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Quar t alshef t zur Geld- und Wir tschaf tspolitik

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Quar t alshef t zur Geld- und Wir tschaf tspolitik

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REG.NO. AT- 000311

www.oenb.at oenb.info@oenb.at Tel. (+43-1) 40420-6666 Fax (+43-1) 40420-6698

Editorial Board Peter Mooslechner, Ernest Gnan, Franz Nauschnigg, Doris Ritzberger-Grünwald, Martin Summer

Koordination Claudia Kwapil

Redaktion Karin Fischer, Susanne Pelz Übersetzung Ingrid Haussteiner, Ingeborg Schuch Grafische Gestaltung Peter Buchegger

Layout und Satz Walter Grosser, Birgit Vogt Druck und Herstellung Web- und Druck-Service der OeNB DVR 0031577

© Oesterreichische Nationalbank, 2011. Alle Rechte vorbehalten.

Reproduktionen für nicht kommerzielle Verwendung, wissenschaftliche Zwecke und Lehrtätigkeit sind unter Nennung der Quelle freigegeben.

Auf geschlechtergerechte Formulierungen wird verzichtet, an ihrer Stelle verwendete Begriffe gelten im Sinn der Gleichbehandlung grundsätzlich für beide Geschlechter.

Gedruckt nach der Richtlinie „Druckerzeugnisse“ des Österreichischen Umweltzeichens, UW-Nr. 820.

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Wachstum schwächt sich weltweit ab 6

Gerhard Fenz, Josef Schreiner, Maria Silgoner

Die ökonomischen Effekte des Euro auf Österreich – Ein Überblick über die wissenschaftliche Literatur 23

Christian Beer

Wettbewerbsfähigkeit der österreichischen Sachgütererzeugung 38

Christian Ragacs, Beate Resch, Klaus Vondra

Der lange Weg zur europäischen Aufsichtsreform 66

Wolfgang Pointner, Katharina Wolner-Rößlhuber

Veranstaltungen der OeNB

Was spricht für DSGE-Modelle? Was spricht für Agent-Based Models? 88

Martin Summer

Hinweise

Studienübersicht zu Geldpolitik & Wirtschaft 102

Periodische Publikationen 104

Adressen 105

Die von den Autoren in den Studien zum Ausdruck gebrachte Meinung gibt nicht notwendigerweise die Meinung der Oesterreichischen Nationalbank oder des Eurosystems wieder.

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(OeNB) invites applications from ex- ternal researchers for participation in a Visiting Research Program established by the OeNB’s Economic Analysis and Research Department. The purpose of this program is to enhance cooperation with

– members of academic and research institutions (preferably post-doc), and with

– central bank researchers1

who work in the fields of macroecono- mics, international economics or finan- cial economics and/or with a regional focus on Central, Eastern and South- eastern Europe.

The OeNB offers a stimulating and professional research environment in close proximity to the policymaking process. Visiting researchers are expec- ted to collaborate with the OeNB’s research staff on a prespecified topic and to participate actively in the department’s internal seminars and other research activities. They are pro- vided with accommodation on demand

department’s data and computer resources and to research assistance.

Their research output will be published in one of the department’s publication outlets or as an OeNB Working Paper.

Research visits should ideally last between 3 and 6 months, but timing is flexible.

Applications (in English) should include

– a curriculum vitae,

– a research proposal that motivates and clearly describes the envisaged research project,

– an indication of the period envisa- ged for the research stay, and

– information on previous scientific work.

Applications for 2012/13 should be e-mailed to

eva.gehringer-wasserbauer@oenb.at by May 1, 2012.

Applicants will be notified of the jury’s decision by mid-June. The next round of applications will close on November 1, 2012.

1 Other than those eligible for the External Work Experience program established within the ESCB.

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1 Weltkonjunktur: Wachstum verliert deutlich an Schwung 1.1 US-amerikanische Konjunktur-

erholung schwächt sich ab

Die Ergebnisse der jüngsten großen Datenrevision zum US-amerikanischen BIP zeigen, dass der kumulierte Wachs-

tumseinbruch während der Rezession 2008/09 wesentlich höher war als in den ursprünglichen Berechnungen aus- gewiesen. Zudem fällt die wirtschaft- liche Erholung schwächer aus als bisher angenommen. Die BIP-Wachstums- raten fielen mit +0,4 % im ersten

Redaktionsschluss:

6. Oktober 2011

wird. Bei weiterhin niedrigen Leitzinsen unterstützt die Geldpolitik die Wirtschaft durch neue unkonventionelle Maßnahmen.

Die japanische Wirtschaft, die im ersten Halbjahr hart von den Folgen des Erdbebens im März 2011 getroffen wurde, hat sich wieder weitgehend erholt. Der Wiederaufbau unter- stützt die Konjunktur und die globalen Produktionsketten sind großteils wiederhergestellt. Das Wirtschaftswachstum dürfte bereits im zweiten Halbjahr 2011 wieder positiv sein. Für das Gesamtjahr 2011 rechnet der IWF mit einem BIP-Rückgang von 0,5 %. Die starke Aufwertung des japanischen Yen ist zudem ein Risikofaktor für die Exportentwicklung. Das Wachstum der chinesischen Wirtschaft schwächt sich etwas ab, wird 2012 aber immer noch bei etwa 9 % liegen.

Im Euroraum hat sich die Konjunktur im Verlauf der ersten Jahreshälfte 2011 merklich abgeschwächt. Im zweiten Quartal wuchs das reale BIP nur um 0,2 % gegenüber dem Vorquar- tal. Der private Konsum war rückläufig, während der Außenhandel zur wichtigsten Stütze des Wachstums wurde. Auch für das dritte Quartal ist mit einem geringen Wachstum zu rechnen.

Auf dem Arbeitsmarkt verbessert sich die Lage nur zögerlich. Für Unsicherheit sorgt weiterhin die angespannte Situation auf den Märkten für Staatsanleihen. Während die irischen Konso- lidierungsbemühungen einen Rückgang der Renditeaufschläge ermöglichten, sind die Zinsen für griechische Staatsanleihen nach Meldungen über die unzureichenden Konsolidierungs- erfolge im September 2011 auf neue Höchststände gestiegen.

Die Unsicherheiten bezüglich des weiteren Konjunkturverlaufs in den EU-Mitgliedstaaten in Zentral-, Ost- und Südosteuropa (CESEE) haben sich in den letzten Monaten deutlich erhöht. Aufgrund einer Abschwächung des Wachstums im zweiten Quartal 2011 und der negativen Nachrichten aus dem gesamteuropäischen und globalen Umfeld mussten die Konjunkturprognosen für die Region seit Frühsommer 2011 nach unten revidiert werden. Der Preisdruck war im ersten Halbjahr vergleichsweise hoch, hat aber im Sommer seinen Höhe- punkt überschritten. In mehreren Ländern war zuletzt eine graduelle Verschlechterung der außenwirtschaftlichen Position zu beobachten. Die kriseninduzierte zyklische Komponente der Leistungsbilanzanpassung beginnt somit an Bedeutung zu verlieren.

In der ersten Jahreshälfte 2011 expandierte Österreichs Wirtschaft noch sehr kräftig. Im zweiten Quartal war das Wirtschaftswachstum mit 0,7 % auch deutlich stärker als im Euro- raum und in Deutschland. Inzwischen haben sich jedoch die Anzeichen vermehrt, dass es zur Jahresmitte zu einem abrupten und markanten Nachlassen der Wachstumsdynamik gekom- men ist. Das schwächere außenwirtschaftliche Umfeld und die vor dem Hintergrund der Schuldenkrise hohe Verunsicherung der Unternehmen führen zu einer deutlichen Abkühlung der zuletzt lebhaften Export- und Investitionskonjunktur. Aufgrund der starken Dynamik zu Jahresbeginn wird das Wirtschaftswachstum für das Gesamtjahr 2011 aber noch knapp 3 % betragen. Für 2012 wird laut den neuesten Prognosen vom September 2011 nur ein schwaches Wachstum zwischen 0,8 % (WIFO) und 1,3 % (IHS) erwartet.

1 Oesterreichische Nationalbank, Abteilung für volkswirtschaftliche Analysen, gerhard.fenz@oenb.at; Abteilung für die Analyse wirtschaftlicher Entwicklungen im Ausland, josef.schreiner@oenb.at, maria.silgoner@oenb.at.

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Quartal 2011 bzw. mit +1,3 % im zwei- ten Quartal (gegenüber dem Vorquar- tal, annualisiert) unerwartet schwach aus. Das Wachstum im zweiten Quar- tal 2011 wurde vor allem von den Investitionen getragen. Der Wachs- tumsbeitrag des privaten Konsums fiel deutlich schwächer aus als im ersten Quartal, insbesondere als Folge der ho- hen Energiepreise.

