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IM ZEICHEN DER FISCHE

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(1)

Ö S T E R R E I C H I S C H E S

MUSEUM FÜR VOLK SKU NDE

AUSSTELLUNG

VOLKSKUNST

IM ZEICHEN DER FISCHE

PRAEMONSTRATENSERSTIFT

GERAS

(2)
(3)

Ö STER R EIC H ISC H ES MUSEUM FÜR VOLKSKUNDE

AUSSTELLUNG IM

PRA EM O N STRA TEN SERSTIFT GERAS

VOLKSKUNST im Zeichen der

FISCHE

KATALOG

W IE N 1976 IM S E L B S T V E R L A G

D E S Ö S T E R R E IC H IS C H E N M U SE U M S F Ü R V O L K S K U N D E

(4)

A u f dem U m schlag:

H a fn erk eram isc h e Schüssel m it F isc h -Q u a d riq u etru m O b erö sterreich , d a t. 1795, K a t.-N r. 53

A lle A u fn a h m en : P h o to -M ey er, W ien

A usstellung u n d K a talo g : w . H o f r a t U n iv .-P ro f. D r. L eopold S ch m id t

D ire k tio n des ö ste rre ic h isc h e n M useum s fü r V o lk sk u n d e:

A -1080 W ien V III., L audongasse 19

P ra e m o n s tra te n se rstift G eras:

A-2093 N ie d erö ste rreich

W ien 1976

A lle R echte V orbehalten

D ru c k : F rie d ric h Jasp er, A -1030 W ien III., Tongasse 12

(5)

IN H A L T S V E R Z E IC H N IS

S eite

V o rw o rt ...5

E in leitu n g : V o lk sk u n st im Zeichen der F is c h e ... 7

1. F i s c h e r z u n f t g e r ä t ...11

2. H eilig e F i s c h e r p a t r o n e ...15

3. E i n z e l f i s c h e ...17

4. Z w ei F i s c h e ...22

5. D rei u n d m eh r F i s c h e ...24

6. F ischgestaltige G e f ä ß e ...33

7. Fischbestecke u n d F a ß r i e g e l ... 35

8. W ale u n d D e l p h i n e ... 38

9. M e e r w u n d e r ... 42

10. Fischer in d er V o l k s k u n s t ...45

11. B ierdeckel u n d B ild e r g e s c h ir r... 48

L ite r a tu r v e r z e ic h n is ... 51

K a t a l o g ...53

A b b i l d u n g e n ...87

(6)
(7)

Vorwort

In dem schönen barocken Stiegenhaus des Praemonstratenserchorherren- stiftes Geras hängen zwei große Ansichten des Stiftes und seines Geländes.

Der Schwabe Johann Rudolph Mohr, „M aller und Ingenieur gebürtig von der Insel Reichenau“ hat die beiden Breitb’lder 1729 gemalt und sich offen­

sichtlich bemüht, nicht nur das Stiftsgebäude, sondern auch sein ganzes W irtschaftsgelände ringsum genau zu erfassen. Durch diese topographische Treue erscheinen auch die Fischteiche des Stiftes erfaßt, der M aler w ird gewußt haben, warum er sie so genau darstellte: W aren und sind sie doch ein wesentlicher Faktor in der W irtschaft dieses Stiftes an der nördlichen Grenze von Niederösterreich.

Die betonte Verbundenheit von Stift Geras m it seinen Fischteichen w ar die Hauptanregung dafür, daß das österreichische Museum für Volkskunde eine Sonderausstellung zum Thema der Fische in der Volkskunst in Geras veranstaltete. D er Bestand an Volkskunst-Objekten mit Fischmotiven ist nicht sehr groß, wenn auch vielleicht umfangreicher, als sich aus den bis­

herigen Aus- und Aufstellungen hätte erkennen lassen. Auch von V eröffent­

lichungen dieser Objekte konnte bisher nicht die Rede sein, was freilich auch dam it zusammenhängt, daß das Thema „Volkskunst im Zeichen der Fische"

in der Volkskunstforschung bisher überhaupt nicht gefragt w ar. Rein mengenmäßig betrachtet erscheint es ja auch verständlich: Wenn es in einer großen Sammlung vielleicht hundert Objekte gibt, die dafür in Betracht kommen, so gibt es für Hirsch-M otive vielleicht tausend, und für Vogel­

Motive wahrscheinlich noch einmal das Doppelte. Dieser Sachverhalt hat die bisherige Forschung so weitgehend bestimmt, daß nicht einmal in die Taschenwörterbücher der Volkskunde Österreichs auch nur ein Stichwort

„Fisch“ aufgenommen wurde. D a hat es ja auf dem benachbarten Gebiet der Fischer-Volkskunde, also der ethnographischen Erschließung von Arbeit und G erät des Fischers mehr gegeben. D afür sind nicht nur die Sammlungen, sondern auch die älteren Veröffentlichungen gute Belege. Diese ethno­

graphische Richtung der Volkskunde sollte in der Ausstellung in Geras nicht herangezogen werden. D afür ist im Fischereimuseum in Schloß O rth an der Donau gesorgt. Für Geras w ar wieder der Bestand der eigentlichen Volkskunst heranzuziehen, mit Einschluß der knappen Randgebiete, aus denen wenigstens einige Beispiele gebracht werden konnten.

