• Keine Ergebnisse gefunden

Die OeNB wies Ende November 2012 mit 39,2 Mrd EUR eine große TARGET2-Verbind- lichkeit in ihrer Bilanz aus

N/A
N/A
Protected

Academic year: 2022

Aktie "Die OeNB wies Ende November 2012 mit 39,2 Mrd EUR eine große TARGET2-Verbind- lichkeit in ihrer Bilanz aus"

Copied!
22
0
0

Wird geladen.... (Jetzt Volltext ansehen)

Volltext

(1)

TARGET2 ist das wichtigste Zahlungs- verkehrssystem für Großbetragszahlun- gen in Euro (Kokkola, 2010). TARGET2 wird von den nationalen Zentralbanken im Eurosystem gemeinsam betrieben, und grenzüberschreitende Zahlungen zwischen Teilnehmern im Euroraum schlagen sich in den Bilanzen der natio- nalen Zentralbanken nieder. Die OeNB wies Ende November 2012 mit 39,2 Mrd EUR eine große TARGET2-Verbind- lichkeit in ihrer Bilanz aus. Dies bedeu- tet, dass seit Beginn der Währungs- union über TARGET2 und das Vor- läufersystem TARGET mehr Euro aus Österreich ins Ausland als vom Ausland nach Österreich überwiesen worden sind.1

Im Zuge der Finanz-und Wirtschafts- krise sind die TARGET2-Forderungen und -Verbindlichkeiten einiger Euro- raum-Länder stark gestiegen. Die hohen

Salden provozierten eine öffentliche Debatte, in der diese Salden von eini- gen als selbstständiges Problem betont und von anderen als bloße Begleit- erscheinung der Banken- und Staats- schuldenkrise interpretiert wurden, die keine gesonderte Beachtung verdienen.2 Beiden Positionen ist jedoch gemein- sam, dass die hohen TARGET2-Verbind- lichkeiten mit der Finanz- und Wirt- schaftskrise in Verbindung gebracht werden. So schreibt auch die EZB in ihrem Jahresbericht 2011: „Bis zur Finanz- bzw. Staatsschuldenkrise waren die TARGET2-Forderungen und -Ver- bindlichkeiten der nationalen Zentral- banken relativ stabil, da die grenzüber- schreitenden Zahlungsströme zwischen den einzelnen Euro-Ländern recht aus- gewogen waren.“ (EZB, 2012a, S. 38).

Während die aktuelle Höhe der Forderungen und Verbindlichkeiten

Wissenschaftliche Begutachtung:

Jens Ulbrich, Alexander Lipponer, Deutsche Bundesbank

In der öffentlichen und wissenschaftlichen Diskussion zum Zahlungsverkehrssystem TARGET2 werden die hohen Forderungen und Verbindlichkeiten einiger Euroraum-Länder durchwegs mit der Finanzkrise in Zusammenhang gebracht. Die implizite Annahme, dass die TARGET2- Salden ohne Krise nahe null sind, ist jedoch theoretisch wie empirisch falsch. Die vorliegende Studie beleuchtet die Mechanismen im Zahlungsverkehr, die in den letzten zehn Jahren bei der Oesterreichischen Nationalbank (OeNB) zum kontinuierlichen Aufbau einer bedeutenden TARGET2-Verbindlichkeit geführt haben. Ursache ist der strukturelle Zufluss von Banknoten zur OeNB, die teils aus dem Tourismus, hauptsächlich aber aus den Rücklieferungen von Euro-Bargeld aus Ländern außerhalb der Währungsunion stammen. Das als Bargeld nach Österreich gebrachte Zentralbankgeld verlässt Österreich in unbarer Form und führt zu einer entsprechenden Verbindlichkeit der OeNB in TARGET2. Auch in anderen Ländern der Währungsunion fließt strukturell bedingt bares und unbares Zentralbankgeld zu bzw. ab. Ein Verständnis dieser Flüsse ist Voraussetzung für die korrekte Interpretation der TARGET2- Salden während und nach Ende der aktuellen Krise.

Clemens Jobst, Martin Handig, Doris Schneeberger1

1 Oesterreichische Nationalbank, Abteilung für volkswirtschaftliche Studien, clemens.jobst@oenb.at; Abteilung Bilanzierung und Risikoüberwachung Treasury, martin.handig@oenb.at; Abteilung für Bargeld- und Zahlungs- verkehrssteuerung, doris.schneeberger@oenb.at. Die Autoren danken René Dell’Mour, Alexander Lipponer, Maria Oberleithner, Markus Pammer, Silvia Schön, Helmut Stix und Jens Ulbrich für wertvolle Anregungen und Diskussionen.

2 Die Literatur ist inzwischen sehr umfangreich. Zur Sicht, dass TARGET2 ein selbstständiges Problem darstellt, siehe insbesondere Sinn und Wollmershäuser (2012) und die meisten Beiträge in ifo Schnelldienst (2011). Für eine Darstellung der TARGET2-Salden als Nebeneffekt der Banken- und Staatsschuldenkrise siehe z. B. Allen und Moessner (2012), Bindseil und König (2012), Buiter et al. (2011), Cecchetti et al. (2012) sowie Ulbrich und Lipponer (2011). Für eine ökonometrische Analyse mit diesem Ergebnis siehe Auer (2012).

(2)

die grenzüberschreitende Bewegung von euro-Bargeld und Österreichs tarGet2-Verbindlichkeit

Geldpolitik & Wirtschaft Q4/12 35

zweifelsohne mit der Krise im Zusam- menhang steht, ist die Aussage, dass die TARGET2-Salden ohne Krise nahe null bzw. konstant sind, sowohl theoretisch als auch empirisch falsch (Jobst, 2011;

Jobst et al., 2012; Boeckx und König, 2012).3 Die Verbindlichkeit der OeNB aus TARGET2 ist nicht plötzlich im Lauf der Krise entstanden, sondern hat sich seit Beginn der Währungsunion langsam und kontinuierlich aufgebaut.

Die vorliegende Studie beleuchtet im Detail die strukturellen Mechanis- men im baren und unbaren Zahlungs- verkehr, die über die letzten zehn Jahre bei der OeNB zum kontinuierlichen Aufbau einer bedeutenden TARGET2- Verbindlichkeit geführt haben. Das wichtigste Element zum Verständnis des TARGET2-Saldos ist die gemein- same Betrachtung beider Formen von Zentralbankgeld, das heißt dem unba- ren Zentralbankgeld (Guthaben bei einer nationalen Zentralbank), das über TARGET2 transferiert werden kann, und dem baren Zentralbankgeld, den Banknoten. Tatsächlich hat die OeNB parallel zur Verbindlichkeit im unbaren Zahlungsverkehr (TARGET2) eine ähnlich hohe Forderung im baren Zah- lungsverkehr aufgebaut. Ende Novem- ber 2012 wies die Bilanz der OeNB eine Forderung von 41,5 Mrd EUR aus der Anpassung des Banknotenumlaufs aus. Dies bedeutet, dass seit Beginn der Währungsunion laufend mehr Bargeld bei der OeNB eingeliefert als von der OeNB ausgezahlt wurde. Der vorlie- gende Beitrag zeigt, dass der TARGET2- Saldo der OeNB sich zum größten Teil durch diesen strukturellen Zufluss an Bargeld erklären lässt. Die Ursachen für den Bargeldzufluss liegen wiederum

in der großen Bedeutung des Tourismus für Österreich bzw. zu einem wichti- gen Teil in der spezifischen Rolle öster- reichischer Banken und der OeNB bei der Versendung von Euro-Bargeld in Länder außerhalb der Währungsunion (bzw. Rücklieferung in den Euroraum).

Dieses empirische Ergebnis ist nicht nur für die Interpretation des öster- reichischen TARGET2-Saldos relevant, sondern zeigt, dass auch nach Ende der aktuellen Krise die Forderungen und Verbindlichkeiten innerhalb der Wäh- rungsunion nicht von selbst verschwin- den werden und langfristig eine struk- turell bedingte Auseinanderentwick- lung zu erwarten ist. Damit ist auch klar, dass eine Begrenzung oder regel- mäßige Tilgung der TARGET2-Salden, wie etwa von Sinn und Wollmershäu- ser (2012) gefordert, nicht nur un- zweckmäßig wäre, sondern das nor- male Funktionieren der Währungs- union empfindlich behindern würde.

Erstaunlich ist auch, dass die Ursachen für bare und unbare Zahlungsströme in der Währungsunion bisher wenig untersucht wurden.4 Ein besseres Ver- ständnis für diese Ströme ist unver- zichtbar, um künftig Fehlinterpretatio- nen der Forderungen und Verbindlich- keiten zwischen den Zentralbanken im Eurosystem zu vermeiden.

