stuttgart, ISSN 0949-7031

Autorin

Dipl. Päd. Barbara Nigitz-Arch

Sonderpädagogin, Beratungslehrerin, Psycho- therapeutin

Sozialpädagogische Schule Salzburg VSHS Laufenstraße

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Dagmar Feurstein

Die Bedeutung der Kreativität des Kindes im Problemlösungs- prozess als Hilfe in der

Beratungslehrer/innentätigkeit

Zum Zugriff der „Kreativität“

Der Begriff „Kreativität“ hat sich aus sozialen wie auch ökonomischen Gründen geschicht- lich entwickelt. Man sieht, dass Menschen in einer Not- oder Ausnahmesituation, also unter großem Druck auf ihr kreatives Poten- tial zurückgreifen, um neue Wege zu be- schreiten und so versuchen, die Situation zu meistern. Es stehen also offensichtlich Krea- tivität und Problem- und Konfliktlösung in einem direkten Zusammenhang. Dabei spielen Selbstvertrauen und Motivation eine wichtige Rolle.

„Es sind gerade die schöpferischen, kreativen Fähigkeiten, die den Menschen in seinem Menschsein auszeichnen und die ihn davon befreien, der umgebenden Gesellschaft passiv ausgeliefert zu sein.“

(Schlicksupp, 1995, S. 84)

Der Kreativitätsforscher Schlicksupp spricht jedem Menschen dieses individuelle Potential der Kreativität zu. Wie sehr dieses individuell entwickelt, gefördert oder behindert wird, hängt sehr stark vom gesellschaftlichen Be- zugs- und Ordnungsrahmen ab, in dem man sich befindet. Die Kreativität als Summe von Fähigkeiten und Fertigkeiten gestattet quasi eine Neugestaltung der Welt. Diese könnte man auch als aktive, lebensbejahende, wandlungsbereite Einstellung gegenüber dem (privaten- und beruflichen) Leben

bezeichnen, das auf der Grundlage von Wissen, Verständnis und Verantwortung begründet ist. (Schlicksupp, S. 84)

Die Förderung dieses kreativen Potentials, das Erkennen und der Abbau von kreativi-

tätsbehindernden Aktivitäten sind sicher wichtige Bedingungen für das Berufs- und Lebensglück eines Menschen.

Noch heute sagt ein Symbol, ein Bild oder ein Objekt oft mehr als viele Worte. Es lässt nicht kalt, löst Gefühle aus, überwindet Barrieren – und ist, bei aller Unterschiedlichkeit der Sprachen und Kulturen oft der einzige Weg der Verständigung.

Gerade Kinder benutzen diesen Weg der Kommunikation in einer Differenziertheit und mit so viel Phantasie, die uns staunen lässt.

Ihre Kreativität drückt ein vitales Fühlen und Erleben aus, das mit Worten meist nicht möglich ist. Sei es im Spiel – mit Puppen oder Tieren –, im Rollenspiel, beim Arbeiten mit Ton oder anderen Materialien, in Phantasie- reisen etc. – immer gibt das Kind einen Teil seiner Gedanken, Ängste oder Wünsche preis.

Besonders in der Arbeit der Beratungsleh- rer/innen sind nonverbale Methoden eine gute Möglichkeit, Zugang zu den Kindern und ihren Problemen zu finden und ihre Kreativität im Problemlösungsprozess zu nutzen und zu fördern.

Kreativitätsbehindernde Einflüsse und daraus resultierendes Verhalten können sein:

(aus: Weisbier, Kreativitäts-Training)

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KREATIVITÄTSBLOCKADEN RESULTIERENDES VERHALTEN Sozialer Druck der Umwelt Anpassung, Blockade

Belohnung von Konformitätsverhalten in

Ausbildungs- und Berufssituationen Angst zur Minderheit zu gehören Angst vor Bestrafung

Gehorsamkeitsanspruch von z. B. Eltern,

kirchlichen Organisationen, Vorgesetzten Mangelnde Risikobereitschaft Mangelnde Motivation

Autoritäres Führungsverhalten Passivität, kein Mut zur Auseinandersetzung

Überhäufung mit Routine und Detailarbeit Mangelnde Originalität, Überlastung

Forderung nach geschlechtsspezifischem

Verhalten Mangelnde Initiative, Widerstand bei

Änderungen

Allwissenheitsanspruch der Experten Verlass auf Experten, Versagen beim Tun

„Aus der Hand nehmen …“ Kein Lernen aus Fehlern, Verlust von Selbstvertrauen

„Sich lustig machen, kritisieren …“ Angst, sich lächerlich zu machen

Eine positive Auseinandersetzung mit dem schöpferischen Potential von Kindern ist für das Individuum von hohem Nutzen, da es unter anderem das Selbstbewusstsein stärkt, das aus der Bestätigung heraus erwächst, dass man zu Leistungen fähig ist und dass man etwas bewirken kann.