Daraus hat sich also ein bisher nicht bekanntes neues Bild der Bedeu­

tung der Fische in der alten Volkskunst ergeben. Den M ittelpunkt bilden

(8)

wie immer die österreichischen Bestände. Zu Erläuterungen wurden im K atalog die verw andten Stücke im kleineren und größeren Umkreis heran­

gezogen, soweit sie sich bei einem ersten Rundblick in der Volkskunst- L iteratur erschließen ließen.

Die Vorarbeiten für die Ausstellung haben wie immer die Beamten und Angestellten des Museums geleistet, wofür ihnen der herzliche D ank der D irektion gebührt. Das Stift hat den Ausstellungsraum und die Vitrinen zur Verfügung gestellt, so daß sich die „Volkskunst der Fische“ in einen durchaus geeigneten Raum einpassen ließ. Transport und Aufstellung wurden m it den bewährten hauseigenen K räften bewerkstelligt, die sich wieder der Gastfreundschaft des Stiftes erfreuen durften. Allen M itarbeitern und H elfern sei deshalb auch an dieser Stelle der herzliche D ank abgestattet.

Leopold Schmidt

(9)

Einleitung

V OLKSKUNST IM Z E IC H E N D ER FISC H E

Die „Volkskunst im Zeichen der Fische“ ist ein Teilbereich des großen Gesamtgebietes der Volkskunst *. Ein wenig beachtetes, wie m an zugeben muß, weil die Zahl der von den Sammlungen erworbenen Objekte mit Fisch- und Fischer-Darstellungen gering ist im Vergleich etwa zu jenen Objekten, auf denen Hirsche und Gemsen und die dazugehörigen Jäger dargestellt erscheinen. Die Sammlungen haben sich in ihrer Frühzeit, vor und um 1900, eher an die völkerkundlichen Kollektionen angeschlossen und daher Objekte zur Ethnographie der Fischer gesammelt. Die N etze und Reusen, die Fischstecher und Fischlagein wurden zum Teil m it großem Erfolg gesammelt. U nd wenn heute gelegentlich noch einmal Fischergeräte altertümlicher A rt erworben w erd en 2, etwa als „H olzgerät in seinen Urform en“ s, dann sind das doch nur Nachklänge aus jener Zeit, in der bedeutende Ethnographen vom Süden bis zum N orden solche Geräte in die Museen einbrachten, mit den entsprechenden Arbeitsschilderungen dazu.

Die Ernte dieser Bestrebungen bis zum ersten W eltkrieg hat A rthur H aber- landt in die Scheuer gebracht, der die altvolkstümliche Fischerei in sein Gesamtkonzept einer Darstellung des kulturhistorischen Aufbaues der euro­

päischen Volkskultur einzubinden unternahm 4.

Daneben ist wie gesagt nicht viel Zeit und Interesse für die eigentlich volkskünstlerischen Gestaltungen geblieben, die m it oder ohne Zusammen­

hang mit diesem Gebiet der volkstümlichen W irtschaft entstanden. Aber einige Erwerbungen haben doch in diese anderen Richtungen weiterge­

wiesen. D a waren es vor allem die Objekte aus dem Bereich der Z unft­

zeichen, die darauf hinwiesen, daß die Fischer nicht nur eine altertümliche W irtschaftsform betrieben und weiterübten, sondern daß ihr Tun in den

1 M ichael H a b e r l a n d t , ö ste rreich isc h e V o lkskunst. T e x t- u n d T a fe l­

b an d . W ien 1911.

L eopold S c h m i d t , V o lkskunst in Ö sterreich. W ien — H a n n o v e r 1966.

2 A n d re D e s v a l l e e s u n d G eorges H e n ri R i v i e r e , A rts po p u laires des pays de France. I. A rts appliques. P aris 1975. A bb. S. 114 (Fischspeer).

3 R e in h a rd P e e s c h , H o lz g e rä t in seinen U rfo rm e n ( = D eutsche A k a ­ dem ie der W issenschaften zu B erlin, V e rö ffen tlich u n g en des In stitu ts fü r V olks­

k u n d e, Bd. 42), B erlin 1966. A bb. 26, 27, 36.

4 A rth u r H a b e r l a n d t , D ie volkstü m lich e K u ltu r E u ro p as in ih rer geschichtlichen E n tw ick lu n g ( = G eorg Buschan hg., Illu s trie rte V ö lk e rk u n d e, Bd. II/2 ), S tu ttg a rt 1926.

(10)

Betrieb eines Gemeinschaftslebens eingebunden w ar, wie es eben durch die Zünfte gegeben sein mußte 5. U nd die Zunftzeichen wiesen auch auf die gesellschaftlichen Differenzierungen hin, daß freie Fischer nicht gleich Stadtfischern oder auch gleich Klosterfischern arbeiten und feiern durften.

Wenn man die Teichfischerei im W aldviertel oder im angrenzenden Böhmen etwa ins Auge f a ß te 6, mußten Unterschiede zwischen den Fischern der fürstlichen H errschaft Schwarzenberg etwa und der Stiftsherrschaft Geras zum Vorschein kommen. Davon ist leider bisher allzuwenig gesagt worden.