1 Migration von Zentralbankgeld aus und nach Österreich

Zahlungen in TARGET2 müssen in Zentralbankgeld geleistet werden. Um eine Zahlung beauftragen zu können, müssen die Teilnehmer an TARGET2 daher über ein ausreichend hohes Guthaben (oder eine ausreichend besi- cherte Kreditlinie) bei einer der teil-

3 Zu nicht krisenbezogenen Faktoren, die die TARGET2-Salden beeinflussen können, siehe auch Haran und Bailey (2012).

4 Zur Migration von Bargeld innerhalb der Währungsunion siehe Schautzer (2006), Schneeberger und Süß (2007) sowie Bartzsch et al. (2011a, 2011b).

(3)

nehmenden nationalen Zentralbanken verfügen.

Findet eine TARGET2-Überweisung innerhalb eines Landes statt, so belastet die nationale Zentralbank das Sender- konto und schreibt den Betrag am Empfängerkonto gut. Da nur eine Zen- tralbank beteiligt ist, entstehen keine grenzüberschreitenden Forderungen oder Verbindlichkeiten. Wird jedoch eine grenzüberschreitende Überweisung durchgeführt, tritt die EZB als zen- trale Gegenpartei in Erscheinung.5 Die nationale Zentralbank, die das Sender- konto belastet hat, verzeichnet eine Verbindlichkeit gegenüber der EZB.

Die nationale Zentralbank, die den Betrag am Empfängerkonto gutgeschrie- ben hat, bucht eine Forderung gegen- über der EZB.6 Die Summe aller Salden (Forderungen und Verbindlichkeiten) aller 18 Zentralbanken (inklusive EZB) im Eurosystem ergibt dabei null, da es sich nur um die grenzüberschreitende Verschiebung vorhandener Euro-Liqui- dität in einem geschlossenen System handelt. Die Existenz von Nettosalden zwischen den nationalen Zentralban- ken und der EZB ist eine Folge der be- sonderen, dezentralen Organisation des Zahlungsverkehrs im Euroraum. Gäbe es nur eine Zentralbank (wie in vielen Währungsräumen), so hätten alle Zah- lungsverkehrs teilnehmer ihre Konten bei dieser Zentralbank und alle Zah- lungen würden sich dort ausgleichen.

Die Volumen, die täglich über TARGET2 abgewickelt werden, sind

beträchtlich. Allein die österreichi- schen Teilnehmer empfangen bzw.

senden im Durchschnitt täglich mehr als 60 Mrd EUR; im gesamten Euro- raum werden täglich Transaktionen im Wert von 2.385 Mrd EUR abge- wickelt.7 Das bedeutet, dass im Durch- schnitt jede Woche die österreichi- schen Teil nehmer ein Volumen über TARGET2 bewegen, das dem öster- reichischen BIP eines Jahres entspricht.

Die Hälfte der Übertragungen erfolgt dabei innerhalb Österreichs. Wich- tigste Destination von Zahlungen aus Österreich ins Ausland und wichtigstes Herkunftsland von Zahlungen aus dem Ausland ist mit Abstand Deutschland (Grafik 1).

In der Regel gleichen sich im Lauf des Tages die in beiden Richtungen erfolgenden Überweisungen aus. Erfol- gen jedoch systematisch mehr Zahlun- gen in die eine als in die andere Richtung, so baut die nationale Zent- ralbank eine immer höhere Forderung (oder Verbindlichkeit) gegenüber der EZB auf. Dies ist z. B. in Österreich der Fall. In den ersten Jahren nach Beginn der Währungsunion 1999 verzeichnete die OeNB meist eine Forderungsposi- tion in TARGET.8 Seit 2002 liefen hingegen – mit einer Unterbrechung zwischen 2007 und 2010 – in den meisten Monaten mehr unbare Über- tragungen über die OeNB an das Aus- land als aus dem Ausland nach Öster- reich (Grafik 2). Aufgrund dieser Flüsse lag der TARGET-Saldo der OeNB

5 Dies ist eine vereinfachte Darstellung. Tatsächlich erfolgen die Saldierung aller bilateralen Forderungen und Verbindlichkeiten sowie die Übertragung des Saldos an die EZB erst am Tagesende. Für eine detaillierte Darstellung siehe Jobst et al. (2012).

6 Die Transaktion führt bei der ersten Zentralbank zu einem Passivtausch (geringere Verbindlichkeit am Girokonto, höhere Verbindlichkeit in TARGET2) und bei der zweiten zu einer Bilanzverlängerung (höhere Verbindlichkeit am Girokonto, höhere Forderung in TARGET2).

7 Vergleiche TARGET Annual Report 2011; zu Österreich: OeNB.

8 Zur Entwicklung der österreichischen Forderungen bzw. Verbindlichkeiten in TARGET im ersten Jahr der Währungsunion siehe Brandner und Grech (1999).

(4)

die grenzüberschreitende Bewegung von euro-Bargeld und Österreichs tarGet2-Verbindlichkeit

Geldpolitik & Wirtschaft Q4/12 37

Ende November 2012 bei –39,2 Mrd EUR.9

Neben Zentralbankguthaben der Kreditinstitute sind Banknoten die zweite Form von Zentralbankgeld.10 Wie Zentralbankguthaben können sich auch Banknoten frei innerhalb der Währungsunion bewegen. So kann eine Banknote, die in einem Land abgehoben wurde, in einem anderen Land für eine Zahlung verwendet werden. Man spricht dabei von Banknotenmigration. Im Unterschied zur Migration von unba- rem Zentralbankgeld über TARGET2 bleibt die Bewegung des Bargelds zu- nächst jedoch unsichtbar. Bargeld ist anonym, und so kann nicht ersehen werden, welche nationale Zentralbank

durchschnittliches Volumen 2009 bis 2011 in Mrd EUR 35

30 25 20 15 10 5 0

von österreichischem Auftraggeber

Tägliche Transaktionen in TARGET2

Grafik 1

Quelle: OeNB.

AT DE FR NL IT

EZB BE LU Andere

von österreichischem Empfänger

in Mrd EUR 10

0 –10 –20 –30 –40 –50

2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012

TARGET2-Saldo der OeNB

Grafik 2

Quelle: OeNB.

TARGET2-Saldo (Veränderung zum Vormonat) TARGET2-Saldo (ohne TAF) (Monatsdurchschnitt)

9 In Grafik 2 ist der TARGET2-Saldo ohne TAF (Term Auction Facility) dargestellt. TAFs sind liquiditätszuführen- de Geschäfte in US-Dollar an Banken, die über Swapgeschäfte zwischen der EZB und den nationalen Zentral- banken abgewickelt werden. Die US-Dollar-Liquidität wird dabei von der Federal Reserve Bank of New York zunächst der EZB zur Verfügung gestellt, die sie an die nationalen Zentralbanken weitergibt. Die daraus resultierenden unverzinslichen Salden werden im TARGET-Saldo ausgewiesen. Da die TAF-Salden das Ergebnis einer verrechnungstechnischen Übereinkunft sind und sich nicht aus grenzüberschreitenden Überweisungen von Zentralbankgeld ergeben, wurden die TAFs aus dem österreichischen TARGET2-Saldo herausgerechnet.

10 Es gibt viele Formen von Geld, die je nach ihren Eigenschaften in die verschiedenen Geldmengenaggregate M1, M2 etc. klassifiziert werden können. Die engste Kategorie von Geld, Zentralbankgeld (auch M0) zeichnet sich dadurch aus, dass es aus Sicht des Geldhalters eine direkte Forderung gegenüber der Zentralbank darstellt. Andere Formen von Geld, z. B. Guthaben auf einem Girokonto, sind eine Forderung gegenüber einer Kommerzbank oder Sparkasse, die nur über einen weiteren Schritt (Abhebung) in Zentralbankgeld umgewandelt werden können.

Münzen sind hier nicht angeführt, da die Münzen im Euroraum nicht von den Zentralbanken ausgegeben werden und daher keine Verbindlichkeit der Zentralbanken darstellen (gemäß den Bestimmungen des Artikels 106 Absatz 2 EG-Vertrag).

(5)

eine Banknote ursprünglich emittiert und wann diese Banknote eine Grenze überschritten hat.11 Die Bewegung der Banknoten wird jedoch zum Teil sicht- bar, sobald Banknoten an ihrem neuen Aufenthaltsort an die dortige nationale Zentralbank rückgeliefert werden und der Betrag dem Konto der einreichen- den Kommerzbank gutgeschrieben wird, das heißt, sich die Giroverbind- lichkeiten dieser nationalen Zentral- bank erhöhen. Da jedoch nicht rekonst- ruiert werden kann, von welcher nationalen Zentralbank die Banknote ursprünglich ausgegeben worden war, reduziert sich der Banknotenumlauf in den Bilanzen aller nationalen Zentral- banken und der EZB. Die nationale Zentralbank, bei der die Banknote ein- geliefert wurde und die nun eine um den Betrag der Banknote höhere Giro- verbindlichkeit aufweist, enthält im Gegenzug eine Forderung gegenüber

den übrigen Mitgliedern des Eurosys- tems aus dem Titel der Bank noten- umlaufanpassung.12 Emittiert eine Zen- tralbank mehr Banknoten als es ihrem Anteil im Eurosystem entspricht, ent- steht damit eine Nettoverbindlichkeit aus der Banknotenumlaufanpassung.