Im unmittelbaren Umfeld werden Konflikte und Probleme in unserer Gesellschaft sehr häufig durch Drogenmissbrauch, Alkoholis- mus, Selbstmord und Scheidungen umgan- gen oder „gelöst“.

Kreative Problemlösungs- und Konfliktstrate- gien sind wertvoll für einen konstruktiven Um- gang mit dieser sozialen Realität, um zu der zuvor genannten lebensbejahenden Ein- stellung und zum Lebensglück zu gelangen.

Kreativer Prozess —

„Problemlösungsprozess“

Es herrscht in der Kreativitätsforschung Einig- keit darüber, dass der kreative Prozess auf

jeden Fall ein Problemlösungsprozess ist, wobei man den Begriff Problem nach der klassischen Definition von Süllwold wie folgt versteht:

„Ein Problem sei dann gegeben, wenn ein Individuum ein bestimmtes Ziel erreichen will, jedoch nicht weiß, wie es zu diesem Ziel gelangen kann, also nicht auf wohl- bekannte, spezifische Verfahren, spezifi- sche Techniken und Operationen zurück- greifen vermag.“ (Aus: Bedingungen und Gesetzmäßigkeiten des Problemlösungs- verhaltens, Süllwold, zit. nach Dinter, S. 29)

Oder wie Dinter es ausdrückt:

„Das Problem/die Problemaufgabe sagt dem Lernenden, was er tun soll. Wie er es tun kann, muss er selbst herausfinden.“

(Dinter, S. 29)

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Entwicklung des kreativen Prozesses

Der kreative Prozess erfolgt in Schritten:

- Die Problemerkennung selbst ist schon der kreative Akt.

- Die problematisierte Situation muss analysiert werden. Brauchbare Hinweise oder Assoziationen werden gebildet, die einen Lösungsvorschlag bringen.

- Neue, für den Lösungsentwurf brauch- bare Prämissen werden zu logischen Lösungen des Problems verarbeitet und einem Realitätstest unterzogen.

(Ulmann, 1973, S. 21)

Beim kreativen Prozess – auch Schaffungs- prozess genannt – werden, von zunächst aufeinander unbezogenen Erfahrungen und Erkenntnissen, Beziehungen zueinander ent- deckt, die zu völlig neuartigen Erkenntnissen führen und neue Denkformen ermöglichen.

Popper meint zum Stattfinden dieser Vor- gänge:

„Sowohl vorwissenschaftliche Erkenntnisse wie wissenschaftliches Erkennen beruhen auf Handeln und Denken: auf Problem- lösen. Beobachtungen spielen allerdings eine Rolle, doch diese Rolle besteht darin, uns Problemen zu stellen und uns zu helfen, unsere Annahmen auszuprobieren und auszumerzen.“

(Popper, „Das Ich und sein Gehirn“, zit. nach Dinter, S. 25)

Interessant an dieser Aussage Poppers ist die Reihenfolge, die beim kreativen Prozess Handeln vor Denken stellt. Ebenso wichtig erscheint der Hinweis auf Ausprobieren, das den Anspruch auf divergentes und nicht konvergentes Denken erhebt.

Es sind viele Wege und Lösungen möglich, aber nicht folgerichtig vorgedachte, denn der Kreative probiert auch gerade mit Wider- sprüchlichem und Unvereinbarem.

In diesem Sinne werden die Kinder zu Beginn der Betreuung eingeladen, sich einzulassen, auszuprobieren und später erst zu reflek- tieren.

Der kreative Prozess kann also einhellig als Problemlösungsprozess besonderer Art be- trachtet werden, bei dem die Betonung nicht so sehr auf „Problem“ liegt, sondern auf

„Lösung“!

Einige wichtige Punkte sollten dabei nicht vernachlässigt werden, wie z. B.:

- die Auswahl der Methode,

- die Persönlichkeit des kreativen Kindes, seine Motive usw.,

- die Aufgabenstellung und

- die Fachkenntnisse bzw. das Alter des Kreativen oder der kreativen Gruppe.

Erst dadurch kommt der kreative Prozess zustande, der in einem Klima des freien Assoziierens stattfinden und jede Form von analytischem und emotionellem Denkens zulassen sollte.

Literatur

Coleman, Daniel, Kreativität entdecken.