Vorlaufende Konjunkturindikato- ren signalisieren, dass sich die Wachs- tumsschwäche im zweiten Halbjahr 2011 fortsetzen oder sogar verstärken wird. So liegt der Industrie-Einkaufs- manager-Index seit Juli nur mehr knapp über der 50-Punkte-Marke, unter der der Index eine bevorstehende wirt- schaftliche Kontraktion anzeigt. Auch das Konsumentenvertrauen war über den Sommer stark rückläufig. Beide In- dikatoren erholten sich im September 2011 leicht. Angesichts dieser Entwick- lung hat der IWF im September 2011 seine BIP-Prognose für die USA im Vergleich zur Juni-Prognose deutlich nach unten revidiert (2011: um 1 Pro-

zentpunkt auf +1,5 %, 2012: um 0,9 Prozentpunkte auf +1,8 %).

Die Wachstumsschwäche belastet auch den US-amerikanischen Arbeits- markt. Die Arbeitslosenquote liegt seit Mai 2011 knapp über 9 % und die An- zahl der Beschäftigten blieb unverän- dert. Problematisch ist nach wie vor auch die Lage auf dem Immobilien- markt. Die Immobilienpreise (gemes- sen am S&P/Case-Shiller-Index) waren im Juli 2011 um 4,1 % niedriger als ein Jahr zuvor. Für die kommenden Mo- nate bestehen weiterhin Abwärtsrisi- ken, vor allem als Folge der immer noch hohen Anzahl der Zwangsvoll- streckungen, strikter Vergabebedin- gungen für Hypothekarkredite, der sinkenden verfügbaren Einkommen und der gestiegenen Sparquote.

Die Ratingagentur Standard & Poor’s (S&P) hat die langfristige Kreditwür- digkeit der USA am 5. August 2011 um eine Stufe von AAA auf AA+ herabge- stuft – erstmals in der Geschichte des Landes – mit negativem Ausblick. Als Begründung führte S&P das besorgnis-

Wachstumsbeiträge (zum Vorquartal, saisonbereinigt, annualisiert) in Prozentpunkten 8

6 4 2 0 –2 –4 –6 –8 –10

Q1

2007 2008 2009 2010 2011

Q2 Q3 Q4 Q1 Q2 Q3 Q4 Q1 Q2 Q3 Q4 Q1 Q2 Q3 Q4 Q1 Q2

USA: Wachstum des realen BIP

Grafik 1

Quelle: Bureau of Economic Analysis.

Nettoexporte Bruttoinvestitionen

Öffentlicher Konsum

Privater Konsum BIP in %

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erregend hohe Haushaltsdefizit an, die unzureichenden geplanten Einsparun- gen sowie den das Vertrauen erschüt- ternden politischen Zwist über die Anhebung der US-amerikanischen Schuldenobergrenze, der Budgetkon- solidierungsschritte auch in Zukunft erschwert. In den Tagen nach der Herabstufung der US-amerikanischen Bonität stieg der Verkauf von US-ame- rikanischen Staatsanleihen überra- schenderweise an. Diese Entwicklung dürfte mit den zu diesem Zeitpunkt steigenden Unsicherheiten bei anderen Anleihemarktsegmenten bzw. mit der Umschichtung von Aktien in Anleihen zusammenhängen. US-amerikanische Staatsanleihen gelten offenbar in unsi- cheren Zeiten immer noch als sicherer Hafen – auch da die beiden anderen großen Ratingagenturen Moody’s und Fitch das Land nach wie vor mit AAA bewerten.

Getrieben von höheren Energie- preisen stieg die Inflationsrate im August 2011 auf 3,8 %. Die Kerninfla- tion weist seit Anfang 2011 eine stei- gende Tendenz auf, zuletzt stieg sie auf 2,0 % (August). Dennoch beließ die US-Notenbank die Federal Funds Rate auch bei ihrer letzten Sitzung am 21.  September 2011 unverändert bei 0 % bis 0,25 %. Sie befindet sich nun- mehr seit mehr als zweieinhalb Jahren auf diesem Niveau. Zur Unterstützung der Konjunktur hat das Federal Reserve System (Fed) bereits im August 2011 angekündigt, die Nullzinspolitik bis mindestens Mitte 2013 fortzusetzen.

Da die US-Notenbank die konventio- nellen Instrumente weitgehend ausge- schöpft hat, verwendet sie diese unge- wöhnliche Festlegung, um die Erwar- tungen zu steuern.

Bei ihrem Treffen am 20. und 21. September 2011 entschloss sich die Fed zu einer weiteren unkonventionel- len Maßnahme. Bis Ende Juni 2012

wird die Fed langfristige Anleihen im Wert von 400 Mrd USD kaufen und gleichzeitig kurzfristige Anleihen im gleichen Ausmaß verkaufen, sodass die Notenbankbilanz unverändert bleibt.

Ziel dieser – in den 1960er-Jahren unter dem Begriff „Operation Twist“

erstmals erprobten – Maßnahme ist es, die langfristigen Zinsen zu senken. Die Wirksamkeit könnte in etwa jener des inzwischen ausgelaufenen zweiten An- leiheankaufprogramms (QE2) in Höhe von 600 Mrd USD entsprechen. Beide Maßnahmen – die langfristige Festle- gung der Zinspolitik und die „Opera- tion Twist“ – sind nicht unumstritten.

In beiden Fällen sprachen sich bei der Federal Open Market Committee (FOMC)-Sitzung drei der zehn stimm- berechtigten Mitglieder gegen die Maß- nahme aus. Einen derart großen Dis- sens hat es seit 1992 nicht mehr gege- ben.

1.2 Japan erholt sich von den Folgen der Erdbebenkatastrophe

Die Erdbebenkatastrophe am 11. März 2011 in Japan und die darauf folgenden Produktionsausfälle ließen die japani- sche Wirtschaft im ersten Halbjahr 2011 in die Rezession fallen. Annuali- siert ging das reale BIP im zweiten Quartal 2011 um 2,1 % zurück. Die In- vestitionen in den Wiederaufbau sowie steigende Exporte dürften das BIP- Wachstum im dritten Quartal aber wieder in den positiven Bereich dre- hen. Der Tankan-Index – eine viertel- jährliche Umfrage unter japanischen Unternehmen – erreichte im dritten Quartal 2011 mit –9 Punkten wieder den Wert des ersten Quartals, nach einem Einbruch auf –18 im zweiten Quartal. Für das Gesamtjahr 2011 rechnet der IWF in seiner Herbstprog- nose mit einem Rückgang des BIP um 0,5 %, 2012 könnte die japanische Wirtschaft bereits um 2,3 % wachsen.

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Die Erholung in Japan hängt jedoch in erheblichem Ausmaß von der Entwick- lung der Exporte ab. Durch die neuer- liche Aufwertung des japanischen Yen seit Anfang April 2011, die im Zusam- menhang mit der Schuldenkrise im Euroraum und in den USA steht, hat diese Wachstumsperspektive zuletzt einen Dämpfer erhalten. Dies birgt Risiken für die exportorientierte Industrie Japans und somit für den gesamten Erholungspfad nach der erd- bebenbedingten Rezession. Die Bank of Japan (BoJ) reagierte auf die Stärke des japanischen Yen im August 2011 mit Interventionen auf dem Devisen- markt. Diese schwächten den japani- schen Yen jedoch nur kurzfristig, er wertete danach rasch wieder auf.

Nach Standard & Poor’s im Jänner 2011 hat im August nun auch Moody’s die Bonität Japans aufgrund der hohen Staatsschulden (2010: 220 % des BIP) herabgestuft (von Aa2 auf Aa3). Die unmittelbaren Auswirkungen auf die Refinanzierungskosten werden jedoch dadurch gedämpft, dass die Verschul- dung zu etwa 95 % vom Inland gehal- ten wird und generell sehr niedrig ver- zinst ist.

Die BoJ hat in ihrer letzten Sitzung die Leitzinssätze weiter bei 0 % bis 0,1 % belassen. Die Kerninflationsrate (ohne Nahrungsmittel und Energie) lag im August 2011 bei –0,5 %. Der IWF rechnet auch für das Jahr 2012 noch mit negativen Preiswachstumsraten.

Das Ziel, der jahrelangen Deflation ein Ende zu bereiten, ist damit bis auf Weiteres nicht erreicht.

1.3 Wachstum in China schwächt sich auf hohem Niveau ab

China verzeichnet nach wie vor ein starkes Wachstum bei anhaltend hohen

Inflationsraten. Insgesamt konnte die reale Wirtschaftsleistung Chinas im ersten und zweiten Quartal 2011 im Vergleich zum jeweiligen Vorjahres- quartal um 9,7 % bzw. 9,5 % zulegen.

