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150. Sitzung des N. R. der Republik Österreich, II. G. P. — 6. Juli 1926.

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Stenographisches Protokoll.

150. Sitzung des Nationalrates der Republik Österreich.

II. Gesetzgebungsperiode. Dienstag, 6. Juli 1926.

Inhalt.

Regierungsvorlagen: 1. Abänderung des Artikels 10, Z. 13, des Bundesverfassungsgesetzes (23. 582) (3665) — Berfassungsausschuß (3695);

2. Gesetze, wirksam für das Land Steiermark, über das Diensteinkvmmen der öffentlichen Volks- und Bürgerschul¬

lehrerschaft und über die Ruhe- und Versorgungsgenüsse dieser Lehrkräfte (B. 583) (3665);

3. Regelung der Goldverbindlichkeiten im Verhältnis zur Tschechoslowakischen Republik (B. 584)-- (3665) — Finanz- und Budgetausschuß (3695);

4. Geltendmachung von Ansprüchen an die Alters¬

versorgungseinrichtungen der ehemaligen k. k. österreichischen Staatseisenbahnvcrwaltung (B. 585) (3665) — Finanz- und Budgetausschuß (3695);

5. Centralbankgesetz (B. 586) und

6. Einlagensicherungsgesetz (B. 587) (3665) — Finanz¬

minister Kollmann (3665).

Tagesordnung: Antrag Sever auf Vornahme der 1. Lesung über die Regierungsvorlagen B. 586 u. 587 (3668).

Verhandlung: 1. Lesung der Regierungsvorlagen, betr.:

1. Anglobankgesetz (B. 576), 2. Centralbankgesetz (B. 586) und

3. Einlagcnsicherungsgesetz (B. 587) — Dr. Danne- berg (3668), Dr. Kienböck (3686), Clessin (3690), Dr. Ellenbogen (3694) — Zuweisung der Regierungs¬

vorlagen B. 576, 586 und 587 NN den Finanz- und Budgetausschuß (3695).

Ausschüsse: Zuweisung der Regierungsvorlagen B. 578 an den Ausschuß für Erziehung und Unterricht, B. 580 an den Finanz- und Budgetausschuß (3695).

Eingebracht wurde:

Antrag: Geister, in Notstandsangelegenheiten (277/A).

Verteilt wurden:

Regierungsvorlagen: B. 580, 582, 583, 584, 585, 586, 587.

Bericht: B. 581.

Präsident Miklas eröffnet die S.itzung um 3 Uhr 35 Min. nachm, und erklärt das Protokoll über die Sitzung vom 30. Juni als genehmigt.

Eingelangt sind Regierungsvorlagen, betr. Ab¬

änderung des Artikels 10, Z. 13, des Bundes¬

verfassungsgesetzes (B. 582); Gesetze, tvirksam für das Land Steiermark, über das Diensteinkommen der öffentlichen Volks- und Bürgerschullehrerschast und über die Ruhe- tind Versorgungsgenüssc dieser Lehr¬

kräfte (B. 583); Regelung von Goldvcrbindlich-

keiten im Verhältnis zur Tschechoslowakischen Re¬

publik (B. 584); Gelteudinachung von Ansprüchen an die Altersversorgungseinrichtungen der ehemaligen k. k. österreichischen Staatseisenbahnverwaltung (B. 585);

Centralbankgesetz (B. 586) und Einlagensicheruugs- gesetz (B. 587).

Finanzminister Kollmann: Hohes Haus! Die Bundesregierung hat heute im hohen Hause zwei Regierungsvorlagen eingcbracht, welche durch die Schwierigkeiten notwendig wurden, in die die Central¬

bank der deutschen Sparkassen geraten ist.

Die Centralbank der deutschen Sparkassen wurde im Jahre 1901 gegründet und hatte ursprünglich ihren Sitz in Prag. Der Zweck ihrer Gründung war einerseits der Geldausgleich zwischen den einzelnen Sparkassen, anderseits die Ermöglichung einer raschen Mobilisierung der Sparkassen. Die rasche Mobilisierungsmöglichkeit sollte nicht nur durch Guthaben der Sparkassen bei der Centralbank und durch Kredite der Centralbank erreicht werden, sondern auch dadurch, daß die Sparkassen der Ccntralbank eigene Hypothekarforderungen gegen Barzahlung zedieren. Das Geld für diese Barzahlung sollte sich die Centralbank durch Ausgabe und Verkauf von Pfandbriefen beschaffen, die auf die zedierten Forderungen fundiert waren. Bei dem glänzenden Funktionieren des Anlagemarktcs der Vorkriegszeit war der dargestellte Gedanke wohl ein vorzüglicher.

Selbstverständlich hatte die Centralbank auch das Recht, eine Reihe anderer Bankgeschäfte zu machen.

Die Zeit brachte es aber mit sich, daß sie ihre Tätigkeit immer mehr nach der Seite der Mobil¬

bankgeschäfte erweiterte. Inzwischen hatte die Central¬

bank ihren Sitz von Prag nach Wien verlegt, hatte aber noch zahlreiche Filialen in Böhmen und Mähren. Als im Jahre 1918 der altösterreichische Staat zerrissen wurde, traf dies die Ceutralbank besonders schwer, da sie viele Pfandbriefe und Kommunalschuldverschreibungen in der Tschecho¬

slowakei placiert hatte und man dort von ihr ver¬

langte, daß sie diese Pfandbriefe in tschechischen Kronen honoriere. Nach langwierigen Verhand¬

lungen kam dann ein Arrangement zustande. Ver¬

luste, die * die Centralbank damals aus dieser unglück¬

seligen Konstellation davontrug, wurden allmählich wieder saniert. Nunmehr stand einem neuerlichen Aufblühen des Institutes nichts im Wege. Leider

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hatte sich aber die Bank in der Zeit der Inflation wie viele andere Institute sozusagen „in Sachwerte gerettet". Die Bank hatte Aktien und Beteiligungen an den verschiedensten Unternehmungen erworben, hatte neue gegründet oder sich an Nengründungen beteiligt. Die Aktienmajorität, welche früher in den Händen der Sparkassen war, ging durch die ver¬

schiedenen Kapitalserhöhungen in der Inflationszeit an private Industrielle über, welche die Bank dann immer mehr auf das Gebiet des Jndnstriegeschäftes drängten. So kam es auch, daß die Bank bei Stabilisierung der Währung nicht rechtzeitig aus den Sachwerten herausging und ihr Verinögen nicht rechtzeitig liquid stellen konnte. Als dann plötzlich die Wirtschaftskrise hereinbrach, wurden auch ihre industriellen Großaktionäre davon betroffen.

Die Bank mußte eine Reihe neuer Beteiligungen übernehmen. Dazu kan: noch, daß die Bank in diesem Momente eben im Begriffe war, eine Kapitals¬

erhöhung durchzusührcn, die infolge der plötzlich hereinbrechenden Wirtschaftskrise insofern mißlang, als sie nicht zur Gänze mit baren: Gelde eingezahlt werden konnte. Die Bank konnte sich daher auch durch diese Kapitalserhöhung nicht mobiler nrachen.

Auch über die damaligen Mibilitätsschwierigkeiten konnte jedoch die Bank mit einiger Hilfe hinüber¬

gebracht werden. Es wurde aber schon damals seitens des Finanzministeriums ernstlich verlangt, daß sie in: Auslande neues flüssiges Geld für eine Kapitals¬

erhöhung 'suche, da solches ja in: Jnlande infolge der Wirtschaftskrise nicht zu haben war. Sie wurde von: Finanzministeriun: schon damals auf die in Deutschland in: steten Aufblühen begriffenen Girozentralen auftnerksau: gemacht, welche dort ganz ähnliche Funktionen zu erfüllen haben als die Centralbank in Österreich. Nach längeren Verhand¬

lungen kau: die Ceutralbank erst im ersten Frühjahre dieses Jahres so weit, daß sie mir mitteilen konnte, daß die Berliner Girozentrale zu einer Kapitals¬

beteiligung an der Centralbank unter gewissen Bedingungen prinzipiell geneigt wäre. Mit dieser Kapitalsbetciligung wäre auch eine Einfügung der Centralbank in das deutsche Girosystcn: Hand in Hand gegangen^ Unter den Bedingungen, welche seitens der deutschen Girozentrale gestellt wurden, war unter anderen: auch die, daß die Majorität der Aktien der Centralbauk in die Hände der Spar¬

kassen, Genossenschaften und öffentlichen Körper¬

schaften überführt werde und daß die österreichische Regierung ihr Interesse an der Transaktion bekannt¬

gebe. Nicht nur die ganze Aktion, sondern auch die erstgenannte Bedingung war vollkommen in den Intentionen der Regierung gelegen, so daß cs ihr nicht schwer fiel, ihr Interesse an dieser Aktion zu beftmden. Da die Regierung jedoch dadurch den:

Auslande gegenüber offiziell hervortrat, mußte sie sich auch genau über den Stand des Institutes,

die zu erwartende Goldbilanz und die Verträge interessieren, durch welche den privaten Großaktionären die Majorität der Aktien abgenommen werden sollte.

Bei diesen Verhandlungen nun ergab sich, daß die lang andauernde und schleichende Wirtschaftskrise auch der Centralbank vielen Schaden zugefügt hatte. Nicht nur, daß viele Beteiligungen bei der heutigen Stag-' Nation als inunobil anzusehen sind, daß viele Aktien infolge allzu geringen Ertrages — der wieder durch die industrielle Krise und Absatzstockung hervor¬

gerufen ist — entwertet erscheinen, auch manche Schuldner der Centralbank sind heute selbst von vollkommen sichcrgestellten Schulden nicht in der Lage, Zinsen oder Kapitalrückzahlungen zu leisten.