München, 1999

Dinter, Horst, Schule der Kreativität, Köln, 1985

Schlicksupp, Helmut, Innovationsmanage- ment – Wenn Ideen im Sande verlaufen, in: Manager Seminare, Heft 21, 1995 Ulmann, Gisela, Kreativität, Weinheim und

Berlin 1968

Weinert, Franz E., Kreativität – Fakten und Mythen, in: Psychologie heute,

September 1991

Weisbier, Erich, Kreativitätstrainingsstudie, München, 1979

Autorin

Dipl. Päd. Dagmar Feurstein

zwölf Jahre als Hauptschullehrerin tätig und seit zehn Jahren als Beratungslehrerin in Vorarlberg.

Abgeschlossene Ausbildung in der systemischen Kinder- und Jugendtherapie

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Josef Peinhopf

Genies sind im Lehrplan nicht vorgesehen — oder doch?

„Genies sind im Lehrplan nicht vorgesehen!“

Dies ist der Titel eines Buches von Alice Herdan-Zuckmayer, der Ehefrau von Carl Zuckmayer. Sie hat nur wenige Bücher ver- fasst, darunter eine Beschreibung ihrer Schul- zeit mit oben genanntem Titel. Darin erzählt sie von ihrem Selbstmordversuch als Kind aus Verzweiflung über ihre Schulsituation anfangs des vorigen Jahrhunderts. Sie durfte in die Schule einer damals sehr bekannten Wiener Reformpädagogin, Frau Eugenie Schwarzwald wechseln. Hier wurde sie von

„außergewöhnlichen“ Pädagoginnen und Pädagogen unterrichtet, darunter so klin- gende Namen wie: Adolf Loos, Arnold Schönberg und Oskar Kokoschka. Sie blühte in dieser Schule auf und ihr eigenes hohes kreatives Potential kam spät aber doch zur Entfaltung.

Eugenie Schwarzwald – vergessene österreichische Reformpädagogin

Szenenwechsel:

„Nach einer längeren Erkrankung wird Thomas im Alter von acht Jahren einge- schult. Zum Eklat kommt es, als der Lehrer Thomas einen Hohlkopf nennt. Dem Jungen reicht es, er packt seine Sachen, rennt nach Hause und erklärt der Mutter, dass er die Schule nie wieder betreten wird. Dies sind nicht nur leere Worte, sondern der Achtjäh- rige hat einen unumstößlichen Entschluss gefasst. Zum Glück findet Thomas, dessen Hochbegabung bis jetzt noch niemand er-

kannt hat, in seiner Mutter eine tatkräftige Verbündete.“ (1)

Der vollständige Name von Thomas lautet:

Thomas Alva Edison, Erfinder unzähliger technischer Errungenschaften.

Thomas Alva Edison

Im November 2006 fand in Salzburg ein internationaler Kongress zum Thema:

„Versteckt – verkannt – verborgen;

Erkennen und Fördern hochbegabter Underachiever“ statt.

Inzwischen sind sich Fachleute einig: Das

„Nicht-Erkennen“ von Hochbegabung hat Auswirkungen und zwar negativer Art.

Hochbegabte Kinder, deren Begabung nicht erkannt und entsprechend gefördert wird, können sich durchaus zu Schulversagern oder auch Schulverweigerern entwickeln, deren hohes Potential nie oder erst spät zur Entfaltung findet. Das wiederum hat Auswir- kungen auf äußere Faktoren wie Berufs- findung, Lebensgestaltung und auf innere Faktoren wie Selbstvertrauen, Selbstwert- gefühl, Selbstwirksamkeit. Im schlimmsten Fall entsteht ein Teufelskreis, der zu Verhal- tensauffälligkeiten, depressiven Mustern und Suizidtendenzen führen kann, wenn er nicht unterbrochen wird.

Als Underachiever bezeichnet man hoch- begabte Schülerinnen und Schüler, die Leistung verweigern oder nicht die ihnen mögliche Leistung erbringen. Die mit den offiziellen IQ-Tests ermittelte Hochbegabung beginnt zumindest im westlichen Raum bei einem IQ von 130 aufwärts. Circa 1,5 % bis 2 % der Mitglieder jeder Generation dürften hochbegabt sein. (Mähler/Hofmann). Man geht davon aus, dass „der Anteil an Under- achievern innerhalb der Hochbegabten-Popu- lation bei 11 % liegt.“ „In unserer Studie berichteten 40% der befragten Eltern, dass die Leistungen ihrer hochbegabten Kinder unter ihrem Potential lagen, wobei diese

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Tatsache von 19 % als schwerwiegend bzw.

sehr belastend empfunden wurde.“(2) Einige mögliche Folgen des

underachievements können sein:

• Depressivität

• Resignation im Schulischen

• „Verpfuschte“ Berufswahl

• Aggressivität, Störverhalten (Clownerie) als Alternative zur Langeweile

• Disziplinlosigkeit; kein Erlernen von Arbeitstechniken

Es ist aus der Sicht des Beratungslehrers durchaus denkbar, dass manches auffällige Verhalten einer Schülerin, eines Schülers rückführbar auf nicht erkannte Hochbe- gabung oder nicht adäquate Förderung ist.

