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FORUM P ARLAMENT Jg. 2, Nr . 2/2004

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FORUM PARLAMENTNr. 1/2003

Bürger/innennähe und Transparenz

FORUM P ARLAMENT Jg. 2, Nr . 2/2004

FORUM PARLAMENT

Filzmaier: Internet und Demokratie Wiederin: Kundmachung im Internet

Saurugger: Elektronisches Gesetzgebungsverfahren im Parlament

Engeljehringer: e-Recht – eine Erfolgsstory

Hörtenhuber/Steiner: e-Recht im Oberösterreichischen Landtag

Pesendorfer/Steiner: Bürger/innennähe durch Sprache Konvent

Konrath/Zleptnig: Bürger/innennähe, Transparenz und Vereinfachung

Hammerschmid: Verwaltungsreform in Österreich

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1. Vorlage von Manuskripten

Beiträge für das FORUM PARLAMENT sollen originale, unveröffentlichte Arbeiten sein, die nicht anderswo zur Veröffentlichung vorgesehen sind. Über die Annahme entscheidet die Redaktion. Die Autorinnen und Autoren werden gebeten, drei Ausdrucke ihres Beitrags an die Redaktion des FORUM PARLAMENT zu schicken. Nach Rücksprache kann die Übermittlung des Beitrags auch per e-mail/Attachment erfolgen (Mag. Barbara Blümel, MAS (PR), Parlamentsdirektion, A-1017 Wien; Tel: 01/40 110-2495, [email protected]).

Der gespeicherte Text sollte sowohl in einer Version des Programms WORD als auch als Rtf-File zur Verfügung stehen. Achten Sie bitte darauf, dass das gedruckte Manuskript und die Disketten- (bzw e-mail-)Version vollkom- men übereinstimmen.

2. Form der Manuskripte

Die Beiträge dürfen die von der Redaktion gemäß dem Redaktionsplan festgelegte Länge (einschließlich Anmer- kungen, Tabellen/Abbildungen und Literaturangaben) nicht überschreiten.

a) Adressen: Angabe der Postadresse, Telefonnummer, Faxnummer und e-mail-Adresse.

b) Text: Der Text soll auf DIN-A4-Papier geschrieben sein, 2-zeilig (dh in etwa 30 Zeilen mit je 60 Anschlägen pro Zeile) und mit breiten Rändern. Schreiben Sie linksbündig und führen Sie keine Silbentrennung durch. Kursiv- Schrift, um Worte oder Passagen hervorzuheben, ist zulässig, sollte aber nur in Maßen eingesetzt werden.

c) Geschlechtsneutrale Formulierungen: Soweit möglich sollen durchgängig geschlechtsneutrale Formulierun- gen angewendet werden.

d) Neue Rechtschreibung: Deutschsprachige Beiträge müssen den neuen Rechtschreibregeln entsprechen.

Zitate sind jedoch weiterhin in der Schreibweise des Originals zu belassen.

e) Tabellen/Abbildungen: Zunächst ist bitte mit der Redaktion abzuklären, ob für diesen Beitrag Tabellen und Abbildungen vorgesehen sind. Wenn ja, sollen Tabellen und Abbildungen nicht in den Text eingefügt, sondern auf gesonderten Blättern am Ende des Textes angefügt werden. Sie sind fortlaufend zu nummerieren sowie mit Überschrift und Quellenangabe zu versehen. Bezeichnen Sie die gewünschte Position der Tabellen und Abbildungen im Text (zB mit „Tabelle 3 ungefähr hier“).

f) Gliederung der Texte: I/A/1/a; Namen kursiv (im Text und in den Fußnoten);

g) Zitierungen und Abkürzungen sind nach Friedl/Loebenstein „Abkürzungs- und Zitierregeln der österreichi- schen Rechtssprache5“ vorzunehmen: Fußnoten sollen kurz sein und, fortlaufend nummeriert, als End-Noten gedruckt werden, dh auf gesonderten Blättern am Ende des Textes; keine Vornamen im Fußnotenapparat;

Erstzitate: Name, Titel (auch bei Beiträgen in Zeitschriften; bei Sammelwerken auch Titel des Sammelwerks selbst), Jahr, Fundstelle (kein Erscheinungsort); Folgezitate: Name (FN …) …

h) Kurzbiographie: Gemeinsam mit dem Manuskript soll eine kurze biographische Notiz vorgelegt werden (Geburtsjahr, berufliche Tätigkeit, hauptsächliche (Forschungs-)Interessen, ev aktuelle Publikationen, Adresse für Korrespondenz, e-mail-Adresse).

3. Belegexemplare

Die Autorinnen und Autoren erhalten drei Belegexemplare des entsprechenden Heftes.

4. Urheberrechte

Die in dieser Zeitschrift veröffentlichten Beiträge sind urheberrechtlich geschützt. Alle Rechte, insbesondere das der Übersetzung in fremde Sprachen, vorbehalten. Der Rechtsschutz gilt auch gegenüber Datenbanken und ähnlichen Einrichtungen. Kein Teil dieser Zeitschrift darf außerhalb der Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ohne schriftliche Genehmigung der Schriftleitung in irgendeiner Form – durch Photokopie, Mikrofilm oder andere Verfahren – reproduziert oder in eine von Maschinen, insbesondere von Datenverarbeitungsanlagen, verwendbare Sprache übertragen werden. Auch die Rechte der Wiedergabe, insbesondere durch Vortrag, Funk- und Fernseh- sendungen, im Magnettonverfahren oder auf elektronischem, digitalem oder ähnlichem Wege, bleiben vorbe- halten. Sämtliche mit der Beilage FORUM PARLAMENT in Verbindung stehenden Rechte verbleiben bei den Autorinnen und Autoren, soweit dem nicht zwingende Erfordernisse gemäß den Aufgaben der Parlamentsdirek- tion oder gesetzliche Hindernisse entgegen stehen.

Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Handelsnamen, Warenbezeichnungen usw in dieser Zeitschrift berechtigt auch ohne besondere Kennzeichnung nicht zu der Annahme, dass solche Namen im Sinne der Waren- und Markenschutz-Gesetzgebung als frei zu betrachten wären und daher von Jedermann benutzt werden dürften.

Eigentümer & Copyright-Inhaber: © Republik Österreich, Parlamentsdirektion Wien

Die Redaktion

Hinweise für Autorinnen und Autoren

Titelbild: Schematische Darstellung „one-stop-Shop“ ISSN 0943-4011

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FORUM PARLAMENTJg. 2, Nr. 2/2004

Editorial

Das vorliegende Heft des FORUM PARLA- MENT ist Aspekten gewidmet, die Legiti- mation ermöglichen und stärken sollen – Bürger/innennähe und Transparenz.

Offenheit und Nachvollziehbarkeit des par- lamentarischen Gesetzgebungsverfahrens sind wesentliche Elemente unserer Demokratie.

Während bis vor kurzem diese Nachvollzieh- barkeit zunächst nur örtlich gebunden wäh- rend eines Sitzungsbesuches bzw zeitlich ver- setzt in den gedruckten Materialien möglich war, eröffnen die neuen Technologien orts- unabhängigen, zeitnahen und detaillierten In- formationszugang. Peter Filzmaier beschäftigt sich daher grundsätzlich mit dem Themenkreis

„Internet und Demokratie“. Was die neue Technik nicht nur für das parlamentarische Ver- fahren sondern auch für die Kundmachung von Gesetzen im Internet bedeutet, wird von Ewald Wiederin beleuchtet. Aber auch der Blick in die Praxis ist wesentlich: Erich Saurug- ger und Wolfgang Engeljehringer stellen den Weg zum durchgängig elektronischen Gesetz- gebungsverfahren im Bundesparlament vor, Helmut Hörtenhuber, Eduard Pesendorfer und Wolfgang Steiner legen die Erfahrungen in Oberösterreich dar.

Im Beschluss des Gründungskomitees zur Einsetzung des Österreich-Konvents wurde die „transparente und bürgernahe Erfüllung der Staatsaufgaben“ ebenfalls als Ziel fest- geschrieben. Christoph Konrath und Stefan Zleptnig beschäftigen sich daher näher mit dem Begriff der Bürger/innennähe und stellen die Diskussion in einen europäischen Kontext.

Gerhard Hammerschmid beschäftigt sich im Anschluss mit dem Themenkomplex Verwal- tungsreform.

Transparenz ist aber nicht nur eine Sache der Nachvollziehbarkeit der Entscheidungen im ideellen und politischen, sondern auch im finanziellen Sinn. Susanne Bachmann geht da- her in der Rubrik des parlamentarischen Schlagwortes näher auf den Konsultations- mechanismus ein und rundet damit den The- menkreis „Bürger/innenähe und Transparenz“

ab.

Mit dieser Ausgabe des FORUM PARLA- MENT liegt nun schon das fünfte Heft vor. Die Reaktionen waren bisher sehr ermutigend und ich hoffe, wir erwecken auch in Zukunft mit unseren Themen Ihr Interesse.

Georg Posch Schriftleitung

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ARLAMENT, Nr. 0/2002FORUM PARLAMENTJg. 2, Nr. 2/2004

Deskriptoren: cyberdemocracy; Demokratie; Infor- mationsvermittlung; Informationszugang; Internet.

Abgeordnete über Internet und Politik Im Rahmen eines EU-Projekts wurden im Jahr 2001 alle Abgeordneten zum österreichischen Nationalrat über die Nutzung des Internets für ihre parlamentarische bzw politische Arbeit schriftlich befragt.1 Die Aussagen, wonach „In- ternet-Technologien die politische Partizipa- tion der Bürger/innen fördern, die Themenviel- falt der politischen Diskussion erhöhen und/

oder den interaktiven Dialog im politischen Sys- tem zw politischen Repräsentanten und Wäh- ler verbessern werden“, wurden mehrheitlich befürwortet. In einer fünfteiligen Skala mit dem Wert „1“ als absolute Zustimmung ergab sich ein Mittelwert im Bereich von 1,9 bis 2,1.

Eine Mehrheit von 69 der 80 auf den Frage- bogen antwortenden Abgeordneten (86 Pro- zent) stimmte der Aussage zu, dass sich durch das Internet die politische Beteiligung verbes- sern werde. Hingegen fand die Aussage, dass das Internet ein vielfältigeres Themenspek- trum der politischen Diskussion ermöglichen und zur Verbesserung der Interaktivität zw po- litischen Eliten und Bürger/innen beitragen kann, nur die Zustimmung einer Minderheit.