Die Industrieproduktion wuchs im August 2011 im Vergleich zum Vorjah- resmonat kräftig um 13,5 %. Die neu- esten Daten der UNCTAD (United Nations Conference on Trade and Development) zeigen zudem, dass China in puncto Direktinvestitionen im Ausland im Jahr 2010 erstmals Japan überholen konnte. Auch das chinesi- sche BIP war im Jahr 2010 höher als jenes in Japan. Dies zeigt die wach- sende Bedeutung der chinesischen Volkswirtschaft für die globale Ökono- sende Bedeutung der chinesischen Volkswirtschaft für die globale Ökono- sende Bedeutung der chinesischen mie. Die dynamische Expansion Chinas ist jedoch auch mit Problemen verbun- den. So betrug die Inflation von Jänner bis August 2011 durchschnittlich 5,6 %.

Im Juli wurde mit einem Wert von 6,5 % eine vorläufige Spitze erreicht.

Im August flachte sich die Inflation leicht auf 6,2 % ab.

Um die Inflation zu bekämpfen, hat die chinesische Zentralbank im Jahr 2011 bereits sechsmal den Mindestre- serve-Satz für Banken erhöht und drei- mal die Leitzinssätze angehoben. Ange- sichts der rapiden Verschlechterung der Aussichten für die Weltkonjunktur könnten die Risiken für eine Überhit- zung der chinesischen Wirtschaft sin- ken. Für 2011 prognostiziert der IWF in seiner Herbstprognose ein BIP- Wachstum von rund 9,5 %, gefolgt von einer Abschwächung auf 9,0 % im Jahr 2012. Aufgrund der US-amerikani- schen Schuldenkrise und der nervösen Finanzmärkte geriet das Wechselkurs- regime Chinas unter Druck. Die Re- gierung stellte eine weitere Lockerung der Wechselkurspolitik in Aussicht.

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2 Wachstum im Euroraum lässt nach

2.1 Deutliche Abschwächung des BIP-Wachstums im zweiten Quartal 2011

Das Wachstum des realen BIP im Euro- raum schwächte sich im Verlauf der ersten Jahreshälfte 2011 merklich ab.

Nach einer Quartalswachstumsrate von 0,8 % im ersten Quartal 2011 stieg die Wirtschaftsleistung im zweiten Quar- tal nur um 0,2 %. Gegenüber dem zweiten Quartal 2010 lag das Wachs- tum bei 1,6 %. Die Abschwächung war allgemein erwartet worden, da das erste Quartal erheblich von Aufhol- und Nachholeffekten nach einem stren- gen Winter gekennzeichnet war. Der private Konsum ging gegenüber dem Vorquartal zurück, worauf bereits die Entwicklung der Einzelhandelsumsätze hingedeutet hatte. Einerseits stehen da- hinter die erforderliche Entschuldung der privaten und öffentlichen Haushalte und der Rückgang der real verfügbaren Einkommen aufgrund hoher Rohstoff-

preise. Andererseits dürfte die Unsi- cherheit im Zusammenhang mit der Schuldenkrise in einigen Peripherielän- dern des Euroraums die Konsumlaune belastet haben. Der größte Beitrag zum Wachstum kam vom Außenhandel.

Besonders deutlich fiel der Wachs- tumseinbruch im zweiten Quartal 2011 in Deutschland aus, wo sich das BIP- Wachstum von 1,3 % im ersten Quar- tal auf 0,1 % abschwächte. Frankreich verzeichnete ein Nullwachstum nach 0,9 % im ersten Quartal 2011. Auch Italien und Spanien wuchsen kaum.

Der Bausektor im Euroraum stag- nierte, die Kapazitätsauslastung ging im dritten Quartal 2011 zurück und liegt mit 80,9 % wieder unter dem langfristigen Durchschnitt.

2.2 Prognosen erwarten

Abschwächung des BIP-Wachs- tums für 2011 und 2012

Im dritten Quartal 2011 dürfte sich die Wachstumsschwäche fortsetzen. Vor- lauf- und Stimmungsindikatoren signa-

Wachstumsbeiträge (zum Vorquartal, saisonbereinigt) in Prozentpunkten 2

1

0

–1

–2

–3

Q1 Q2 Q3

2007 2008 2009 2010 2011

Q4

Euroraum: Komponenten des realen BIP-Wachstums

Quelle: Eurostat.

Außenbeitrag (Waren und Dienstleistungen) Bruttoanlageinvestitionen Konsumausgaben des Staats Konsumausgaben der privaten Haushalte und POoE Vorratsveränderungen und Statistische Differenz BIP in %

Q1 Q2 Q3 Q4 Q1 Q2 Q3 Q4 Q1 Q2 Q3 Q4 Q1 Q2

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lisieren eine Verlangsamung des BIP- Wachstums im dritten Quartal. So ist der Einkaufsmanager-Index im August 2011 auf 49,0 Punkte gefallen und damit wieder unter die 50-Punkte- Marke, die die Grenze zwischen Expansion und Kontraktion markiert.

Im September sank er weiter auf 48,5 Punkte. Der von der Europä- ischen Kommission veröffentlichte Economic Sentiment Indicator fiel auf den niedrigsten Stand seit Ende 2009.

Auch wichtige nationale Indikatoren wie der deutsche ifo Geschäftsklima- Index oder der ZEW-Index waren zuletzt stark rückläufig.

Für das Gesamtjahr 2011 prognosti- ziert der IWF in seiner Herbstprognose ein BIP-Wachstum von 1,6 % und hat damit seine Erwartung um 0,4 Pro- zentpunkte nach unten revidiert. Für 2012 erwartet der IWF nur mehr ein Wachstum von 1,1 %. Gleichzeitig ha- ben sich die Abwärtsrisiken der BIP- Prognosen für den Euroraum verstärkt.

Die Unsicherheit über die Zahlungs- fähigkeit der hoch verschuldeten Län- der des Euroraums ist ein zentraler Hemmschuh für die Wiederherstellung von Konsum- und Investitionsfreude.

Gleichzeitig ist die weitere konjunk- turelle Entwicklung in den USA ein Risiko faktor für den Euroraum.

2.3 Langsame Erholung auf dem Arbeitsmarkt

Die saisonbereinigte Arbeitslosenquote liegt seit Dezember 2010 weitgehend konstant bei 10,0 %, um 0,2 Prozent- punkte unter den Spitzenwerten wäh- rend der Krise. Diese Zahl verschleiert jedoch eine kontinuierliche Verbesse- rung auf dem Arbeitsmarkt, da gleich- zeitig die Partizipationsrate stieg. Auch die Anzahl der geleisteten Arbeitsstun- den normalisiert sich wieder. Während der Rezession konnten durch eine Reduktion der individuellen Arbeitszeit vielfach Entlassungen vermieden wer- den. Im ersten Halbjahr 2011 wurde ein Rückgang der Beschäftigten im Baugewerbe durch das Beschäftigungs- wachstum im Industrie- und Dienst- leistungssektor kompensiert. Umfra- gen lassen auch für das dritte Quartal 2011 ein positives Beschäftigungs- wachstum erwarten. Im Vergleich der einzelnen Euroraum-Länder ist die Entwicklung auf dem Arbeitsmarkt sehr heterogen. Während die Arbeits- losenquote in Deutschland seit dem krisenbedingten Höhepunkt bereits um 1,9 Prozentpunkte auf inzwischen 6,0 % gesunken ist, steigt sie in Spanien oder Irland noch immer. In Spanien liegt sie bei 21,2 %, allerdings ist auch hier das Beschäftigungswachstum positiv.

2.500 2.000 1.500 1.000 500 0

Jän. 09 Juli 09 Jän. 10 Juli 10 Jän. 11 Juli 11

Renditeaufschläge auf 10-jährige Staatsanleihen

Grafik 3

Quelle: EZB.

ES IE IT PT GR

in Basispunkten, Vergleich mit Deutschland

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2.4 Wichtige Entscheidungen zur Entspannung der Schuldenkrise im Euroraum

Vor dem Sommer 2011 wurde bekannt, dass die bisher vereinbarten bilateralen finanziellen Unterstützungen für Grie- chenland nicht ausreichen würden, um kurzfristig die Zahlungsfähigkeit des Landes sicherzustellen. Mit der Diskus- sion hinsichtlich einer möglichen Um- schuldung Griechenlands stiegen die Risikoprämien für griechische Anlei- hen in bisher unerreichte Höhen. Mitte Juli 2011 betrug der Renditeaufschlag gegenüber deutschen Bundesanleihen 1.500 Basispunkte.