Ein Beispiel aus meiner Praxis:

Ein Schüler beginnt die Sekundarstufe im Gymnasium. Seine Leistungen sind so inkonsistent, dass er noch im ersten Schul- jahr in die Hauptschule wechseln muss. In der Hauptschule verschlechtern sich seine Leistungen innerhalb zweier Jahre so rapide, dass er am Ende der dritten Klasse in allen Hauptgegenständen in der dritten Leistungsgruppe geführt wird. Er bringt nahezu keine Arbeiten mehr, tut auch in der Schule nichts und stört massiv den Unterricht.

Erst gegen Ende der dritten Klasse kommt es zum Kontakt der Eltern und des Schülers mit dem Schulpsychologen, danach auch mit dem Beratungslehrer. Es kommt zu einer Helferkonferenz, bei der das ganze

Ausmaß der Leistungsverweigerung und Ver- haltensauffälligkeit erst klar wird. Konzepte werden erstellt, Lernpläne entwickelt, eine Betreuung durch den Beratungslehrer be- ginnt. Wie groß die Wahrscheinlichkeit einer adäquaten, den eigentlichen Fähigkeiten des Schülers entsprechenden weiteren Beschu- lung zu diesem Zeitpunkt ist, steht noch in den Sternen.

Wie kann nun eine hohe Begabung identifiziert werden?

Zunächst muss man sagen: „Je mehr Infor- mationsquellen man zur Verfügung hat, desto eher wird eine hohe Begabung für Außenstehende erkennbar werden.“

Solche Quellen können sein:

• Eltern

• Klassenlehrerinnen/Klassenlehrer (auch Religions-, Werklehrerinnen …)

• Schulkolleginnen/Schulkollegen

• Außerschulische Vereine, in denen das Kind tätig ist

• Freunde der Eltern/des Kindes; peers Bedeutend ist die genaue Beobachtung jeder einzelnen Schülerin/jedes einzelnen Schülers in verschiedenen Situationen (Unterricht, Pause, Wandertag, Referate, am Computer …). Am ehesten können Begabun- gen identifiziert werden, wenn der Unterricht Raum für alternative Unterrichtsformen lässt (Entdeckendes Lernen, Problemorien- tiertes Lernen, Spielorientiertes Lernen, Inter- essenorientiertes Lernen, Praxisbezogenes Lernen). Wichtig für Klassenlehrerinnen/Klas- senlehrer wäre der regelmäßige Austausch mit anderen Personen, die für das Kind relevant sind.

Darüber hinaus gibt es gezielte Fragebögen, die Einblicke in die Interessenswelt der Schülerinnen und Schüler bieten. (z. B. bei HUSER Joelle, Lichtblick für helle Köpfe, Lehrmittelverlag des Kantons Zürich 2001).

Aus den Ergebnissen können sicher erste Schwerpunkte der Begabung gefunden werden.

Als nächster Schritt wird in den meisten Fällen ein schulpsychologisches Diagno- severfahren anzuraten sein. Einerseits wer- den der IQ im Gesamten und in Teilbereichen

(18)

festgestellt und auch andere Merkmale wie Kreativität, Konzentrationsfähigkeit, Leis- tungsbereitschaft mit einzubeziehen sein.

Natürlich kann man einer Intelligenzdiagnos- tik differenziert gegenüber stehen, aber gerade in Fällen von underachievement gekoppelt mit Verhaltensauffälligkeiten wird sie unerlässlich sein, um möglichen Hinter- gründen für das Verhalten (z. B. Unterforde- rung, Langeweile …) auf die Spur zu kom- men.

Eine weitere Möglichkeit bietet sich in der Kontaktaufnahme mit Beratungsstellen für Hochbegabte, die mehr oder weniger präsent in allen Bundesländern existieren.