Mögliche Negativfolgen einer noch größe- ren Verbreitung des Internet wurden von den Abgeordneten zwar erkannt, jedoch offen- sichtlich als weniger bedeutend eingeschätzt.

Die Aussage, dass sich durch das Internet die Wissenskluft zw informationsreichen und infor- mationsarmen Bürger/innen erweitern könnte, stieß mit einem Mittelwert von 2,2 noch auf die größte Zustimmung. Die Gefahr einer un- kontrollierten Verbreitung von extremistischen

(rechts- und linksradikalen) Inhalten durch das Internet wurde hingegen mit einer Zustim- mungsrate von 2,4 vergleichsweise verhalten eingeschätzt. Eine Fragmentierung der politi- schen Öffentlichkeit durch das Internet hielt nur eine Minderheit von 16 der interviewten Abgeordneten für eine reale Gefahr (Abb 1).

Unverkennbar tendierten die Abgeordne- ten dazu, allgemein formulierten positiven Aussagen über die Auswirkungen des Internet für Demokratie und Politik mit klarer Mehrheit zuzustimmen, ohne dass aus diesem Mei- nungsbild zwangsläufig Schlussfolgerungen für konkrete Veränderungen zulässig wären. So führte bereits die explizite Frage, ob sich etwa elektronische Wahlen und Volksbefragungen in den kommenden Jahren etablieren würden, zu einem neutralen Mittelwertergebnis.

Die Schlüsselfrage2 lautet jedoch anders:

Ist der virtuelle Raum mit seinen basisdemo- kratischen Elementen einer cyberdemocracy für die Volksvertretung in einer repräsentativen Demokratie geeignet?

In der Folge werden Gefahren und Chan- cen des Internets für die Demokratie und den demokratischen Prozess beispielhaft unter- sucht.

Weniger Demokratie durch das Internet?

Das technische Potenzial des Internet lässt für politische Information, Partizipation und Kom- munikation weder Aussagen über die Quanti- tät der umsetzbaren Angebote noch über die Qualität der Anwendung zu. Jene, die Aus- wüchse bestehender Negativentwicklungen befürchten, sprechen von einem Verlust der Informationsqualität, einer Neudefinition von staatlicher Regulationsmacht und einem Ver- drängungsprozess individueller Autono- mie, nicht-demokratischen Informationseliten, einer steigenden Wissenskluft sowie sogar von

„Datendeppen“.

Peter Filzmaier Internet und Demokratie

1 Filzmaier/Stainer-Hämmerle, Parlamentskommu- nikation und Neue Medien. Das Internetnut- zungsverhalten von Abgeordneten zum österrei- chischen Nationalrat, in: SWS-Rundschau (2002) 309. Filzmaier, Internet und neue Foren der Me- dienöffentlichkeit, in: Plasser (Hrsg), Politische Kommunikation in Österreich. Ein Handbuch (2004) (im Erscheinen).

Eine Wiederholung der Befragung von National- ratsabgeordneten ist für 2004 in Vorbereitung.

2 Bieber, Das Internet als Präsentations- oder Re- präsentationsraum?, in: Gellner/Strohmeier (Hrsg), Repräsentation und Präsentation in der Medien- gesellschaft (2003) 139.

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FORUM PARLAMENTJg. 2, Nr. 2/2004 Reduziert sich die Zahl interaktiver Web

Sites zugunsten jener von politischen Institu- tionen im Broschürestil und parteipolitischen Kampagnen, wird das Internet vom potenziell die Demokratiequalität fördernden Inter- aktions- zum Verteilmedium für manipulative Informationen jedweder Art. Schon das Fern- sehen als Beispiel eines nicht-interaktiven Ver- teilmediums hat gezeigt, dass dadurch indi- viduelle Meinungsbildungsprozesse, jedoch nicht eine öffentliche politische Willensbildung angeregt werden kann.

Auch gibt es eine quantitative Grenze der Informationsflut, die verträglich ist, ohne dass es zur Informationsverweigerung kommt. Ver- größerte Informationsangebote führen darü- ber hinaus nicht zu vermehrtem Wissen und Verstehen. Eine Information ist besser als kei- ne, zwei sind besser als eine, zehn besser als zwei usw. Aber bedeuten 100, 1.000, 10.000 Informationen eine weitere Verbesserung?

Politische Orientierungs- und Entschei- dungsfähigkeit steigen nicht linear zur Infor- mationsmenge, sondern beruhen auf Bewer-

tungskompetenz, so dass durch einen Informa- tionsüberfluss Entscheidungen der Bürger/in- nen keineswegs „richtiger“ werden. Internet- Nutzer/innen sind überfordert, relevante Infor- mationen, die für das politische Urteilsvermö- gen benötigt werden, von unwichtigen Infor- mationen zu trennen. Es gibt – im Unterschied zu Zeitungen und Fernsehen – keine Relevanz- kriterien, nach denen Experten wie Journalis- ten/-innen politisch „wichtige“ Inhalte an die Öffentlichkeit weiterleiten. Zwar kann jede/r Bürger/in gleichsam als Chefredakteur selb- ständig nach ihren/seinen Interessenschwer- punkten Informationen und Meinungen im Netz publizieren, doch resultiert daraus im Re- gelfall keine Öffentlichkeitswirkung auf breite- rer Basis. Es kommt zur weiteren Zerfaserung des öffentlichen Raums.

Weil alle etwas sagen können und trotz- dem niemand allen zuhören kann, werden sich noch stärker als im Fernsehen nicht die wich- tigsten Themen, sondern aufwendig produ- zierte und unterhaltsam beworbene Inhalte als infotainment durchsetzen. Der Wettbewerb Abb 1. Nationalratsabgeordnete zur Bedeutung des Internet für moderne Demokratien

Durchschnittsnote Positiv

Das Internet wird die politische Partizipation der Bürger/innen fördern. 1,9 Das Internet wird zu einem vielfältigeren Themenspektrum in der öffentlichen politischen

Diskussion führen. 2,1

Das Internet wird den interaktiven Dialog zw Repräsentant/innen und Bürger/innen bzw

Wähler/innen verbessern. 2,1

Negativ

Das Internet wird die Kluft zw information-rich/information-poor vergrößern. 2,2 Das Internet fördert eine unkontrollierte Veröffentlichung und Verbreitung radikaler politischer

Positionen. 2,4

Das Internet führt langfristig zu einer Fragmentierung der politischen Öffentlichkeit. 3,1 Neutral

Das Internet wird neue Formen der Demokratie (etwa elektronische Wahlen/Volksbefragungen)

bewirken. 2,6

Es wird keinen grundsätzlichen Einfluss des Internets auf den politischen Prozess/

die Politikinhalte geben. 3,4

Die Zustimmung für die mögliche Entwicklung des Internets erfolgte nach dem Schulnotensystem (1 = stimme vollkommen zu, 2 = stimme überwiegend zu, 3 = unentschieden, 4 = stimme nur zu geringem Teil zu, 5 = stimme überhaupt nicht zu). Die Mittelwertberechnung erfolgte ohne Berücksichtigung von Antwortver- weigerungen; n = 79. Quelle: Filzmaier/Stainer-Hämmerle (FN 1).

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ARLAMENT, Nr. 0/2002FORUM PARLAMENTJg. 2, Nr. 2/2004

um die Aufmerksamkeit einer/eines Internet- Nutzerin/-Nutzers wird mit beachtungsintensi- ven Inhalten gewonnen, so dass zwangsläufig unterhaltende Angebote gegenüber Parla- mentsprotokollen und Parteiprogrammen im Vorteil sind. Eine „Entertainisierung“ von poli- tischer Kommunikation im Internet ist mit einer Entpolitisierung verbunden.

Angesichts der Quantität politischer Infor- mationen auf unzähligen Seiten, wird die Fra- ge nach der Qualität umso drängender. Die Beschleunigung der Informationsvermittlung ist so stark, dass eine seriöse Qualitätsprüfung unmöglich ist. Durch die Schnelligkeit der Poli- tikvermittlung im Internet gibt es gleichzeitig kaum mehr Filtermechanismen, um zB (zu) emotionelle (Moment-)Entscheidungen, Reak- tionen und Ressentiments zu verhindern. Auch ist ein qualitativ hochwertiger Dialog zw Eliten und Bürger/innen so nur mehr schwer möglich.

Zeit und Aufmerksamkeit von Politikern/-innen sind beschränkte Ressourcen, dh wenn das Internet intensiver für Kontakt-/Kommunika- tionsversuche genützt wird, werden diese An- fragen idR von Mitarbeiter/innen durch Stan- dardantworten aufgearbeitet oder bleiben gar unbeachtet.

Auch gezielte politische Desinformation er- folgt im Internet a) beschleunigt und b) unter Ausschaltung oder Umgehung der meisten Kontrollinstanzen. Durch großflächige Kam- pagnen via e-mail, systematische Einsprüche in Diskussionsforen, Fehlinformationen unter fal- scher Identität usw könnte sogar die Politik eines Staates manipuliert werden.

Für das Internet als Raum ohne physische Kontrolle kann auch der Schutz persönlicher Daten nicht umfassend garantiert werden. Es besteht die Gefahr des Einsatzes von Daten- banksystemen ohne Berücksichtigung von Vorschriften des Datenschutzes und unter Verletzung der Intimsphäre. Auch staatliche Stellen und Nichtstaatliche Organisationen nehmen sich das Recht, die Öffentlichkeit via Internet über Missstände zu informieren und verletzen dadurch bisweilen selbst Bestim- mungen des Datenschutzes. Das Spektrum reicht von Kriminalitätsstatistiken über die Bloßstellung von Sexualstraftätern im Internet bis zur nicht autorisierten Weitergabe ver- traulicher Informationen über unternehmeri-

sche Wirtschaftsdaten oder die Umweltbelas- tung.

Wenn es ein Ziel ist, auch im Internet po- litische Betätigungsformen mit nazistischen, rassistischen, sexistischen ua Inhalten zu ver- hindern, kann das lediglich durch die Ein- schränkung von Grund- und Freiheitsrechten geschehen. Paradoxerweise unterstützen aber kryptographische Verfahren zum Schutz der individuellen Anonymität auch Versuche, radi- kale Propaganda zu verschleiern. Einzige Ge- genmaßnahme wäre die Einschränkung des Schutzes auf Privatkommunikation in allen Be- reichen, was aber zu einem „Überwachungs- staat“ führen kann (Abb 2).