Darüber hinaus aber war zu erkennen, daß die Centralbank infolge ungenügender Bcschäsftgung und ungenügenden Erträgnisses ihrer eigenen und fremden Gelder an^ einen: ständigen 'BetriebZdcfizit leidet.

Als die Regierung all dies erkannt hatte, war es ihr klar, vaß man nicht zugeben dürfe, daß die Berliner Girozentrale sich jetzt in Unkenntnis all dieser Dinge an der Bank beteilige. Darüber hätte man der österreichischen Regierung in Deutschland mit Recht die schwersten Vorwürfe gemacht. Es inußte daher die Bank vorerst mit hiesigen Kräften in aller Stille in Ordnung gebracht werden. Erst dann konnte der Plan mit der Berliner Giro¬

zentrale durchgeführt werden. Aus diesem Grunde ließ ich unseren Berliner Gesandten streng ver¬

traulich genau von der Situation informieren und ihn ersuchen, derzeit keine weiteren Schritte in der Angelegenheit der Beteiligung der Girozentrale zu unternehmen, sondern diese Angelegenheit vielmehr unter Hinweis darauf, daß vorerst noch die Gold¬

bilanz der Centralbauk erstellt und das Institut in die öffentliche Hand überführt werden müsse, hinaus¬

zuziehen, was auch geschehen ist.

Mitten in die Verhandlungen über die zur Ge¬

sundung der Centralbauk zu ergreifenden Ma߬

nahmen platzte der Artikel eines hiesigen Spät¬

abendblattes, welcher alles ruhige Arbeiten natürlich unmöglich machte, da er einen panikartigen Run auf das Institut hervorrief.

Hohes Haus! Einem Run konnte die Centralbauk in ihrer heiklichen immobilen Situation um so weniger aus eigenen Kräften begegnen, als sie den größten Teil ihrer früher vorhandenen mobilen Mittel durch das nun schon viele Monate andauernde Betriebs¬

defizit erschöpft hatte.

Die Centralbauk verfügte über große Einlagen, welche die Sparkassen bei ihr gemacht hatten.

Außcrdeui war aber auch der Prozentsatz der kleinen Sparer, welche ihr Geld der Centralbank anvertraut hatten, sehr bedeutend, da diese Bank mit ihren zahlreichen, bis in die kleinsten Orte verzweigten Filialen ein rechtes Volksinstitut war. Die Ver¬

bindung der Bank mit den Sparkassen war allgemein

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bekannt. Es war zu befürchten, daß sämtliche Spar¬

kassen Österreichs einen Run erhalten. Mir einen Run der Sparkassen vorzusorgen, war aber gerade Aufgabe der Ccntralbank. Die Sparkassen konnten mit Recht darauf Hinweisen, daß sie das Ihrige getan haben, wenn sie bei jenem Institut, das zur Vorsorge für ihre Mobilität geschaffen wurde, ein entsprechendes Guthaben besitzen. Wenn nun dieses Institut, diese Centralbank, versagt hätte, so hätte auch eine große Anzahl von Sparkassen versagen müssen.

Der Zusammenbruch der Sparkassen aber hätte den

Zusammenbruch einer Unzahl von kleineren und mittleren Existenzen nach sich gezogen, was dann wieder zu Arbeitcrentlassungen u. dgl. hätte führen müssen. Der Run wäre aber wohl kaum auf die Centralbank und Sparkassen beschränkt geblieben.

Auch die Genossenschaften und die anderen Banken hätten unter der Beunruhigung des Publikums zu leiden gehabt. Die Katastrophe hätte sich wellen¬

förmig fortgepflanzt, und es wäre wohl kaum eine Schichte der Bevölkerung von ihr ganz verschont geblieben. Überdies wäre infolge einer solchen Kata¬

strophe das Mißtrauen, welches langsam im Schwinden begriffen ist, wieder ungeheuer ange¬

wachsen. Das Geld wäre wieder von den Geld¬

instituten verschivnnden und wäre in die Strümpfe und Truhen gewandert. Dies hätte zu einer starken Geldknappheit und zu einem Ansteigen des Zins¬

fußes geführt, was wieder teure industrielle Pro¬

duktion, Konkurrenzunfähigkeit und Arbeiterentlassungen bedeutet.

In dieser Situation, welche rasches Handeln erforderte, war die Entscheidung für die Regierung wohl schwerwiegend, aber klar vorgezeichnet. Sie entschloß sich, verkiinden zu lassen, daß sie alle Spar¬

und Kontokorrenteinlagen bei der Centralbank garantiere und stellte der Centralbank jene Mittel zur Verfügung, welche sie zur schlanken Rückzahlung der garantierten Einlagen benötigte.

Hohes Haus! Von den beiden Regierungsvor¬

lagen, welche heute vorgelegt wurden, verfolgt die eine, die kürzere, den Zweck, für das Vorgehen der Regierung die gesetzliche Genehmigung zu erlangen und weiters jenen Zustand der Ruhe und Er¬

starrung bei der Centralbank zu schaffen, welcher

nötig ist, um einen genauen Status aufzunehmen

und das Institut in Ruhe in eine gesündere Form überzuftihren, in welcher cs seinen eigentlichen hohen Aufgaben gewachsen ist. Dazu werden manche der unglücklichen und drückenden Engagements der Bank abgestoßen werden müssen. Wir zweifeln nicht daran, daß dann, wenn das Institut rein und gefestigt dasteht, die deutsche Girozentrale bereit sein wird, die Verhandlungen wieder anzuknüpfen und durch eine Aufnahme der Centralbank in den großen deutschen Giroverband ähnliche Situationen, wie wir

sie jetzt leider miterleben müssen, für die Zukunft anszuschließen.

Der zweite Gesetzentwurf enthält vor allem die Vorsorge für die Restmdicrnng jener Mittel, welche der Bund auf Grund der abgegebenen Garantie vorgeschossen hat. Der Weg, der dabei eingeschlagen werden soll, ist folgender: Es soll ein Fonds ge¬

gründet werden, für dessen Verbindlichkeiten der Bund haftet und der berechtigt ist, Obligationen bis zum Betrage von 60 Millionen Schilling auszu¬

geben, aus deren Erlös der Bund befriedigt wird.

Der Dienst dieser Obligationen wird durch Beiträge aller jener Institute fichergcstellt werden, welche Bucheinlagen entgegennchmen, doch wird auch der Bund zu dem Obligationsdicnst einen jährlichen Zuschuß leisten. Daß alle Institute, welche Buch¬

einlagen entgegennehmen, zur Beitragsleistung heran¬

gezogen werden, hat darin seinen Grund, daß die Aktion der Regierung auch in ihrem Interesse erfolgt ist, wie ich mir soeben darzustellen erlaubt habe.

Der Fonds soll aber auch berechtigt sein, in Hinkunft Sparkassen und öffentlichen Fonds und Anstalten, die Bncheinlagen entgegennehinen, hilfreich beizuspringen.

Damit niemand auf den Gedanken komme, daß nun im Wege dieses neu zu gründenden Fonds, für dessen Verbindlichkeiten der Staat garantiert, eine grenzenlose Verschuldung in die Wege geleitet werden soll, wurde in dem Entwürfe festgesetzt, daß jede Ausgabe von Schuldverschreibungen über 60 Millionen Schilling hinaus der gesetzlichen Genehmigung be¬

dürfe.

In dem zweiten Gesetze, welches den Zitiertitel

„Einlagensicherungsgesetz" trägt, werden aber auch noch andere Bestimniungen getroffen, die nach Ansicht der Regierung geeignet sind, die Einlagen für die Zukunft sicherer zu gestalten. Sv sollen die Spar¬

kassen zu Revisionsverbändcn zusammengeschlossen werden, und die Berechtigung, Bucheinlagen entgegen¬

zunehmen, soll für jedermann an eine bundes¬

behördliche Genehmigung geknüpft werden. Auf dem Gebiete des Genossenschaftswesens sollen in Hinkunft nur noch Kreditgenossenschaften Bucheinlagen ent- gegcnnehmen dürfen und auch diese in der Regel nur dann, wenn sie an Revisionsverbände ange¬

schlossen sind. Im übrigen kann ich wohl auf die Begründung des Gesetzes Hinweisen.

Ich hoffe, daß die Durchführung der vorge¬

schlagenen Maßnahmen zur weiteren Gesundung unseres ganzen Kreditsystems wesentlich beitragen werde.

Die Regierung hat bei Eintritt dieser Krise den Herrn Abg. Streeruwitz gebeten, er möge bis zur Erstellung eines anderen Überwachungsapparates so gut sein und dort die Überwachung und den Schutz der Interessen des Bundes übernehmen. Er hat sich dieser Aufgabe gerne unterzogen und ich danke ihm

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int Rauten der Regierung hiefür. Ich bitte ihn bei dieser Gelegenheit auch, dort noch so lange auszu- halten, bis ein Ersatz für ihn geschaffen ist.

An das hohe Hans stelle ich die Bitte, die erst¬

genannte Vorlage rasch in Verhandlung zu ziehen und rasch zu erledigen, damit bei der Centralbank geordnete Verhältnisse eintrcten können. (Beifall und Händeklatschen.)

Über Antrag Sever wird beschlossen, die Re¬

gierungsvorlagen B. 586 und 587 der 1. Lesung zuzuführen.

Über Vorschlag des Präsidenten werden diese

ersten Lesungen unter einem mit der auf der T. O.

stehenden 1. Lesung des Anglobankgesetzes vorge-

nommen.