Nachzufragen wäre hier sicher bei den Landesschulräten bzw. dem Stadtschulrat in Wien. In allen Bundesländern gibt es speziell ausgebildete Lehrerinnen und Lehrer, die Beratung in Bezug auf Begabtenförderung anbieten können (z. B. Lehrerinnen und Lehrer mit dem ECHA-Diplom oder mit abge- schlossenen Akademielehrgängen für Bega- bungsförderung.) Die Kombination von Bera- tungslehrer/in für Verhaltensauffällige und Berater/in für Hochbegabte ist bei Problemen wie underachievement oder der Koppelung von mehreren Dynamiken (Hochbegabung und LRS, Hochbegabung und ADS, Hoch- begabung und Mobbing …) sicher empfeh- lenswert.

Wird bei einer Schülerin/einem Schüler eine Hochbegabung diagnostiziert, ist es sicher nötig (entweder präventiv oder auch um einen negativen Prozess wieder umzukehren), sich als Team gut zu überlegen, wie die weitere schulische Förderung und Begleitung aussehen könnte. Gibt es bereits Modelle der individuellen Begabtenförderung an der Schule? Können solche geschaffen werden?

Gibt es die Möglichkeit der Begleitung der Schülerin/des Schülers durch eine geeignete Beraterin/einen geeigneten Berater (Schul- psychologischer Dienst, Beratungslehrerin/

-lehrer, Coach …)? Wird es nötig und möglich sein, in Einzelgesprächen, aber auch durch Soziales Lernen die persönliche Situation der Schülerin/des Schülers im Klassenver- band zu verbessern? Solche und ähnliche Fragen sollten bei erweiterten

Teamkonferenzen besprochen und geklärt, Ziele vereinbart und immer wieder eva- luiert werden. All das erfordert Koordina- tion, die meiner Meinung nach eventuell von der Beratungslehrerin/dem Beratungslehrer

nach genauer Klärung des Auftrages über- nommen werden könnte. Beratungstätigkeit muss auch in diesem Fall als sich prozesshaft entwickelnde Begleitung über einen längeren Zeitraum verstanden werden. Das freiwillige Einverständnis aller Beteiligten ist die Voraus- setzung.

Ein literarisches Beispiel zum Schluss:

Mikis Theodorakis, bekannt als Komponist von eingängigen Sirtakis, wie z. B. Sorbas Dance, weniger bekannt als anerkannter moderner Vertreter sinfonischer Musik, beschreibt im ersten Teil seiner Autobiografie

„Die Wege des Erzengels“ (3) folgende Szene:

„Am nächsten Tag (nachdem er zum ersten Mal Beethoven gehört hatte) stand ich in der Schule auf und erklärte Herrn Likakis, meinem Mathematiklehrer, der mich be- sonders schätzte, weil ich mich bis dahin sehr engagiert für Algebra und Trigonometrie interessiert hatte: „Weil ich Sie nicht betrügen möchte, setzte ich Sie davon in Kenntnis, dass ich mich ab jetzt nur noch mit Musik beschäftigen werde. Dieses Buch, das ich in Händen halte, ist ein Musikbuch. Ich werde jetzt in allen Fächern nur solche Bücher lesen. Die anderen Schulfächer interessieren mich nicht. Auch Mathematik nicht.“ Die nächsten zwei Schuljahre wurden zu einer schwierigen Angelegenheit für mich, weil ich auf die Fragen während der Leistungskon- trollen nicht antwortete und nur schlechte Zensuren bekam. Nachdem meine Freunde und mein Vater Druck auf mich ausgeübt hatten, willigte ich ein, das Minimum für die Schule zu tun, um wenigstens das Gym- nasium absolvieren zu können. Dabei halfen mir auch meine Lehrer.“

Mikis Theodorakis

Mikis Theodorakis hat es geschafft, seine schulische Laufbahn zu beenden und trotz-

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dem seiner Begabung und lebenslangen Leidenschaft treu zu bleiben, nicht ohne Hilfe nahestehender und begleitender Menschen.

Schön finde ich, dass er an dieser Stelle so- gar seine ehemaligen Lehrer erwähnt. Was für ein Gedanke – vielleicht in der Autobio- grafie eines ehemaligen Schülers positiv ge- nannt zu werden. Aber sollte es auch nicht dazu kommen, die Begleitung hochbegab- ter Schülerinnen und Schüler und das Er- leben, wie ein Mensch sich und seine Fähig- keiten entfaltet lohnt den Einsatz, der dazu nötig ist ohnehin.

Und ein kleines Geheimnis sei am Schluss verraten: Die Lehrpläne sind voll von Stellen, anhand derer man mit nur ein klein wenig Willen erkennen kann, dass auch „Genies im Lehrplan vorgesehen sind“.