Diese Dynamik übertrug sich zu- dem auf Irland und Portugal, auch wenn diesen Ländern – im Gegensatz zu Griechenland – Erfolge auf dem Weg zu einer Konsolidierung der Staatsfinanzen attestiert wurden. Zu- nehmend kam es auch zu Ansteckungs- effekten auf Italien und Spanien. In- folge der Beschlüsse des Europäischen Rats vom 21. Juli 2011, die neben einem neuen Griechenland-Paket mit Einbindung des privaten Sektors auch Maßnahmen zur Erhöhung der Schlag- kraft der European Financial Stability Facility (EFSF) umfassten, gingen die Renditeabstände griechischer, aber auch portugiesischer und irischer Staatsanleihen zu den deutschen Bun- desanleihen zurück.

Die Beschlüsse konnten die Finanz- märkte jedoch nicht zur Gänze beruhi- gen. Der umfangreiche Verkauf von spanischen und italienischen Staatsan- leihen ließ schließlich auch deren Ren- diten stark ansteigen – sie erreichten Anfang August 2011 neue Höchst- werte. Zur Beruhigung der Anleihe- märkte und um damit die volle Wirk- samkeit geldpolitischer Entscheidungen sicherzustellen, reaktivierte die EZB im August das Securities Markets Pro- gramme und kaufte verstärkt auf dem

Sekundärmarkt Anleihen von Ländern mit hohen Renditeaufschlägen. Die Ab- stände spanischer und italienischer Staatsanleihen zu deutschen Bundesan- leihen sanken in der Folge.

Unzureichende Konsolidierungs- erfolge Griechenlands ließen im Sep- tember 2011 wieder Zweifel an der Zahlungsfähigkeit aufkommen, die Renditeaufschläge erreichten neue Spit- zenwerte von über 2.000 Basispunk- ten. Eine Finanzierung Griechenlands auf den Finanzmärkten ist bis auf Wei- teres ausgeschlossen. Im Gegensatz dazu haben die fiskalischen Sanierungs- erfolge Irlands die Märkte offenbar überzeugt, die Renditen auf Staatsan- leihen gingen merklich zurück. In eini- gen Ländern (z. B. Spanien) wurde eine Schuldenbremse implementiert, die z.  B. in der Schweiz, aber auch in Schweden dazu beigetragen hat, einen starken Schuldenaufbau zu verhindern.

Laut IWF soll die Defizitquote im Euroraum-Durchschnitt im Jahr 2011 bei 4,1 % und damit um 1,9 Prozent- punkte unter dem Vorjahreswert liegen und sich 2012 auf 3,1 % reduzieren.

Die Schuldenquote wird frühestens im Jahr 2012 ihren Höhepunkt erreichen.

2.5 Inflation sinkt mit dem Rückgang der Rohstoffpreise

Die HVPI-Inflationsrate für den Euro- raum betrug im Juli und August 2011 2,5 %. Diese relativ hohen Inflations- raten waren vor allem durch einen starken Anstieg der Rohstoffpreise be- gründet. Der HWWI-Rohstoffpreis- index erreichte im April 2011 seinen vorläufigen Höhepunkt und ist seither um 8 % gesunken. Die Kernteuerung (ohne Energie und unverarbeitete Nah- rungsmittel) lag im Juli und August bei 1,5 %. Der Anstieg der HVPI-Infla- tionsrate im September auf 3,0%

(Vorausschätzung) ist auf statistische Faktoren (geänderter Berechnungsmo-

(13)

dus für saisonale Produkte) und auf die Erhöhung des Mehrwertsteuersatzes in Italien von 20% auf 21% zurückzu- führen.

Die Inflationsprognose des IWF für das Jahr 2012 liegt bei 1,5 %. Die län- gerfristigen Inflationserwartungen (für 2016) liegen bei 1,9 % und sind mit Preisstabilität vereinbar. Allerdings sind die Risiken bezüglich der mittel- fristigen Inflationsentwicklung auf- wärts gerichtet. Sie beziehen sich auf höhere Rohstoffpreise und auf mögli- che noch nicht einkalkulierte indirekte Steuererhöhungen aufgrund von Fiskal- konsolidierungsmaßnahmen.

2.6 Rückgang der kurz- und mittel- fristigen Geldmarktzinsen

Der EZB-Rat beschloss in seinen Sit- zungen Anfang April und Anfang Juli 2011 jeweils eine Leitzinssatzanhebung um 25 Basispunkte, um Risiken für die Preisstabilität entgegenzuwirken. Seit 13. Juli 2011 liegt der Leitzinssatz somit bei 1,5 %. Um dem gestiegenen Liquiditätsbedarf der Banken zu be- gegnen, entschied sich der EZB-Rat Anfang August neuerlich einen Sechs- Monats-Tender zu begeben. Anfang Oktober 2011 wurden zudem zwei Tenderoperationen mit einer Laufzeit von 12 bzw. 13 Monaten angekündigt.

Alle Tender werden bis auf Weiteres mit voller Zuteilung abgewickelt. Wie schon am Höhepunkt der Wirtschafts- und Finanzkrise wurde ein zunehmen- der Teil der auf diese Weise zugeteilten Liquidität von den Banken im Rahmen der Einlage fazilität wieder bei der EZB deponiert. Dieses Verhalten ist Zeichen für ein gestiegenes Misstrauen der Ban- ken untereinander und für Refinanzie- rungsschwierigkeiten auf dem Inter- bankenmarkt. Anfang Oktober 2011 beschloss der EZB-Rat zudem, das Covered Bond Purchase Programme, das bereits im Jahr 2008 eingesetzt

wurde, wieder aufzunehmen. Im Zeit- raum November 2011 bis Oktober 2012 sollen Pfandbriefe in einem Gesamtaus- maß von 40 Mrd EUR gekauft werden.

Seit Ende Juli 2011 liegt der Euro OverNight Index Average (EONIA) aufgrund hoher Überschussliquidität OverNight Index Average (EONIA) aufgrund hoher Überschussliquidität OverNight Index Average (EONIA) relativ stabil bei 1 %. Die Märkte er- warten eine Leitzinssenkung in den kommenden Monaten und damit einen Rückgang des EONIA auf 0,5 % bis Anfang 2012.

3 Wirtschaftliche Entwicklung in den EU-Mitgliedstaaten Zen tral-, Ost- und Südost- europas

3.1 Konjunkturelle Erholung flacht sich ab

Die Unsicherheiten bezüglich des wei- teren Konjunkturverlaufs in den EU- Mitgliedstaaten in Zentral-, Ost- und Südosteuropa (CESEE) haben sich in den letzten Monaten deutlich erhöht.

Nachdem sich das Wachstum im ersten Quartal 2011 noch beschleunigt hatte und die Wirtschaft im regionalen Durchschnitt um 0,9 % (im Quartals- vergleich) gewachsen war, gibt es seit dem Frühsommer vermehrt Meldun-

Tabelle 1

CESEE EU-Mitgliedstaaten: Wirtschaftswachstum

2009 2010 Q3 10 Q4 10 Q1 11 Q2 11 Wachstumsrate des realen BIP in % gegenüber der Vorperiode, saison- und arbeitstägig bereinigt

Bulgarien –5,5 0,2 0,7 0,5 0,6 0,3 Estland –14,3 2,3 1,2 2,5 2,4 1,7 Lettland –17,7 –0,3 1,1 0,8 1,1 2,0 Litauen –14,7 1,3 0,3 1,8 3,5 0,4

Polen 1,6 3,8 1,3 0,9 1,1 1,1

Rumänien –7,1 –1,3 –0,2 0,4 0,5 0,2 Slowakei –4,8 4,0 0,8 0,8 0,9 0,9 Slowenien –8,0 1,4 0,3 0,5 0,1 0,1 Tschechische Republik –4,1 2,3 0,8 0,5 0,9 0,1

Ungarn –6,7 1,2 0,8 0,2 0,3 0,0

Gesamte Region –3,4 2,1 0,7 0,6 0,9 0,6

Euroraum –4,3 1,8 0,4 0,3 0,8 0,2

Quelle: Eurostat.

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gen, die auf eine Abkühlung der Kon- junktur schließen lassen. So haben sich etwa mehrere Hochfrequenz-, Vorlauf- und Vertrauensindikatoren für die CESEE-Länder in letzter Zeit ver- schlechtert. Insbesondere trifft das für die Industrie zu: Das Wachstum der In- dustrieproduktion hat sich seit Jahres- beginn 2011 auf zuletzt etwa 5 % (im Vergleich zum Vorjahr) halbiert und die Vertrauenswerte haben deutlich nach- gegeben.

Diese Entwicklung schlug sich auch bereits in den Zahlen zum zweiten Quartal 2011 nieder. Das Wirtschafts- wachstum hat sich in den meisten Ländern abgeschwächt. Ungarn, Slo- wenien, Rumänien und die Tschechi- sche Republik verzeichneten saisonbe- reinigte Wachstumsraten von lediglich 0,0 % bis 0,2 % im Quartalsvergleich.