Das wirtschaftliche Element des Ausfischens der Teiche, des Ansetzens neuer Fischbestände, des Fischtransportes über weite Landstrecken hin 7, das wurde mehr betont als das kulturelle Verhalten der Menschen, die mit alldem verbunden waren.

Von den Fischerzünften wendet sich der Blick auf den Volksbrauch, der m it Fischen verknüpft w ar und ist. Im mittelalterlichen Bereich w ar da manches zweifellos Volksbrauch im Sinn von Rechtsbrauch, wie die Rechtsdenkmäler des Marktfischers noch deutlich bezeugen8. Sonst gibt es ja kaum Hinweise auf mittelalterliche Züge, alle unsere Kenntnis beginnt hier wie in so vielen anderen Fällen mit der frühen Neuzeit. In dieser Zeit, im 16. Jahrhundert setzen die ersten Bezeugungen von Fischerzeichen, Fischerwappen ein 9, in diese Zeit fallen wohl auch die ersten Sachzeugnisse für den Verzehr von Fischen im brauchtümlichen Sinn. Fische als Fasten­

speisen wie fischgestaltige Gebäcke müssen in dieser Zeit in stärkerem Aus­

m aß eingesetzt haben 10. Im weiteren zeigt es freilich, daß derartige Ge­

staltungen, also Backmodel in Fischform, Lebzeltenmodel mit Fischdar­

stellungen und ähnliches eigentlich erst in der Barockzeit greifbar wird. Die fischgestaltigen Gefäße der Zünfte mögen manchmal bis ins 16. Jahrhundert zurückgereicht haben. Andere ähnliche Gestaltungen, N achfolger dieser größeren Fisch-Gefäße, stammen dagegen in der Regel aus dem 18. und frühen 19. Jahrhundert, und ein Weiterwachstum zur Gegenwart ist unter freilich sehr geänderten Voraussetzungen durchaus möglich.

Maßgebend für alle diese Dinge ist offenbar immer das Brauchtum gewesen, auch wenn davon auf weiten Strecken nichts bekannt ist. Denn ob

5 K a rl G r ö b e r , A lte deutsche Z u n fth e rrlic h k eit. M ünchen 1936.

L eop o ld S c h m i d t , Z u n ftz eich en . Zeugnisse a lte r H a n d w e rk sk u n s t. S alz­

b u rg 1973.

6 R u p e rt H a u e r , H e im a tk u n d e des B ezirkes G m ü n d . 2. A u fl. G m ü n d 1951. S. 170 ff.

7 G eorg W a c h a , Z u r G eschichte des F ischhandels in O berö sterreich (M itteilu n g en des O berösterreichischen L andesarchivs, Bd. 8, L inz 1964, S. 416 ff.).

8 O s k a r M o s e r , Z u r G eschichte u n d K en n tn is der v o lk stü m lich en G e­

b ä rd en (C a rin th ia I, Bd. 144, K la g e n fu rt 1954, S. 750 ff. u n d A bb. 6).

9 W alter M . B r o d , A ltertü m er u n d B räuche der F isc h erzu n ft zu W ü rz ­ burg ( = M ain frän k isch e H e fte, 20) W ü rzb u rg (1954).

10 M ax H ö f 1 e r , G e b ild b ro te der Faschings-, F astn ach ts- u n d F asten zeit ( = B eiheft z u r Z eitsc h rift fü r österreichische V olk sk u n d e, Bd. V I), W ien 1908.

(11)

die Lebzeltenfische aus Kupfer- oder aus Tonmodeln oder auch ausge­

schnitzten Lebzeltenmodeln gebacken wurden, ob schließlich nur mehr die verzinnten Weißblechmodel dafür blieben n , ja ob man all dies überhaupt nicht mehr wußte, sondern die Lebzeltenfische bei der Bäckerei, bei den Verkaufsständen der Brotfabrik kaufte, es waren und blieben eben immer die fischgestaltigen Gebäcke, die man zu bestimmten Zeiten aß, sogar mit einer gewissen rituellen Auflage. K arl von Spieß hat all dies einstmals vor mehr als vierzig Jahren durchaus einprägsam dargetan: „Wie die (Lebzelten-) Wickelkinder sehen w ir die Fische, in Reihen nebeneinander in das H olz der Model geschnitten. Besonders am Silvesterabend ist eine große N ach­

frage nach solchen Gebäcken. An der Zeitenwende, um zw ölf U hr nachts oder am Neujahrsmorgen, werden sie nach besonderen Vorschriften ver­

zehrt, um im kommenden Jahr ,Glück1 zu bringen. Das sieht nach einem ,Volkssakrament‘ aus. Der neue Ichthys hat nach einer historischen Auf- fädelung m it dem altchristlichen nichts zu tun, aber beide sind ähnliche Ausblühungen aus einem großen gemeinsamen Uberlieferungsschatze“ 12.

Auch wenn man die mythologischen Überlegungen von Spieß’ nicht mehr in allen Einzelheiten w ird mitvollziehen können, seine Ausführungen gerade über das Fischgebäck zu Silvester bleiben doch bedenkenswert.