Anmerkungen

1) Hochbegabung; FEGER, Barbara/

PRADO, Tania; Primus Verlag, Darmstadt, 1998, Seite 23 ff

2) Hochbegabtenberatung in der Praxis;

WITTMANN, Anna Julia/HOLLING, Heinz;

Verlag Hogrefe 2001, Seite 118 3) Die Wege des Erzengels;

THEODORAKIS, Mikis; suhrkamp taschenbuch 1998, Seite 112

Autor

Dipl. Päd. Josef Peinhopf

Sonderschullehrer für ASO, SB und SES

Dipl. Berater für Begabungs- und Begabtenförderung Beratungslehrer für verhaltensauffällige Schüler/innen Konflikt- und Mobbingberater

Autor im Journal für Begabungsforderung, Studien- verlag Innsbruck

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Sabine Wegscheider

Bericht aus der Praxis

Ich arbeite als Beratungslehrerin in Spittal an der Drau, dem größten Bezirk von Österreich.

Ausgehend von meinem Standort im Schul- zentrum West (VS 1, VS 2, ASO, Musik- schule, Hort) versuche ich meine Arbeit bestmöglichst zu koordinieren. Theoretisch wäre ich für insgesamt 47 Volksschulen zuständig. Da es natürlich nicht möglich ist, alle Schulen regelmäßig zu betreuen, liegt mein Aufgabengebiet grundsätzlich in der Krisenintervention.

Auf die Vorgehensweise in meiner Arbeit werde ich im weiteren Verlauf noch genauer eingehen.

Meine Auftraggeber/innen können Schullei- ter/innen, Lehrer/innen, Eltern, das Sonder- pädagogische Zentrum, aber auch der Be- zirksschulinspektor sein. Es kann aber auch vorkommen, dass das Referat für Jugend und Familie oder andere Institutionen um Mithilfe bitten.

Ein Hauptbestandteil meiner Arbeit liegt im Koordinieren von Vernetzungsgesprächen.

Dies können schwerpunktmäßig und beispiel- haft unter anderem sein:

- eine bessere Kommunikation zwischen Elternhaus und Schule,

- Bedürfnisse der Eltern bzw. Kinder und die dazu notwendigen Interventionen und - der oft dringend notwendige Austausch

aller Beteiligten in Form einer Helferkonferenz.

Vielfach ist es bei Eltern-Lehrer/innen Ge- sprächen hilfreich, wenn die Möglichkeit be- steht, über eine außen stehende Person die aktuelle Situation besprechen zu können.

Dies sehe ich als eine wesentliche Aufgabe meiner Arbeit, um in weiterer Folge eine Er- leichterung für alle Beteiligten zu erlangen.

Oft ist die Gesprächsgrundlage zwischen Eltern und Lehrer/in schon sehr eingeengt, sodass keine positive Veränderung für das

Kind herbeigeführt werden kann. Zumeist handelt es sich dabei um Kleinigkeiten, wie z. B. eine Füllfeder oder ein Klebstoff, welche schon wochenlang von der Klassenlehrerin vergebens eingefordert wurden. Oder es handelt sich um nicht vorhandene, unvoll- ständige Hausübungen und/oder es werden keine Verbesserungen gemacht.

In den meisten Fällen ist aber eine Fehlsteue- rung im psychosozialen und/oder im kogniti- ven Bereich des Kindes vorhanden, welche im täglichen Unterricht in der Gruppe sichtbar wird. Um dies genauer differenzieren zu kön- nen, ist die Bereitschaft der Eltern für eine spezifische Abklärung (zumeist eine psycho- logische) dringend notwendig. Wenn dieser erste und wichtigste Schritt gesetzt ist, kön- nen alle anderen notwendigen Interventionen aufgrund der Diagnose in weiterer Folge ein- geleitet werden. Für dieses Elterngespräch braucht es aber auch gute Voraussetzungen.

Angefangen von einem empathischen Grund- verständnis bis zu einer angenehmen Ge- sprächsatmosphäre, welche auch einen ent- sprechenden Raum benötigt. In diesem Ge- spräch sollte verständlich gemacht werden, dass alle notwendigen Schritte als Hilfestel- lung für eine gezielte und bestmögliche Weiterentwicklung des Kindes dienlich sind.

Dies können inhaltlich eine Erziehungsbera- tung, Psychotherapie, Familienintensivbetreu- ung, Mediation, Ergotherapie, Logopädie, eine allgemeine oder spezifische (Teilleis- tungsbereiche) Lernförderung, Sport (auch Motopädagogik) oder eine andere Form der Nachmittagsbetreuung sein.

Um die genannten Interventionen gezielt setzen zu können, ist eine intensive Zusam- menarbeit mit anderen Institutionen äußerst wichtig.