Positiv auf die Gesamtregion wirkte sich allerdings die weiterhin robuste Entwicklung in Polen aus (+1,1 % gegenüber dem Vorjahresquartal).

Obwohl sich die nachlassende inter- nationale Nachfrage im zweiten Quar- tal 2011 bereits in niedrigeren Wachs- tumsbeiträgen der Nettoexporte nie- derschlug, stellen die Außenwirtschaft und die Lagerveränderungen weiter wichtige Stützen für das Wachstum dar. Daneben lässt sich allerdings seit einiger Zeit ein Trend hin zu einer stär- keren Binnennachfrage beobachten.

Dies trifft vor allem für Polen und die baltischen Staaten zu, wo sowohl der private Konsum als auch die Investi- tionen deutlich zum Wachstum beitra- gen. Ein gewisses Anziehen der Investi- tionstätigkeit konnte zuletzt auch in der Tschechischen Republik und der Slowakei beobachtet werden. Der Grund dürfte vor allem in dem sich aufgestauten Investitionsbedarf nach mehreren Quartalen fallender Investi- tionsausgaben während der Krise zu suchen sein. Durchwegs negative

Wachstumsbeiträge der inländischen Nachfrage werden aber weiter aus den am schwächsten wachsenden Ländern der Region – Slowenien, Ungarn, Rumänien und Bulgarien – berichtet.

Hier wird die Entwicklung nach wie vor von einer zurückhaltenden Kredit- vergabe, einer notwendigen weiteren Entschuldung der privaten Haushalte (in Slowenien auch der Unternehmen), einem erhöhten Konsolidierungsbedarf der öffentlichen Hand sowie einer schwächelnden Bauwirtschaft zurück- gehalten.

Aufgrund des schwachen Abschnei- dens im zweiten Quartal 2011 und der negativen Nachrichten aus dem gesamt- europäischen und globalen Umfeld ist eine Verschlechterung der Konjunktur- prognosen seit Frühsommer zu erken- nen. Aktuell erwartet etwa der IWF, dass sich das Wachstum in der Region nach 2,2 % (2010) auf etwa 3 % (2011) beschleunigt. Schon im Jahr 2012 dürfte aber die Konjunktur nicht wei- ter an Fahrt gewinnen und das Wachs- tum sogar leicht auf 2,8 % zurückge- hen. Das stellt eine deutliche Abwärts- revision gegenüber der IWF-Prognose vom April 2011 dar, in der für 2012 noch mit einer Beschleunigung des Wachstums auf 3,5 % gerechnet wurde.

Bis auf Estland sind alle Länder von der Abschwächung betroffen. Die Risiken der Prognose sind generell nach unten gerichtet und umfassen vor allem die Unsicherheiten bezüglich der weiteren Entwicklungen im Euroraum.

3.2 Inflation hat ihren Höhepunkt im Sommer 2011 überschritten

Der Preisdruck in der Region war im ersten Halbjahr 2011 mit wenigen Ausnahmen (Tschechische Republik, Slowenien) vergleichsweise hoch und nahm in einigen Ländern sogar weiter zu. Verantwortlich dafür waren vor allem Preisschübe bei Lebensmitteln

(15)

im Zusammenhang mit schlechten Ern- ten im Jahr 2010. Darüber hinaus wirk- ten aber auch hohe Energie- und Roh- stoffpreise sowie nicht zuletzt auch Steuererhöhungen in einigen Ländern inflationstreibend. Besonders deutlich fiel der letztgenannte Effekt in Polen, der Slowakei und Lettland aus. In allen drei Ländern wurde die Mehrwert- steuer Anfang 2011 angehoben.

Mehrere Notenbanken in der Region haben mit Zinsschritten auf den steigenden Preisdruck reagiert. So er- höhte die ungarische Nationalbank im Jänner 2011 ihren Zinssatz um 25 Basis- punkte auf 6 %. Die polnische Natio- nalbank hob ihren Leitzinssatz in vier Schritten zu je 25 Basispunkten im Jänner, April, Mai und Juni 2011 auf zuletzt 4,5 % an. Im Euro-Währungs- gebiet, dem von den hier betrachteten Ländern Slowenien, die Slowakei und Estland angehören, erhöhte die EZB im April und Juli die Leitzinsen.

Der Höhepunkt des Inflations- schubs wurde im Sommer 2011 er- reicht. In den meisten Ländern waren in den letzten Monaten wieder fallende

Teuerungsraten zu beobachten. Zu die- ser Entwicklung haben einerseits Basis- effekte (etwa nach der Mehrwert- steuererhöhung im Juli 2010 in Rumä- nien) beigetragen. Andererseits ließ im Zuge der diesjährigen Ernten der Preis- druck bei Lebensmitteln nach. Diese Faktoren sollten im Zusammenspiel mit relativ moderaten Kerninflations- raten, einer nur schrittweisen Erholung auf dem Arbeitsmarkt und unterdurch- schnittlichen Produktionsauslastungs- quoten dafür sorgen, dass die Inflation auch 2012 weiter zurückgeht. Aktuelle Prognosen gehen für das Jahr 2012 von einem Preisanstieg von etwa 3 % im regionalen Durchschnitt im Vergleich zu etwa 4 % im Gesamtjahr 2011 aus.

3.3 Ende der Leistungsbilanzanpas- sung in vielen Ländern erreicht

Die Krise führte in allen CESEE-EU- Mitgliedstaaten zu einer – teils sehr deutlichen – Verbesserung der außen- wirtschaftlichen Position. Dieser ein- heitliche Trend ist in den letzten Mona- ten einer größeren Heterogenität bei der Entwicklung der Leistungsbilanzen

Veränderung zum Vorjahr in % 10

8 6 4 2 0 –2 –4

CESEE EU-Mitgliedstaaten: Inflationsentwicklung

Grafik 4

Quelle: Eurostat.

Bearbeitete Lebensmittel (inkl. Alkohol und Tabak) HVPI

Industriegüter Dienstleistungen Energie Unverarbeitete Lebensmittel Q4

2010 2011

Bulgarien Tschechische

Republik Estland Ungarn Lettland Litauen Polen Rumänien Slowakei Slowenien

Q1 Q2 Q4 Q1 Q2 Q4 Q1 Q2 Q4 Q1 Q2 Q4 Q1 Q2 Q4 Q1 Q2 Q4 Q1 Q2 Q4 Q1 Q2 Q4 Q1 Q2 Q4 Q1 Q2

2010 2011 2010 2011 2010 2011 2010 2011 2010 2011 2010 2011 2010 2011 2010 2011 2010 2011

(16)

gewichen. Während vor allem die wirt- schaftlich noch etwas schwächeren Länder wie Bulgarien und Rumänien aufgrund ihrer fehlenden Binnennach- frage weiter von einer Verbesserung der Handelsbilanzen profitieren, ist seit einigen Quartalen in den stärker wach- senden Ländern (Polen, Baltikum), aber auch in der Tschechischen Repub- lik, eine gewisse Verschlechterung des Leistungsbilanzsaldos zu beobachten.

Neben der anziehenden Inlandsnach- frage ist dafür vor allem eine zuneh- mende Lücke bei den Erwerbs- und Vermögenseinkommen verantwortlich.

Im Zuge der wirtschaftlichen Erholung schreiben in ausländischem Eigentum befindliche Unternehmen wieder Ge- winne, die diese zum Teil an ihre Mut- tergesellschaften rücküberweisen. Die kriseninduzierte zyklische Kompo- nente der Leistungsbilanzanpassung be- ginnt somit an Bedeutung zu verlieren.

Ein Teil der Leistungsbilanzanpassung nach der Krise war aber auch struktu- reller Natur und sollte damit länger an- haltend sein. So entwickeln sich z. B. in den baltischen Staaten die Lohnstück- kosten bereits seit Mitte 2009 teils deutlich besser als im Euroraum. Aktu- elle Prognosen gehen deshalb auch

davon aus, dass das durchschnittliche Leistungsbilanzdefizit in der Region auch im Jahr 2012 um etwa 2 % des BIP geringer als in der Periode vor Aus- bruch der Krise ausfallen und sich bei rund 3 % des BIP einpendeln wird.

Finanzierungsseitig stellen Portfo- lioinvestitionen (Polen, Slowenien) und ausländische Direktinvestitionen (Bul- garien, Tschechische Republik, Balti- kum, Rumänien) die wichtigsten Kom- ponenten dar. Gerade Letzteren kommt in Zeiten erhöhter Finanzmarktvolatili- tät besondere Bedeutung zu. In den letzten Quartalen war bei den Direkt- investitionen eine positive Dynamik in vielen Ländern zu beobachten. Von einer breiten Erholung in der Region kann aber noch nicht gesprochen wer- den. Mit Ausnahme Estlands (das in diesem Bereich von der Euro-Einfüh- rung profitiert haben dürfte) ist der Zufluss an ausländischen Direktinvesti- tionen in allen Ländern der Region heute (teils deutlich) niedriger als im Durchschnitt der Jahre vor der Krise.