Es sind sicherlich mehr Gelegenheiten gewesen, um die gebackenen Fische zu essen, dazu auch die tatsächlichen Fischspeisen, und anderseits auch Fisch-symbolische Handlungen zu vollziehen. An Silvester-Neujahr hat sich das nur alles gehäuft, bis zum Bleigießen mit den kleinen bleiernen Hohlfigürchen, die man an den großstädtischen Silvesterstandein noch immer zu kaufen bekommt und die im Inneren ein Zettelchen m it Lotterie­

nummern en th alten 13. Fisch-Darstellungen als Sinnbilder für geschlecht­

liches Glück gehören hier auch genannt, die ganze reiche Fisch-Volkskunst in der Keramik etwa würde es sonst nicht geben. Ferner ist an die große Rolle der Fische als Tierkreiszeichen zu erinnern u . Sie waren und sind als Kalenderzeichen bekannt, nach den H olzschnitten in den Manndl- kalendern hat man offenbar die Fisch-Paar-Darstellungen auf den Leb­

zeltenmodeln und wohl auch auf den kupfernen Mehlspeisbackmodeln gestaltet. Ein großer innerer Bereich dieser speziellen Volkskunst ist wohl direkt „im Zeichen der Fische“ gestanden. Freilich gehört auch dies alles zu dem großen Bereich der Motivforschung auf dem Gebiet der Volkskunst, der bis heute nicht ausgeschöpft ist.

11 Ö M V 63.725. (

12 K a rl v o n S p i e ß , G ru n d lin ien einer F orm en- u n d G e stalten k u n d e d e r G eb ild b ro te (Ja h rb u ch fü r historische V olkskunde, Bd. I I I /IV , B erlin 1934, S. 412).

13 Ö M V 48.360 a.

14 V ik to r S t e g e m a n n , A rt. S tern b ild er I (H a n d w ö rte rb u c h des d e u t­

schen A berglaubens, Bd. IX /2 , Sp. 673).

(12)

Der mehr oder minder unreligiösen, außerhalb des Bereiches der K on­

fessionen vorhandenen Volkskunst ist sicherlich nicht selten ein religiöser Bereich gegenübergestanden. Was K arl von Spieß so leise anklingen ließ, das christliche Element am Fische-Motiv, das hat es gegeben, und zw ar auch in größerem U mfang als bisher gedacht. Wieder ist das Gebiet des Speise­

wesens heranzuziehen, es ist daran zu denken, daß das Essen von Fischen, von wirklichen wie von nachgebildeten in der christlichen T radition tief eingewurzelt w ar und durch die Fischzucht in den Gewässern der Klöster im M ittelalter stark gefördert w u rd e 15. Die Fischteiche und Fischkalter der Klöster wurden zu Vorbildern der gesamten späteren Fischhaltung. Die Fischteiche des Stiftes Geras, die 1729 so erfreulich deutlich von Johann Rudolph M ohr zur Darstellung gebracht worden w a re n 16, hatten und behielten ihre Funktion. Von der dinglichen und künstlerischen Auswirkung dieser Verhältnisse ist uns leider bisher viel zu wenig bekannt, da könnte noch eine neu angereicherte Forschung einsetzen. Jedenfalls w urde das Fasten an gebotenen Tagen zum Fischessen, so sehr, daß die Kalender, welche Bildzeichen für die einzelnen Heiligentage verwendeten, an der Stelle der Fasttage eben jeweils einen Fisch als Zeichen setzten. Das ist bei den sogenannten „Steirischen M annlkalendern“ bekanntlich bis zum heuti­

gen Tag so geblieben ir.

Von diesem Quellgebiet aus also können sich so manche Fischdarstel­

lungen vor allem auf den Schüsseln und Platten entfaltet haben. Die viel­

besprochenen drei gekreuzten Fische, das Fisch-Triquetrum, sie sind doch nicht zuletzt auf Schüsseln angebracht worden, welche für die Fastenspeisen bestimmt waren. U nd wo man aus dem Triquetrum ein Q uadriquetrum entwickelte, wo man also vier Fische zu einem solchen „Fischwirbel“

zusammenordnete, dort ist m it ziemlicher Sicherheit anzunehmen, daß die dam it gekennzeichnete Schüssel eben an die vier Fische des Kalenders, nämlich an die Quatember-Fastenzeiten erinnern sollte ls. Das wäre dem Denken der Zeit der Gegenreformation durchaus gemäß gewesen. Das V or­

kommen gerade dieser Schüsseln nur im K ernraum von Oberösterreich, der im 17. Jahrhundert erst spät und mühsam gegenreformiert werden mußte, könnte auf diese Motivierung hinweisen.

D er G roßteil der Gegenstände der alten Volkskunst ist stumm. Die Backmodel und die Schlittenköpfe, die Lebzeltenformen und die B rot­

stempel, sie sprechen nicht mehr direkt zu uns. W ir müssen ihre Bilder­

15 M oriz H e y n e , D as deutsche N a h ru n g sw esen von den ältesten ge­

schichtlichen Z eiten bis zum 16. J a h rh u n d e rt ( = H ey n e, F ü n f B ücher d eutscher H a u sa lte rtü m e r, Bd. II), L eipzig 1901. S. 248 ff.

16 H an s T i e t z e , D ie D en k m ale des politischen Bezirkes H o rn ( = ö s t e r ­ reichische K u n stto p o g ra p h ie Bd. V ), W ien 1911. S. 217 u n d A bb. 196, 197.