Cyberdemocracies als demokratischer Idealtypus?

Manche erhoffen sich durch das Internet aber auch eine Erhöhung der Demokratiequalität.

Die/der einzelne Bürger/in würde in den politi- schen Prozess besser eingebunden, um politi- sche Informationen zu erhalten und aktiv an politischen Entscheidungen teilzunehmen.

Zweifellos ist das Internet ein raum- und zeitunabhängiges Universalmedium, das alle Kommunikationsdimensionen traditioneller Me- dien (Text, Bild/Film, Ton) unterstützt. Seine Informationsvielfalt, Effizienz und Kapazität – Informationen sind in der Größenordnung von Archiven, Nachrichtenbanken und Bibliothe- ken verfügbar – scheint grenzenlos.

Politische Informationen können – eine ent- sprechende Verbreitung des Mediums und all- gemeine Fähigkeiten für seine Nutzung voraus- gesetzt – via Internet für alle Bürger/innen eines Staates unkompliziert und nahezu in Echtzeit bereitgestellt werden. Informationsan- bieter können Inhalte ständig und rasch aktua- lisieren. All das ist zudem mit Kostenvorteilen verbunden. Umgekehrt können sich Bürger/in- nen über bürgerliche, soziale und politische Rechte und Pflichten informieren sowie Infor- mationen für eine kritische Beurteilung bzw um allfällige Missstände zu beheben, finden.

Idealtypisch gibt es demzufolge für die po- litische Informationssuche und -vermittlung im Internet gleichermaßen mündige Bürger/in- nen, während in klassischen Politikmedien – Zeitung, Hörfunk und Fernsehen – eine Hierar-

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FORUM PARLAMENTJg. 2, Nr. 2/2004 chie von Sender und Empfänger besteht, und

in politischen Institutionen und Organisationen Meinungsführer Funktionen des gatekeeping, dh eine Selektionsaufgabe, und des agenda setting, dh eine Vorgabe „wichtiger“ Themen leisten. Eine solche Dominanz politischer Pri- märakteure kann Ausgewogenheit und Un- parteilichkeit gefährden oder Relevanzen ver- fälschen, während im Internet alle Akteure theoretisch gleichberechtigt sind.

Hinzu kommt eine Stärkung des politischen Dialogs durch die potenzielle Interaktivität des Internets.3 In traditionellen Massenmedien kommunizieren im Regelfall eine Person oder wenige Personen als Informationsanbieter mit einem großen Publikum (one-to-many bzw few-to-many). Eine wechselseitige und sogar zeitgleiche Kommunikation von großen Grup- pen (many-to-many) ist nur durch das Internet möglich. Dieses ermöglicht daher einen inter- aktiven Dialog zw Regierenden und Regierten anstatt von einseitigen Formen politischer Kommunikation.

Dadurch ergeben sich Verbesserungen der Formierung öffentlicher Meinung als Grund- lage demokratischer Entscheidungsprozesse und Erleichterung der politischen Partizipa- tion. Diskussionsforen, Chats und e-mails offe- rieren zumindest quantitativ eine neue Dimen- sion der Interaktivität als Merkmal politischer

Kommunikation, das bei Zeitungen (Leser- briefe) und Fernsehen/Radio (call in-shows ua) lediglich rudimentär vorhanden ist.

Genauso sind ein interaktives Parlament und, zusätzlich der Verwaltungsrationalisierung durch E-Government, eine interaktive Regie- rung möglich.4 Das verbesserte Informationsan- gebot dient der Erhöhung der Transparenz ge- setzlicher Regelungen und politischer Entschei- dungsprozesse – als Unterstützung im Mei- nungsbildungsprozess oder zur vereinfachten Kontaktaufnahme mit politischen Mandatar/in- nen. Während in repräsentativen Demokratien Regierungsvorhaben zumeist im allgemeinen Rahmen des Wählerauftrags umgesetzt werden und Volksabstimmungen als plebiszitäres Ele- ment lediglich als einmalige Grundsatzent- scheidung stattfinden, erlaubt das Internet im Planungs- und Durchführungsstadium öffent- licher Vorhaben die mehrmalige und kontinu- ierliche Meinungsäußerung von Bürger/innen.

Die im Internet verfügbare politische Infor- mation ist die Summe dezentraler Datenbe- stände. Daher kann das Internet kaum von einer Regierung in traditioneller Form als

„Staatsmedium“ beeinflusst, kontrolliert und missbraucht werden, weil sein anarchischer Charakter politische Inhalte vor staatlichen In- formations- und Nachrichtenmonopolen sowie Zensur zu schützen scheint.

Abb 2. Internet und Demokratiequalität

Weniger Demokratie durch das Internet? Cyberdemocracies als demokratischer Idealtypus?

– Verteilmedium statt Interaktion – Raum- und zeitunabhängiges Universalmedium – Quantität statt Qualität/ Wahrnehmungsdilemma – Vielfalt, Effizienz, schrankenlose Kapazität der – Zerfaserung in Teilöffentlichkeiten Informationsvermittlung

– Unterhaltung statt Inhalt – Gleichberechtigung statt Sender-/Empfänger-

– Missbrauch und Manipulation Hierarchien

– Verletzung von Bürgerrechten – Stärkung des politischen Dialogs durch – Oligopole traditioneller Eliten/Intranet statt Interaktivität

Bürgerforum – Demokratische Transparenz

– Digitale Klassengesellschaft – Intensivierung der Interessenartikulation und – Scheinstärkung der Demokratie Gruppenbildung ohne Grenzen

– Fehlende Mündigkeit und soziomediale – Verwaltungsrationalisierung

Kommunikationsdefizite – Erhöhung der Wahlbeteiligung

3 Leggewie/Bieber, Interaktive Demokratie. Politi- sche Online-Kommunikation und digitale Poli- tikprozesse, in: Aus Politik und Zeitgeschichte (41–42/2001) 37.

4 Friedrichs/Hart/Schmidt, „Balanced E-Govern- ment“: Visionen und Prozesse zwischen Bürger- nähe und Verwaltungsmodernisierung, in: Aus Politik und Zeitgeschichte (39–40/2002) 12.

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ARLAMENT, Nr. 0/2002FORUM PARLAMENTJg. 2, Nr. 2/2004

Parteien und Interessengruppen können ihre Informationen durch das Internet effekti- ver vermitteln und sind umgekehrt für Anlie- gen in verbesserter Form ansprechbar. Auch Bürgergemeinschaften können sich jenseits geographischer und politischer Grenzen zu- sammenschließen, um ohne institutionellen Rahmen einer Partei politische Anliegen zu for- mulieren und zu thematisieren. Voraussetzung für einen demokratischen Dialog ist, dass Repräsentanten/-innen aller Interessen sich an politischen Auseinandersetzungen beteiligen können. Die Dominanz einer Minderheit allein aufgrund technischer Vorteile oder Manipula- tionen ist zu verhindern, so dass auch für nicht- klassische (staatliche) und weniger etablierte Akteure der Politik – Stichwort NGOs und Bür- gerbewegungen im Internet – das Potenzial, ihre Position der Öffentlichkeit zu präsentie- ren, bestehen bleibt.

Schlussbemerkung

Empirische Erfahrungen zeigen, dass sich Poli- tik- und Medieneliten in cyberdemocracies nicht verändern. Im Internet dominieren Ange- bote politischer top down- anstatt von bottom up-Informationen. Allgemein wird das real- gesellschaftliche Spektrum der politischen Meinungs- und Willensbildung als Spiegelbild gezeigt. Primär sind staatliche Institutionen, Parteien und Verbände präsent. Aufmerksam- keit und Reputation dieser erhöhen sich durch wechselseitige Hypertext-Verweise (links), dh im Internet verlaufen politische Informations- suchen zwangsläufig in kreislaufähnlicher Form durch das Angebot von Eliten und Zentren.

Im Vergleich zu den Reichweiten in der Be- völkerung sind das Internet und seine Inhalte

mit Demokratiebezug unter politischen Primär- akteuren überproportional verbreitet. Das In- ternet vermag daher va die Binnenkommuni- kation von politischen Institutionen nachhaltig zu verändern. Der allgemeine Informations- zugang differiert nach Alter und Geschlecht, aber auch nach formalem Bildungsgrad, Ein- kommen und beruflicher Stellung (digital divide5). In Informationssuchen profitieren va Eliten, so dass es zu information rich und infor- mation poor kommt.6

Am Ende steht ein Paradoxon: Demo- kratiemodelle setzen Mündigkeit der/s Bür- gers/-in voraus, die die Demokratie sowohl entstehen lassen soll als auch durch die demo- kratische Organisation selbst hervorzubringen wäre. Sich aber im Internet über Politik zu in- formieren und zu bilden erfordert als Basis po- litische Bildung und spezifische Mediennut- zungskompetenz. Durch technische Abläufe werden selbständige Entscheidungen seltener und eine Scheinobjektivität suggeriert, welche die politische Kritikfähigkeit reduziert. Das ge- schieht in der modernen Kommunikationsge- sellschaft auch infolge mangelnder medialer und sozialer Fähigkeiten. Für das Internet als demokratieförderndes und emanzipierendes Instrument braucht es als Schlüsselqualifika- tion also eine neue Form politischer Medien- kompetenz (infomedia literacy).

5 Zu diesem Themenkreis fand am 24. Juni 2004 im Bundesrat die Parlamentarische Enquete „Die Überwindung des ‚digital divide‘ als regionale Herausforderung“ statt. Das Stenographische Protokoll ist unter www.parlament.gv.at abrufbar.

6 Filzmaier, Die digitale Klassengesellschaft in den USA, der EU und Österreich, in: SWS-Rundschau (2000) 349.

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FORUM PARLAMENTJg. 2, Nr. 2/2004 Deskriptoren: Bundesgesetzblatt; e-Recht; Kund-

machung; Rechtsinformationssystem des Bundes;

Art 47, 49, 89, 97, 139, 140 B-VG; BGBlG 2004;

Kundmachungsreformgesetz 2004.