Es wird zur T. O. übergegangen, das ist die 1. Lesung der Regierungsvorlagen, betr. Gebühren- begünstigungen bei Auflösung inländischer Zweig¬

niederlassungen ausländischer Gesellschaften (B. 576), betr. die Stützungsaktion für die Centralbank der deutschen Sparkassen in Wien (Centralbankgesetz) (B. 586) und über die Sicherung von Einlagen bei Geldinstituten (Einlagensicherungsgesetz) (B. 587).

Dr. Danneberg: Hohes Haus! Die Regierung hat heute dem Hause zwei außerordentlich wichtige Vorlagen unterbreitet. Der Herr Finanzminister hat die Einbringung dieser Vorlagen mit einer Rede begleitet, in der er eine Geschichte der Centralbank der deutschen Sparkassen gegeben hat, um die es sich in diesen beiden Gesetzentwürfen der Regierung handelt. Ich muß vorweg betonen, daß diese sonst sehr ausführliche Geschichte, die der Herr Finanz- minister hier erzählt hat, einige Mängel anfweist.

Sie ist lückenhaft, und zwar gerade in sehr wichtigen und charakteristischen Punkten. Ich tnuß mir Vor¬

behalten, in meinen Ausführungen die Darstellung der Geschichte der Centralbank der deutschen Spar¬

kassen wesentlich zu ergänzen.

Bevor ich das aber tue, möchte ich noch fest¬

stellen, daß natürlich die erste Lesung ztveier so wichtiger Vorlagen schwer durchführbar ist, sofern man schon Detailberattmgen verlangt, weil diese Gesetze eben jetzt vor einer Minute hier zur Kenntnis der Abgeordneten, mindestens der Abgeordneten der Oppositton gekommen sind (Zwischenrufe) nnd cs natürlich völlig ausgeschlossen ist, daß man sich über solche Gesetze in wenigen Minuten Klarheit verschaffen kann; mindestens kann man es dann nicht tun, wenn man wirklich Verantwortlichkeitsgefühl in solchen Fragen hat. Daher werden wir uns in der heutigen Debatte, in der ersten Lesung, nur mit den allgemeinen grundsätzlichen Fragen beschäftigen können, die hier entstehen.

Bevor ich das aber tue, möchte ich ein Wort zu dem Gesetze sagen, dessen 1. Lesung bereits auf

der T. O. des Hauses gestanden ist, das ist das Gesetz über eine Ergänzung des Fusionsgesetzes.

Es handelt sich hier, wie wir alle wissen, um die Frage der Anglobank, die jetzt aus Österreich ver¬

schwinden will und ihre ganzen Agenden der Kredit¬

anstalt übergibt. Bei dieser Gelegenheit ist cs not¬

wendig, daran zu erinnern, daß auch hier eigentlich ein trauriges Kapitel sein Ende findet, nnd es ist nicht uninteressant, da ein wenig auf die Zeit zurück- zugreifen, in der sich das Parlament auch mit der Anglobank in einem eigenen Gesetz beschäfttgt hat.

Das war im Oktober, daß heißt im Laufe des ganzen Jahres 1921, denn es war eine sehr lang¬

wierige Verhandlung, zu der die Ländcrbank und die Anglobank den Anlaß gaben. Wir haben hier im Parlament am 12. April 1921 die 1. Lesung eines Gesetzes über die Sitzverlegung von Aktien¬

gesellschaften ins Ausland geführt. Damals hat man uns von dcrRegierungsbank aus schwarz in schwarz gemalt.

Da hatman uns ausführlich erzählt, wenn die Länderbank nicht französisiert und die Anglobank nicht verengländert wird, dann würden diese Banken unter der Last ihrer Vvrkriegsschulden zusammcnbrechen und der österreichische Staat wäre nach Arttkel 248 des Friedensvertragcs zu ungeheueren Zahlungen ver¬

pflichtet, die er nicht leisten könnte; wenn man aber diesen beiden Bank gestatte — so erzählte uns der damalige Finanzminister —, sich in ausländische Institute umzuwandeln, wenn man ihnen dabei noch alle möglichen Steuernachlässe gewähre, dann werde umgekehrt ausländisches Kapital in reicher Fülle nach

Österreich einströmen und die ganze Volkswirtschaft

in grandioser Weise befruchten und überdies wäre dann der Staat aller seiner Verpflichtungen ledig,

die er sonst nach Artikel 248 des Fricdensvertrage's

für Vorkriegsschulden auf sich zu nehmen hätte. Der Kampf ist damals hin und her gegangen, die Koalition der beiden bürgerlichen Parteien, die heute eine geschlossene Mehrheit bilden, war damals noch nicht ganz fest und so konnte es kommen, daß an dem gleichen Tage, am 7. Juli 1921, die „Reichs- pvst", das Organ der christlichsozialcn Partei, in einem der vielen Artikel, die sie damals über die Länderbank — und Anglobankfrage schrieb, sagen konnte, „nur bösartige oder hirnverbrannte Demagogie werde es fertig bringen, die Gefahren einer Ab¬

lehnung dieses Gesetzes zu wagen." Und am gleichen Tage hat der Herr Kandl, der damals der Obmann der Großdeutschen Volksparteittvar, in Wien eine Rede gehalten, in der er ausführte: „Ich scheue mich nicht zu

fagen, daß ich mir keinen Abgeordneten vorstellen

kann, der nach den Vorkommnissen der letzten Woche für das Gesetz noch einmal eintritt." (Hört! Hört!) Der gute Herr Kaudl hat seine eigenen Partei¬

genossen nicht gekannt, denn einige Wochen später sind diese für das Gesetz cingetretcn. Es war, wenn auch mit einigen Hindernissen, halt doch schon damals

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so, daß die Christlichsozialen befohlen und die Groß- deutschen, selbst gegen den Widerspruch ihres Partei- obmanns, gehorcht haben. Und so würde also schließlich am 7. Oktober 1921 dieses Gesetz beschlossen.

Man hat zwei Spezicckgesetze aus dem allgemeinen Gesetz gemacht, ein Gesetz für die Länderbank und ein Gesetz für die Anglobank. Mau hat allerdings noch allerhand Bedingungen hineingcschriebeu, an die die Erlaubnis der Banken geknüpft war, in eine französische, beziehungsweise in eine englische Bank umgewandelt zu werden. So hat sich zum Beispiel die Anglo¬

bank verpflichten müssen, oder vielmehr sie ist durch das Gesetz verpflichtet worden, dafür zu sorgen, daß ihr eigenes Vermögen, das bisher dem inländischen Geschäftsbetrieb gewidmet war, auch weiterhin dem inländischen Geschäftsbetrieb gewidmet bleibt; sie hat sich weiters im Gesetze verpflichten müssen, dafür zu sorgen, daß ein ansehnlicher Teil des neu zer¬

fließenden englischen Kapitals in Zukunft dem öster¬

reichischen Geschäfte gewidmet werden soll, daß die Gelder der Einlagebüchel im Jnlande veranlagt werden und daß das bisherige Verhältnis zwischen Debitoren und Kreditoren in Österreich nach Mög¬

lichkeit unverändert weiter bleibt. Für die- Ein¬

haltung aller dieser Bedingungen haftete, wie es im Gesetze ausdrücklich heißt, die ganze Repräsentanz dieser Anglobank in Wien, und zwar die Mitglieder alle persönlich und zur ungeteilten Hand. Es waren keine sehr großen Errungenschaften, die man da in dem Gesetze erreicht hat, aber inimerhin, man hat der Bank Bedingungen anferlcgt. Und nun sehen wir zn, was daraus geworden ist.

Damals, als der Finanzausschuß mit Mehrheit gegen die Stimmen der Sozialdemokraten dieses Gesetz beschlossen hat, hat er in einem Bericht an das Haus folgendes gesagt: Der Anglobank wird seitens der englischen Gruppe frisches Kapital durch Ausgabe von Prioritätsaktien zunächst iin Nenn¬

werte von 400.000 Pfund zugeführt, eine weitere Kapitalsvermchrung um 600.000 Pfund wird in Aussicht gestellt. Man hat große Hoffnungen an das Gesetz»geknüpft. Ich möchte mir erlauben, dem hohen Hause in Erinnerung zu bringen, was der Berichterstatter des Ausschusses — es war der Herr Abg. Odehnal — damals am Schluffe seines Berichtes gesagt hat. „Es ist" — so sagte er da¬

mals — „eine wichtige Voraussetzung für den wirtschaftlichen Wiederaufbau Österreichs, daß die Stellung Wiens als eines finanziellen Mittelpunktes jener Länder aufrechterhalten wird, die früher staatsrechtlich in der Monarchie vereinigt waren.

Diese Stellung läßt sich aber angesichts des politischen Verhaltens der Nachfolgestaaten wohl viel besser durch ein Bankinstitut erhalten, das dem englischen Recht untersteht, als durch ein solches, das öster¬

reichischem Recht untersteht. (Lachen.) Außerdem

unterliegt es keinem Zweifel, daß dadurch, daß ein neues englisches Unternehmen in London gegründet wird, das hiesige Unternehmen aber als Repräsentanz in Österreich verbleibt, der österreichischen Industrie große Vorteile gebracht werden (Lachen und , Zwischenrufe), die ja, wie uns allen bekannt ist, hauptsächlich unter den Schwierigkeiten der Roh- stoffbcschaffnng leidet. Dieses neue englische Kapital

wird gewiß zum ansehnlichen Teil nach Österreich

einfließen, und das dürfte auch für die österreichische Industrie von außerordentlichem Nutzen sein. Es ist weiters ganz gewiß, daß durch das neue Unter¬

nehmen in England, das ja in einem innigen Kontakt mit der Repräsentanz in Österreich sein wird, bei dem Umstande, daß in den übrigen Nach¬

folgestaaten solche Zweigniederlassungen der Anglo¬

bank nicht sein werden, anderseits aber auch die Banken der Nachfolgestaaten in England keine Zweigniederlassungen haben werden, ein inniger Kontakt zwischen England und dcnNachfolgestaaten über Wien angebahnt werden wird, ja daß es sogar möglich sein wird, durch das neue Unternehmen in London auch innige Handelsbeziehungen und finanzielle Be¬

ziehungen zwischen England und Deutschland anzn- bahncn." (Lachen.)