17 Rose P e i n l i c h - I m m e n b u r g , D e r steirische M a n d lk alen d e r. Seine Z eichen u n d B ilder. G ra z — W ien 1948. S. 27 f.

18 B a lth a sa r F i s c h e r , A rt. Q u a te m b er (L exikon fü r T heologie u n d K irche, Bd. 8, F re ib u rg 1963, Sp. 928 f.).

(13)

spräche jedesmal erst wieder erlernen, was ein G rund dafür sein mag, daß jede Generation da ihre eigenen Sprachschwierigkeiten gehabt hat. Man sollte sich nicht scheuen, aus den Erkenntnissen früherer Forschergenera­

tionen zu lernen, unter Umständen auch ihre Mißverständnisse verstehen zu wollen, ihre Einsichten, die sich als möglich, ja als erwiesen erzeigen, dankbar aufzunehmen und darauf aufzubauen. Das Kapitel „Volkskunst im Zeichen der Fische“ hat wieder einmal Gelegenheit geboten, alle der­

artigen Möglichkeiten abzuwägen, und die wenigen eigenen Erkenntnisse, die neu sein mögen, mit der bisherigen Forschung zusammenzustimmen.

Wenn es in dieser H insicht einen Fortschritt geben sollte, dann wird man auch dabei die Sammlung, das generationenlange Zusammentragen der einzeln oft unscheinbaren Gegenstände, als die wahre M utter der Forschung ansprechen müssen, und dam it wieder die Funktion der Museen als Stätten der Sammlung und der Forschung bestätigt finden.

1. FISC H ER ZU N FTG ER Ä T

Die in verschiedenen Landschaften sehr verschiedene gesellschaftliche Stellung der Fischer hat es m it sich gebracht, daß die Erinnerungen an ihre Zusammenschlüsse, ihre Zünfte bei weitem nicht im gleichen Ausmaß er­

halten sind wie diejenigen von eigentlichen H andw erkerzünften 19. Wo es sich um Herrschaftsfischer, um Klosterfischer handelte, sind sie sicherlich nicht im gleichen M aß wie städtische H andw erker zu Zünften zusammen­

getreten und haben dementsprechend auch nicht wie diese Zunfthäuser, Zunftherbergen besessen. In Ausnahmefällen wie beispielsweise in W ürzburg w ar dies aber der Fall und dann konnten sich auch viele entsprechende Zunftaltertüm er erhalten 20. Im allgemeinen wurde ihr G erät eher von der H errschaft gekennzeichnet, und ihre Zusammenschlüsse hatten nur volks­

rechtlichen Charakter, konnten aber auch die dazugehörenden Rechts­

zeichen unter Umständen bewahren. Die Freude am Zunftwesen, das Streben nach eigenen örtlichen Zunftwappen kam nicht überall gleich zum Ausdruck. Es stellt eher eine Ausnahme dar, daß einmal einer Fischerzunft, nämlich der von Pöchlarn in Niederösterreich, von einem Kaiser, nämlich von M atthias, 1614 ein eigenes Zunftwappen verliehen w u rd e 21.

Das macht sich auch bei der völlig unterschiedlichen Stellung der Fischer in den Städten bemerkbar. In Wien wie in Klagenfurt sah man jahrhundertelang genau darauf, daß die Fischer unbedeckten Hauptes nur ihre bestimmte Zeit am M arkt ihre Fische verkaufen k o n n ten 22, und

n K a rl G r ö b e r , w ie oben A nm erkung 5.

20 W a lte r B r o d , w ie oben A n m erkung 9.

21 A lfred G r e n s e r , Z u n ft-W ap p e n u n d H a n d w e rk s-In sig n ien . F ra n k fu rt am M ain 1889. (Z itiert bei B r o d , S. 29, A nm . 81.)

22 E b erh a rd F re ih err v o n K ü n ß b e r g , R echtliche V o lk sk u n d e ( = V olk, Bd. 3), H a lle an der Saale 1936. S. 114 ff.

(14)

eigene Rechtszeichen wiesen bildkräftig darauf hin 23. In Berlin, das eine Vielzahl alter Fischerdörfer in sich aufgenommen hatte, stellten die Fischer ein beachtliches gesellschaftliches Element dar, hatten Zunftzeichen, sogar ein eigenes Stammbuch von 1779 ist erhalten geblieben24. U nd ein ganzes Volksfest, der „Stralauer Fischzug“ hat sich aus alledem bis an die Gegen­

w art heran erhalten 25.

Aber wo sich Fischer zu einer Gemeinschaft zusammenfanden, dort hatten sie auch ihre U nterkunft, hatten zumindest ihren Tisch im Wirtshaus, und hatten draußen und drinnen ihre Zunftzeichen, ihre Hängezeichen, die fast regelmäßig einen Fisch darstellten. Es waren geschmiedete oder blech­

getriebene Stücke, manchmal bemalt, manchmal vergoldet. Sie stammen, wie erhaltene Stücke zeigen, aus dem 17. und 18. J a h rh u n d e rt26. Ihre ziervolleren Gegenstücke waren manchmal aus Silber, wie der „Silberne K arpfen“ der W ürzburger Fischer aus der M itte des 17. Jah rh u n d erts27, oder aus Zinn wie der „Zinnfisch“ der Augsburger Fischer von 169 8 28.