Die Regel, dass Rechtsvorschriften jenen Per- sonen, die sie betreffen, zur Kenntnis gebracht werden müssen, ist allen Rechtsstaaten ge- meinsam. Im Unterschied zum Erfordernis einer Kundmachung, das eine Konstante bil- det, sind ihre Formen jedoch erstaunlich dif- ferenziert und wandelbar. Auf welche Weise Bürger/innen mit Norminhalten konfrontiert werden, hängt von der Art der Norm, von den Fähigkeiten und Bedürfnissen der Adressaten und nicht zuletzt von den verfügbaren Techni- ken ab. Dementsprechend vielfältig präsen- tiert sich das Kundmachungswesen in Ge- schichte und Gegenwart.

Zur Zeit sind wir Zeugen eines tiefgreifen- den Wandels, wie wir ihn nur alle Jahrhunderte beobachten können. Im Gefolge der digitalen Revolution beginnt die Kundmachung von Rechtsvorschriften über das Medium Internet die herkömmliche Papierkundmachung abzu- lösen. Österreich hat als einer der ersten Staa- ten der Welt mit dem Kundmachungsreform- gesetz 2003, BGBl I 100, den entscheidenden Schritt vollzogen und die Verlautbarung der wichtigsten Rechtsvorschriften in das WWW verlagert. Das traditionelle Gesetzblatt gehört damit auf Bundesebene der Vergangenheit an.

Ziel dieses Beitrages ist es, in aller Kürze die Eckpfeiler dieser Reform vorzustellen und gleichzeitig zu reflektieren, ob und wieweit sich neben der Technik auch Grundlegendes geändert hat.

Kontinuität und Wandel im Kundmachungswesen

Um die Tragweite der Reform abschätzen zu können, empfiehlt sich ein Blick auf die letzte ähnlich fundamentale Umwälzung. Das Ge- setzblatt, von dem wir uns gerade verab- schieden, ist als Institution zwar alt, aber doch jünger als gemeinhin vermutet. Es geht auf die französische Revolution zurück und hat im Ge- folge der Revolution 1848 auch in Österreich

Fuß gefasst.1 Zuvor wurden Rechtsvorschriften meist durch öffentliche Verlesung oder – selte- ner – durch öffentlichen Anschlag unters Volk gebracht. Ihre Herausgabe im Druck hatte, so- fern sie überhaupt vom Staat besorgt wurde, reine Dienstleistungsfunktion.

Erstaunlicherweise gleichen jene Vorbehal- te, die heute der Internet-Kundmachung ent- gegengebracht werden, den Vorwürfen gegen die Druckkundmachung aufs Haar. Auch ge- gen das Gesetzblatt wurde ins Treffen geführt, einem großen Teil der Bevölkerung – allen we- niger Gebildeten – den Zugang zum Recht ab- zuschneiden; auch das Gesetzblatt hatte mit dem Anwurf zu kämpfen, es vermöge aus tech- nischen Gründen die notwendige Authentizität nicht zu gewährleisten. Und beiden Einwänden war eine gewisse Berechtigung nicht abzu- sprechen. Zum einen wurden die neuen Ge- setzblätter nur von elitären Zirkeln bezogen und gingen deshalb im Vergleich zur Ver- kündung von der Kanzel an der breiten Masse der Bevölkerung vorbei. Zum anderen bot die Drucktechnik weniger Gewähr gegen Fäl- schungen wie die eigenhändige Unterschrift des Monarchen auf der zu verlesenden Origi- nalurkunde.

Den Erfolg der Druckkundmachung ver- mochte all das nicht zu bremsen. Denn das Gesetzblatt war der öffentlichen Verlesung als Kundmachungsmedium ähnlich überlegen, wie das Internet dem Gesetzblatt überlegen ist.2

Ein gutes Kundmachungsmedium muss in meinen Augen folgende Voraussetzungen er- füllen. Es muss erstens obligatorischen Charak- ter haben: Die betreffende Vorschrift darf ohne Kundmachung im Medium keine verbindliche Kraft erlangen. Es muss zweitens eine Mono- polstellung innehaben, dh es muss genügen, ein Medium zu beobachten, um keine relevan-

Ewald Wiederin Kundmachung im Internet

1 Eingehend Lukas, Über die Gesetzes-Publikation in Österreich und dem Deutschen Reiche (1903) 65ff, 133ff.

2 Näher Wiederin, Die Kundmachung von Rechts- vorschriften im Internet, in: Gruber (Hrsg), Die rechtliche Dimension des Internet (2001) 25 (32ff).

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ARLAMENT, Nr. 0/2002FORUM PARLAMENTJg. 2, Nr. 2/2004

te Norm zu übersehen. Drittens muss das Me- dium Gewähr dafür bieten, dass es sämtliche Vorschriften enthält und dass jede einzelne Vorschrift möglichst rasch und bequem auf- gefunden werden kann. Viertens müssen alle Personen zeitgleichen Zugang haben – schon deshalb, damit die Rechtsvorschrift in seinem gesamten räumlichen Geltungsbereich am gleichen Tag in Kraft treten kann. Fünftens müssen sich die Adressaten auf die Authentizi- tät des Mediums verlassen können.

Als auf Rechtsvorschriften spezialisierte Sammlung konnte das Gesetzblatt gegenüber der öffentlichen Verlesung mit Vorteilen auf- warten, die seinen größten Nachteil – die ge- ringe Verbreitung – kompensieren. Dennoch hat es sich nicht auf der ganzen Welt durch- zusetzen vermocht. Eine Reihe von Staaten machen ihre Rechtsvorschriften in einer Amts- zeitung kund, die neben offiziellen Verlaut- barungen auch allgemeine Informationen über Politik, Wirtschaft und Kultur enthält. Diese Lö- sung sorgt für einen größeren Leserkreis, weil sie das Interesse am Zeitgeschehen für die Ver- breitung der Rechtsvorschriften nützt. Eine zweite Schwierigkeit bestand lange Zeit darin, dass aufgrund der Entfernungen das zentral gedruckte Gesetzblatt nicht alle Teile des Lan- des gleichzeitig erreichen konnte.3 Erst die Verbesserung der Verkehrsverbindungen machte es möglich, den Tag des In-Kraft-Tre- tens auf den Tag der Herausgabe und Versen- dung folgen zu lassen und ihn für das gesamte Staatsgebiet einheitlich festzusetzen.

Das Internet ist anders als das Gesetzblatt überall zeitgleich verfügbar. Es spricht keine/n Adressaten/in mehr aktiv an, sondern dient bloß als Speicher für Informationen, die zum Abruf bereitgehalten werden. Dieser „Nach- teil“ setzt aber nur den durch das Gesetzblatt eingeschlagenen Weg fort und macht die Infor- mation über Rechtsnormen endgültig zu einer Holschuld. Er wird durch einen wichtigen Vor- zug mehr als kompensiert: Verglichen mit dem Gesetzblatt ist das Internet die bessere Samm-

lung. Es ist unbegrenzt ausbaufähig, ohne am Schreibtisch oder im Arbeitszimmer Platz in An- spruch zu nehmen. Sowohl im Zugriff als auch in der Suche ist es weitaus benutzerfreundlicher als das traditionelle Gesetzblatt mit seinen Indi- zes. Und schließlich ist es für Betreibende wie für Nutzende die billigere Lösung.

Im Vergleich zur Papierkundmachung be- stehen trotz vieler Gemeinsamkeiten zwei wichtige Unterschiede. Gemeinsam ist beiden Medien, dass sie sich sowohl für die Kund- machung von Schrift als auch von sonstiger graphischer Information eignen. Das gewohn- te äußere Erscheinungsbild der Kundmachung kann deshalb ohne Schwierigkeiten beibehal- ten werden. Ein erster Unterschied besteht hingegen darin, dass die Internet-Kundma- chung ohne ein körperliches Substrat aus- kommt, das die Informationen transportiert.

Die zweite und fundamentalere Differenz be- steht darin, dass die Kundmachung ihren Er- eignischarakter verliert. Die Kundmachung eines Gesetzes im Gesetzblatt ist nach der Herausgabe und Versendung abgeschlossen, und was einmal kundgemacht ist, bleibt auf Dauer kundgemacht. Bei der Verlautbarung im Internet wird hingegen die Kundmachung zu einem Prozess mit offenem Ende: Die nötigen Informationen müssen auf Dauer für das Publi- kum bereitgehalten werden.

Die verfassungsrechtlichen Grundlagen Die Umstellung des Kundmachungswesens ist in zwei Schritten erfolgt. In einem ersten Schritt hat eine B-VG-Novelle4 jene verfas- sungsrechtlichen Hindernisse aus dem Weg geräumt, die einer Kundmachung von Bun- desgesetzen im Internet entgegenstanden. In einem zweiten Schritt hat der Gesetzgeber im neuen Bundesgesetzblattgesetz (BGBlG) 20045 den Systemwechsel vorgenommen und die nötigen Begleitregelungen getroffen.

Art 49 B-VG aF enthielt nach hM6 eine Sys- tementscheidung für eine Kundmachung auf 3 Noch der Code civil 1803 sah deshalb in Art 1 ein

abgestuftes In-Kraft-Treten vor, wobei die Entfer- nung des Hauptorts des Departements von Paris den Ausschlag gab. In Paris traten Gesetze dem- nach am ersten, in Nizza erst am zehnten Tag nach der Promulgation in Kraft.

4 BGBl I 2003/100 Art 1.

5 BGBl I 2003/100 Art 4. Paragraphenzitate im Text beziehen sich auf dieses Gesetz.

6 Vgl mwN Thienel, in: Korinek/Holoubek (Hrsg), Österreichisches Bundesverfassungsrecht. Kom- mentar (1999ff) Rz 37 Art 48, 49 B-VG.

(11)

FORUM PARLAMENTJg. 2, Nr. 2/2004 Papier, die ansatzweise schon im Begriff Ge-

setzblatt, va aber in der Anknüpfung an den Tag der Herausgabe und Versendung zum Aus- druck kam. Die Neufassung nimmt durch Elimi- nierung der Passagen über die Herausgabe und Versendung diese Vorgaben zurück und stellt die Wahl des Kundmachungsmediums künftig dem Gesetzgeber frei. Dass der eingeführte Terminus Bundesgesetzblatt sinnvoller Weise beibehalten wurde, ändert daran nichts.7

Allerdings muss nach dem neuen Art 49 Abs 3 B-VG gesichert sein, dass Verlautbarun- gen allgemein zugänglich sind und in ihrer kundgemachten Form vollständig und auf Dauer ermittelt werden können. Mit dieser Re- gelung werden Kriterien, für die die traditio- nelle Papierkundmachung schon aufgrund ihrer Funktionsweise hinreichende Gewähr bot, dem Gesetzgeber überbürdet. Sie schrän- ken sein Ermessen bei der Systemwahl ein.