Mit einem Wort, man hat hier schon gesehen, wie diese Repräsentanz der Anglobank in Wien geradezu der finanzielle Mittelpunkt mindestens von ganz Europa, wenn nicht von der ganzen Welt wird.

Und diese Äußerungen des Herrn Berichterstatters sind noch verstärkt worden durch die Worte, die damals der Herr Finanzminister von der Regierungsbank aus gesprochen hat. Er sagte (liest):

„Wir erhalten und kräftigen uns zwei wichtige Steuerquellen" — die Länderbank und die Anglo¬

bank (Heiterkeit) — „und wir bekommen durch diese Ersatzsteuer beim Umtausch der Aktien nam¬

hafte Beträge in fremder Valuta. Das sind die staatsfinanziellen Vorteile. Allerdings" — fuhr der Herr Minister fort — „sind auch die vokkswirtschaft- lichen Vorteile, die sich ja endlich auch immer finanziell auswirken, geradezu unschätzbar. Sie liegen in erster Linie darin, daß der Zuzug ausländischen Kapitals, auf das Österreich angewiesen ist und in seiner heutigen Situaüon nicht verzichten kann und darf, sich in organisierten und kontrollierbaren Formen vollzieht." Und dann sagt er weiter: „Wir werden durch die nun zn erwartende stärkere Be¬

tätigung der beiden Banken in der österreichischen Volkswirtschaft noch viel engere wirtschaftliche Ver¬

bindungen mit den Ententeländern haben als bisher.

Die beiden Banken werden dann berufen sein, die wirtschaftlichen Beziehungen Frankreichs und Eng¬

lands mit uns, mit Mitteleuropa, insbesondere auch mit Deutschland aufrechtznerhalten, und diese Ver¬

bindungen werden sich auch ans Osteuropa erstrecken können. (Gelächter.) Allerdings" — hat der Herr

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Minister hinzugefügt — „sind das Zukunftsfragen.

Dadurch wird aber Wien seine bisherige Bedeutung als Zwischenhandelsplatz erhalten können und unser Wiederaufbau wird um ein gutes Stück gefördert und gefestigt werden."

Meine Herren! Ich will nicht spotten und boshaft fein, obwohl sich einem der Spott auf die Lippen drängt, wenn man hört, was die Herren damals hier im Hause geredet haben: Die Anglobank als derjenige Faktor, von dem der Wiederaufbau Wiens abhängt, die Anglobank als der Faktor, von dem die finan¬

ziellen Beziehungen Österreichs, Deutschlands, von ganz Mitteleuropa zu England abhängen. Und was ist daraus geworden? Daraus geworden ist erstens, daß die Eng¬

länder wortbrüchig geworden sind. Sie haben diese 400.000. Pfund sehr spät eingezahlt, erst ein Jahr später, es sind die Gelder keineswegs in Österreich veranlagt worden, sondern sie sind in englischen Schatzbons veranlagt worden. (Hört! Hört!) Und von den 600.000 Pfund, die da noch kommen sollten, ist niemals mehr die Rede gewesen; im Gegenteil, das Geschäft dieser Bank ist eingeschrumpft von einem Monat zum andern, die Engländer haben kein Interesse gehabt, es hier aufrechtzucrhalten.

Die Industrien sind stillgclegt, die Arbeiter sind arbeitslos gemacht, die Angestellten abgebaut worden und heute ist das Ende, daß die Herren Engländer ihre sieben Sachen packen, daß 700 Angestellte anfs Pflaster fliegen, daß die Kreditanstalt wohl eine An¬

zahl Angestellter übernimmt, in zwei Jahren aber einen neuen Abbau von Angestellten plant und die Engländer aus Wien abzichen. Das ist das Ende der glorreichen Aktion, die die Regierung und die Mehrheit vor fünf Jahren begonnen haben.

Nun, meine Herren, bringt die Regierung jetzt ein Gesetz ein, das der Anglobank den Abmarsch aus Österreich erleichtern soll. Gewiß, über die Steuerfragen, die dabei entstehen, wenn eine unauf¬

haltsame Fusion vollzogen werden soll, läßt sich reden. Aber nach den Erfahrungen, die wir vor fünf Jahren mit dem Anglobankgesetz gemacht haben, ist es klar, daß das Parlament einem solchen Gesetz gar nicht zustimmen kann, ohne daß mindestens die Rechte der Angestellten sichergcstellt werden (lebhafter Beifall), daß das Parlament einem solchen Gesetz seine Zustimmung nicht geben darf, ohne daß die beiden Banken, die Anglobank und die Kreditanstalt, sich mit der zuständigen Gewerkschaft über die Rechte der Angestellten, über die Übernahme der Angestellten, über die Abfertigungen, die gezahlt werden sollen, voll geeinigt haben. (Lebhafter Beifall und Hände¬

ldatschen.) Es wäre, glaube ich, eine Pflichtvergessen¬

heit, wenn wir gegenüber diesem reichen englischen Institut die Angestellten hier einfach preisgeben würden. (Sehr richtig!) Es ist traurig genug, daß 700 Angestellte aufs Pflaster geworfen werden sollen, Arbeitslose und insbesondere auch arbeitslose Ange¬

stellte haben wir in Wien und in Österreich schon genug. Daß diese glorreiche englische Kampagne damit endet, daß ihre Zahl so stark vermehrt wird, ist traurig genug. Aber was auf diesem Gebiete möglich ist, das muß geschehen, und das Parlament wird, so hoffen wir zuversichtlich, einem Gesetz seine Zustimmung nicht geben, che nicht diese Fragen absolut bereinigt sind.

Aber auch dann, hohes Haus — so glaube ich —, kann diesem Gesetze die Zustimmung nicht gegeben werden, das die Regierung hier cingebracht hat, denn die Regierung hat uns nicht ein Gesetz für den speziellen Fall, um den es sich hier handelt, vor¬

gelegt, sondern sie hat ein sehr allgemeines Gesetz eingebracht, von deni übermorgen die Ländcrbank, ein andern,al wieder irgendeine andere Bank Ge¬

brauch machen könnte, ohne daß das Parlanient dann noch die Möglichkeit hätte, irgend etwas dazu zu sagen. So leicht soll den Herren der Großbanken ihr Handwerk nicht gemacht werden (lebhafter Bei¬

fall und Händeklatschen), und soweit die Gesetz¬

gebung einen Einfluß auf diese Dinge haben kann, soll sie eifersüchtig darauf schauen, daß sie sich diesen Einfluß erhält.

Meine Herren! Ich zweifle gar nicht, daß Sie uns dabei folgen werden. Wir haben ja in den letzten Tagen in Ihren Zeitungen fortwährend lesen können, das; cs jetzt gilt, einen Kampf gegen das jüdische Großkapital zu führen, das haben die deutsch- nationalen, das haben die christlichsozialen Zeitungen jetzt alle Tage geschrieben. Hier, meine Herren, ist ein Boden, wo Sie diesen Kampf nicht mit Zcitungs- phrasen (So ist es!), sondern mit Gesetzen wirklich führen können, hier ist die Möglichkeit, einer Gro߬

bank zu zeigen, daß ihre Bäume nicht in den Himmel wachsen können, einer Großbank zu zeigen, daß auch sie den Gesetzen der Republik unterworfen ist und daß der Herr dieser Gesetzgebung das Parlament ist.

Zeigen Sie das, nieine Herren, hier werden Sie dazu Gelegenheit haben, und wir hoffen, es wird daher nicht möglich sein, hier ein Gesetz zum Schaden des Staates, zum Schaden der Angestellten zu machen, sondern wir hoffen, daß diese Frage in einerÜirauch- baren und vernünftigen Weise erledigt werden wird.

Der Gegenstand aber, mit dem wir uns da zu beschäftigen haben, hängt nicht nur zufällig mit der Frage zusammen, die jetzt auch zugleich durch die 1. Lesung der beiden heutigen Regierungsvor¬

lagen auf der T. O. steht, die Dinge stehen viel¬

mehr auch in einem gewissen sachlichen Zusammen¬

hang. Ich erinnere mich, hohes Haus, daß damals, vor fünf Jahren, als dieses Länderbankgesetz und das Anglobankgesetz hier beschlossen worden sind, in der gleichen Sitzung auch ein drittes Gesetz die Zustimmung des Hauses gefunden hat, es war das Gesetz über die Errichtung der Bankenkommission.