In seltenen Fällen haben sich Stücke wie das „U m geldbrett“ der Bremer Amtsfischer, um 1750 erh alten 29. Von Zunftgefäßen sind wohl manche heranzuziehen, die nur durch die Schmückung m it einem Fisch oder die Gravierung mit einem Fisch-Triquetrum gekennzeichnet erscheinen. In W ürzburg gibt es eine Schleifkanne aus K upfer von 1729, die mit dem Fisch-Triquetrum und den gekreuzten Fischer- und Fährmannsgeräten, also Ruder und Fährbaum geschmückt, erscheint30. Ein Gegenstück bei uns, sicherlich auch eine kupferne Schleifkanne des frühen 18. Jahrhunderts, weist dagegen nur auf der Unterseite groß einen getriebenen Fisch a u f 31.

Zu dieser Gruppe gehörten wohl auch die „Meißener Fischerkrüge“, Stein­

zeugkrüge, die auf der Laibung Fisch und Stern in B lattranke aufweisen, immerhin m it 1755 datiert und in ihrem Bereich eine Seltenheit32. Zu den Kupfergefäßen gehören wieder die Fischkessel, von denen sich in Wien ein

23 G u s ta v G u g i t z , B ibliographie z u r G eschichte u n d S ta d tk u n d e von W ien. N e b st Q u e llen - u n d L iteratu rh in w eisen . Bd. I I , W ien 1955. N r. 10.787—

10.794.

24 W ern er L i n d n e r , M a rk B ra n d en b u rg ( = D eutsche V olkskunst, Bd. II), M ünchen 1924. A bb. 205.

25 H e rm a n n K ü g 1 e r , D e r S tra la u er F ischzug. G eschichte u n d Schicksale eines B erliner V olksfestes (N ied erd eu tsch e Z e itsc h rift fü r V olk sk u n d e, Bd. 6, Brem en 1928, S. 44 ff.).

26 E. M a j o r , H istorisches M useum Basel. P ro fa n e G o ld sch m ied arb eiten ( = D ie H isto risc h en M useen der Schw eiz, H e f t 3, S ilbergeräte I I I ) , Basel 1930.

27 W a lte r B r o d , w ie oben A nm . 9, A bb. 10 u n d 11, S. 22 ff.

28 K a rl G r ö b e r , w ie oben A nm . 5, A bb. 100 a u f S. 89.

29 K a rl G r ö b e r , ebd., A bb. 62 a u f S. 65.

30 W a lte r B r o d , w ie oben, A bb. 19/b, d a z u S. 37. Z u den S chleifkannen vgl. G r ö b e r , Z u n fth e rrlic h k eit, S. 82.

31 Ö M V M 8 1 2 1 .

32 A d o lf S p a m e r , Sachsen ( = D eutsche V olk sk u n st, N eu e Folge, o. N r.), W eim ar 1943. A bb. 81, d a zu S. 31.

(15)

ebenso schönes S tü c k 33 wie in W ürzburg 34 erhalten hat. Der schön ge­

formte Tragkessel weist auf dem Deckel das flach reliefierte Fisch-Trique- trum auf, und es ist doch nicht zu glauben, daß ein solches teures Stück Privatbesitz eines Fischers gewesen sein könnte. Aber es hat ähnliche Aufbe­

wahrungsgefäße aus Kupfer gegeben, beispielsweise die Brotbüchsen in Thüringen und Sachsen, ebenfalls aus dem 18. Ja h rh u n d e rt35. Wem sie einstmals gehört haben mögen, entzieht sich freilich unserer Kenntnis. In Klöstern und Schlössern wie in Patrizierhäusern kann man selbstverständ­

lich solche stattliche Kupfergefäße gehabt haben. Von dort mag etwa das kupferne Waschbecken stammen, das im M ontafon erworben wurde, und an dessen Rückwand drei übereinander schwimmende Fische in Treibarbeit zu sehen sind 30. Die starke Stilisierung der Fische wie der sie umrahmenden zwei Bäume läßt wohl auf einen ländlichen Kupferschmied schließen, der das Becken für einen Waschkasten, einen „Gießalmer“ gemacht haben mag.

Die dazugehörige „Wasserblase“ hat sich nicht erhalten, aber man könnte sich vorstellen, daß es sich dabei um einen aus Kupfer getriebenen Delphin gehandelt haben könnte, wie solche mehrfach bezeugt sind.

Bei diesen schönen Kupfergefäßen ist also die Beziehung zu den Fischerzünften fraglich. Anders steht es bei reinem Zunftgerät, wie bei­

spielsweise bei den Rechtsstäben der Fischerzunft von W ittingau in Böhmen, die der H errschaft Schwarzenberg unterstand 37. D er m it dem böhmischen Rechtsausdruck „Tischpravostock“ benannte Stab mit der flachen Scheibe trägt auf dieser denn auch augenfällig aufgemalt das fürstlich Schwarzen- bergische Wappen. Dem Typus nach gehört dieser „Tischpravostock" zu den Umzugspritschen m it G riff und Breitfläche, bemalt und bebändert wie das W ittingauer Stück, wie solche beispielsweise bei den Lübecker Gerbern aus dem 18. Jahrhundert erhalten sin d 38. Gestaltlich verw andt erscheinen aber auch die als „ferula“ bezeichneten Zunftstäbe der Prager Winzer von 1800 und der ebenfalls Prager M älzer von 1823 39.