Allgemeine Zugänglichkeit bedeutet, dass die Kundmachung für jede Person unter den gleichen Bedingungen offen steht. Die Forde- rung eines Entgelts bleibt zulässig, sofern es zu den Kosten der Kundmachung in einem ange- messen Verhältnis steht. In diesem Punkt bleibt die Verfassung hinter der Ausgestaltung im BGBlG zurück, die Unentgeltlichkeit des Zu- gangs verbürgt. Auch hinsichtlich der Anony- mität des Zugangs fehlt es an einer Sicherung im B-VG.

Die Bedeutung der Einschränkung, dass Verlautbarungen „in ihrer kundgemachten Form vollständig und auf Dauer ermittelt wer- den können“ müssen, erschließt sich ansatz- weise durch Rückgriff auf die Materialien zu

§ 31 Abs 9 ASVG, dem die Wendung entnom- men ist. Mit ihr sollte auf den Umstand reagiert werden, dass „die einem Internetangebot zu Grunde liegende Datenspeicherung … zu- nächst nur in einem einzigen Exemplar“ exis- tiere, weswegen das Kundmachungsorgan

„zur Herstellung unveränderbarer Kopien (op- tische Speicherung usw.)“ verhalten werden müsse.8 Gemeint sind offenbar hinreichend Si- cherungen dafür, dass das Kundgemachte in

der ursprünglich kundgemachten Gestalt re- produzierbar bleibt. Fraglich ist indessen, was das konkret bedeutet und ob es noch die Form der Kundmachung oder schon ihren Inhalt betrifft. ME spricht der Text dafür, dass eine Originalfassung der Kundmachung auf Dauer erhalten bleiben muss, die sich einerseits nicht mit dem kundgemachten Original deckt, die aber andererseits nicht mit der Kundma- chungsform ieS verwechselt werden darf.9 Um- gelegt auf die Papierkundmachung in traditio- neller Drucktechnik würde dies wohl bedeu- ten, dass der Originalbleisatz nicht mehr ein- geschmolzen werden darf, sondern dauerhaft aufbewahrt werden muss. Ob dies wirklich intendiert war, sei dahingestellt. Die Neu- regelung ist, was aufgrund ihrer Herkunft nicht verwundert, allzu einseitig an der Internet- kundmachung orientiert und folgt keinem kla- ren gedanklichen Konzept.

Die Möglichkeit, vom Nationalrat geneh- migte Staatsverträge außerhalb des BGBl kundzumachen, wurde im Zuge der Neurege- lung beibehalten. Dies erscheint deshalb er- staunlich, weil die einschlägigen Dokumente schon infolge der Befassung des Nationalrats in elektronischer Form verfügbar sind und da- her ohne nachteilige Kostenfolgen im elektro- nischen BGBl publiziert werden könnten.10 Da sich die Rechtmäßigkeit von Kundmachungen grundsätzlich nach der Rechtslage im Zeit- punkt der Kundmachung bemisst, ist auch die Existenz einiger weniger Staatsverträge, die in der Vergangenheit außerhalb des BGBl kund- gemacht wurden und erst digitalisiert werden müssten, kein hinreichender Grund, um am status quo festzuhalten.

Eine weitere Änderung betrifft die Beur- kundung von Bundesgesetzen. In Art 47 Abs 1 B-VG wurde die Wendung „durch die Unter- schrift des Bundespräsidenten“ durch die

7 Erläut zu RV 93 BlgNR XXII. GP, 4. Anders im Ansatz (wenn auch nicht im Ergebnis) Eberhard, Die Kundmachungsreform 2004, JAP 2003/04, 187 (188f).

8 RV 624 BlgNR XXI. GP, 16.

9 Andernfalls wäre § 7 Abs 3 BGBlG verfassungs- widrig, weil er einen Wechsel der Kundma- chungsform (zB Papierkundmachung bei Ausfall der Internetkundmachung) erlaubt.

10 Die nach § 2 Abs 4 BGBlG 1996, BGBl 660, offen- stehende Möglichkeit einer Kundmachung von Verordnungen von Bundesministern in ihren Amtsblättern ist deshalb nicht übernommen wor- den: vgl Erläut zu RV 93 BlgNR XXII. GP, 10.

11 Erläut zu RV 93 BlgNR XXII. GP, 4.

(12)

ARLAMENT, Nr. 0/2002FORUM PARLAMENTJg. 2, Nr. 2/2004

Wortfolge „durch den Bundespräsidenten“ er- setzt, um zum Ausdruck zu bringen, dass Ge- genstand der Beurkundung nicht nur ein Pa- pierausdruck, sondern auch ein elektronisches Objekt sein kann, das wiederum in elektroni- scher Form authentifiziert werden darf.11 Diese Neuerung betrifft allerdings nicht die Kundma- chung,12 sondern noch das Gesetzgebungsver- fahren und beseitigt eines jener Hindernisse, die einem durchgehend papierfreien Verfah- rensablauf entgegenstanden. Andere Hinder- nisse bestehen in Gestalt von Geschäftsord- nungsregelungen weiter fort.13

Um schließlich Zweifel ob der Zulässigkeit einer elektronischen Kundmachung des Lan- desgesetzblattes gar nicht erst entstehen zu lassen, wurde Art 97 Abs 1 B-VG in unver- änderter Fassung neu beschlossen, ohne den Ländern Begleitregelungen nach dem Muster des neuen Art 49 Abs 3 B-VG mit auf den Weg zu geben.

Einfachgesetzliche Ausgestaltung

Sowohl bei Lektüre des neuen BGBlG als auch bei Betrachtung der ersten elektronischen Kundmachungen fällt zunächst eine beruhi- gende Konstanz ins Auge. Das äußere Erschei- nungsbild der Verlautbarungen hat sich eben- so wenig geändert wie die Bezeichnung des Kundmachungsorgans, seine mittlerweile ver- traute innere Gliederung in drei Teile und die Pflicht zur fortlaufenden Nummerierung nach dem Jahrgang der Kundmachung. Selbst Auf- bau und Systematik des Gesetzes sind ver- traut. In Umkehrung eines Schlüsselsatzes aus dem Leoparden von Lampedusa kann man sa- gen: Gerade dann, wenn sich alles ändern soll, muss alles beim Alten bleiben.

Welchen Systemwechsel der Gesetzgeber vollzogen hat, zeigen erst die hinteren Paragra- phen. § 6 Z 1 legt fest, dass das Rechtsinforma-

tionssystem des Bundes der Kundmachung der im BGBl zu verlautbarenden Rechtsvorschriften dient, und § 7 Abs 1 ordnet an, dass die zu verlautbarenden Rechtsvorschriften im Internet unter der Adresse www.ris.bka.gv.at zur Abfra- ge bereit zu halten sind. Als Form der Kundma- chung ist damit die Bereithaltung zur elektroni- schen Abfrage im Internet institutionalisiert.

Hierin liegt eine Weichenstellung von be- merkenswerter Tragweite. Andere Staaten, die ebenfalls das Gesetzblatt in seiner überkom- menen Form abgeschafft haben, sind so weit nicht gegangen. In Belgien erfolgt zB die Kundmachung von Rechtsvorschriften nach einem Programmgesetz vom 24. Dezember 200214 in einem reformierten Belgischen Staatsblatt, das seit 1. Januar 2003 nicht mehr zur Versendung gelangt. Es wird aber gem Art 474 nach wie vor auf Papier gedruckt, wenngleich nur mehr in drei Exemplaren, von denen eines in der königlichen Bibliothek, eines beim Justizminister und eines in der Di- rektion des Staatsblattes aufbewahrt wird. So- dann ordnet Art 475 an, dass diese Publikatio- nen der Öffentlichkeit in Form exakter Repro- duktionen auf der Internetseite des Staatsblat- tes zur Verfügung gestellt werden müssen, und Art 476 hält fest, dass die Aufbewahrung der drei Papierfassungen erst erfolgen darf, nach- dem der Direktor des Staatsblattes oder ein vom Minister bestellter Vertreter auf ihnen einen eigenhändig unterschriebenen Vermerk angebracht hat, aus dem die Bereitstellung im Internet sowie ihr Datum hervorgeht. Diese Regelungen zeigen, dass Belgien die Papier- kundmachung zwar durch Zwischenschaltung einer Internet-Verlautbarung modifiziert, an ihr aber grundsätzlich festgehalten hat.15 Die Kundmachung erfolgt durch Druck und Depot dreier Exemplare, und die Bereitstellung im Internet ist lediglich eine Bedingung der Zuläs- sigkeit ihrer Archivierung.

Der belgischen Regelung nicht unähnlich, sieht das BGBlG in § 8 Abs 3 drei Sicherungs- 12 Unzutreffend Erläut zu RV 93 BlgNR XXII. GP, 4,

wonach die Beurkundung durch eigenhändige Unterschrift die Papierform des BGBl vorausset- ze: Zwischen der Form des Kundzumachenden und der Form der Kundmachung besteht kein notwendiger Zusammenhang.

13 Vgl zB § 38 GOG-NR über das Amtliche Protokoll und seine Beilagen und § 53 Abs 4 GOG-NR über den Druck von Abänderungsanträgen.

14 Vgl Kapitel 5 des Programmgesetzes v 24. 12.

2002, Belgisch Staatsblad/Moniteur Belge v 31. 12. 2002, 2002-4695 (C-2002/21488), Seite 58686 (58782f), zugänglich unter www.moni- teur.be.

15 Anders Bachmann, e-Legislation?, JRP 2003, 69 (72).

(13)

FORUM PARLAMENTJg. 2, Nr. 2/2004 kopien und vier beglaubigte Ausdrucke vor,

die beim Staatsarchiv und bei der National- bibliothek zur Archivierung abzuliefern bzw der Parlamentsbibliothek zu übermitteln sind.

Die Wertigkeiten sind jedoch anders verteilt.

Diese Kopien und Ausdrucke stellen ebenso wenig die Kundmachung dar wie in Belgien die Einstellung der digitalen Kopien ins Netz. Ihre Funktion besteht darin, das durch Bereithal- tung im Internet bereits kundgemachte Doku- ment für den Fall zu sichern, dass (etwa infolge Korruption der auf dem Server liegenden authentischen Datei) eine neuerliche Kund- machung notwendig wird.