Darüber hinaus haben sich die Zuflüsse in mehreren Ländern entweder noch nicht substanziell von ihren Tiefststän- den erholt (etwa in der Slowakei und Rumänien) oder sind weiter rückläufig

in % des BIP, gleitender Durchschnitt über die letzten vier Quartale 15

10 5 0 –5 –10

CESEE EU-Mitgliedstaaten: Leistungsbilanzentwicklung

Grafik 5

Quelle: Nationale Zentralbanken.

Handelsbilanz

Leistungsbilanz und Vermögensübertragungen

Saldo aus Erwerbs- und Vermögenseinkommen Transfers Vermögensübertragungen

Q2 Q1Q2

2010 2011

Bulgarien Tschechische

Republik Estland Ungarn Lettland Litauen Polen Rumänien Slowakei Slowenien

Q3 Q4 Q2 Q1Q2

2010 2011

Q3 Q4 Q2 Q1Q2

2010 2011

Q3 Q4 Q2 Q1Q2

2010 2011

Q3 Q4 Q2 Q1Q2

2010 2011

Q3 Q4 Q2 Q1Q2

2010 2011

Q3 Q4 Q2 Q1Q2

2010 2011

Q3 Q4 Q2 Q1Q2

2010 2011

Q3 Q4 Q2 Q1Q2

2010 2011

Q3 Q4 Q2 Q1Q2

2010 2011

Q3 Q4

(17)

(etwa in Polen und Bulgarien). Gründe dafür könnten die günstigere wirt- schaftliche Entwicklung in den letzten Quartalen in anderen Emerging-Mar- ket-Regionen sowie auch deren mittel- fristig günstigere Wirtschaftsaussich- ten darstellen.

3.4 CESEE bleiben von den Turbu- lenzen auf den internationalen Märkten nicht verschont

Die Aktienmärkte der CESEE-Staaten waren stark von den Ausverkäufen der letzten Wochen betroffen. Bis zum ers- ten Höhepunkt am 10. August 2011 waren Kursverluste von bis zu 25 % (Ungarn, Polen) gegenüber Anfang Juli zu beobachten. Etwas besser entwickel- ten sich die Märkte in den baltischen Staaten und in Slowenien (etwa 10 %).

Einzig in der Slowakei waren keine substanziellen Auswirkungen der aktu- ellen Turbulenzen festzustellen. Seit- dem wurden in den meisten Ländern weitere, teils starke Verluste verzeich- net (z. B. in Ungarn).

Die Aktienmärkte notieren zurzeit etwa auf dem Niveau von Mai/Juni 2010, einer Phase erhöhter Spannungen im Zusammenhang mit der griechi- schen Schuldenkrise. Längerfristig be- trachtet notieren derzeit nur die Indizes in Estland und Polen etwa auf dem Niveau, das vor dem Zusammenbruch von Lehman Brothers registriert wor- den war. In den übrigen Ländern der Region haben sich die Aktienmärkte noch nicht von den schweren Einbrü- chen im Herbst/Winter 2008 erholt und die Preise liegen heute noch bis zu 60 % unter dem Wert von September 2008 (etwa in Bulgarien und Slowe- nien). Trotz dieser deutlichen Kursein- bußen waren die CESEE-Staaten etwas weniger von den aktuellen Turbulenzen betroffen als die Länder Westeuropas.

So hat etwa der Dow Jones EURO STOXX um 35 % gegenüber Anfang Juli nachgegeben.

Die aktuellen Spannungen auf den Finanzmärkten und der zuletzt etwas eingetrübte Konjunkturausblick für die

Index: 1. Juli 2011 = 100 110

105 100 95 90 85 80 75 70 65 60

110 105 100 95 90 85 80 75 70 65 60 1. 7. 15. 7.

CESEE EU-Mitgliedstaaten: Aktienpreisentwicklung

Grafik 6

Quelle: Thomson Reuters.

EURO STOXX CZ HU

PL SK EE

EURO STOXX LV LT

BG RO SI

29. 7. 12. 8.

2011

26. 8. 9. 9. 23. 9.

2011

1. 7. 15. 7. 29. 7. 12. 8. 26. 8. 9. 9. 23. 9.

(18)

CESEE-Länder haben sich in der Ein- schätzung der Ratingagenturen gegen- über der Region bisher noch nicht niedergeschlagen. Im Gegenteil, die Ratingeinstufungen (Long-Term Foreign- Currency Sovereign Debt Ratings) Bulgariens, Rumäniens, Estlands und der Tschechischen Republik wurden im Juli bzw. im August 2011 angehoben.

Verbesserungen beim Outlook gab es im Zeitraum Mai bis August 2011 für Ungarn, Lettland, Litauen und die Slowakei.2 Einzig das Rating für Slowe- nien wurde im September 2011 gesenkt.

4 Österreich: markante Konjunktur ab kühlung zur Jahresmitte

4.1 Erste vollständige Veröffent- lichung der VGR-Daten für das zweite Quartal 2011

Die österreichische Wirtschaft ist laut erster Veröffentlichung der Daten der Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung (VGR) im zweiten Quartal 2011 um 0,7 % gegenüber dem Vorquartal ge- wachsen (real, saison- und arbeitstätig

bereinigt). Damit verzeichnete die öster- reichische Wirtschaft ein deutlich stär- keres Wachstum als der Euroraum (+0,2 %) und Österreichs wichtigster Handelspartner Deutschland (+0,1 %).

Die Analyse der aktuellen VGR- Daten wird durch methodische Um- stellungen erschwert. Aufgrund dieser Umstellungen sind die aktuellen VGR- Daten nun deutlich volatiler als in der Vergangenheit. Eine Betrachtung der Nachfragekomponenten für das zweite Quartal 2011 zeigt, dass – im Gegen- satz zur ersten VGR-Schnellschät- zung  – laut aktueller Veröffentlichung die Außenhandelstätigkeit nicht mehr die wichtigste Konjunkturstütze war.

Die Exporte haben infolge der globalen Wachstumsabschwächung beinahe stag niert. Die Investitionstätigkeit blieb hingegen lebhaft, auch wenn sich die Dynamik etwas abgeschwächt hat. Das Wachstum des privaten Konsums drehte nach zwei negativen Quartalen wieder ins Plus. Angesichts des volati- len Musters einzelner Nachfragekom- ponenten und der hohen statistischen

2 Für Ungarn erfolgte dieser Schritt (durch Fitch) im Juni 2011. Rezente Entwicklungen – wie die magere Wachs- tumsperformance im zweiten Quartal, ein über Erwarten hohes Budgetdefizit und die Ankündigung kontrover- sieller Maßnahmen zur begünstigten Rückzahlung von Fremdwährungskrediten durch ungarische private Haus- halte (zulasten der in Ungarn tätigen Banken) – sind dabei daher noch nicht berücksichtigt worden.

Tabelle 2

Reales Bruttoinlandsprodukt und Nachfragekomponenten (real, saison- und arbeitstägig bereinigt)

BIP Privater

Konsum Öffent - licher Konsum

Brutto- anlage- investi- tionen

Exporte Importe Gesamte inländische Nachfrage (ohne Lager)

Netto-

exporte Lager Statistische Diskrepanz

Veränderung zur Vorperiode in % Wachstumsbeiträge zum BIP in Prozentpunkten

Q1 10 –0,9 2,0 0,5 0,0 0,4 0,8 1,2 –0,2 –1,6 –0,3

Q2 10 1,4 –0,8 –0,5 0,6 5,6 5,1 –0,4 0,6 1,3 –0,1

Q3 10 1,4 1,7 –0,1 2,1 2,1 3,2 1,3 –0,4 0,4 0,1

Q4 10 0,6 –0,4 –0,2 1,8 0,7 –0,3 0,1 0,6 0,4 –0,4

Q1 11 0,8 –0,4 0,6 1,3 3,1 3,6 0,2 –0,0 –0,5 1,2

Q2 11 0,7 0,4 0,8 0,9 0,1 0,3 0,5 –0,1 1,0 –0,8

2008 1,4 0,8 4,4 0,6 1,3 0,0 1,4 0,8 –0,5 –0,3

2009 –3,8 –0,2 0,4 –8,3 –14,3 –13,9 –1,8 –1,2 –0,9 0,1

2010 2,3 2,2 –0,2 0,1 8,3 8,0 1,2 0,7 0,5 –0,1

Quelle: WIFO, OeNB.

(19)

Diskrepanz sollten aber einzelne Quar- talswerte nicht überinterpretiert werden.