Emittiert eine Zentralbank weniger Banknoten, so baut sie eine Nettofor- derung aus der Banknotenumlauf- anpassung auf.

Wie im unbaren Zahlungsverkehr werden auch im baren Zahlungsverkehr große Volumen bewegt. Im Jahr 2011 setzte die OeNB Banknoten im Wert von 66,4 Mrd EUR in Umlauf und erhielt Banknoten im Wert von 73,1 Mrd EUR rückgeliefert. Im gesamten Euro- raum betrugen die Einzahlungen 1.108 Mrd EUR, die Auszahlungen 1.128 Mrd EUR. Grafik 3 zeigt die monatlichen Ein- und Auslieferungen bei der OeNB. Abgesehen von den

11 Das erste Zeichen der Seriennummer jeder Banknote ist der individuelle Kennbuchstabe der nationalen Zentral- bank, die den Druck der Banknote in Auftrag gegeben hat. Dies ist jedoch unabhängig davon, welche nationale Zentralbank die Banknote erstmals bzw. erneut ausgibt. Der Kennbuchstabe kann daher nicht verwendet werden, um die ausgebende Zentralbank zu ermitteln.

12 Dies ist eine Vereinfachung. Im Anhang werden die Auswirkungen auf die Bilanzen der nationalen Zentralbanken und der EZB anhand eines Beispiels dargestellt. Siehe dazu weiterführend auch Handig und Holzfeind (2007) sowie Krsnakova und Oberleithner (2012).

monatlich, in Mrd EUR 6

5 4 3 2 1 0 –1 –2 –3

2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011

Netto ausgegebene Banknoten

Grafik 3

Quelle: OeNB.

(6)

die grenzüberschreitende Bewegung von euro-Bargeld und Österreichs tarGet2-Verbindlichkeit

Geldpolitik & Wirtschaft Q4/12 39

ersten Monaten um die Einführung des Euro-Bargelds im Jahr 2002 und der Finanzkrise im Jahr 2008, die im Oktober 2008 durch eine extreme Spitze im Banknotenbedarf gekennzeich- net war (siehe dazu auch Abschnitt 3.2), wurden seit 2002 in fast allen Monaten mehr Banknoten bei der OeNB ein- als ausgeliefert. Dieses Phänomen, das heute in der Währungsunion fest- gestellt werden kann, ließ sich auch schon zu Zeiten des Schilling auf ähn- liche Art innerhalb Österreichs beob- achten. Bargeld strömte damals auf- grund unterschiedlicher regionaler Nachfrage aus Wien, Nieder- und Ober- österreich nach Tirol und Kärnten.13 Ähnlich fließt in der Währungsunion heute Bargeld aus Ländern wie Deutschland ab und nach Österreich (siehe auch Kasten 1).

Grafik 4 zeigt, wie sich die laufenden Emissionen und Rückflüsse von Bank- noten in der Bilanz der OeNB nieder- schlagen. Der Schilling-Umlauf zeigt bis Ende des Jahres 2000 einen Auf-

wärtstrend mit typischen saisonalen Schwankungen, insbesondere dem stärkeren Bargeldbedarf zum Jahres- wechsel. Mit der Einführung des Euro- Bargelds Anfang 2002 gingen die umlaufenden Schilling-Bestände rasch zurück und werden seit 1. Jänner 2003 nicht mehr als Banknotenumlauf aus- gewiesen.14 Wie zuvor dargestellt, wird der Euro-Banknotenumlauf basierend auf dem Banknotenverteilungsschlüssel auf die nationalen Zentralbanken und die EZB aufgeteilt. Die blaue Linie (Euro-Umlauf laut Bilanz) gibt den Anteil der OeNB am gesamten Umlauf wieder, wie er auch in der Bilanz ausgewiesen wird. Die orange Linie entspricht dem tatsächlichen Umlauf der von der OeNB emittierten Bank- noten, dem sogenannten logistischen Umlauf, der sich aus der Summe der Ein- und Auslieferungen von Bankno- ten bei der OeNB ergibt. Die in Grafik 3 dargestellten laufenden Nettoeinlie- ferungen führten seit 2003 zu einem raschen Rückgang des logistischen Um-

13 Beruht auf Daten zu 1999.

14 Im Jahr 2002 verlor das nationale Schilling-Bargeld den Status des gesetzlichen Zahlungsmittels, und der Ausweis der Eurosystem-Banknoten in den Bilanzen der Eurosystem-Zentralbanken wurde neu geregelt (ECB/2001/15 in der geltenden Fassung ECB/2010/29).

in Mrd EUR 25 20 15 10 5 0 –5 –10

1990 1992 1994 1996 1998 2000 2002 2004 2006 2008 2010

Banknotenumlauf der OeNB

Grafik 4

Quelle: OeNB. Bis Ende 2001: Monatsdurchschnitte, ab 2002 Monatsendstände.

Schilling Euro logistisch (Summe aus Ausgabe minus Rücklieferung) Euro laut Bilanz (rechnerisch)

Banknotenumlaufanpassung

(7)

laufs der OeNB und im Jahr 2006 sogar zu einem negativen Umlauf, das heißt, dass die OeNB zwischen 1. Jänner 2002 und dem Beobachtungszeitpunkt mehr Euro-Banknoten erhalten als selbst aus- gegeben hatte. 2007 und 2008 stieg der logistische Umlauf der OeNB deutlich an, da zu Beginn der Finanzkrise vor allem in Ost- und Südosteuropa er- höhte Nachfrage nach Euro-Bargeld be- stand (siehe dazu auch Abschnitt 3.2).

Seit 2009 fließt jedoch wieder mehr Bargeld an die OeNB zurück, als von der OeNB ausgegeben wird.

Insgesamt zeigt die Betrachtung der Migration von Zentralbankgeld aus und nach Österreich, dass systematisch netto Bargeld nach Österreich fließt, während netto unbares Zentralbankgeld über TARGET2 Österreich verlässt.

2 Zusammenhang zwischen Banknotenmigration und TARGET2

Die Gegenüberstellung der Salden aus TARGET2 und Banknotenumlaufan- passung zeigt eine auffallend parallele

Entwicklung (Grafik 5). In Perioden, in denen Bargeld zufließt, kommt es tendenziell zu einem Abfluss von unba- rem Zentralbankgeld über TARGET2 und umgekehrt (Grafik 6).

Dies müsste nicht notwendigerweise der Fall sein. Der Zu- und Abfluss von Banknoten wird durch Zahlungsge- wohnheiten und andere Charakteristika des baren Zahlungsverkehrs bestimmt.

TARGET2-Übertragungen resultieren ebenfalls aus einer Vielfalt an Trans- aktionen und Motivationen. Über- tragungen in TARGET2 und Trans- aktionen in Bargeld sind daher im Prin- zip unabhängig voneinander, und in anderen Ländern des Euroraums lässt sich derzeit auch keine hohe Korre- lation zwischen TARGET2-Saldo und Bank notenumlaufanpassung beobachten (siehe Kasten 1).

Strömt jedoch relativ zur Wirt- schaftsleistung viel Bargeld in ein Land, wie dies in Österreich nachweislich der Fall ist, so muss zumindest zum Teil ein Ausgleich über TARGET2- Abflüsse stattfinden. Das Argument ist

in Mrd EUR 50 40 30 20 10 0 –10 –20 –30 –40 –50

2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012

Forderungen und Verbindlichkeiten der OeNB

Grafik 5

Quelle: OeNB.

Banknotenumlaufanpassung TARGET2 (ohne TAF) Netto

(8)

die grenzüberschreitende Bewegung von euro-Bargeld und Österreichs tarGet2-Verbindlichkeit

Geldpolitik & Wirtschaft Q4/12 41

folgendes: Die Bank, die die Bank noten bei der OeNB einliefert, erhält den Be- trag auf ihrem Konto bei der OeNB gutgeschrieben. Nun benötigen die Banken aber nur eine relativ geringe Summe an Zentralbankguthaben. Ban- ken orientieren die Höhe ihre Zentral- bankguthaben vor allem daran, wie viel Mindestreserve-Guthaben sie im Durchschnitt über den Verlauf der Mindestreserve-Periode bei der natio- nalen Zentralbank halten müssen.15 Die Banken haben grundsätzlich kein Inter- esse, über das Mindestreserve-Soll hinaus Guthaben zu halten, da diese unter dem Marktzinsniveau verzinst werden. Eine Unterschreitung des Mindestreserve-Solls hingegen führt zu

Strafzinsen. Im Durchschnitt der Mindest reserve-Periode wird daher jede Bank versuchen, das Mindestre- serve-Soll möglichst punktgenau zu er- reichen und überschüssige Guthaben rasch abzubauen.16

Die Mindestreserve-Pflicht aller österreichischen Banken betrug im letzten Vorkrisenjahr 2006 im Durch- schnitt 5,0 Mrd EUR. In den vier Jahren vor Beginn der aktuellen Krise (2003 bis 2006) wurden jedes Jahr im Durchschnitt netto rund 5 Mrd EUR Banknoten nach Österreich gebracht.