Diese Zusammenschau dient zur allgemeinen Informationsweitergabe. Die in einer Helfer- konferenz beteiligten Interventionsstellen können unter anderem das Referat für Jugend und Familie (vormals Jugendamt), der PPD (Psychologisch Psychotherapeuti- scher Dienst von der Arbeitsvereinigung der Sozialhilfeverbände), das SPZ (Sonder- pädagogische Zentrum), das SPZ (Sozial- Psychiatrische-Zentrum), FIB (Familien-Inten- siv-Betreuung vom Referat für Jugend und Familie), Ergotherapeutinnen/-therapeuten u. a. sein.

(21)

Wenn ein Kind einen mehrwöchigen statio- nären Aufenthalt im Landeskrankenhaus zur genaueren Diagnostik braucht, besteht auch hier ein wichtiger telefonischer Austausch.

Selbstverständlich funktioniert die Informa- tionsweitergabe nur mit dem Einverständnis der Eltern.

Ein hoher Prozentsatz meiner betreuten Kinder ist männlich. Meist sind aggressive Verhaltensweisen, also eine nach außen gehende sichtbare Störung, der Interventions- grund. Deswegen sehe ich als eines meiner Aufgabengebiete die Organisation des thea- terpädagogischen Projekts „Mein Körper gehört mir“. In diesem Projekt geht es um die eigene Wahrnehmung der Ja- und Nein- Gefühle und in weiterer Folge um die Auf- arbeitung des doch sehr sensiblen und oft tabuisierten Themas des sexuellen Miss- brauchs.

Das Projekt fängt mit einem Elterninforma- tionsabend an, bei dem alle drei Teile des Theaterstücks hintereinander vorgestellt werden. Im Anschluss daran besteht die Möglichkeit einer Diskussionsrunde mit einer erfahrenen Psychotherapeutin, welche auch danach konsultiert werden kann.

Mit den Kindern erstreckt sich das Projekt über drei Wochen, d.h. jede Woche wird eine Sequenz des Theaterstücks den Kindern der dritten und vierten Klasse dargestellt. Beson- ders berührend aber auch entwicklungsför- dernd sehe ich die Möglichkeit des Nach- spielens der einzelnen Theatersequenzen.

Natürlich sollte dieses Thema auch von den jeweiligen Klassenlehrer/innen vor- und nach- bereitet werden. Dies hängt erfahrungsge- mäß sehr stark von der eigenen Bereitschaft der Auseinandersetzung mit dem Thema des sexuellen Missbrauchs ab. In Spittal misst sich der Erfolg in der Bereitschaft der Schu- len, dies doch sehr kostenintensive Projekt immer wieder durchzuführen.

In Spittal/Drau findet in zweimonatlichen Ab- ständen eine überregionale Sitzung statt. Hier finden sich Sozialarbeiterinnen, Psycho- loginnen/Psychologen bzw. Psychothera- peutinnen/-therapeuten vom LKH und PPD, Schulärztin, Schulpsychologinnen/-psycho- logen, Bezirksschulinspektor/in, Lehrer/innen, Mediator/in aber auch Polizei oder Richter ein. Inhaltlich werden regionale und überregionale Neuigkeiten ausgetauscht, aber auch interessante Themenschwerpunkte mit außenstehenden Referentinnen/Referen-

ten genauer bearbeitet. Ein Schwerpunkt liegt sicherlich in einem fachlich vernetzten Aus- tausch.

Über das Pädagogische Institut in Klagenfurt steht uns die Möglichkeit der Teilnahme bei einer überregionalen Supervisions- bzw.

Intervisionsgruppe zur Verfügung. Bei diesen Gesprächen werden Erfahrungswerte ausge- tauscht, Neuigkeiten weitergegeben und Hilfestellungen bei schwierigen Fällen ange- boten. Ein wesentlicher Faktor ist auch das Zusammenkommen mit anderen Kolleginnen/

Kollegen, welche vielfach vor Ort (Region) keine Möglichkeit des Erfahrungsaustausches haben.

Wichtig erscheint dabei, dass in diesen Ge- sprächen nicht nur die Schwierigkeiten mit Eltern und Kindern besprochen werden kön- nen, sondern auch Schwierigkeiten, die es oftmals mit Schulleiterinnen/Schulleitern oder anderen Vorgesetzten gibt.

Einige Kolleginnen/Kollegen nutzen auch die Form einer privaten Supervision, die sie selbst organisieren und finanzieren.

Auch wenn die Rahmenbedingungen sich teilweise schwierig gestalten, besteht für mich als wesentlicher Motivationsfaktor meiner Arbeit die positive Veränderung des Kindes.