4.2 Österreichs Wirtschaft stagniert in der zweiten Jahreshälfte 2011

Der kräftige Konjunkturaufschwung ist zur Jahresmitte zu Ende gegangen;

in der zweiten Jahreshälfte wird die österreichische Wirtschaft stagnieren.

Die Ergebnisse des OeNB-Konjunktur- indikators zeigen für das dritte und vierte Quartal 2011 ein Wachstum des realen BIP von 0,1 % bzw. 0,0 % an (saison- und arbeitstägig bereinigt, im Vergleich zum Vorquartal). Zu den Gründen für die erwartete Wachs- tumsabschwächung zählen die globale Wachstumseintrübung, eine schwache Binnenkonjunktur, das Auslaufen zyk- lischer Wachstumsimpulse und Ver- trauensverluste aufgrund der ungelös- ten Schuldenkrise.

Die Unsicherheit über die weitere globale Entwicklung hat zu einem Ver- trauensverlust der Unternehmen und Konsumenten geführt. In Österreich signalisiert beispielsweise der BA Ein- kaufsmanager-Index eine Stagnation der Industrie ab der Jahresmitte 2011.

Auch die Auftragseingänge – sowohl aus dem In- als auch aus dem Aus- land – werden von den österreichischen Unternehmen deutlich schlechter ein- gestuft als noch zuletzt und liegen inzwischen wieder unter dem lang- jährigen Durchschnitt.

In der Exportwirtschaft ist die Wachstumsabschwächung bereits spür- bar. Nach dem außergewöhnlich star- ken Wachstum der nominellen Güter- exporte im ersten Quartal 2011 von 5,0 % (saisonbereinigt, zum Vorquar- tal) hat sich das Wachstum im zweiten Quartal deutlich abgekühlt und er- reichte nur mehr 1,1 %. Im Jahresab- stand blieb das Wachstum im zweiten Quartal 2011 mit +12,0 % (nach +23,7 % im ersten Quartal) jedoch

noch deutlich im Plus. Gemäß den ak- tuellen Ergebnissen des OeNB-Export- indikators vom Oktober 2011 ergibt sich für die nominellen Güterexporte im August (im Drei-Monats-Abstand) ein Rückgang um 0,6 %. Im September 2011 drehten die Exporte wieder ins Plus (+3,4 %). Für das dritte Quartal 2011 ergibt sich ein geringfügiger An- stieg um 0,8 % zum Vorquartal. Im Jahresabstand ist das Wachstum im Prognosemonat September bereits unter den langjährigen Vorkrisen- durchschnitt von rund 8 % gefallen.

Aufgrund ausgeprägter Arbeitstag- effekte ist die Prognose der einzelnen Monatswerte zwar relativ unsicher, der generelle Abwärtstrend ist jedoch ein sehr stabiles Ergebnis.

Auch für die Inlandsnachfrage haben sich die Wachstumsaussichten deutlich eingetrübt. Angesichts des tie- fen Einbruchs im Zuge der globalen Finanz- und Wirtschaftskrise ist die Erholung der Investitionstätigkeit wäh- rend des Aufschwungs viel zu schwach geblieben, um zu einer nachhaltigen Konjunkturstütze zu werden. Das niedrige Investitionsniveau lässt viel- mehr vermuten, dass die Mehrzahl der getätigten Investitionen keine Kapazi- tätserweiterung zum Ziel hatte, son- dern nur dem Erhalt vorhandener Pro- duktionsmöglichkeiten gedient hat. Das schwächere außenwirtschaftliche Um- feld und die vor dem Hintergrund der Schuldenkrise hohe Verunsicherung der Unternehmen führen nun zu einem neuerlichen Aufschieben von Investi- tionsplänen. Damit werden von den beiden wichtigsten Wachstumsträgern der letzten Monate – der starken Inves- titionskonjunktur und der regen Ex- porttätigkeit – in der zweiten Jahres- hälfte deutlich schwächere Konjunk- turimpulse ausgehen; etwas aufgehellt haben sich hingegen zuletzt die Aus- sichten für den Hochbau.

(20)

Mit dem Auslaufen des sehr ausge- prägten Lagerzyklus geht in der zwei- ten Jahreshälfte 2011 eine wichtige zyklische Konjunkturstütze verloren.

Das Verhältnis der Einschätzung Neu- aufträge zu Verkaufslager ist seit vier Monaten unter dem kritischen Wert von 1 und signalisiert ein Ende des Lager- aufbaus im zweiten Halbjahr 2011. Vom privaten Konsum werden in den nächsten Monaten ebenfalls keine nennenswerten Konjunkturimpulse ausgehen. Trotz der erfreulichen Arbeitsmarktentwicklung – im September wurde mit knapp unter 3,5 Millionen unselbstständig Beschäf- tigten ein neuer Beschäftigungsrekord für diesen Monat verzeichnet – werden die real verfügbaren Haushaltseinkom- men nur geringfügig steigen. Die erfor- derlichen Konsolidierungsmaßnahmen und die derzeit noch höhere Inflation lassen wenig Spielraum für zusätzliche Ausgaben.

Für das Gesamtjahr 2011 ergibt sich aufgrund der starken wirtschaftlichen Dynamik zu Jahresbeginn aber noch ein sehr kräftiges Wachstum von 2,9 %.

Für das Jahr 2012 müssen die Wachs- tumserwartungen hingegen deutlich nach unten revidiert werden. Zuletzt haben das Österreichische Institut für Wirtschaftsforschung (WIFO) und das Institut für Höhere Studien und Wis- senschaftliche Forschung (IHS) ihre Prognosen für das Jahr 2012 auf 0,8 % bzw. 1,3 % zurückgenommen. Über- Prognosen für das Jahr 2012 auf 0,8 % bzw. 1,3 % zurückgenommen. Über- Prognosen für das Jahr 2012 auf 0,8 % dies sind die Prognoserisiken für die weitere konjunkturelle Entwicklung in Österreich mehrheitlich nach unten ge- weitere konjunkturelle Entwicklung in Österreich mehrheitlich nach unten ge- weitere konjunkturelle Entwicklung in richtet. Zu diesen Risiken zählen neben globalen Ungleichgewichten die Schwä- che der US-amerikanischen Wirtschaft und die weiterhin ungelösten Schul- denkrisen in mehreren europäischen Ländern.

Ergebnisse des OeNB-Konjunkturindikators vom Oktober 20111

Nach einem überdurchschnittlichen Wachstum in der ersten Jahreshälfte wird sich die Konjunktur in Österreich ab Jahresmitte markant abschwächen. Die Ergebnisse des OeNB- Konjunkturindikators zeigen für das dritte und vierte Quartal 2011 ein Wachstum des realen BIP von 0,1 % bzw. 0,0 % (saison- und arbeitstägig bereinigt, im Vergleich zum Vorquartal) an.

Im Vergleich zum Vorjahresquartal ergibt sich somit im dritten Quartal 2011 ein Wachstum von 2,2 % und im vierten Quartal 2011 von 1,6 %. Aufgrund der starken Dynamik zu Jahres- beginn wird das Wirtschaftswachstum für das Gesamtjahr 2011 aber noch 2,9 % betragen.

1 Die nächste Veröffentlichung des OeNB-Konjunkturindikators ist für Jänner 2012 vorgesehen.

Kurzfristprognose für das reale BIP in Österreich für das dritte und vierte Quartal 2011 (saison- und arbeitstägig bereinigt)

2009 2010 2011

Q1 Q2 Q3 Q4 Q1 Q2 Q3 Q4 Q1 Q2 Q3 Q4

Veränderung zum Vorjahresquartal in %

–5,0 –5,6 –3,9 –0,7 0,4 2,8 3,6 2,5 4,3 3,5 2,2 1,6

Veränderung zum Vorquartal in %

–1,9 –0,9 0,6 1,6 –0,9 1,4 1,4 0,6 0,8 0,7 0,1 0,0

Veränderung zum Vorjahr in %

–3,8 2,3 2,9

Quelle: OeNB - Ergebnisse des OeNB-Konjunkturindikators vom Oktober 2011, Eurostat.

(21)

4.3 Höhepunkt auf dem Arbeitsmarkt im zweiten Quartal 2011 erreicht

Der österreichische Arbeitsmarkt prä- sentiert sich dank der starken Konjunk- turdynamik der letzten Quartale in einer nach wie vor sehr guten Verfas- sung. Die Beschäftigung entwickelt sich sehr dynamisch: Im September 2011 waren um über 60.000 Personen mehr unselbstständig beschäftigt als im Vergleichsmonat des Vorjahres. Aller- dings erfolgte der Beschäftigungsauf- bau zum Großteil bereits in den letzten Quar talen und verlor in den letzten Monaten jedoch sukzessive an Schwung.