Man hat damals diese Bankenkommission eingerichtet

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und der Herr Abg. Pauly, der heute nicht mehr dem Hause angehört und der damals hier der Sprecher der großdeutschcn Volkspartei war, hat erklärt, so sehr man auch bedauern müsse, daß schlie߬

lich dieses Länderbankgesetz und Anglobankgesetz angenommen werden, eine Freude könne man doch haben — er meinte, daß den Judenbanken, wie er sich ausdrückte, das Siegeslächeln weniger zu Gesicht stehen wird, wenn sie dieses Gesetz über die Banken- kommission lesen werden. Nach diesem Gesetze sollte es die Aufgabe der Kommission sein, den Geschäfts¬

betrieb der Bankenunternehmungen zu beobachten, das

Wirken dieser Unternehmungen vom Standpunkte der Bedürfnisse der Volkswirtschaft zu überprüfen, über die gemachten Beobachtungen mindestens alle

drei Monate zu berichten und Vorschläge zn unter¬

breiten, die geeignet erscheinen, die Währung der an das Bankwesen geknüpften Interessen der Allge¬

meinheit zn sichern. Wir müssen sagen, die Banken- kommission, die damals eingesetzt worden ist, hat das ehrliche Bestreben gehabt, den Aufgaben gerecht zu werden, die ihr in diesem Gesetz gestellt worden sind. Sie hat sich sehr bemüht. Sie hat sich bemüht, zu kontrollieren, sie hat sich bemüht, zu berichten,' sie hat sich bemüht, Vorschläge zu machen für vernünftige Gesetze zur Regelung des Bankwesens, Vorschläge zu machen für vernünftige Eingriffe der Finanzverwaltung des Staates in das' Bankwesen kraft des Aufsichtsrechtes, das der Finanzverwaltung zusteht. Aber ebensosehr wie diese Kommission sich bemüht hat, ebensosehr hat umge- kehrt die Regierung sich bemüht, alles zn sabotieren, was diese Kommission vorgeschlagcn hat. (Beifall

und Händeklatschen.) Und die Geschichte dieser fünf

Jahre, die Geschichte dieser fünf Jahre Bankenkoni¬

mission, die Geschichte dieser fünf Jahre der Kontrolle der Banktätigkeit, das ist auch zugleich die Geschichte der Bankenkonzessionen, die eine um die andere vom Finanzministerium ausgegeben worden sind, dav ist die Geschichte der Errichtung von Banken einer nach

der anderen in der Zeit, in der man die Börsen¬

hausse als das große Kennzeichen der Sanierung angesehen hat, und die Geschichte dieser fünf ^ahre, das ist zugleich auch die Geschichte des Zusanimen- bruchs all dieser mit Bewilligung der christlichsozialen Regierung bewilligten Banken, die Geschichte dieser fünf Jahre, das' ist die Geschichte zerstörter Ver¬

mögen von kleinen und großen Einlegern, das fft die Geschichte der Zerstörung großer Teile des Volks¬

vermögens durch gewissenlose Bankspekulanten, denen die christlichsozial-großdeutsche Regierung ihr Hand¬

werk ermöglicht und erleichtert hat. (Lebhafter Bei¬

fall und Händeklatschen.)

Und so hängt also auch die Geschichte, die uns der Herr Finanzminister heute so abrupt erzählt hat, sehr enge mit der Bankenkommission zusammen, die ihren Ursprung in jenen beiden Gesetzen ge¬

nommen hat, die damals über die Anglobank und

über die Länderbank gemacht worden sind. Ich habe

schon erwähnt, der Herr Finanzminister hat hier sehr unvollständig doziert, ich muß seine Ausführungen ergänzen und werde also nun meinerseits eine Geschichte der letzten fünf Jahre, soweit es sich um

die Banken handelt, vortragen.

Die Banken sind Einrichtungen, die in _ ihrer heutigen Gestalt aus der kapitalistischen Entwicklung hervorgegangen sind. Sie mögen einem sympathisch oder unsympathisch erscheinen, sie mögen von Hilden oder Christen regiert sein, sie sind Einrichtungen in der heutigen Gesellschaft. Eines ist klar, ihr Betrieb erfordert große Kenntnisse, und ein zweites ist klar, ein Bankgeschäft zu treiben, Einlagen entgegcn- zunehmen, die Gelder anderer Leute zu verwalten, mit fremden Geldern umzugehen, das legt eine un¬

geheuerliche Verantwortlichkeit aus, und daher hat der Staat nicht nur das Recht, sondern auch die Pflicht, über das Bankwesen eine sehr sorgsame Kontrolle zu üben, da es zum guten Teil darin besteht, daß hier Leute über fremde Gelder — und zwar über einen sehr beträchtlichen Teil des, ganzen Volksvermögens — zu verfügen haben. Was ist in den letzten fünf Jahren geschehen? Daß wir rm Jahre 1921 etwa einen Mangel an Banken in Wien gehabt haben, wird niemand behaupten können.

Es waren ihrer schon vor dem Kriege genug und nach den Behältnissen der Nachkriegszeit sind es gewiß genug gewesen. Aber in der christlichsozialen und in der großdeutschcn Partei hat sich ein mächtiger Bereicherungsdrang in jener Zeit der Inflation geltend gemacht. Ich will hier nicht untersuchen, inwieweit es ein Bcreicherungsdrang einzelner Menschen war und inwieweit ein Drang der poli¬

tischen Parteien oder Einrichtungen dieser politischen Parteien selber, auf dem Weg über eine Bank zu Geld zu kommen. Jedenfalls hat ein„ Gründungs¬

fieber die bürgerlichen Parteien in Österreich er¬

griffen, und die mangelnde Kenntnis der volkswirt¬

schaftlichen Dinge ist durch den politischen Einfluß ersetzt worden. Und so, meine Herren, sehen wir plötzlich — etwa seit dem Jahre 1920 — eine ganze Reihe von kleinen und großen Politikern der bürgerlichen Parteien aus einmal in aller Art von Geschäften auftreten. Es sind nicht immer Leute gewesen, die berufsmäßig Geschäfte zu treiben ge¬

wohnt waren und sozusagen als Banklcnte oder Unternehmer ausgewachsen sind. Ich werde keinem Unternehmer, der dann zufällig ein christlichsozialer oder großdcntscher Abgeordneter wird, daraus einen persönlichen Vorwurf machen, daß er ein Unter¬

nehmer ist. Wenn aber zum Beispiel ein Pfarrer

aus irgendeinem oststeirischen Dorf (Heiterkeit) auf

einmal mit Flugzeugen, mit Wäsche, mit Schuhen,

mit Milch, mit Holz (Hört! Hört!), mit, ich weiß

nicht, was allem zu handeln anfängt (Zwischenrufe)

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und sich für all dieses Handeln aller möglichen Rechtsformen bedient, die nach den österreichischen Gesetzen möglich sind, dann ist das eine auffällige

Erscheinung. Es ist ebenso auffällig, wenn dann plötzlich ein Universitätsprofessor als Gründer von

Banken anftritt, wenn irgendwelche öffentliche Beamte, die Politiker geworden sind, dann auf einmal als Präsidenten von Handelsgesellschaften und Schiffahrts¬

gesellschaften, von Versicherungsgesellschaften und

Bankinstituten anstretcn, mit einem Wort, wenn eine

solche Verfilzung von Politik und Geschäft eintritt, daß man sich dabei überhaupt nicht mehr znrecht- gefunden hat. Eine besondere Legitimation, sich in, Wirtschaftsleben zn betätigen, haben diese Herren nicht mitgebracht. Immerhin, wenn cs ihre eigene

Angelegenheit gewesen wäre, geht es niemanden etwas an. Aber die Herren waren ja nicht nur

Geschäftsleute, sondern sie waren Politiker und sie haben ihren politischen Einfluß geltend gemacht, um

fremde Kapitalien für ihre Geschäfte zu bekonimen.

Und sie haben das politische Vertrauen, das ihnen ein Teil der Bevölkerung entgegengebracht hat, für die Geschäfte mißbraucht, die sie als Politiker

angcfangen haben.

Sehen wir zu, wohin man mit diesem System gekommen ist! Meine Herren! Man mußte das ganze

natürlich populär machen, denn wie hätte die Be¬

völkerung das verstehen sollen, daß sich auf einmal

Pfarrer und Universitätsprofefforen • und Staats¬

beamte, die zufällig Abgeordnete geworden sind, als Bankiers und in allen möglichen Aktiengesellschaften betätigen? Das mußte doch der Bevölkerung plausibel gemacht werden, und da hat man natürlich ein hübsches Schlagwort gefunden, das sich bei den Herren imnier einstellt, wenn ihnen sonst nichts ein¬

fällt: Man hat das ganze sozusagen als einen anti¬

semitischen Kreuzzng gegen das jüdische Kapital dar¬

gestellt (Heiterkeit), der da begonnen worden ist.

Meine Herren! Ich muß allerdings — und ich kenne die Geschichte der christlichsozialen Partei besser als der Herr Finanzminister die Geschichte

der Centralbank der deutschen Sparkassen (Heiter¬

keit und Beifall) — nach meiner Kenntnis der

christlichsozialen Partei sagen, daß man sich dort den Kampf gegen das jüdische Kapital und gegen die Börse früher einmal anders vorgestellt hat, als ihn etwa der Herr Pfarrer Gimpl geführt hat.

(Heiterkeit.) Man hat früher wohl an etwas anderes gedacht, nicht daran. (Zwischenrufe Gimpl. — Gegenrufe.)

Präsident: Ich bitte um Ruhe, meine Herren!