Würden die österreichischen Banken die Banknoten einzahlen und ihre Gut- haben während eines Jahres anwachsen lassen, so verfügten sie am Jahresende

Veränderung gegenüber dem Vorjahr in Mrd EUR 10

8 6 4 2 0 –2 –4 –6 –8 –10

2003

Korrelation der Intra-Eurosystem-Salden

Grafik 6

Quelle: OeNB. Dargestellt ist die Veränderung zwischen dem durchschnittlichen Stand im letzten Quartal des Jahres und im letzten Quartal des Vorjahres.

Banknotenumlaufanpassung TARGET2

2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011

15 Die Hauptfunktion von Zentralbankguthaben neben der Erfüllung der Mindestreserve-Pflicht liegt in ihrer Rolle im Zahlungsverkehr. Großbetragszahlungen in TARGET2 müssen, wie zuvor dargestellt, in Zentralbankguthaben geleistet werden. Im Verlauf eines Werktags können die Guthaben der Banken daher stark schwanken.

16 Im Durchschnitt hielten Österreichs Banken im Jahr 2006 Reserven in Höhe von 5,1 Mrd EUR, das heißt um 133 Mio EUR oder 2,7 % mehr als zur Erfüllung der Mindestreserve-Pflicht erforderlich. Auch auf Euroraum- Niveau war die Liquiditätssituation bis Herbst 2008 ausgeglichen, das heißt, die Banken hielten im Aggregat nicht nennenswert höhere Reserven als für die Mindestreserve erforderlich. Dies hat sich mit Beginn der Politik der vollen Zuteilung 2008 verändert. Die obigen Beispiele beziehen sich daher alle auf die Jahre vor 2007; siehe dazu auch Kasten 1.

(9)

über doppelt so hohe Reserven wie benötigt und erwünscht. Die Banken werden daher versuchen, die Guthaben abzubauen. Eine Möglichkeit ist der Erwerb von Wertpapieren oder die Vergabe von Krediten innerhalb Öster- reichs. Dabei findet jedoch nur ein Transfer von Zentralbankguthaben zwischen österreichischen Banken statt.

In Summe bleiben die Überschussre- serven bei der OeNB bestehen.

Im Aggregat betrachtet verbleiben daher nur zwei Möglichkeiten, wie sich das österreichische Bankensystem der ungewollten Zentralbankguthaben ent- ledigen kann: durch die Rückzahlung von Refinanzierungsgeschäften bei der OeNB oder durch den Transfer ins Ausland (z. B. zum Erwerb von Wert- papieren oder zur Rückzahlung von Krediten). Der ersten Möglichkeit sind Grenzen gesetzt. Österreichische Ban- ken schuldeten der OeNB zwischen 2003 und 2007 im Durchschnitt 8,9 Mrd EUR. Selbst wenn die Banken, die das Bargeld einliefern, und die Ban- ken, die sich bei der OeNB refinanzieren, dieselben wären, was nicht der Fall sein muss, wären nach zwei Jahren alle Verbindlichkeiten bei der OeNB zu- rückgezahlt. Weitere Zuflüsse würden dann wieder die Guthaben über das Mindestreserve-Soll ansteigen lassen.

Damit bleibt auf Dauer nur die zweite

Möglichkeit: der Transfer ins Ausland.

Der Erwerb von Wertpapieren oder die Rückzahlung von Krediten im Ausland erfolgt aber über TARGET2. Der Abfluss von Zentralbankgeld über TARGET2 führt wiederum zu einer steigenden Verbindlichkeit der OeNB in TARGET2. Dieser Zusammenhang kann erklären, warum der TARGET2- Saldo und die Banknotenumlaufanpas- sung sich zumindest mittelfristig, auf ein bis zwei Jahre gesehen, parallel entwickeln bzw. entwickeln müssen.

Die Erklärung der Entwicklung der Verbindlichkeiten der OeNB in TARGET2 erfordert daher ein Ver- ständnis der Ursachen des Bargeldzu- flusses nach Österreich.

3 Gründe für den Bargeldzufluss nach Österreich

Im Folgenden wird zwischen zwei we- sentlichen Kanälen unterschieden, über die Bargeld nationalstaatliche Grenzen überqueren kann. Der erste Kanal sind Privatpersonen, die geschäftlich oder als Touristen nach Österreich kommen und hier Euro-Banknoten ausgeben, die sie zuvor in ihrem Heimatland (bzw. außerhalb Österreichs) abge- hoben haben. Das in Österreich für Konsumzwecke ausgegebene Bargeld fließt vom Handel bzw. Dienstleister an eine Bank und von dort weiter zur

kasten 1

Bargeldmigration und TARGET in den Bilanzen anderer Zentralbanken im Eurosystem

Die OeNB ist nicht die einzige Zentralbank im Eurosystem, die systematische Zu- oder Abflüsse von barem und unbarem Zentralbankgeld verzeichnet. Kontinuierliche Flüsse in die eine oder andere Richtung können besonders bei den Banknoten beobachtet werden. So emit- tierte die Deutsche Bundesbank seit 2002 fast 200 Mrd EUR mehr Banknoten als ihrem Anteil gemäß Banknotenverteilungsschlüssel entsprechen würde. Die Banque de Luxembourg gab 70 Mrd EUR mehr Banknoten aus. Zuflüsse an Banknoten (bzw. eine unterproportionale Ausgabe) lassen sich demgegenüber neben Österreich auch in Frankreich (75 Mrd EUR), den Niederlanden (30 Mrd EUR) und Portugal (25 Mrd EUR) beobachten. Bei den kleineren Euro- raum-Ländern können die entsprechenden Salden aus der Banknotenumlaufanpassung am nominellen BIP gemessen eine beträchtliche Größe erreichen: etwas über 10 % für Portugal,

(10)

Die grenzüberschreitende Bewegung von Euro-Bargeld und Österreichs TARGET2-Verbindlichkeit

GELDPOLITIK & WIRTSCHAFT Q4/12 43

fast 10 % für Österreich und Irland (bei umgekehrtem Vorzeichen) sowie 150 % für Luxemburg.

Bemerkenswert ist auch, dass diese Zu- und Abflüsse über die Zeit konstant waren und sich auch in der Finanzkrise kaum verändert haben. Einzige Ausnahmen sind Belgien und Spanien, wo sich die Richtung der Bargeldbewegung seit 2008 umgekehrt hat, wobei die Umkehr nicht mit der Finanzkrise im Zusammenhang stehen muss.

Ähnliche strukturell bedingte Ströme, wenn auch auf deutlich niedrigerem Niveau, lassen sich für einige Länder auch in TARGET beobachten. In der folgenden Grafik sind nur die Jahre bis 2007 dargestellt, bevor die Krise starken Einfluss auf die TARGET-Salden auszuüben begann. Bis dahin war neben Österreich Belgien tendenziell Exporteur von unbarem Zentral- bankgeld, Italien hingegen Empfänger. Ein Vergleich der Bargeld- und der TARGET-Ströme zeigt aber, dass nur in Österreich und, etwas abgeschwächt, in Belgien und Portugal ein negativer Zusammenhang zu bestehen scheint. Eine mögliche Erklärung für den fehlenden Zusammenhang könnte sein, dass in den anderen Ländern, im Unterschied zu Österreich, die Zu- bzw. Abflüsse von Bargeld noch nicht eine Größenordnung erreicht haben, dass ein Ausgleich über TARGET erfolgen muss.1

Dabei ist zu anzumerken, dass dieser Mechanismus nur wirksam ist, wenn im Euroraum- Aggregat die Liquiditätssituation ausgeglichen ist, das heißt, genau so viel Zentralbankreserven im Umlauf sind, wie im Aggregat für die Erfüllung der Mindestreserve-Pflicht erforderlich ist.

Befindet sich der Währungsraum, wie es seit Herbst 2008 der Fall ist, in einer Situation mit Überschussliquidität, so besteht für die Banken kein bzw. nur ein deutlich schwächerer Anreiz, überschüssige Zentralbankguthaben abzubauen. Im Aggregat muss sich die Überschussliquidi- tät auf der Einlagefazilität finden. In diesem Fall kann die Zentralbankrefinanzierung netto auch (in großem Umfang) negativ werden, wie es Ende 2012 etwa bei der Deutschen Bundes- bank zu beobachten war. Sobald die krisenbedingten nicht konventionellen Maßnahmen auslaufen, sollten jedoch die Auswirkungen struktureller Zahlungsströme in den Bilanzen der nationalen Zentralbanken wieder sichtbar werden.

1 Der in Kapitel 2 dargestellte Mechanismus wirkt asymmetrisch. Hohe Bargeldzuflüsse müssen über TARGET kompensiert werden, sobald die Refinanzierung bei der Zentralbank auf null zurückgegangen ist. Bei Bargeldabflüssen gibt es diese Beschränkung nicht, da die Banken ihre Refinanzierung ausweiten können, solange sie die Bedingungen des Euro- systems im Refinanzierungsgeschäft erfüllen. So war die Gegenposition der hohen Banknotenemission der deutschen und der luxemburgischen Zentralbank nicht eine Forderung in TARGET, sondern höhere Forderungen aus geldpolitischen Operationen.