Eine solche neuerliche Kundmachung muss nicht unbedingt durch neuerliche Bereitstel- lung im Internet erfolgen. Wenn und solange die Bereitstellung oder Bereithaltung nicht bloß vorübergehend unmöglich ist, besteht nach § 7 Abs 3 die Verpflichtung, aber auch die Möglichkeit, die betroffenen Rechtsvorschrif- ten in einer anderen Weise kundzumachen, die den in Art 49 Abs 3 B-VG verankerten Kriterien genügt. Diese Notfallsklausel hat wohl die her- kömmliche Papierkundmachung im Visier, ist aber in verfassungsrechtlich bedenklicher Wei- se allgemein gehalten.16

Der der Sicherung des freien Zugangs ge- widmete § 9 ordnet schließlich an, dass die Verlautbarungen im BGBl jederzeit ohne Iden- titätsnachweis und unentgeltlich zugänglich sein müssen.

Das Ensemble dieser Vorschriften macht deutlich, dass die Kundmachung nach der Re- form keinen Vorgang mit klar definiertem Ende mehr darstellt, der sich mit der Bereitstellung zur Abfrage im Netz erschöpft hätte. Das BGBlG verpflichtet zur Bereithaltung auf Dauer und sieht im Dienste einer solchen perma- nenten Kundmachung selbst den Umstieg auf andere Verlautbarungsformen vor. Dieser Um- stand lässt vor allem allfällige im Rahmen der Kundmachung unterlaufene Fehler in neuem Licht erscheinen, weil die alte Regel, dass ein- mal Kundgemachtes auf ewige Zeiten kund- gemacht bleibt, seit 1. Jänner 2004 nicht mehr gilt.

Kundmachungsfehler und ihre Konsequenzen

Die Frage, welche Folgen bei der Kund- machung unterlaufene Fehler haben, führt in juristisches Minengelände. Man kann es den Erläuterungen zum KundmachungsreformG daher nicht verdenken, wenn sie sich äußerst bedeckt halten. Mehr als die Aussage, dass die Verbindung zum Verlautbarungsserver keine ununterbrochene sein muss,17 ist ihnen nicht zu entnehmen.

Wie bisher ist im Hinblick auf Art 89 Abs 1, 139 Abs 3 und 140 Abs 3 B-VG zw (nicht) gehöriger Kundmachung und Kundmachung in gesetzwidriger bzw verfassungswidriger Weise zu unterscheiden.

Zur Gehörigkeit der Kundmachung von Rechtsvorschriften, die im BGBl verlautbart werden müssen, zählt mE die Bereitstellung im Internet unter der richtigen Adresse, die Ein- schaltung in den richtigen Teil sowie die Be- reithaltung auf Dauer. Bloß vorübergehende Unterbrechungen der Verbindung schaden nicht; darüber hinausgehende Systemausfälle müssen hingegen, um die Gehörigkeit der Kundmachung zu wahren, durch Ersatzkund- machungen gemäß § 7 Abs 3 kompensiert werden. Wenn dies zutrifft, dann kann sich die Gehörigkeit der Kundmachung auf der Zeit- achse ändern – mit äußerst vertrackten Konse- quenzen für die Behörden und den VfGH.

Im Übrigen können die bisherigen Leit- linien der Abgrenzung beibehalten werden.

Für Bundesgesetze ist demnach die ausdrück- liche Bezeichnung als Gesetz, die Berufung auf einen Beschluss des Nationalrats oder das Er- gebnis der Volksabstimmung sowie der Ab- druck der Beurkundung und Gegenzeichnung nötig. Die Übereinstimmung zw Kundmachung und Original ist hingegen mE entgegen der hM18 für die Gehörigkeit der Kundmachung ohne Relevanz.19 Außerdem könnte und sollte

16 Die Kriterien des Art 49 Abs 3 B-VG sind mE nicht bestimmt genug, als dass sie der Gesetzgeber tel quel auf die Vollziehung abwälzen könnte.

17 Erläut zu RV 93 BlgNR XXII. GP, 4.

18 Statt vieler Mayer, Das österreichische Bundes- verfassungsrecht3 (2002) 204, und Öhlinger, Ver- fassungsrecht5 (2003) Rz 443.

19 Gegen Tezner, Ueber die gehörige Kundma- chung von Gesetzen nach österreichischem Ver- fassungsrechte, JBl 1887, 37, 49, 101 (49ff), auf den die hM zurückgeht, mit überzeugenden Gründen Lukas (FN 1) 228ff.

(14)

ARLAMENT, Nr. 0/2002FORUM PARLAMENTJg. 2, Nr. 2/2004

die Reform auch Anlass für den überfälligen Abschied von der Gehorsamsthese sein.

Sonstige Fehler haben, soweit sie über- haupt die Kundmachung betreffen, auf ihre Gehörigkeit keinen Einfluss, sondern sind vom VfGH zum Anlass für die Aufhebung der ge- samten Rechtsvorschrift zu nehmen. Es fragt sich allerdings, ob diese Reaktion innerhalb eines Systems der Kundmachung in Perma- nenz noch adäquat ist:20 Eine heute noch ver- fassungswidrige Kundmachung kann durch Nachbesserungen morgen schon eine verfas- sungsmäßige sein.

Schlussbemerkungen

Die Kundmachungsreform ist ohne Zweifel eine Pioniertat, die internationale Beachtung

verdient.21 An dieser Gesamteinschätzung ver- mögen einzelne Kritikpunkte nichts zu ändern.

Es tut dem Wert der Reform auch keinen Ab- bruch, dass das Internet Möglichkeiten der Fortentwicklung des Kundmachungswesens in Richtung Verlautbarung authentischer Kunst- texte22 birgt, die vorerst noch brach liegen.

Statt sie uns überhastet zu erschließen, sollten wir in nächster Zeit innehalten und den Systemwechsel in Ruhe zu verarbeiten versu- chen.

20 Vgl Wiederin (FN 2) 48.

21 Respekt sei nicht zuletzt der im Kundmachungs- reformG erfolgten Verfassungsbereinigung ge- zollt. Sie zeigt, dass die Verfassungslegistik bei der vielgescholtenen Ministerialbürokratie in gu- ten Händen ist.

22 Vgl Jahnel, Möglichkeiten der Publikation des So- zialversicherungsrechts, in: BMAGS (Hrsg), ASVG – Neue Wege für die Rechtssetzung (1999) 251 (320ff).

Deskriptoren: elektronische Signatur; e-Parlament;

e-Recht; Internetpublikation; Legistik; Parlaments- autonomie.

Einleitung

Erste Gespräche über eine Reform der Produk- tion der Rechtstexte des Bundes fanden im Jahre 1999 statt. Anfang Februar 2000 wurde vom Bundeskanzleramt ein Diskussionspapier erstellt, demzufolge die Gesetzestexte der Mi- nisterien ein einheitliches Layout bekommen und vom Entwurf bis zur Publikation im Bun- desgesetzblatt auf derselben elektronischen Textgrundlage erarbeitet werden sollten.

Grundüberlegung dieses Vorhabens, das mit e-Recht bezeichnet wird, war es, dass von der Begutachtung bis zur Internet-Kundma- chung einer Rechtsvorschrift ein durchgehen- der elektronischer Produktionsweg eingerich-

tet wird. Bei Änderungen im Zuge des Rechts- setzungsverfahren – zB bei Änderungen im Ausschuss oder im Plenum des Nationalrates – wären dann nur mehr die jeweiligen Neuerun- gen im elektronischen Dokument einzutragen.

Mit der Einführung von e-Recht sollte es keine Gesetzestexte bzw Bundesgesetzblätter mehr in Papierform geben, somit auch keine ge- druckten Regierungsvorlagen, Ausschussbe- richte und andere Parlamentsdrucksachen.

Mit Beschluss der österreichischen Bundes- regierung vom 6. Juni 2001 wurde für den Bereich der Ressorts die Neugestaltung des Rechtssetzungsverfahrens formell beschlos- sen. Auch die Präsidialkonferenz des National- rates ist im Jahr 2001 gleichfalls für eine Reali- sierung des Vorhabens e-Recht eingetreten.

Sie hat jedoch gleichzeitig eine bessere EDV- Ausstattung der Abgeordneten eingefordert.

Erich Saurugger Die Genese des elektronischen

Gesetzgebungsverfahrens

im Parlament

(15)

FORUM PARLAMENTJg. 2, Nr. 2/2004 Die Implementierung von e-Recht

Zur Umsetzung des Vorhabens e-Recht wurden in der Parlamentsdirektion auf Grund der Komple- xität der Aufgabenstellung sowie der knappen Zeitvorgaben der Bundesregierung – für den Probebetrieb war ursprünglich der 1. September 2001 vorgesehen – zwei Projekte eingesetzt:

– Projekt „Implementierung e-Recht “ (April 2001) und das

– Projekt „Planung des Roll-outs der Laptops für die Mandatare“ (Dezember 2001).

Im Rahmen des Projekts „Implementierung e-Recht“ wurde in der Parlamentsdirektion ein elektronischer Workflow erarbeitet, der den Gesetzgebungsprozess in all seinen Stadien bis zur Kundmachung einer Rechtsvorschrift auf der Arbeitsebene unterstützt. Dieses Pro- jekt war Teil des noch laufenden Vorhabens e-Parlament, bei dem es darum geht, bis zur Ermöglichung sicherer elektronischer Signatu- ren und der Schaffung von Rechtsgrundlagen für elektronische Normsetzungsakte den Man- dataren/-innen zunächst unverbindliche – spä- ter auch verbindliche – Informationen auf elek- tronischem Wege zur Verfügung zu stellen.