Dr. Danneberg: Meine Herren, ich glaube, es ist nicht notwendig, sich über die Geschäfte des Herrn Pfarrers Gimpl heute aufzuregen (Heiterkeit), wir werden heute noch über viel intereffantcre Geschäfte reden, als die es sind, die der Herr Pfarrer Gimpl gemacht hat. (Zwischenrufe.) Ich j

habe, meine Herren, den Herrn Pfarrer Gimpl nicht deshalb erwähnt, weil etwa seine Geschäfte die wichtigsten sind, die von einem christlichsozialen Poli¬

tiker gemacht worden sind, ich habe dessen nur Er¬

wähnung getan, weil sie einigermaßen wegen des

ursprünglichen Berufs dieses Geschäftsträgers mit der Auffassung kontrastieren . . . (Zwischenrufe. — Dr. Gimpl: Sie haben vor Ihrer eigenen Tür genug zu kehren! Sie brauchen nicht auf andere

Leute loszugehen!) . . . ich habe das eben deshalb gesagt, weil der Beruf des Herrn Pfarrers Gimpl zn dem Vergleich herausgefordcrt hat, und nicht

nur wegen der Geschäfte. Er kann sich darauf be¬

rufen, daß andere seinesgleichen auch solche und

ähnliche Geschäfte gemacht haben. Aber das alles

kontrastiert gegenüber der Meinung sehr stark, die man früher einmal zum Beispiel in den bischöflichen Kreisen über die Frage der Geschäfte gehabt hat.

Ich entsinne mich noch jenes Hirtenbriefs der öster¬

reichischen Bischöfe, in dem sie gesagt haben: Der

Kapitalismus ist ein Irrweg und ein Verderben im Wirtschaftsleben der Völker. Das Bank- und Kredit- wesen, heißt es in diesem Hirtenbrief, mit dem

Börsenspiel ist ein Giftbaum geworden. (Rufe:

Hört! Hört!) Es dient den Finanzmächten, die Völker zu bewuchern und auszurauben, dem Fleiße fast alle seine Ersparnisse wegzustehlen.

Meine Herren! Wenn man den Worten dieser

Bischöfe in der christlichsozialen Partei Glauben

geschenkt und dort nach diesem Hirtenbrief gehandelt hätte, dann hätte die Forderung der Partei sein

müssen: Fort mit den Wucherern, fort nnt den

kapitalistischen Räubern, fort nnt den kapitalistischen Dieben! Aber weit gefehlt; die Maxime der Herren ist eine andere geworden. Wenn ich mich der Terminologie der Bischöfe bedienen darf, so haben sie gesagt: wir wollen nun selbst anfangen zu wuchern, zu rauben und zu stehlen, Kapitalisten zu sein. Sie haben sich also diesen neuen Weg zurecht- gclegt, der sehr kontrastiert zu dem praküschen christlichen Sozialismus, wie ihn etwa der Freiherr von Voglsang und ■ seine Leute in den siebziger

und achtziger Jahren betätigt haben.

Und die andere Partei der heutigen Mehrheit, die Großdeutschen? Bei denen ist es ganz ähnlich

gegangen. In einer verfeinerten Sprache, nicht so

derb ausgedrückt, wie die Bischöfe das tun, haben sie in ihrem Parteiprogramm ans Seite 27 gesagt:

Die Banken haben die Ersparnisse des Volkes nicht '

zum Segen, sondern zum Schaden des Volkes ver¬

waltet, und eine von den Banken bezahlte Presse

sorgt dafür, daß das Volk hierüber im unklaren

gehalten wird — gerade für die letzten Tage scheint

das ausgezeichnet zn stimmen. (Heiterkeit. — Lebhafte Zustimmung und Händeklatschen.)

, 3» diesem großdentschen Programm steht nun eine Menge von Vorschlägen, wie die Banken zn

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bekämpfen sind. Ich will hier nur den ersten anführen. Da steht hier als erster Vorschlag, daß den Banken das Einlagengcschäft zu ent¬

ziehen ist. Die großdeutsche Volkspartci scheint aber sehr wenig Zutrauen zu der Möglichkeit der Durchführung ihres Programms gehabt zu haben und so hat sie sich einen anderen Standpunkt zu- rechtgelegt, nämlich selbst Einlagen entgegenzunehmen, damit es nicht nur die Banken tun. (Heiterkeit.) Und so haben also alle angefangen, von dem Giftbaum zu naschen, vor dem die Bischöfe so ein¬

dringlich gewarnt haben. So sehen wir eine lange Kette von Gründungen. Ich will Sie nicht ermüden und alle diese Banken und Aktiengesellschaften auf- zählcn, die von großdeutscher oder christlichsozialer Seite oder von einer Koalition der beiden Parteien — die gibt es nämlich nicht nur hier im Parlament, sondern auch bei hen Gründungen draußen — errichtet worden sind. Es ist auch nicht der Mühe wert, alle diese Namen zu nennen, dknn es sind in der Regel heute nicht mehr Namen von aufrechten Geschäften, die Firmatafeln dieser Geschäfte sind schon lauter Inschriften auf Leichensteincn der Volkswirtschaft geworden, die in diesen letzten fünf Jahren gesetzt werden mußten.

Meine Herren! Es ist ganz unweigerlich, wenn man die Entwicklung des Bankwesens der letzten fünf Jahre betrachtet, daß man förmlich in eine Verbrechersphäre hineinkommt, und in Verbrecher- krciscn ist es üblich, die Aufmerksamkeit von sich abzulenken, indem man schreit: Haltet den Dieb!

Das ist die Methode, die auch heute geübt wird.

Wenn man sich die Zeitungen der Regierungsparteien anschaut, müßte man rein glauben, daß an den Schwierigkeiten der Centralbank der deutschen Spar¬

kassen und an allen Schwierigkeiten, in die die Institute der christlichsozialen und großdeutschcn Partei geraten sind, die Sozialdemokraten schuld seien. Man liest sogar ganz phantastische Ideen, daß hier eine Ver¬

schwörung von jüdischen Großbanken, Sozialdemokraten und Freimaurern und ich weiß nicht von wem noch stattgefunden hat, um einen Feldzug gegen die arischen Geschäfte zu führen, die die Herren gegründet haben. Ich kann nur sagen, wer so etwas in einer Zeitung schreibt, ist ein armer Narr, der auf den Steinhof gehört, oder er ist ein bewußter Lügner und Schwindler. Wir Sozialdemokraten haben mit all dem nichts zu tun. Wenn es auf uns angekommen wäre, dann wären alle diese Unter¬

nehmungen nicht in Schwierigkeiten gekommen, weil wir es nämlich niemals zugelassen hätten, daß solche Schwindelunternehmungen gegründet werden. (Leb¬

hafter Beifall und Händeklatschen.) Das ist unsere Stellung zu der Sache.

Und nun schauen wir uns doch einmal an, was aus allen diesen Unternehmungen geworden ist, die unter der Patronanz der Seipelregierung und später

entstanden sind, schauen wir uns diesen antisemitischen Kampf gegen das jüdische Großkapital in dieser neuen Gründerperiode in der Praxis an. Das ist wegen der Mannigfaltigkeit der Erscheinungen einiger¬

maßen schwierig, und ich habe nur, um das hohe

Haus nicht allzulange aufznhaltcn, die Dinge so

zurechtgelegt, daß ich versuche, in diese Gründungen wenigstens nachträglich ein System hineinzubringen (Heiterkeit) und für die verschiedenen Gruppen dieses Systems nur ein paar Beispiele anführen will. Ich muß also von vornherein sagen, daß meine Geschichte auch nicht vollständig ist — die des Herrn Finanzministers war ganz unvollständig.

(Heiterkeit.) Die meine wird schon vollständiger sein, aber erschöpfend ist sie auch nicht, sonst würde meine Darstellung zu lange dauern. Ich will also möglichst die Ausführungen des Herrn Finanz- nnnisters in wichtigen Punkten ergänzen.

Wenn man rückschauend das alles betrachtet, was die Herren in diesen fünf Jahren angestellt haben, kommt man schon darauf, daß ein gewisses System be¬

stand, wie dieser antisemitische Krenzzug gegen das jüdische Kapital geführt werden sollte. Da war zu¬

nächst die Methode Nummer eins. Das war eine noch sehr priinitive Methode, da hat man nämlich noch mit den Juden offenkundige Kompagniegeschäfte gemacht. (Heiterkeit.) Offenbar waren das Leute, die es lernen wollten, wie tnan das jüdische Kapital bekämpft, sie sind also niit den Juden in Kompagnie gegangen. (Heiterkeit.)

Daß man daraufgekvmmcn ist, daß das gerade die größten Rassenantisemiten waren, wie zum -Beispiel der Herr Gattermayer, ist ein besonderes Pech. Aber schließlich, vom Börsenrat Straffer führte ja nicht der Weg direkt gu den Herrn Gatter¬

mayer und Ertl hin, sondern auf dem Umweg über die Christlichsozialen, die ja immer bessere Beziehungen zu den jüdischen Bankiers gehabt haben als die Großdentschen. Bitte, Ehre, wem Ehre gebührt!

(Heiterkeit und lebhafter Beifall.) So hat man also zunächst diesen Versuch gemacht. Das war Nummer eins. Wenn ich ein Beispiel anführen soll

— ich will nicht langweilig werden —, so nenne ich diese Deutsch-österreichisch-ungarische volkswirt¬

schaftliche Bank, ein sehr langer Titel. Nun, es ist ja gleichgültig, das ganze existiert nicht mehr. Das war die eine Methode.

Die Methode Nummer zwei bestand darin, daß man draußen ein ganz arisches Aushängeschild ge¬

habt hat, darinnen, allerdings erst im letzten Zimmer, war dann ein jüdischer Direktor (Heiterkeit), der dieses arische Geschäft geleitet hat. Wenn ich ein Musterbeispiel für so eine Bank anführen soll, dann erlaube ich mir, die Herren an die selig entschlafene Merkantilbank zu erinnern. Diese war nach außen

hin eine sehr arische Bank, es ist sogar ein

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Zisterzienserabt im Verwaltungsrate dieser Bank ge¬

sessen. Der Direktor dieser Bank war allerdings ein im Jahre 1920 aus Wien abgeschaffter Ostjnde, namens Leiser Taubes, den die Herren aus Wien nicht wcggelasscn haben, damit er für die Zister¬

zienser das Bankgeschäft führen kann. (Heiterkeit.) Es hat dies auch nichts genutzt, die Bank existiert auch nicht mehr. Wir reden ja überhaupt von der Vergangenheit.