Jahresdurchschnitt in Mrd EUR und in % des nominellen BIP für 2007 und 2012 100

50 0 –50 –100 –150 –200

2003 2005 2007 2009 2011

Forderungen und Verbindlichkeiten ausgewählter Zentralbanken innerhalb des Eurosystems

Quelle: IWF International Financial Statistics. Die Daten zu 2012 beziehen sich auf die Monate Jänner bis August.

AT

Banknotenumlaufanpassung TARGET 2003 2005 2007 2009 2011

BE

2003 2005 2007 2009 2011 DE

2003 2005 2007 2009 2011 GR

2003 2005 2007 2009 2011 ES

2003 2005 2007 2009 2011 FR

2003 2005 2007 2009 2011 IE

2003 2005 2007 2009 2011 IT

2003 2005 2007 2009 2011 LU

2003 2005 2007 2009 2011 NL

2003 2005 2007 2009 2011 PT 6,7% 6,8%6,8%4,2%4,2%4,2% 1,3%1,3%

–0,6%

3,3%

3,3% 3,7%3,7%

–9,8%

–9,8%

11,8%

11,8%

11,8%

11,8%6,8%

6,8%

–8,7%

–12,6%

–12,6% –4,2%–9,8%–4,2%–9,8%

1,7%

1,7%2,6%2,6%2,6%

–2,0% –0,1% –5,7%

1,5%

0,5% 29,6%

–5,4%–9,3%–9,3%

–5,4%–9,3%

–5,4%–9,3%–0,3%–9,3%–0,3%–0,3%–0,2%–0,3%–0,2%–0,2%–0,2%

1,7%

1,7%4,6%4,6%4,6%6,4%6,4%13,7%

–112,4%

–112,4%

–112,4%

–163,1%

–163,1%

0,0%

–3,8%

–3,8%

–6,7%

–6,7%

(11)

OeNB. Der zweite Kanal ist der von spezialisierten Banken durchgeführte internationale Valutenhandel mit aus- ländischen Banknoten und Münzen, über den ausländische Zentralbanken, Kommerzbanken und Wechselstuben mit ausländischem Bargeld versorgt werden, das sie für ihre Kunden benö- tigen. Über den Valutenhandel werden nicht nur Euro ins Ausland gebracht, sondern auch wieder zurückgeliefert.

Auch hier handelt es sich um eine mögliche Quelle von Bargeldeinliefe- rungen bei der OeNB.

3.1 Bargeldbewegungen im Reiseverkehr

Der internationale Reiseverkehr ist eine traditionell wichtige Einnahmequelle Österreichs. 2011 waren die Ausgaben ausländischer Reisender in Österreich mit 14,3 Mrd EUR fast doppelt so hoch wie die Ausgaben österreichischer Rei-

sender im Ausland mit 7,5 Mrd EUR.17 Bezahlten die ausländischen Reisenden zumindest einen Teil ihrer Ausgaben mit aus dem Ausland mitgenommenem Bargeld, so wäre dies eine mögliche Quelle der zur OeNB fließenden Bank- noten.

Ein erster Hinweis auf die Rolle des Tourismus sind die saisonalen Schwankungen in den Nettobargeldein- lieferungen bei der OeNB. Grafik 7 zeigt die monatlichen Nettoeinliefe- rungen in verschiedenen Standorten der OeNB. Standorte in Tourismus- regionen wie Innsbruck, Klagenfurt und Salzburg weisen ein deutlich ande- res Saisonmuster als die Standorte Bregenz, Eisenstadt, Graz und Linz auf.

In den weniger touristischen Gebieten sind die Nettoeinlieferungen über das Jahr relativ konstant, die Spitzen betreffen Dezember (mit höheren Aus- lieferungen) und Jänner (mit höheren

in Mrd EUR in Millionen

1,0

0,5

0,0

–0,5

–1,0

–1,5

20 15 10 5 0

2003

Nettobargeldeinlieferung und Ausländernächtigungen

Grafik 7

Quelle: OeNB, Statistik Austria.

Ausländernächtigungen (rechte Achse) Innsbruck, Klagenfurt, Salzburg (linke Achse)

2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011

Bregenz, Eisenstadt, Graz, Linz (linke Achse)

17 OeNB-Zahlungsbilanzstatistik.

(12)

die grenzüberschreitende Bewegung von euro-Bargeld und Österreichs tarGet2-Verbindlichkeit

Geldpolitik & Wirtschaft Q4/12 45

Rücklieferungen), die mit Jahresende und Weihnachten im Zusammenhang stehen und im gesamten Euroraum beobachtet werden können. In den stärker touristischen Gebieten ist der Jahresendeffekt auch festzustellen, daneben kommt es aber von Jänner bis März und von Juli bis September zu deutlich höheren Rücklieferungen von Banknoten. Der Anstieg in den Rück- lieferungen fällt mit der Sommer- und Wintertourismussaison zusammen, wie die starke Korrelation mit den Auslän- dernächtigungen zeigt.

Um abschätzen zu können, wie viel Bargeld durch den Reiseverkehr nach Österreich fließt, werden Informationen zum Zahlungsverhalten ausländischer und österreichischer Touristen benötigt, die nur zu einem geringen Teil verfüg- bar sind. Die Analyse wird jedoch dadurch vereinfacht, dass der weitaus größte Teil der Nettoeinnahmen (2011:

77 %) aus dem Reiseverkehr mit Deutschland stammt und die Deutsche Bundesbank regelmäßig Umfragen zur Bargeldmitnahme bei Auslandsreisen als Grundlage für die Erstellung der Zahlungsbilanzstatistik durchführt (Deutsche Bundesbank, 2005). Auf Basis dieser Umfragen wird der Anteil der Euro-Bargeldmitnahme bei Reisen in andere Länder des Euroraums auf etwa 40 % geschätzt. Für Österreich würde das bedeuten, dass deutsche Reisende jährlich etwa 2,5 Mrd EUR Bargeld nach Österreich bringen; davon sind Bargeldmitnahmen österreichischer Reisender nach Deutschland in Abzug zu bringen. Leider gibt es für die Bar- geldmitnahme österreichischer Reisen- der keine entsprechenden Daten. Unter-

stellt man das gleiche Verhalten wie bei deutschen Reisenden, so ergibt sich ein jährlicher Nettozufluss von 1,5 bis 2 Mrd EUR (Grafik 8).18

Damit erhält man eine ungefähre Größenordnung der aus dem Reise- verkehr stammenden Bargeldzuflüsse.

Mit den anderen Ländern des Euro- raums hat Österreich eine in Summe nahezu ausgeglichene Reiseverkehrs- bilanz, da Nettoeinnahmen gegenüber den Niederlanden und in geringerem Ausmaß gegenüber Belgien, Slowenien und der Slowakei von Nettoausgaben in Italien, Griechenland und Spanien kom- pensiert werden. Unter der Annahme einer ähnlichen Bargeldquote wie bei deutschen Reiseausgaben, erhält man für die Euroraum-Länder ohne Deutschland die in Grafik 8 dargestellten Beträge, die zwischen minus und plus 200 Mio EUR liegen. Aus diesem Bereich ist

18 Es gibt Grund zu vermuten, dass sich die Bargeldverwendung zwischen Ländern und Personengruppen deutlich unterscheidet. Daher sind die folgenden Schätzungen mit Vorsicht zu lesen.

in Mrd EUR 10

8 6 4 2 0 –2 –4 –6

2002

Geschätzter Bargeldzufluss aus dem Tourismus und gesamte Banknotenmigration

Grafik 8

Quelle: OeNB, Deutsche Bundesbank. Für Berechnungsmethode siehe Text.

Bargeldzufluss Deutschland Bargeldzufluss/-abfluss Euroraum ohne Deutschland Veränderung im Banknotenumlaufausgleich zum Vorjahr

2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010

(13)

daher kaum mit nennenswerten Netto- zuflüssen von Bargeld zu rechnen.19

Bargeldzuflüsse erfolgen vermutlich auch im Tanktourismus. Aufgrund ver- gleichsweise niedriger Mineralölsteuern ist Österreich das Ziel ausländischer Autofahrer, insbesondere aus Deutsch- land und Italien. Es ist anzunehmen, dass auch hier ein gewisser Teil in bar bezahlt wird. Die geschätzten Umsätze im Tanktourismus sind mit rund 100 Mio EUR pro Jahr aber zu gering, um einen wesentlichen Teil des Bargeldzuflusses nach Österreich zu erklären.

Während Österreich aus dem Reise- verkehr laufend Bargeld zufließen sollte, zeigt Grafik 8, dass diese Erklärung allein nicht ausreicht. Die geschätzten Beträge liegen mit etwa 2 Mrd EUR deutlich unter den rund 5 bis 6 Mrd EUR Bargeld, das in den meisten Jah- ren seit 2002 nach Österreich gelangte.