Zielvorgaben

Die Ziele, die mit der Reform des Rechtserzeu- gungsprozesses umgesetzt werden sollten, wurden seitens der Parlamentsdirektion wie folgt definiert:

1. Aufbau auf den vorhandenen Datenbank- strukturen des Parlaments,

2. Sicherung des sehr hohen Qualitätsanspru- ches der parlamentarischen Materialien, 3. Berücksichtigung der Gewaltentrennung

zw Regierung und Parlament,

4. Beachtung der Kostenwahrheit (keine Kos- tenüberwälzung von der Bundesregierung auf das Parlament),

5. Gesamtkostenminimierung der parlamen- tarischen Materialien (durch den Entfall der Druckkosten), sowie

6. Berücksichtigung der besonderen Arbeits- bedingungen der Parlamentsdirektion.

Aufgabenstellungen

Die wesentlichen Aufgabenstellungen, mit de- nen sich die Parlamentsdirektion im Rahmen

des Projektes „Implementierung e-Recht“ be- schäftigte, lassen sich wie folgt zusammenfas- sen:

– Vergleich der bisherigen Arbeitsprozesse mit denen bei geänderter elektronischer Arbeitsweise,

– Ist-Analyse der Qualität der Gesetzesvor- lagen,

– Druck- und Layoutierungskostenanalyse, – technische Qualitätssicherung,

– Einholung eines internationalen Vergleichs, – Feinanalyse der Auswirkungen auf Ge-

schäftsordnungsvorgänge,

– Konzeption der EDV-technischen Lösung, sowie

– Vorschläge

– für erforderliche Änderungen des Bun- des-Verfassungsgesetzes und der Ge- schäftsordnungen des Nationalrates und Bundesrates sowie

– für die benützerfreundliche Umsetzung der Layout-Richtlinien und

– für organisatorische Begleitmaßnah- men und Ausbildungsmaßnahmen.

Technische und organisatorische Lösung Im Hinblick auf die Gewaltenteilung und die Besonderheiten des parlamentarischen Ver- fahrens wurde für das Gesetzgebungsverfah- ren im Nationalrat und Bundesrat ein eigener Workflow verwirklicht. Mit dem Workflow der Bundesverwaltung werden die Dokumente über eine Schnittstelle in kompatiblen Forma- ten ausgetauscht. Diese Schnittstellenlösung war aus Sicht der Parlamentsdirektion auch deshalb praktikabel, weil so bei der Gestal- tung des eigenen Workflow auf der vorhan- denen Oracle-Datenbankapplikation „Parla- mentarische Materialien“ aufgebaut werden konnte. In der Datenbank „Parlamentarische Materialien“ waren die geschäftsordnungsmä- ßig erforderlichen parlamentarischen Abläufe für die verschiedenen Verhandlungsgegen- stände bereits erfasst, sodass diese nur mehr mit Funktionen anzureichern waren, welche die Mitarbeiter/innen der Parlamentsdirektion und die Mandatare/-innen befähigen, ihre Rolle im elektronischen Gesetzgebungspro- zess auszuüben.

(16)

ARLAMENT, Nr. 0/2002FORUM PARLAMENTJg. 2, Nr. 2/2004

Den Herausforderungen entsprechend wurde für die Anwender/innen dieser neuen Funktionen von der Parlamentsdirektion ein E-Learning-Programm auf Basis des ECDL er- arbeitet, was wesentlich zur Akzeptanz des neuen Systems beitrug. Von Bedeutung ist fer- ner, dass in einem eigens in der Parlaments- direktion eingerichteten Kompetenzzentrum die Unterstützung der Ausschussreferenten/

-innen der Parlamentsdirektion bei der Erstel- lung der Ausschussberichte und Beschlussaus- fertigungen des Nationalrates, der Know-how- Transfer, die Qualitätssicherung und Layoutie- rung von Gesetzesvorlagen sowie die Ab- deckung von Arbeitsspitzen erfolgen.

Die Vorteile der Parlamentslösung liegen auf der Hand: große Benutzerfreundlichkeit, die Daten der parlamentarischen Materialien kön- nen so auch für andere Zwecke (zB für die Er- stellung von Tagesordnungen, Ausschussberich- ten) verwendet werden und die fortbestehende Unabhängigkeit von einer externen Firma.

Die parlamentarischen Prozesse werden nunmehr von den jeweiligen EDV-Anwendern/

-innen des Parlaments unterstützt, wobei zu erwähnen ist, dass zur Übermittlung von elek- tronischen Versionen von Anträgen der Man- datare/-innen und Klubs eine eigene Upload- maske eingerichtet wurde. Werden der Parla- mentsdirektion elektronische Versionen von Anträgen, Minderheitsberichten und abwei- chenden persönlichen Stellungnahmen über diese Uploadmaske zur Verfügung gestellt, entfallen das Scannen und die Textinterpreta- tion von Papierdokumenten. Die Abgeordne- ten und Klubs leisten damit einen wesentlichen Beitrag zum Aufbau des durchgängigen elek- tronischen Verfahrens.

Konkret läuft der Dokumentenaustausch zw Regierung und Parlament so ab, dass das Bun- deskanzleramt dem Parlament die Regierungs- vorlagen elektronisch übermittelt und das Par- lament nach Abschluss des parlamentarischen Verfahrens dem Bundeskanzleramt die konsoli- dierte Fassung des Nationalratsbeschlusses ebenfalls elektronisch zur Verfügung stellt.

Schaffung der Voraussetzungen für den Umstieg

Hiezu gehörten im Wesentlichen die Ausstat- tung der Mandatare/-innen mit Laptops, die

Konfiguration und Netzwerkanbindung, die Schaffung der erforderlichen Infrastruktur und Schulungs- sowie support-Maßnahmen.

Die Ausgabephase für die Laptops wurde bewusst mit einem Jahr festgelegt, da damit zu rechnen war, dass unmittelbar nach der Aus- gabe überproportional support in Anspruch genommen wird. In diesem Zusammenhang war auch zu berücksichtigen, dass die von der Parlamentsdirektion zu betreuenden Arbeits- plätze innerhalb kürzester Zeit von 450 auf 700 anstiegen, wobei praktische Erfahrungen zeig- ten, dass Laptop-Arbeitsplätze einen im Ver- gleich zu PC-Arbeitsplätzen zwei- bis dreifach höheren support-Aufwand nach sich ziehen.

Von entscheidender Bedeutung für den praktischen Einsatz der Laptops ist, dass auf den Rechnern ein Zwei-Partition-System instal- liert wurde. Dies ermöglicht es der Parlaments- direktion, den Mandataren/-innen ein auto- matisiert gewartetes Notebooksystem zur Ver- fügung zu stellen. Die zweite Partition steht der/m jeweiligen Abgeordneten für individu- elle Installationen zur Verfügung. Dadurch ist gewährleistet, dass einerseits der Notwendig- keit eines einheitlichen Notebooks bzw einer einheitlichen Konfiguration für parlamentsbe- zogene Dokumente Rechnung getragen wer- den kann, die Mandatare/-innen aber anderer- seits für weitere Verwendungszwecke kein zweites Notebook benötigen. Durch die Aus- stattung der Notebooks mit Funklan ist sowohl innerhalb der Parlamentsgebäude als auch von außen der Zugriff auf die Daten möglich.

Der Grad der Implementierung von e-Recht Während im Jahre 2002 lediglich acht Prozent aller Regierungsvorlagen dem Parlament im Rahmen des elektronischen Workflow über- mittelt wurden, waren es im Jahre 2003 be- reits 70 Prozent. Heute sind wir bei 100 Pro- zent e-Recht angelangt, was bedeutet, dass nicht nur alle Vorlagen der Bundesregierung, sondern auch alle Initiativanträge des Parla- ments selbst im elektronischen Workflow be- arbeitet werden.

Die Umsetzung des Projektes e-Recht als Teil des Vorhabens e-Parlament ermöglicht es, dass sämtliche parlamentarischen Materialien (Verhandlungsgegenstände, Gesetzesbeschlüs-

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FORUM PARLAMENTJg. 2, Nr. 2/2004 se des Nationalrates, Stenographische Proto-

kolle, Tagesordnungen etc) den Mandataren/

-innen und der Öffentlichkeit nunmehr elektro- nisch zur Verfügung gestellt werden können.

Um den Internetbenutzern/-innen eine sichere elektronische Information zu bieten, werden die Dokumente eingescannt und als Image (Bild) des Originals zur Verfügung gestellt. Zusätzlich werden von der Parlamentsdirektion textinter- pretierte Word-Dokumente angeboten, um eine Volltextsuche bzw ein Kopieren von Text- teilen zu ermöglichen. Der Wechsel vom pa- pierförmigen zum elektronischen Gesetzge- bungsverfahren auf der Arbeitsebene hat auch zu riesigen Zeitgewinnen geführt. Im e-Recht sind sämtliche Dokumente innerhalb von 24 bis 72 Stunden im Internet1 und an die Mandatare/

-innen elektronisch verteilt. Seit 1. Jänner 2004 werden auch die Bundesgesetzblätter nicht mehr in Papierform, sondern authentisch über das Internet im Rahmen des Rechtsinforma- tionssystems des Bundes2 kundgemacht.

Staatsverträge stehen auch bei beschlossener Sonderkundmachung in allen Sprachfassungen im Internet zur Verfügung. So gesehen kann man sagen, dass der Umstellungsprozess auf das elektronische Gesetzgebungsverfahren auf gutem Wege verlaufen ist. Dieser ist allerdings noch lange nicht abgeschlossen.

Die Parlamentsdirektion hat den Schwer- punkt der erforderlichen Veränderungsschritte im Zusammenhang mit der Einführung des elektronischen Gesetzgebungsverfahrens zu- nächst auf die Organisation eines elektro- nischen Workflow auf der Arbeitsebene zw Regierung und Parlament sowie auf die Schaf- fung der technischen und organisatorischen Voraussetzungen für diesen Umstieg gesetzt.

Für ein voll ausgebautes elektronisches Ge- setzgebungsverfahren, welches insb die elek- tronische Einbringung von Vorlagen und An- trägen auf der Formalebene ermöglichen wür- de, sind in erster Linie benutzerfreundliche technische Lösungen für die elektronischen Signaturen erforderlich.

Berücksichtigt man einerseits die Entwick- lungsdynamik der neuen Informations- und Kommunikationstechnologien und anderer-

seits die berechtigte Forderung nach Gewähr- leistung eines sicheren rechtsförmigen Gesetz- gebungsverfahrens, so erscheint ein schritt- weiser Übergang zu einem voll elektronischen Gesetzgebungsverfahren durchaus sinnvoll. In diesem Kontext ist es verständlich, dass sich nach dem richtungsweisenden Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes zum Budgetbegleit- gesetz 20033 der politische Meinungsbildungs- prozess in jene Richtung bewegt, zunächst die auf der Arbeitsebene bewährte parlamenta- rische e-Rechtspraxis, insb die elektronische Übermittlung von Verhandlungsgegenstän- den, von Tagesordnungen sowie von sonstigen parlamentarischen Dokumenten in den Ge- schäftsordnungen des Nationalrates und des Bundesrates zu verankern. Auf der Formal- ebene sollen vorerst aber weiterhin ausge- druckte, händisch unterschriebene Dokumen- te maßgeblich sein.