Dann finden wir in dem Kampfe gegen das jüdische Großkapital wieder eine andere Methode, die Methode Nummer drei. Die geht schon etwas weiter. Da ist ein arisches Aushängeschild vorne, darinnen lauter Arier als Angestellte, sogar ein arischer Bankdirektor, aber ein Hakerl hat auch dieses Systeni. Das ganze Geld, das in diese arische Bank hineinkommt, ich erinnere mich, wie in der „Deutsch- österreichischen Tageszeitung" der Herr Dr. Riehl vor ein paar Jahren stolz geschrieben hat, daß man nur infolge des Pflichtbewußffcins der Arier, ihre Gelder nicht zu den Juden hineinzutragen, solche arische Banken gründen konnte, das ganze Geld wird dann einem Juden zum spekulieren gegeben.

Das ist die Methode Nummer drei. Das war zum Beispiel eine Methode, deren sich sogar das Land Niederösterrcich bedient hat. Ich erinnere an den bekannten Vertrag, den die Landeshypotheken anstatt mit einem großen Schieber abgeschlossen hat und der eine solche Entrüstung erweckt hat, daß er dann storniert werden mußte.

Ich erinnere dann an ein zweites Beispiel, welches wir vielleicht das klassische Beispiel für diesen Typus nennen können, das ist die selig entschlafene Deutsche Bodenbank, die eine gemeinsame Gründung der Christlichsozialen und der Großdeutschen war und bei der sich die Parteien förmlich als Ganzes in die Auslage der Bank gestellt haben, um die Arier anzulocken. Ter Herr Dr. Gustav Groß, der Präsident des alten österreichischen Parlamentes, einer der Mhrer der Deutschnationalen im alten

Österreich, war der Präsident dieser Bank, der Herr

Minister Schürff der Vizepräsident, christlichsoziale Wiener Bürgermeister und Vizebürgermeister waren im Verwaltungsrat, ein christlichsozialer Wiener Gemeinderat als Direktor dieser Bank — mit einem Wort: was gut und teuer ist in der christlichsozialen und in der großdeutschcn Partei (lebhafte Heiter¬

keit und Beifall) hat sich dort hingestcllt und ge¬

rufen: Hereinspaziert, meine Herrschaften! Arier tragen ihr Geld nur zu uns!

Meine Herren, wenn wir uns dann aber an¬

schauen wollen, was mit diesem Gelde geschehen ist, das in diese Bank dort eingebracht wurde, dann gibt uns der „Compaß" und das Handelsregister einige Auskunft, denn in dem „Compaß" ist die unangenehme Tatsache enthalten, daß bei jeder Bank dabei steht, was für Konzernunternehmungen sic

hat, das heißt, welchen Unternehmungen die Bank ihr Geld gibt. Und da lese ich so von ungefähr zum Beispiel bei der Deutschen Bodcnbank angeführt, daß sie eine Aktiengesellschaft „Tcxta" gegründet hat. Das hat mich nun sehr interessiert, ich habe sestgestellt, wer in dem Vcrwaltnngsrat dieser von der Deutschen Bodcnbank gegründeten Tcxta-Aktiengesell- schaft ist, und da habe ich nun im Vcrwaltnngsrat

— ich bitte meine Herren, das ist kein Irrtum, wie ich von vornherein sage — folgende Namen ge¬

funden — sie klingen zwar nicht arisch, aber immerhin sie stehen darin —: Isaak Friedmann aus Kolomea (lebhafte Heiterkeit), Leiser Rosenmann aus Buczanvw (Heiterkeit), David Selzer aus Lemberg, Leo See¬

mann au^ Kalusch, Markus Seidler aus Peczenizyn und dann kommen noch einige Rassenanüscmiten in diesem Verwaltungsrat vor —- es ist ja eine In¬

stitution der Deutschen Bodenbank. Diese Bank hat auch immer inseriert. Ich erinnere mich noch an die Inserate in der „Rcichspost" und in der „Deutsch¬

österreichischen Tageszeitung": „Die Deutsche Boden¬

bank steht auf deutsch-arischer Grundlage." Wie diese Grundlage in Wirklichkeit ausgcschaut hat, hat man dann gesehen, wie als Herr dieser Bank der Herr Sami Bronncr anfgetaucht ist, der das ganze Geld dieser Bank bekommen und verspekuliert hat, so daß diese armen Einleger, die durch die großen Namen der christlichsozialcn und der großdentschen Partei angelockt waren, durch die Spekulationen des Herrn Sami Bronncr um ihr ganzes Vermögen gebracht wurden. Das ist also, meine Herren, die Methode Nummer drei.

Und dann gibt cs noch' eine vierte Methode, das ist die ernsteste, die begonnen worden ist:

eine arische Firniatafel, ein arischer Bankdircktor und arische Geschäfte. Alan kann nichts sagen.

Aber dann geht die Bank pleite und dann kommt auf einmal das jüdische Kapital zum Vorschein, dann kommen die Herren, die den Kreuzzng gegen das jüdische Kapital gepredigt haben, bittend in die Vorzimmer der Judenbanken und flehen diese Banken um Hilfe an und der ganze Feldzug, der geführt wurde, dieses Großkapital zu bekämpfen, endet kläglich mit einer Festigung dieses Gro߬

kapitals, indem man dieses Großkapital anwinselt, es möge doch die Herren Politiker, die Herren antisemitischen Politiker, vor dem Kriminal retten und ihnen die Mittel zur Verfügung stellen, die pleite gegangenen Banken wieder in Ordnung zu bringen. Meine Herren, diese Methode ist ange¬

wendet worden, um ein klassisches Beispiel anzu- sühren, bei der Tiroler Agrarbank, von der ich dann in einem anderen Zusammenhänge noch aus¬

führlicher reden muß, weil sie wirklich ein charakteristi¬

sches Beispiel der Gründerepoche der letzten Jahre ist.

Wir sehen also verschiedene Methoden, aber ein gemeinsames Kennzeichen für alle: es sind nämlich

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alle diese Gründungen zugrunde gegangen, und das ist sicher kein Zufall, sondern das zeugt nur für die unerhörte Wirtschaft, die mit den Einleger¬

geldern in diesen Parteibanken geführt worden ist, sonst wäre es doch nicht möglich, daß sie alle auf der Strecke geblieben wären. Man kann doch nicht glauben, daß das Bankenwesen wirklich etwas ist, was nur die Leute verstehen, die in Wien in den Großbanken sitzen. Daß aber diese von den Politikern gegründeten Institute, eines nach dem anderen, niedergebrochen sind, das ist ein Zeichen für die Verlotterung, die gekommen ist, als man Politik und Geschäft miteinander so verquickt hat, wie es eben die Herren getan haben. (Lebhafter Beifall und Händeklatschen.)

Nun gibt cs aber auch beim Pleitemachen ganz verschiedene Systeme und man muß auch diese Systeme betrachten. Tie ersten Fälle waren die, wo die Regierung, wenn eine solche Bank verkracht ist, cs ruhig hat geschehen lassen. Ich erinnere zum Beispiel daran, daß damals, wie die Deutsche Bodenbank verkracht ist, der Finanzminister mit den Achseln gezuckt und gemeint hat: Was geht das mich an, diese Einleger sollen machen, was sie wollen, mich geht das gar nichts an, sie hätten sich besser umschaucn sollen, wo sie ihr Geld hintragen, ich tue nichts! So war cs bei der Deutschen Bodenbank, so bei der Nordisch-österreichischen Bank, so bei der Kaufmannsbank und bei einer Reihe anderer auch. Das war undankbar, denn diese Banken haben nach Kräften Gelder für den Wahl¬

fonds der beiden Parteien hergegeben. Ich bitte, ich weiß schon, es war nicht so viel, daß sie die Wahlen damit hätten machen können — den größeren Teil haben dann schon andere hergegeben —, aber immerhin haben diese kleinen Institute sich auch bemüht, ihr Teil zur Aufrechterhaltnng der christlichsozialen und großdeutschen Politik beizn- tragen. Man hat sie fallenlassen — hol sie der Teufel.

Dann war ein zweites System, welches darin bestand, daß, wenn eine solche Bank krachen¬

gegangen ist, man sich entweder direkt oder auf dem Wege über die Regierung an die Juden¬

banken gewendet und gesagt hat, diese Judenbanken sollen nun ihre arischen Konkurrenten retten. Das ist nicht immer, aber es ist häufig geschehen, und zwar, wie ich diese Judenbanken kenne, nicht aus christlicher Nächstenliebe, die dort auch nicht gut möglich ist (Heiterkeit), sondern gegen klingende Münze. Diese klingende Münze bestand darin, daß diese Banken dann für die Geschäfte, die sie mit den verkrachten Banken abschließen mußten, eine Entschädigung auf anderer Seite befummelt haben, eine Entschädigung von der Regierung. Aus ver¬

schiedene Weise tonnte man das tun. Wir haben hier genug Vorlagen in den letzten Jahren gesehen,

in denen den Banken alle ntöglichen Steuer¬

geschenke gemacht worden sind (Sehr richtig!), und wenn man sich die Mühe nehmen würde, immer die Einbringung einer solchen Vorlage mit den Leistungen dieser Großbanken und Großindustriellen für verkrachte christlichsoziale Gründungen zu ver¬

gleichen, so würde man da ganz bestimmt eine Parallele herausfinden, wie diese Dinge immer in Zusammenhang stehen, wie auch hier Politik und Geschäft in einer sehr engen Verbindung sind.