Der Höhepunkt auf dem Arbeitsmarkt dürfte damit im zweiten Quartal 2011 erreicht worden sein. Dies spiegelt sich in der Entwicklung der offenen Stellen, die seit April wieder leicht abnehmen, wider. Aber auch die Anzahl der arbeitslos gemeldeten Leiharbeiter, die den allgemeinen Entwicklungen auf dem Arbeitsmarkt um rund ein Quar- tal vorauslaufen, steigt seit Beginn des zweiten Quartals wieder. Mit der be- vorstehenden Konjunkturabkühlung dürfte sich dieser Trend in den nächs- ten Monaten verstärken.

Die Arbeitslosigkeit ist auf den ers- ten Blick im August 2011 im Jahresab- stand erstmalig wieder geringfügig ge- stiegen. Im September waren bereits um 4.000 Personen mehr arbeitslos ge- meldet als im Vergleichsmonat des Vor- jahres. Diese Zahl ist jedoch durch zwei Faktoren nach oben verzerrt. So wer- den erstens Personen in Schulungen des Arbeitsmarktservice (AMS) nicht als arbeitslos registriert. Da es im September 2011 um 7.500 weniger Personen in AMS-Schulungen gab als im September 2010, reduzierte sich die gesamte Arbeits losigkeit inklusive Schulungs- teilnehmern um 3.500 Personen. Zwei- tens werden in der Arbeitslosenstatistik nunmehr die Bezieher der Mindest-

sicherung teilweise berücksichtigt. Die Mindestsicherung löste im September 2010 die alte Sozialhilfe ab. Jene Bezie- her, die als arbeitsfähig eingestuft sind, werden nunmehr als arbeitslos gezählt, wodurch sich die Anzahl der Arbeits- losen im September 2011 um bis zu 6.400 erhöht haben könnte. Allerdings ist nicht bekannt, wie viele der Min- destsicherungsbezieher bereits vor Ein- führung beim AMS gemeldet waren.

Unter Berücksichtigung dieser beiden Faktoren hat sich die Arbeitslosigkeit im September 2011 verringert, maxi- mal um 9.900 Personen.

4.4 Preisauftrieb in Österreich weiterhin deutlich über Euroraum-Durchschnitt

Die HVPI-Inflationsrate blieb – wie schon den ganzen Sommer über – auch im August 2011 in Österreich mit 3,7 % schon den ganzen Sommer über – auch im August 2011 in Österreich mit 3,7 % schon den ganzen Sommer über – auch auf hohem Niveau. Gegenüber Juli 2011 (3,8 %) ging der Preisauftrieb aller- dings leicht zurück. Wie schon im bis- herigen gesamten Verlauf des Jahres 2011 waren neuerlich die kräftigen Preisanstiege bei Treibstoffen, sonsti-

Veränderung zum Vorjahr in Personen in 1.000 80

60 40 20 0 –20 –40 –60 –80

2008 2009 2010 2011

Arbeitslose, Schulungsteilnehmer und Bezieher von Mindestsicherung

Grafik 7

Quelle: AMS.

Bezieher von Mindestsicherung Schulungsteilnehmer Arbeitslose

(22)

ger Energie und Nahrungsmitteln die wesentlichsten „Inflationstreiber“. Auf diese drei Produktgruppen entfielen zwei Fünftel der Inflationsrate. Stär- kere Inflationsimpulse gingen auch vom Sektor „Reisen und Unterkunft“

aus. Die Wohnungsmieten erhöhten sich im Ausmaß der gesamten Infla- tionsrate. Die Kerninflation (HVPI ohne Energie und unverarbeitete Lebens- mittel) blieb im August mit 3,1 % un- verändert zu Juli 2011. Die aktuelle Inflationsprognose der OeNB liegt bei 3,3 % (2011) und 2,2 % (2012). Für die

verbleibenden Monate des Jahres 2011 und die ersten Monate im Jahr 2012 wird ein kontinuierliches Abebben der Inflationsrate (Grafik 8) erwartet.

Innerhalb des Euroraums wiesen im August 2011 nur Estland und die Slowakei einen höheren Preisauftrieb als Österreich auf; Luxemburg, Finn- land und Belgien lagen etwa gleichauf oder knapp darunter. Die niedrigsten Raten verzeichneten Irland, Slowenien und Griechenland. Die durchschnittli- che Teuerungsrate des Euroraums und der EU betrug 2,5 % bzw. 2,9 %.

Wachstumsbeiträge in Prozentpunkten 5

4 3 2 1 0 –1 –2

2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012

HVPI-Inflationsrate und Beiträge der Subkomponenten

Grafik 8

Quelle: OeNB, Statistik Austria.

Dienstleistungen (Gewicht: 45,8%) Industriegüter ohne Energie (Gewicht: 30,1%) Nahrungsmittel (Gewicht: 15,2%)

Energie (Gewicht: 8,9%) HVPI (Veränderung zum Vorjahr in %) Kerninflation (Veränderung zum Vorjahr in %)

Letzte Beobachtung: August 2011 Prognose 2011: 3,3%

2012: 2,2%

2012: 2,2%

(23)

„Generally, it is easier to conduct ex ante studies on economic integration than to analyse the outcome ex post.

This is also documented by the much larger number of ex ante studies”

(Badinger und Breuss, 2011).

Die vorliegende Studie hat zum Ziel, einen Überblick über die wissen-Die vorliegende Studie hat zum Ziel, einen Überblick über die wissen-Die vorliegende Studie hat zum schaftliche Literatur zu den Effekten des Euro auf Österreich zu geben. Der Beitrag beschränkt sich dabei auf die ökonomischen Auswirkungen der ge- meinsamen Währung und stellt die Effekte auf Preisstabilisierung, Außen- handel sowie Wirtschaftswachstum und Beschäftigung in den Mittelpunkt.

Allfällige Wechselwirkungen der ge- meinsamen Währung mit der Wirt- schafts- und Fiskalpolitik in den Staaten des Euroraums werden nicht berück- sichtigt. Auch wenn die Einführung des Euro oft weniger als ein wirtschafts- politisches denn als ein europapoliti- sches Projekt betrachtet wird, wird der Zusammenhang zwischen der Gemein- schaftswährung und der europäischen Integrationspolitik in dieser Studie nicht untersucht. Auch die Auswirkun- gen des Euro auf die Synchronisierung der Konjunkturzyklen im Euroraum werden in dieser Studie nicht behan-

delt. Ein umfassender Überblick dazu findet sich in ZEW (2008). Eine wei- tere Einschränkung dieses Beitrags ist, dass er sich – wie ein Großteil der hier berücksichtigten wissenschaftli- chen Arbeiten – auf die quantitativen Auswirkungen der Währungsunion be- schränkt, aber keine Bewertung der Vor- und Nachteile der Währungs- union vornimmt, da hiefür ein (norma- tiver) Maßstab, wie beispielsweise die Annahme einer spezifischen Wohl- fahrtsfunktion, notwendig wäre.

Als theoretische Grundlage zur Analyse der Effekte einer Währungs- union bzw. des Nutzens und der Kosten eines Beitritts zu einer Währungsunion bietet sich die Theorie der optimalen Währungsräume (Mundell, 1961;

McKinnon, 1963; Kenen, 1969) an.

Mithilfe dieser Theorie wurden auch vor dem Beginn der dritten Stufe der Wirtschafts- und Währungsunion (WWU) die Auswirkungen einer ge- meinsamen europäischen Währung analysiert (z. B. Europäische Kommis- sion, 1990).

Gemäß der Theorie der optimalen Währungsräume2 sind die direkten Vorteile einer Währungsunion in ers-

ter Linie mikroökonomischer Natur Wissenschaftliche Begutachtung:

Harald Badinger, Wirtschafts- universität Wien Mögliche Auswirkungen des Euro auf Österreich werden regelmäßig diskutiert. In der vorlie-

genden Studie soll ein Überblick über die wissenschaftliche Literatur zu den Effekten des Euro auf Österreich gegeben werden. Das Hauptaugenmerk liegt auf den Auswirkungen auf die Inflation, den Außenhandel und das Wirtschaftswachstum. Nicht überraschend zeigt sich, dass die Quantifizierung der (spezifischen) Effekte des Euro schwierig ist und in der wissen- schaftlichen Literatur nur wenige konkrete Aussagen zu den Auswirkungen auf Österreich gemacht werden. Die rein ökonomischen Auswirkungen der gemeinsamen Währung scheinen aus Sicht der wissenschaftlichen Literatur nicht sehr groß zu sein; andere – zum Teil mit der Währungsunion in Zusammenhang stehende – europäische Integrationsprojekte dürften einen stärkeren Einfluss auf die österreichische Wirtschaft haben.

Christian Beer1

1 Oesterreichische Nationalbank, Abteilung für volkswirtschaftliche Analysen, christian.beer@oenb.at.

2 Siehe dazu auch De Grauwe (2009a).

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