Der gelungene elektronische Dokumenten- austausch zw Regierung und Parlament lässt es zu, den Blickwinkel auch verstärkt auf die Ge- staltung der e-Rechtsdokumente zu richten:

Der Übergang von der Printpublikation der Bundesgesetze zur Internetpublikation macht ergänzend zu den technischen Entwicklungs- schritten auch Veränderungen der vom Minis- terrat beschlossenen Legistischen Richtlinien sowie der Layoutrichtlinien erforderlich. Dies ist, wie die bisherigen Erfahrungen mit e-Recht zeigen, ua deshalb geboten, da die Änderung der Arbeitsumgebung im elektronischen Ge- setzgebungsverfahren neue Fragestellungen wie die juristische Teilung von großen Texten oder die Abbildung von Karten aufwirft, wel- che einheitlich gelöst werden sollten. Darüber hinaus wären weitere Effizienzsteigerungen in der Verwaltung auch durch eine andere Dar- stellungsform der Gesetze möglich. Denn: Das nunmehr elektronisch erscheinende Bundes- gesetzblatt mit seiner historisch gewachsenen Darstellungsform hat heute seine Bedeutung in seiner exklusiven Authentizität. Für die prak- tische Benutzung von Rechtstexten werden aber längst auch andere elektronische Medien,

1 www.parlament.gv.at.

2 www.ris.bka.gv.at.

3 G 211/03-14 v 13. 3. 2004. Der VfGH überlässt es der „Parlamentsautonomie“, in welcher Form die Mandatare/-innen vom Inhalt der Verhandlungs- gegenstände in Kenntnis gesetzt werden.

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ARLAMENT, Nr. 0/2002FORUM PARLAMENTJg. 2, Nr. 2/2004

wie das Rechtsinformationssystem des Bun- deskanzleramtes4 mit seinem vereinfachten Layout, verwendet. Eine einfach verständliche Strukturierung der Normen ist nicht nur für die automationsunterstützte Erarbeitung von

„Kunsttexten“ notwendig. Sie dient auch der Klarheit und Überschaubarkeit der österreichi- schen Rechtordnung und damit dem leichte- ren Zugang zum Recht.

Die faszinierenden Chancen von e-Recht

Das elektronische Gesetzgebungsverfahren wird in Zukunft noch gravierende Auswirkun- gen für die gesetzgebenden Organe, den öf- fentlichen Dienst und die Öffentlichkeit haben.

Stichwortartig lassen sich diese im Wesent- lichen wie folgt zusammenfassen:

4 www.ris.bka.gv.at/bundesrecht.

– rechtsverbindliche elektronische Kommuni- kation im Gesetzgebungsverfahren, – Einsatz künstlicher Intelligenz zur Unter-

stützung von Gesetzgebungsprozessen (bei- spielsweise Erstellung von Gesetzestexten unter Berücksichtigung bestimmter Struktur- vorschriften oder Überprüfung von Norm- texten hinsichtlich terminologischer Korrekt- heit und Stimmigkeit von Verweisungen), – rechtlich authentische Texte für die Öffent-

lichkeit zu einem noch früheren Zeitpunkt, – Erhöhung des Kundenservices, und eine – weitere Verbesserung der Transparenz des

Rechtsetzungsprozesses und der Rechts- ordnung.

Zusammenfassend kann man festhalten, dass der Umstieg auf ein elektronisches Gesetzge- bungsverfahren sehr praxisorientiert erfolgte.

Dieser hat den Rechtsetzungsprozess nachhal- tig verbessert, was aber keinen Verzicht auf Weiterentwicklung bedeuten soll.

Deskriptoren: e-Recht; Gesetzgebungsverfahren;

Parlament.

Einleitung

Die Erlassung von Bundesgesetzen wird in Österreich durch ein elektronisches Verfahren unterstützt. Dieses mit e-Recht bezeichnete Workflow-System wurde mit 1. Jänner 2002 gemeinsam vom Bundeskanzleramt (BKA) und vom Parlament eingeführt. Alle Bundesminis- terien sind eingebunden. Es umfasst die elek- tronische Erzeugung und Übermittlung aller Gesetzestexte des Bundes: vom Ministerial- entwurf über die Regierungsvorlage, die parla- mentarische Bearbeitung und Beschlussfas- sung bis hin zur authentischen elektronischen Kundmachung des Bundesgesetzblattes im Internet.

In organisatorischer Hinsicht erfolgt der Datenaustausch zw dem Regierungs- und dem

Parlamentssystem über eine gemeinsame Schnittstelle mit folgendem Ablauf:

1. Das Bundeskanzleramt übermittelt Regie- rungsvorlagen elektronisch an das Parla- ment.

2. Das Parlament übermittelt nach Abschluss des parlamentarischen Verfahrens veröf- fentlichungsreife konsolidierte elektroni- sche Fassungen an das Bundeskanzleramt.

Alle Änderungen der Gesetzestexte im parlamentarischen Prozess werden unter Einhaltung einer einheitlichen Layoutie- rung elektronisch eingebaut. Die (ehe- malige) Staatsdruckerei, nunmehr Wiener Zeitung Digitale Publikationen GmbH, wird nicht mehr eingebunden.

3. Die authentische Kundmachung durch das Bundeskanzleramt erfolgt im Internet.

Es ist gelungen, seit Dezember 2003 bei Be- schlüssen des Nationalrates und des Bundes-

Wolfgang Engeljehringer Das Projekt e-Recht –

eine Erfolgsstory

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FORUM PARLAMENTJg. 2, Nr. 2/2004 rates betr Gesetzesmaterien und Staatsver-

träge durchgehend 100 Prozent e-Recht zu er- reichen. Seit Jänner 2004 erfolgt die rechtsver- bindliche Kundmachung von Gesetzen und Staatsverträgen durch das Bundeskanzleramt ausschließlich im Internet.

Der Paradigmenwechsel

Die handwerkliche Arbeitsweise der Legisten/

-innen im Parlament zur Erstellung von Geset- zesbeschlüssen hat sich – sieht man von der Verwendung von Klebstoff zur Einfügung von aus kopierten Abänderungsanträgen ausge- schnittenen Textpassagen einmal ab – im ge- samten 20. Jahrhundert kaum verändert und sich bis zum Beginn des 21. Jahrhunderts er- halten. Für ein ansprechendes optisches Er- scheinungsbild sorgte erst die Staatsdruckerei im Zuge der Drucklegung des Bundesgesetz- blattes.

Am Beginn der XXI. Gesetzgebungsperio- de (GP) des Nationalrates stand wohl der ent- scheidende Einbruch in die Papierurkunden- kultur: Neben anderen Einsparungsmaßnah- men wurde auch die Absicht erklärt, die Druck- kosten für das Bundesgesetzblatt einzusparen und zu diesem Zweck die papierförmige durch eine elektronische Kundmachung zu ersetzen.

Aus diesem Grund wurde das von Bundeskanz- leramt und Parlamentsdirektion gemeinsam betriebene Projekt e-Recht initiiert.

Das traditionelle Erscheinungsbild der im Bundesgesetzblatt kundgemachten Rechts- normen wurde durch eine historisch gewach- sene Druckerkultur bestimmt, die nach den Vorgaben des BKA auch in der elektronischen Kundmachungsform fortzusetzen war. Das ge- wohnte Erscheinungsbild sollte die Akzeptanz des neuen Mediums trotz des Paradigmen- wechsels erhöhen. Hiezu war es erforderlich ca 90 Formatvorlagen im e-Recht zu implemen- tieren.

Die Voraussetzungen

Um dieses Ziel zu erreichen, konnte man nicht erst am Ende des Gesetzgebungsprozesses ansetzen, sondern dieser Prozess musste in seiner Gesamtheit auf eine veränderte techni- sche Grundlage gestellt werden, um als Ergeb-

nis einen authentisch – in elektronischer Form als Bundesgesetz – publizierbaren Gesetzes- beschluss des Nationalrates zur Verfügung zu haben. Im Rahmen des Projekts e-Recht wurde daher der Fokus zunächst auf die Organisation einer elektronischen Schiene (Workflow) und erst danach auf notwendige Veränderungen in der Gestaltung der Dokumente des Gesetz- gebungsverfahrens gerichtet.

Um Brüche in der Dokumentenbearbei- tung zu vermeiden, schien als Voraussetzung für die Effizienz der elektronischen Unterstüt- zung des Gesetzgebungsprozesses die Durch- gängigkeit dieses Workflow für den gesamten Gesetzgebungsverfahren unabdingbar. Aus einem solchen Bruch hätte jedenfalls ein Mehr- aufwand resultiert, uU hätte dieser sogar eine Gefährdung der inhaltlichen Authentizität der am Ende des Prozesses stehenden Dokumente zur Folge gehabt.

In dieser Hinsicht stellte das seit 1998 in der Schweiz eingerichtete, an sich vorbildhafte (schon weil zunächst europaweit einzige), Sys- tem zur elektronischen Unterstützung des Ge- setzgebungsprozesses mit dem dort zugelas- sen Formatbruch ein warnendes Beispiel dar.

Der Grund für den Formatbruch in der Schweiz waren unterschiedliche technische Anforde- rungen, die auf Regierungs- und Parlaments- ebene an die Dokumente des Gesetzgebungs- verfahrens gerichtet wurden.

In Österreich wurde als zentrale Anfor- derung an die Organisation des technischen Workflow von Anfang an seine Eignung für den durchgängigen Dokumententransport ohne Formatverluste formuliert. Diese Anforderung wird durch die gewählte Lösung mittels Schnittstellen erfüllt, die zw Bundeskanzleramt und Parlamentsdirektion den Dokumenten- transfer gewährleisten. Die Einrichtung dieser Schnittstellen ist deshalb erforderlich gewor- den, weil die Parlamentsdirektion für die Ge- staltung ihres elektronischen Workflow auf einer vorhandenen Datenbankapplikation auf- setzen konnte, während das Bundeskanzler- amt für die Gestaltung des Workflow auf Re- gierungsebene erst eine neue Softwarelösung finden musste.

Weiters wurde für die elektronische Unter- stützung der Bundesgesetzgebung vom BKA als Speicherformat XML vorgesehen. Als Ar-

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