Zudem sind die Zuflüsse aus dem Rei- severkehr über die Zeit zu stabil, um die Umkehr des Banknotenflusses zwi- schen 2007 und 2009 erklären zu kön- nen. Zwar ist es denkbar, dass sich das Zahlungsverhalten im Reiseverkehr verändert hat, etwa durch eine ver- stärkte Verwendung von Kreditkarten, aber solche Veränderungen würden langsam und kontinuierlich stattfinden und nicht zu den zyklischen Ausschlägen in der Banknotenbewegung führen, wie sie zwischen den Jahren 2007 und 2009 und dann wieder zwischen 2010 und 2012 zu beobachten waren.20

Dies führt zum zweiten Kanal über den Bargeld nach Österreich gelangen kann: den von Banken betriebenen Großhandel mit Banknoten, den Valu- tenhandel.

3.2 Valutenhandel

Als die Währung eines der größten und höchst entwickelten Wirtschaftsräume mit einem international bedeutenden Finanzsektor besitzt der Euro auch über den Euroraum hinaus eine große Bedeutung. Das gilt nicht nur für den Euro als Buch-, sondern auch als Bargeld (EZB, 2012b). Insbesondere in Zentral-, Ost- und Südosteuropa wird der Euro als sicher und stabil erachtete Parallelwährung sowohl zur Wertauf- bewahrung als auch teilweise als Zahlungsmittel neben der jeweiligen nationalen Währung verwendet (Ritz- berger-Grünwald und Scheiber, 2012).

Wie viele Euro-Banknoten außer- halb des Euroraums in Umlauf sind, kann nicht exakt bestimmt werden.

Eine Schätzung lässt sich auf Basis der Summe der seit 2001 netto nach Ländern außerhalb der Währungs- union versendeten Banknoten abgeben.

Gemäß dieser Schätzung befanden sich Ende Dezember 2011 Banknoten im Gegenwert von etwa 117 Mrd EUR und damit rund 13 % aller Euro-Bank- noten im Ausland (Grafik 9) (EZB, 2012b, S. 20). Diese Schätzung stellt eine Untergrenze der sich tatsächlich im Ausland befindlichen Banknoten

19 Interessant wäre unter Umständen eine Unterscheidung zwischen Tagestourismus und längeren Reisen, da im Tagestourismus potenziell ein größerer Teil der Ausgaben aus mitgebrachtem Bargeld gedeckt wird. Der Tages- tourismus könnte zu höheren als den oben geschätzten Zuflüssen führen, falls der Tagestourismus einen größeren Teil der Reiseverkehrseinnahmen ausmacht als bei Deutschland, dessen geschätzte Bargeldquote mangels anderer Daten für alle Länder angenommen wurde. Gemäß Haushaltsbefragungen der OeNB in Kombination mit entsprechenden Schätzungen ausländischer Statistiker stammt jedoch der weitaus überwiegende Teil der Netto- einnahmen im Tagestourismus wieder aus Deutschland. Selbst wenn der Bargeldanteil bei den Ausgaben von Reisenden anderer Länder zu gering angesetzt wurde, können die geringen Nettoeinnahmen aus diesen Ländern das oben gezeichnete Bild kaum verändern.

20 Ein Hinweis auf stabile Zuflüsse aus dem Tourismus ist auch das über die Jahre kaum veränderte saisonale Muster der Banknoteneinlieferungen in den Tourismusregionen (Grafik 7).

(14)

die grenzüberschreitende Bewegung von euro-Bargeld und Österreichs tarGet2-Verbindlichkeit

Geldpolitik & Wirtschaft Q4/12 47

dar, da Banknoten oft auch abseits des in der Schätzung erfassten Bankensys- tems ins Ausland gebracht werden, etwa durch Touristen oder die Mit- nahme von Bargeld durch Gastarbeiter.

Es gibt Grund anzunehmen, dass über diese Kanäle mehr Euro-Bargeld ins Ausland gebracht wird als aus dem Aus- land zurückfließt. Schätzungen, die diese Kanäle berücksichtigen, gehen daher eher davon aus, dass 180 bis 225 Mrd EUR und damit 20 % bis 25 % des Euro-Bargelds im Ausland zirkulieren (EZB, 2012b, S. 20).

Die Nettolieferungen von Euro- Banknoten an Banken außerhalb des Euroraums weisen markante Phasen auf.

Unmittelbar nach der Euro-Einführung wurden die ausländischen Bestände der Vorgängerwährungen, insbesondere der Deutschen Mark, durch Euro er- setzt. Die starken Exporte von Euro- Bank noten setzten sich jedoch bis Ende 2004 fort. Darauf folgte eine Stagna- tionsphase bis Anfang 2007. Mit Be- ginn der Finanz- und Wirtschaftskrise

stieg die Auslandsnachfrage nach Euro- Bank noten wieder deutlich an. Beson- ders auffällig sind die großen Nettolie- ferungen nach dem Konkurs von Leh- man Brothers im Herbst 2008. In den Folgemonaten flossen diese Banknoten nicht mehr zurück, gleichzeitig wurden aber bis Ende 2010 netto auch kaum zu- sätzliche Banknoten außerhalb des Euroraums verschickt. Seit Anfang 2011 ist wieder eine Rückkehr zum zwischen 2002 und 2005 beobachteten Trend kontinuierlicher Banknotenliefe- rungen zu bemerken.

Die Lieferung von Euro-Banknoten an Banken außerhalb des Euroraums (bzw. Rücklieferung in den Euroraum) erfolgt größtenteils über spezialisierte Banken. Der logistische Aufwand und die Sicherheitsan forderungen führen zu hohen Skalenerträgen und so gibt es auf diesem Markt nur wenige große, inter- national aktive Teilnehmer. Mit Euro- Bargeld handeln rund zehn Banken, die die Lieferung und Rücklieferung der Banknoten über einige wenige natio-

ausgewählte nationale Zentralbanken und insgesamt, in Mrd EUR 160

140 120 100 80 60 40 20 0 –20 –40 –60

2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012

Kumulierte Nettolieferung von Euro-Banknoten

Grafik 9

Quelle: EZB.

AT DE FR IT Andere, netto Insgesamt

(15)

nale Zentralbanken im Euroraum abwi- ckeln. Innerhalb des Zeitraums 2002 bis 2009 stammten fast drei Viertel der außerhalb des Euroraums versendeten Banknoten von der Deutschen Bundes- bank. Der Anteil bei den Rücklieferun- gen war mit zwei Drittel etwas gerin- ger, jedoch immer noch dominant.21

Nach der Deutschen Bundesbank nimmt die OeNB sowohl bei der Aus- als auch bei der Einlieferung von Bank- noten den zweiten Platz ein. Zwischen 2002 und 2009 erfolgten etwas mehr als 10 % der Auslieferungen und ein Viertel der Einlieferungen über die OeNB. Damit erfolgten fast 90 % der internationalen Euro-Bargeldlieferun- gen über die Deutsche Bundesbank und die OeNB. Die anderen nationalen Zentralbanken im Eurosystem waren im Vergleich kaum am internationalen Versand von Banknoten beteiligt. Die große Rolle der Deutschen Bundesbank beruht auf der Drehkreuzfunktion des Flughafens Frankfurt und der geografi- schen Nähe zur Schweiz, deren Banken eine wichtige Rolle im weltweiten Valutenhandel einnehmen (Bartzsch et al., 2011a, S. 10–11). Die vergleichs- weise wichtige Position der OeNB erklärt sich ebenfalls zu einem großen Teil aus geografischen Faktoren, insbe- sondere der Nähe zu Zentral-, Ost- und Südosteuropa, einer Region, in der Euro-Bargeld stark genutzt wird, und den guten Transportverbindungen in diese Region über den Flughafen Wien.

Die Orientierung an Zentral-, Ost- und Südosteuropa erklärt auch den deutlichen Unterschied zwischen dem

relativ geringen Anteil der OeNB an den Auslieferungen und dem relativ hohen Anteil an den Rücklieferungen.

Seit 2006 werden im jährlichen Review of the International Role of the Euro der EZB die Ergebnisse von Umfragen unter Valutenhändlern über die Herkunft und Destination ihrer Bank noten- sendungen veröffentlicht. Dabei wird, mit gewissen Schwankungen über die Jahre, sichtbar, dass Zentral-, Ost- und Südosteuropa sowie die Türkei weniger Banknoten beziehen als aus dieser Region rückgeliefert werden.22 Dieser Überhang aus Rücklieferungen kann Region rückgeliefert werden.

Überhang aus Rücklieferungen kann Region rückgeliefert werden.

wahrscheinlich darauf zurück geführt werden, dass diese Region einen Teil der Banknoten aus Kanälen abseits des Bankensystems, das heißt über Touris- ten und Gastarbeiter, erhält, die dann über das Bankensystem wieder einge- sammelt und an das Eurosystem zu- rückgeleitet werden.23 Entsprechend der Spezialisierung österreichischer Valutenhändler auf diese Region ver- zeichnet auch die OeNB deutlich mehr Ein- als Auslieferungen von Banknoten.