Das sind also bezeichnende, wenn auch bescheidene Zunftaltertüm er der Fischer. Großartige Stücke aus dem kirchlichen Zunftbrauch wie die herrlich geschnitzten Prozessionsstangen der Ingolstädter Fischer, etwa um 1510 entstanden40, haben sich anderwärts kaum erhalten. Am Rande des kirchlichen Zunftbrauchtums stehen die Begräbnisbräuche der Fischer. Bei

33 Ö M V M 9000.

34 W alter B r o d , w ie oben, A bb. 19/a, d azu S. 38.

35 W a lte r D e x e l , D eutsches H a n d w e rk sg u t ( = E rg än zu n g sb an d zu r P ropyläen-K unstgeschichte). B erlin 1939, S. 349/b.

36 Ö M V 31.038.

37 Ö M V 13.382.

38 K a rl G r ö b e r , A lte deutsche Z u n fth e rrlic h k eit, A bb. 59 a u f S. 64.

39 Cecilie H a l o v a - J a h o d o v a , V ergessene H a n d w e rk sk u n st. P h o to ­ graphien v o n O ld rich S tanek. P ra g 1955, A bb. 23 (M älzer 1823) u n d 114 (W inzer 1800).

40 K a rl G r ö b e r , A lte deutsche Z u n fth e rrlic h k eit, A bb. 147 a u f S. 112.

(16)

ihnen hat sich beispielsweise der altertümliche Brauch erhalten, den toten Zunftgenossen eine kunstvoll gearbeitete hohe Totenkrone auf den Sarg zu stellen, wie dies beispielsweise bei den Traunfischern in Wels der Brauch w a r 41. Die hohe Krone w ar eigentlich ein D rahtaufbau, der mit Gold­

papier und Papierblumen in reicher Fülle überzogen w ar und der an der Spitze ein doppelbalkiges Kreuz aus Chenilledraht und kleinen Glasperlen trug, im ganzen eine sehr ansehnliche, aber im Kern billige, ja wertlose Totenehrung. Ähnliche nur einen schönen Schein gewährende Totenkronen hat es andernorts auch ohne Zusammenhang m it den Fischern gegeben 42.

Aber das ältere K ranzbrauchtum der Fischer ist wohl weitgehend unbe­

kannt, solche materiell wertlose Stücke konnten die Zeiten nicht über­

dauern. In wohlhabenderen Gegenden haben sich aus früherem eigentlichen K ranzbrauchtum wohl wertvollere K ranz- und Kronenschöpfungen er­

geben, die dann auch aufbew ahrt wurden. So w ar es beispielsweise in Basel.

Ursprünglich hatte man auch dort bei den Fischern aus natürlichen Blumen geflochtene Kronen, die als „M eisterkronen“ jährlich den neugewählten Meistern der Zünfte aufgesetzt wurden. Von der zweiten H älfte des 16. Jahrhunderts an wurden diese Meisterkronen oder „K ränze“ aus bunter Seide, aus Silber- und G oldflitter gewunden, und schließlich ab der Mitte des 17. Jahrhunderts aus Silber geschmiedet. Eine derartige Meisterkrone der Zunft der Fischer und Schiffleute in Basel, eine Arbeit von dem Silber­

schmied Johann U lrich Fechter III. von 1743 hat sich im Historischen Museum Basel erhalten 43.

Das alte K ranzbrauchtum konnte also auch bei den Fischern im Lebens- wie im Totenbrauch zünftischer A rt Anwendung finden. Der Totenbrauch hat, wie bei vielen anderen Zünften, am meisten an dinglichen Zeugnissen der Fischerzünfte hinterlassen. In wohlhabenden D onaustädten wie etwa in Regensburg hatten die Fischer eigene Bahrtücher m it kunstvoll geschnitzten und bemalten Bahrtuchschilden, und zw ar datiert von 1630 44.

D er Sargschild der Prager Fischer von 1777 ist gleichfalls erh a lte n 45, und noch aus dem Jahre 1819 stammt das bescheidene aber volkskünstlerisch bemerkenswerte Bahrtuch der Fischer von F rankfurt an der O der 48. Wo es also gefestigte Fischerzünfte gab, dort gab es auch deren bezeichnende Zunftgeräte, die den Jahres- und Lebenslauf der Fischer zeichenhaft be­

gleiteten.

41 Ö M V 30.766; S c h m i d t , Z u n ftzeic h en , T a f. 43.

42 O tto L a u f f e r , T o te n k ro n e n in D e u tsc h la n d (M itteilu n g en des V er­

eins der S am m lung f ü r deutsche V o lkskunde, Bd. IV , B erlin 1912, S. 31, A bb. 7).

43 E. M a j o r , H istorisches M useum Basel, w ie oben A nm . 26, A bb. X X IV . 44 G r ö b e r , A lte deutsche Z u n fth e rrlic h k eit, A bb. 151 a u f S. 115.

45 C ecilie H a l o v a - J a h o d o v a , w ie oben A nm . 39, T af. 89.

46 W ern e r L i n d n e r , M a rk B ran d en b u rg ( = D eutsche V o lk sk u n st Bd. II).

M ünchen 1924, A bb. 186.