Aber dieses System allein genügt gar nicht,

daher hat man noch zu einem dritten System

gegriffen, daß nämlich die Regierung nicht nur auf die Großbanken eingewirkt hat, daß sie helfen sollen, sondern daß sie die Institute, auf die sie mehr Einfluß hat, herangezvgcn hat. Da ist erstens einmal das Kreditinstitut für öffentliche Unter¬

nehmungen, von dem 80 Prozent dem Bunde gehören, dann ist die Nationalbank da, auf die die Regierung immerhin einen gewissen Einfluß üben

kann, und dann ist die Postsparkasse da. Das ist das

System Nummer drei beim Pleitcmachen, und, wie

die Geschichte dieser Dinge zeigt, ist das System Nummer zwei mit dem System Nummer drei in der

Regel verbunden worden: die Großbanken mit dem

Kreditinstitut, die Großbanken mit der Nationnl- bank, die Großbanken mit der Postsparkasse,

manchmal, wenn es sehr schwer war, auch alle

vier miteinander.

Ein Beispiel, das klassische Beispiel für diesen Fall, das doch ausführlich erzählt werden muß, weil es sehr interessante Zusammenhänge offenbart,

ist das Beispiel der Agrarbank. Die Agrarbank gehörte zu den bedeutendsten Gründungen, die die christlichsoziale Partei in den letzten Jahren gemacht hat. Kein Geringerer als der Herr Vizekanzler Fink ist der Präsident dieser Bank. In der Verwaltung

dieser Bank sitzt oder saß wenigstens der Herr Landeshaupttnann Ender von Vorarlberg, der hervor¬

ragende christlichsoziale Führer Lackner ans Salz¬

burg; im Direkttonsrat dieser Bank saß sogar der

Herr Bundeskanzler Dr. Ramck noch wenige Wochen,

bevor er Bundeskanzler geworden ist, im Verwaltungs- rat dieser Bank saß der Landesrat Steidle in Innsbruck — mit einem Wort die hervorragendsten Männer der christlichsozialen Partei, angefangen

von Salzburg bis nach Vorarlberg, haben sich hier

zusammengetan, die Agrarbank zu führen als die

Konzentration der Spargelder der Bauern aus

Salzburg, Tirol und Vorarlberg. Was hat diese

Bank nun mit den Geldern getan? Hat sie diese Gelder, die sie von den Bauern bekommen hat, vielleicht landwirtschaftlichen Zwecken zugeführt? Das

ist ihr gar nicht eingefallen, sondern sie hat diese

Gelder ' dem Bankhaus Vonwiller zur Spekulation

gegeben. Dieses Bankhaus ist pleite gegangen, als Liquidator ist der Herr Kunwald ausgetreten, dem

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wir aus anderen Zusammenhängen sehr gut kennen (Heiterkeit), und die Agrarbank stand nun ohne Mittel da, und die Tiroler und Salzburger und Vorarlberger Bauern, die ihren politischen Mhrern ihre Ersparnisse in die Hand gegeben hatten, könnten nun kommen und ihr Geld verlangen. In der Not frißt der Teufel Fliegen, sagt man, und in der Not wandelten also die antisemitischen Vorkänipfer der Tiroler Bank in die Vorzimmer der Judenbanken nach Wien. Und dort hat sich mm im Juli des Jahres 1924 ein interessantes Ereignis abgespielt.

Es wurde eine Vereinbarung getroffen, daß die Wiener Banken und der Hauptverband der Industrie am Schwarzenbergplatz (Hört! Hört!) miteinander einen Betrag von 10 Milliarden Kronen auf Nimmerwiedersehen zur Sanierung der Agrarbank hergeben sollen. (Hört! Hört!) Die Herren jammern sonst immer darüber, daß man ihnen so viel Steuern auferlegt (Dr. Bauer: Das sind die sozialen Lasten! — Ruf: Die christlichsozialen Lasten! ■—

Heiterkeit), und nun sieht man eben, daß die Rechnung, die die Herren immer anfstellen, wenn sie von den sozialen Lasten reden, offenbar nicht alle Posten enthält, die da angeführt werden müßten, denn die Sanierungskosten der Agrarbank habe ich wenigstens noch nirgends mitgerechnet gesehen. Tie Herren haben allerdings das Geld nicht bar her¬

gegeben, sondern sie haben gesagt, wir zahlen 10 Milliarden unter einer Bedingung; daß uns die Postsparkasse das Geld dazu borgt! Und die Post¬

sparkasse hat das getan (Hört! Hört!), sie hat 5 Milliarden für diesen Zweck den Großbanken in Wien geborgt, und zwar gegen 5 Prozent Zinsen (Hört! Hört!), was im Juli 1924 ein ganz lächer¬

licher Betrag gewesen ist — aber was tut man nicht alles, um die großen Fiihrer der christlichsozialen Partei von Salzburg, Tirol und Vorarlberg zu retten! Es hat sich schon einige Monate später herausgestellt, daß diese 10 Milliarden nicht aus- reichen, um den Krach der Agrarbank zu vermeiden.

Daher hat man im Dezember des Jahres 1924 eine zweite Aktion unternommen, um der Agrar¬

bank zu helfen, und zwar sollten bei dieser zweiten Aktion neuerdings 17 Milliarden aufgebracht werden, um die Verluste der Agrarbank zu decken.

Da haben die Banken erklärt, sie tun nicht mehr mit, und daher hat man sich mm an die Post¬

sparkasse (Hört! Hört!) gewendet, daß sie das Geld hergeben soll. Man hat sich auch an das Dorotheum gewendet. Das Dorotheum hat aber zum Unter¬

schied von den anderen Instituten eine anständige Verwaltung, es ist eine Anstalt, die keine solchen politischen Schandgeschäfte macht, cs sitzen auch Ver¬

treter der Gemeinde Wien im Kuratorium des Dorotheums und diese haben dagegen Einspruch erhoben, daß das Dorotheum solche faule Geschäfte

macht. Daher mußte das Dorotheum ausgcschaltet!

werden und an seine Stelle ist halt dann der Bund selber durch das Kreditinstitut für öffentliche Unter¬

nehmungen getreten (Hört! Hört!), das sich an Stelle des Dorotheums an der Aufbringung dieser 17 Milliarden beteiligt hat. Wie diese 17 Milliarden beisammen waren — also erst 10 dann noch 7 — hat sich herausgestellt, daß das Loch noch immer nicht zngestopft ist. Daher hat man nun eine dritte Aktion unternommen und hat hier wieder die Gro߬

banken eingespannt. Die haben damals erklärt:

3 Milliarden lassen wir uns das noch kosten, unsere Vertreter im Parlanient zu retten (Heiterkeit), aber wir tun es auch nur unter einer Bedingung:

wenn auch die Nationalbank 3 Milliarden hergibt.

Und das ist auch geschehen. (Lebhafte Hört! Hört!■

Rufe.) So sind im ganzen innerhalb eines halben Jahres ungefähr 34 Milliarden für diese verkrachte Agrarbank in Wien aufgebracht worden, weil die Spar¬

einlagen der Salzburger, der Tiroler und der Vor¬

arlberger Bauern in der Frankenspeknlation des Hauses Vonwiller vergeudet und verludert worden sind.

Nun, meine Herren, wie steht cs also am Ende dieser ganzen Sache? Da ergibt sich also jetzt fol¬

gende Gliederung — und das ist politisch wirk¬

lich sehr interessant. An der Aufbringung dieser Mittel zur Flottmachung der Agrarbank waren also im ganzen beteiligt: die Wiener Großbanken mit 92/3 Milliarden Kronen, der Jndustricllenverband vom Schwarzenbcrgplatz — die Zusammenhänge sind dunkel und doch eigentlich sehr hell und klar — mit 3'/z Milliarden (Hört!), die Postsparkasse mit 9'8 Milliarden (Hört! Hört!), das Kreditinstitut des Bundes mit 7'/* Milliarden (Hört! Hört!) und die Nationalbank mit 3 Milliarden. (Hört!

Hört!) Damit hat es aber noch lange nicht sein Bewenden gehabt, denn wir erinnern uns ja, wie in den letzten Monaten in Tirol, nachdem die Agrarbank durch diese jüdische Medizin von ihrer Krankheit genesen war (Heiterkeit!), in Tirol eine andere Bank pleite gegangen ist — es ist die, deren Präsident der Herr Abg. Schumacher war, nämlich die Tiroler Vereinsbank. In Tirol ist begreiflicher¬

weise ein großer Entrüstungssturm der Einleger ge¬

wesen, die man da um ihr Geld gebracht hat. Es waren, wenn ich mich recht erinnere, diesmal nicht Franken-,, sondern Lirespekulationen, die das Un¬

heil über diese Tiroler Vereinsbank brachten. Die Sache hat zum Schluß damit geendet, daß die ge¬

nesene Agrarbank die Vereinsbank in ihrem Schoß ausgenommen hat. Aber der Schoß war natürlich noch nicht tragfähig. (Heiterkeit.) Die Agrarbank, die selber erst mit den 34 Milliarden der Wiener Industriellen, der Großbanken und der Postsparkasse aufgepäppelt worden war, konnte natürlich einen so harten Bissen wie diese Tiroler Vereinsbank nicht vertragen. Was ist geschehen? Ein sehr ein¬

faches Mittel, meine Herren: heuer im Frühjahr hat

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