Die unterschiedliche Rolle der Deutschen Bundesbank (Ausgabe) sowie der OeNB (Rücklieferung) in der welt- weiten Versorgung mit Euro- Bargeld wird offensichtlich, wenn die in Grafik 9 dargestellten Nettolieferungen über Geschäftsbanken nach nationalen Zent- ralbanken zerlegt dargestellt werden.

Die Deutsche Bundesbank ist klar der größte Nettolieferant von Euro-Bargeld vor der Banque de France und der Banca d’Italia. Die OeNB ist hingegen mit Abstand der größte Nettoempfänger

21 Errechnet nach den Zahlen in Bartzsch et al. (2011a, S. 11–12) und EZB (2010, S. 34(2010, S. 34(2010, S. 34)2010, S. 34 .)

22 Diese Zahlen sind mit einer gewissen Vorsicht zu interpretieren, da nicht alle Banken an den Befragungen teil- nehmen bzw. im gleichen Detail über die Destination und Herkunft ihrer Bargeldlieferungen Bescheid geben.

23 Ein weiterer Faktor könnte sein, dass mit steigendem Vertrauen in das Bankensystem und verbessertem Zugang zu Bankdienstleistungen in der Region die Hortung zurückgeht und Euro-Bargeld in Euro oder in nationaler Währung denominierte Bankguthaben umgewandelt wird. Das nicht mehr benötigte Bargeld fließt über das Bankensystem an das Eurosystem zurück (Ritzberger-Grünwald und Scheiber, 2012).-Grünwald und Scheiber, 2012).-Grünwald

(16)

die grenzüberschreitende Bewegung von euro-Bargeld und Österreichs tarGet2-Verbindlichkeit

Geldpolitik & Wirtschaft Q4/12 49

von Euro-Banknoten.24 Kumuliert wur- den seit Einführung des Euro-Bargelds mehr als 40 Mrd EUR mehr aus dem Ausland an die OeNB geliefert als von der OeNB an das Ausland. Die unter- schiedliche Rolle hat auch entspre- chende Auswirkungen auf die Bilanz der betroffenen Zentralbanken: stei- gende Verbindlichkeiten aus der Bank- notenumlaufanpassung bei der Deut- schen Bundesbank, steigende Forde- rungen bei der OeNB.

Die Summe der Nettoeinlieferungen bei der OeNB von 40 Mrd EUR stimmt größenordnungsmäßig mit der Forde- rung der OeNB aus der Banknoten- umlaufanpassung überein. Grafik 10 stellt beide im Zeitablauf gegenüber:

Die kumulierten Nettolieferungen ent- wickeln sich parallel zur Banknoten- umlaufanpassung.

Es scheint, dass der internationale Versand von Euro-Banknoten der wich- tigste Erklärungsfaktor für den Bargeld- zufluss nach Österreich ist. Tourismus und andere Kanäle, wie die Mitnahme von Bargeld durch Gastarbeiter, spielen demgegenüber eine untergeordnete

Rolle, zumindest als direkte Quelle von Bargeld. Indirekt, als Quelle des Euro-Bargelds, das dann aus Zentral-, Ost- und Südosteuropa an die OeNB rückgeliefert wird, haben diese Kanäle potenziell jedoch eine große Bedeu- tung.

Die Bedeutung des Valutenhandels für den Banknotenumlauf der OeNB hilft auch den Zusammenhang zwischen Bargeldmigration und TARGET2-Über- weisungen, der in Kapitel 2 diskutiert wurde, weiter zu konkretisieren. Valu- tenhändler sind spezialisierte Dienst- leister und die von ihnen eingelieferten Banknoten stammen von anderen Ban- ken. Die Guthaben, die der Valuten- händler durch die Einlieferung erwirbt, müssen daher rasch an seine Kunden weitergegeben werden. Diese Geschäfts- banken befinden sich wahrscheinlich zu einem wichtigen Teil im Euroraum- Ausland. Auf Bargeldeinlieferungen folgen daher relativ rasch Abflüsse über TARGET2. Dieser spezifische Mecha- nismus könnte erklären, warum Bank- noten und TARGET2 im österreichi- schen Fall so stark zusammenhängen.

in Mrd EUR 50 40 30 20 10 0 –10 –20

2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012

Nettoeinlieferung von Banknoten und die Banknotenumlaufanpassung der OeNB

Grafik 10

Quelle: OeNB.

Kumulierte Nettoeinlieferungen Banknotenumlaufanpassung

24 Für eine Analyse dieser Daten auf regionaler Ebene siehe Schautzer (2006).

(17)

4 Schlussfolgerungen

Die hohen Forderungen und Verbind- lichkeiten zwischen den nationalen Zentralbanken und der EZB im Zah- lungsverkehrssystem TARGET2 haben zu hitzigen öffentlichen Debatten über Ursachen und Konsequenzen geführt.

Dabei wird oft übersehen, dass signifi- kant große TARGET2-Salden auch ohne Refinanzierungsschwierigkeiten in natio- nalen Bankensektoren und entspre- chendem Anstieg in der Zentralbank- refinanzierung entstehen und tatsächlich einen integralen Bestandteil des nor- malen Funktionierens der Währungs- union darstellen können. So hat die OeNB in den vergangenen zehn Jahren kontinuierlich eine TARGET2-Verbind- lichkeit von 39,2 Mrd EUR (Ende November 2012) aufgebaut, der eine Forderung aus der Banknotenumlauf- anpassung in ähnlicher Höhe gegen- übersteht.

Die TARGET2-Verbindlichkeit Ös- terreichs ist das Ergebnis eines struktu- rellen Zuflusses von Zentralbankgeld in Form von Bargeld, das unbar über TARGET2 Österreich wieder verlässt.

Zum Teil stammen diese Banknoten aus Bargeldmitnahmen ausländischer Touristen. Quantitativ bedeutender ist jedoch der internationale Handel mit Banknoten, der zu einem nicht unbe- trächtlichen Teil über die OeNB läuft und wo jedes Jahr größere Beträge an Banknoten rückgeliefert als von der OeNB ausgegeben werden. Für die hohe TARGET2-Verbindlichkeit der OeNB sind daher makroökonomische Faktoren, wie sie in der Literatur zu TARGET2 häufig zitiert werden, kaum relevant. Entscheidend sind vielmehr mikroökonomische bzw. strukturelle Faktoren im Zahlungsverkehr.

Daraus lassen sich folgende über Österreich hinausgehende Schlussfolge- rungen ziehen: In der Analyse der TARGET2-Salden ist es erstens unum- gänglich, dass barer und unbarer Zahlungs verkehr gemeinsam betrach- tet werden. Einige rezente Studien zu TARGET2 erwähnen die Frage der Banknoten, aber eine stärker integ- rierte Analyse wäre wünschenswert.25 Zweitens gibt es keinen Grund anzu- nehmen, dass nach Ende der aktuellen Banken- und Staatsschuldenkrise im Euroraum die TARGET2-Salden auf null zurück gehen werden. Derzeit wer- den die strukturellen Faktoren von der Krise überlagert. Sobald jedoch die krisen bedingten Ungleichgewichte be- seitigt sind, werden strukturelle Fakto- ren wieder stärker zum Vorschein kommen. Wichtig ist dabei zu sehen, dass es kein Limit im Aufbau der Sal- den gibt. Bleibt in Österreich die Situa- tion bestehen, dass jährlich zwischen 5 und 8 Mrd EUR in Banknoten zu- und der gleiche Betrag in TARGET2 abflie- ßen, so würde die OeNB in zehn Jah- ren eine Verbindlichkeit in TARGET2 zwischen 90 und 120 Mrd EUR aus- weisen. Ein Verständnis der strukturel- len Entwicklung der TARGET2-Salden erfordert ein detailliertes Wissen über die Struktur der Banknotenlogistik, über die Bedeutung von zentralisiertem Liquiditätsmanagement in grenzüber- schreitenden Bankengruppen sowie ein Verständnis der regional bzw. nach Typ der Transaktion unterschiedlichen Prä- ferenzen in der Verwendung von Bar- geld. Alle diese Faktoren sind Ände- rungen unterworfen, und der zuvor dargestellte Trend für den TARGET2- Saldo Österreichs kann sich in den nächsten zehn Jahren auch wieder

25 Jobst (2011), Boeckx und König (2012), Burgold und Voll (2012), Jobst et al. (2012), Whelan (2012).

(18)

die grenzüberschreitende Bewegung von euro-Bargeld und Österreichs tarGet2-Verbindlichkeit

Geldpolitik & Wirtschaft Q4/12 51

verändern. Die wichtigste wirtschafts- politische Schlussfolgerung ist, dass jede Begrenzung oder regelmäßige Til- gung der TARGET2-Salden, wie gele- gentlich vorgeschlagen, nicht nur sinn-

los wäre, sondern das normale Funk- tionieren der Währungsunion, das einen ungehinderten Fluss von Zentral- bankgeld voraussetzt, stark beeinträch- tigen würde.

Literaturverzeichnis

Allen, W. und R. Moessner. 2012. the liquidity consequences of the euro area sovereign debt crisis. Bis Working papers 390.