So gelingt es mir leichter, jeden einzelnen Fall mit neuer Energie anzuschauen, einzelne Puzzleteile zusammenzusetzen, diese zu analysieren um schlussendlich eine gezielte Hilfestellung anbieten zu können.

Autorin

MMag. Sabine Wegscheider geboren 1964 in Gmünd/Kärnten Mutter eines 14jährigen Sohnes

Werkerziehungs-, Sonderschul- und Beratungslehrerin Studium der Pädagogik und der Psychologie

Motopädagogin

Therapeutin beim Qualitätszirkel Legasthenie

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Anneliese Brunnthaler

Kinder in ein suchtfreies, gewaltfreies Leben begleiten

Suchtprävention geschieht im täglichen Umgang miteinander. Erziehende können dazu einen Beitrag leisten.

1. Kinder brauchen Selbstvertrauen

„Ich-Stärke“

Für die Entwicklung ihres Selbstwertes brau- chen Kinder das nötige Vertrauen, dass sie so angenommen werden, wie sie sind, mit ihren Schwächen und Stärken.

Über den Kommunikationsstil innerhalb der Familie wird der Selbstwert vermittelt.

Lob und Anerkennung erfüllen das Kind mit Stolz, ermutigen es zur Übernahme von Eigenverantwortung und stärken das Ver- trauen in die eigenen Fähigkeiten. Die Förde- rung der Stärken mindert die Angst vor eigen- verantwortlichem Handeln und hilft, Konflikt- situationen gewaltfrei zu lösen und Proble- men nicht aus dem Weg zu gehen.

Starkes Selbstbewusstsein ist die Voraus- setzung dafür, Anfeindungen und Spannun- gen auszuhalten.

Kritik, mangelndes Zutrauen („Lass mich das machen“, „das kannst du sowieso nicht“ …) verhindern die Entwicklung des Selbstwert- gefühles heranwachsender Jugendlicher.

Eltern, die ihren Kindern den Rücken stärken, zu ihnen stehen, auch wenn sie „Mist gebaut“

haben, geben ihnen das nötige Rüstzeug für eine gesunde Entwicklung ihrer Persönlich- keit, für ein gewalt- und suchtfreies Leben.

„Wären meine Eltern hinter mir gestanden, als ich noch ein Kind war, wäre ich nicht in dieser Scheiße gelandet.“ (Thomas, alkohol- krank)

Jugendliche, die das Vertrauen haben, bei ernsten Problemen mit der Hilfe ihrer Eltern rechnen zu können, werden diese im Ernstfall auch annehmen. Rechnen sie aber mit

Gleichgültigkeit, Strafe, Entwertung und Ablehnung, werden sie zur Angstbeseitigung oder zum Entlasten von Problemen eher zu Suchtmitteln greifen.

Kinder mit geringem Selbstwertgefühl, schüchterne und unsichere Kinder müssen ihre Schwächen verbergen. Sie befürchten, dass andere ihre Fehler entdecken und halten sich auf Distanz. In schwierigen Situationen reagieren sie mit Aggression und Gewalt oder mit dem Ersatzmittel „Droge“ für die ungestillte Sehnsucht nach Liebe und Anerkennung.

Manche Kinder stecken schon zu tief in ihrer zornigen Abwehrhaltung gegenüber der Umwelt. Sie brauchen professionelle Unterstützung von Erziehungsberatern und Therapeuten.

2. Kinder übernehmen Verantwortung und Verpflichtungen: „Ich bin wichtig“

Eltern, die ihren Kindern angemessene Frei- heit innerhalb sicherer Grenzen zumuten, ohne sie zu über- noch zu unterfordern, geben ihnen die Chance, rechtzeitig mit Verantwortung umgehen zu lernen. Jugend- liche erleben sich in solchem sozialen Umfeld als vollwertiges Familiemitglied gebraucht und ernst genommen. Sie müssen später nicht mit Drogen vor Herausforderungen flüchten. Sie lernen, in der Gesellschaft einen entsprechenden Platz einzunehmen und Eigenverantwortung zu übernehmen.

3. Kinder brauchen Grenzen und Regeln Regeln sind notwendig, um in einer Gemein- schaft zusammen leben zu können.

Altersgerechte Grenzen geben Sicherheit, Orientierung, Halt und Schutz.

Grenzenlosigkeit oder zu enge Grenzen för- dern Einsamkeit und Überforderung bezie- hungsweise Grenzverletzungen und Wider- stände. Der Griff zur Droge lässt verdrängen oder verstärken.

Eltern, die sich selbst an vereinbarte Grenzen und Regeln halten, sind den Kindern Vorbild im Umgang damit. Bereits gesetzte Grenzen sind auf ihre Sinnhaftigkeit in Bezug auf die

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