Auer, R. 2012. What drives tarGet2 Balances? evidence from a panel analysis. swiss National Bank Working paper 2012–15.

Bartzsch, N., G. Rösl und F. Seitz. 2011a. der auslandsumlauf deutscher euro-Banknoten:

schätzung mit direkten ansätzen. diskussionspapier reihe 1. 20/2011. deutsche Bundesbank.

Bartzsch, N., G. Rösl und F. Seitz. 2011b. der auslandsumlauf deutscher euro-Banknoten:

schätzung mit indirekten ansätzen. diskussionspapier reihe 1. 21/2011. deutsche Bundesbank.

Bindseil, U. und P. König. 2012. tarGet2 and the european sovereign debt crisis. in: kredit und kapital 45(2). 135–174.

Boeckx, J. und P. König. 2012. tarGet2 Balances in the eurosystem: What they are and how to interpret them. in: revue Bancaire et financière 8. dezember. 483–498.

Brandner, P. und H. Grech. 1999. die rolle der oeNB im europäischen Zahlungsverkehr.

in: Wifo-Monatsberichte 12/1999. 789–796.

Buiter, W., E. Rahbari und J. Michels. 2011. tarGeting the Wrong Villain: tarGet2 and intra-eurosystem imbalances in credit flows. in: citi Global economics View. 9. Juni.

Burgold, P. und S. Voll. 2012. Mythos tarGet2 — ein Zahlungsverkehrssystem in der kritik.

Working papers on Global financial Markets 29. Universität Jena.

Cecchetti, S., R. McCauley und P. McGuire. 2012. interpreting tarGet2 Balances. Bis Working papers 393.

Deutsche Bundesbank. 2005. Zur darstellung grenzüberschreitender Bargeldtransaktionen in der Zahlungsbilanz. in: Monatsbericht März.

EZB. 2010. the international role of the euro.

EZB. 2012a. Jahresbericht 2011.

EZB. 2012b. the international role of the euro.

Handig, M. und R. Holzfeind. 2007. euro-Banknotenumlauf und Verteilung der monetären einkünfte im eurosystem. in: Geldpolitik & Wirtschaft Q1/07. oeNB. 160–174

Haran, P. und S. Bailey. 2012. analysis of recent Monetary operations & tarGet2 develop- ments. in: central Bank of ireland Quarterly Bulletin 03/July 12. 115–132.

ifo Schnelldienst. 2011. die europäische Zahlungsbilanzkrise. heft 16.

Jobst, C. 2011. a Balance sheet View on tarGet – and Why restrictions on tarGet Would have hit Germany first. 19. Juli. www.VoxeU.org.

Jobst, C., M. Handig und R. Holzfeind. 2012. tarGet verstehen – das Zahlungsverkehrs- system tarGet2 aus volkswirtschaftlicher und bilanzieller sicht. in: Geldpolitik & Wirtschaft Q1/12. oeNB. 86–97.

Kokkola, T. (Hrsg.). 2010. the payment system. payments, securities and derivatives, and the role of the eurosystem. frankfurt am Main: eZB.

Krsnakova, L. und M. Oberleithner. 2012. Zusammenspiel des euro-Banknotenumlaufs und der intra-eurosystem-salden. in: Geldpolitik & Wirtschaft Q1/12. oeNB. 75–85.

Ritzberger-Grünwald, D. und T. Scheiber. 2012. euro-Bargeld in Zentral- und südost- europa. in: Geldpolitik & Wirtschaft Q1/12. oeNB. 44–59.

(19)

Anhang: Bilanzielle Darstellung des Banknotenumlaufs im Euro- system anhand eines Beispiels Der gesamte Euro-Banknotenumlauf wird nach einer bestimmten Regel in den Bilanzen der nationalen Zentral- banken und der EZB ausgewiesen.

Dazu wird aus der Summe des logisti- schen Banknotenumlaufs (Summe der ausgegebenen Banknoten minus Summe der rückgelieferten Banknoten) aller nationalen Zentralbanken der gesamte Euro-Banknotenumlauf ermittelt und anschließend gemäß dem Banknoten- verteilungsschlüssel innerhalb des Euro- systems verteilt. Dabei entfallen auf die EZB 8 % des Banknotenumlaufs, ob- wohl die EZB selbst physisch keine Banknoten ausgibt. Die verbleibenden 92 % werden entsprechend dem Kapi- talsschlüssel aufgeteilt, der auf den voll eingezahlten Anteilen am EZB-Kapital der an der WWU teil nehmenden nationalen Zentralbanken gemäß Arti- kel 29 des EZB-Statuts basiert. Die Be- rechnung der Kapitalanteile beruht zu je 50 % auf den Bevölkerungs- und BIP- Anteilen der 27 EU-Staaten und wird bei Beitritten bzw. turnus mäßig alle fünf Jahre den aktuellen statistischen Daten entsprechend angepasst. Im Gegenzug zur Anpassung des ausge- wiesenen Banknotenumlaufs verändern sich auch die Intra-Eurosystem-Salden aus der Euro-Banknotenanpassung, die

sich aus der Differenz zwischen dem lo- gistischen und dem rechnerischen Banknotenumlauf bei den einzelnen Zentralbanken ergeben.

Dieses Prozedere lässt sich am besten anhand eines Beispiels veran- schaulichen. Angenommen, das Euro- system besteht aus der EZB und zwei nationalen Zentralbanken (NZBen), NZB A und NZB B, die beide 50 % des Kapitals der EZB halten. Die NZBen führen Refinanzierungsgeschäfte durch, in denen sich die Geschäftsbanken Giroguthaben bei den NZBen verschaf- fen können, die sie verwenden, um ihre Mindestreserve-Pflicht zu erfüllen und Bargeld zu beziehen. Zu Beginn des Beispiels haben beide NZBen Bank noten im Wert von je 500 emit- tiert, Giroguthaben betragen jeweils 50 und bei beiden laufen Refinanzierungs- operationen mit einem Volumen von 550.

Tabelle A1 zeigt die Bilanzen der NZBen, der EZB und die konsolidierte Bilanz des Eurosystems. Insgesamt sind Banknoten im Wert von 1.000 im Um- lauf. Gemäß der zuvor dargestellten Regel entfallen davon 8 %, das heißt 80, auf die EZB. Die verbleibenden 920 werden entsprechend dem angenom- men Kapitalanteil der beiden NZBen zu jeweils 50 % auf NZB A und NZB B aufgeteilt, die nun eine Verbindlichkeit aus dem Banknotenumlauf von 460

Schautzer, A. 2006. Banknote Migration in the ceNtrope region. in: proceedings of the oeNB Workshop 9 „New regional economics in central european economies: the future of ceNtrope“. 200–219.

Schneeberger, D. und G. Süß. 2007. die Migration des euro seit seiner einführung am Beispiel Österreichs. in: Geldpolitik & Wirtschaft Q1/07. oeNB. 136–146.

Sinn, H.-W. und T. Wollmershäuser. 2012. target loans, current account Balances and capital flows: the ecB’s rescue facility. in: international tax and public finance 19(4). 468–508.

Ulbrich, J. und A. Lipponer. 2011. die europäische Zahlungsbilanzkrise. in: ifo schnelldienst 16.

69–72.

Whelan, K. 2012. tarGet2 and central Bank Balance sheets. Ucd centre for economic research Working paper series Wp12/29.

Referenzen

ÄHNLICHE DOKUMENTE

• Italienisch im Handel • Italienisch im Büro • Italienisch im Tourismus • Italienisch im Einkauf und Verkauf Individuelles Kleingruppentraining für Ihre Lehrlinge im Ausmaß

(2) Im Bericht gemäß ÖStP 2012 wies die Statistik Austria darauf hin, dass sie keine Informationen bezüglich der Aufteilung dieser Ausgaben auf Bund, Länder und Ge- meinden

Die Bildung eines Mittelwerts aus mehreren Messungen, die in einem zeitlichen Abstand von 1–2 Minuten durchgeführt werden, erhöht deren Aussagekraft in Bezug auf Diagnose,

(2) Nähere Bestimmungen über Mindestanforderungen für Zoos in Bezug auf die Ausstattung, Betreuung von Tieren, Betriebsführung, über die von den mit der Tierhaltung

Dezember 2008 aggregiert über alle Banken die Prognosewerte 1 für die in den Tilgungsträgern angesparten Volumina für das Ende der Kreditlaufzeit bei den privaten Haushalten um 14

onen überhaupt kein Dominoeffekt (in Bezug auf die Anzahl der Banken mit nicht abgewickelten Transaktionen), während es bei zwei Fünftel zu einem oder zwei Ausfällen

In der ION-2-Studie konnte bei gleichem Studiendesign bei Patienten, die auf eine Vorbehandlung nicht angesprochen hatten, genauso gezeigt werden, dass die Therapie mit

Freiwilligenarbeit bietet nicht nur eine Möglichkeit, Gutes zu tun und sich persönlich weiterzuentwickeln, sie leistet auch einen wichtigen Beitrag für die Gesellschaft..