(17)

2. H E IL IG E FISC H ER PA TR O N E

Auf dem Bahrtuchschild der Regensburger Fischer von 1630 ist oben der hl. Petrus mit Christus im Schiff auf dem See Genezareth dargestellt, darunter kommen erst Fisch und Krebs 47. D am it ist der hl. Petrus deutlich als eigentlicher Patron der Fischer dargetan, der er auch seit dem Früh­

m ittelalter überall gewesen i s t 48. Die dargestellte Szene bezieht sich auf die berühmteste Episode aus seinem Berufsleben als Fischer, nämlich sein Erlebnis im Sturm auf dem See Genezareth (Luk. 5, 1 — 11). Aus dieser Episode m it dem stark sinnbildlichen Gehalt sind in der christlichen Kunst bedeutende Werke herausentwickelt worden, nicht zuletzt die „Fischer­

kanzeln“, wie sie in Bayern und Österreich in der Barockzeit für manche Kirchen geschaffen wurden. Besonders berühmt ist die Fischerkanzel von 1753 in der Pfarrkirche von Traunkirchen in Oberösterreich, die für diesen Fischerort besonders passend von den Jesuiten zum Andenken an die N eu­

gründung dieser ihrer Kirche (Neubau 1631— 1652) angeschafft w u rd e 49.

Die im 16. und frühen 17. Jahrhundert protestantisch gewesenen Traunsee­

Fischer mochten dadurch allsonntäglich an ihre W iederbekehrung erinnert werden.

Aber der Heilige galt auch ohne diese bildliche Nacherzählung der Episode im Lukas-Evangelium als der H err der Fische, zumal an jenen Seen und sonstigen Gewässern, die sich im geistlichen Besitz befanden, und dementsprechend auch als Z unftpatron ihrer Fischer. Das ist besonders m arkant in M illstatt in K ärnten ausgeprägt, wo sich an der nordwestlichen Ecke der Siebenhirterkapelle der Stiftskirche ein romanischer Pfeiler des 12. Jahrhunderts eingemauert z e ig t50. An ihm findet sich eine eindrucks­

volle Plastik, nämlich ein bärtiger M ann in langem, wellenartig fließendem Gewand dargestellt, dessen H and mit einem großen Schlüssel auf der ande­

ren Seite des Pfeilers erscheint. Über der H and des Heiligen zeigt sich ein Adler, unter dem Schlüssel aber sind zwei nach aufwärts gerichtete Fische zu sehen. Die romanische Plastik, einstmals wohl an einem Tor des Stiftes angebracht, bekundete gewiß die Fischgerechtigkeit über den M illstätter See, in diesem Sinn zweifellos auch ein Rechtswahrzeichen.

D er Heilige, der in M illstatt so gebieterisch die Fischereirechte be­

kundete, ist wohl auch in vielen anderen ihm geweihten Stiften und Klöstern in diesem Sinn verehrt worden. Das gilt sicherlich für das Stift St. Peter in Salzburg, aber wohl auch für Melk in Niederösterreich. Für Bayern ist besonders auf Vilshofen hinzuweisen, wo die Fischer bis heute

47 G r ö b e r , A lte deutsche Z u n fth e rrlic h k eit, A bb. 151.

49 M atth ias J u n g w i r t h , D ie Fischerei in N ie d erö ste rreich ( = W issen­

schaftliche S chriftenreihe N ied erö sterreich , Bd. 6). St. P ö lten 1975, A bb. 1.

49 R e in h a rd H o o t z , K u n std e n k m äle r in Ö sterreich. E in B ildhandbuch.

Bd. I I , O berösterreich, N ied erö sterreich , B u rg en lan d . M ünchen 1967, A bb. 333.

50 K a rl G i n h a r t , M ills ta tt am See. 2. A ufl. K la g en fu rt 1960, S. 45.

(18)

eine kleine Petrusstatue aus dem Anfang des 16. Jahrhunderts zu ihrem Zunftbesitz zählen und jeweils in der Fronleichnamsprozession m ittra­

gen 5I. Diese Statue, volkstümlich als „Fischerpeterl“ bezeichnet, ist rings­

um mit Münzen und Medaillen behängen, wie dies ähnlich sonst nur beim

„Silbernen K arpfen“ in W ürzburg der Fall ist. D er reiche Behang des

„Fischerpeterls“ spricht also für seine ganz besondere Verehrung und brauchtümliche Funktion.

In den Sammlungen gibt es manche Petrus-H olzplastiken von ähn­

licher Größe, die vermutlich auch nicht Teile von A ltären oder H auskapel­

len, sondern eher Zunftfiguren gewesen sein dürften. Bei den barocken Petrus-Plastiken der Volkskundemuseen w ird es sich zumindest ab und zu wohl um Sarg-Aufsatzfiguren handeln, die sich an sich im Zunftbesitz befanden, und jeweils für die Bestattung zur Verfügung gestellt wurden, wie dies bei anderen Zünften m it den Statuen ihrer Patrone ebenfalls der Fall war. Andere kleinere Petrus-Plastiken stammen wohl manchmal von Zunft-Prozessionsstangen. Eine Fischer-Zunftstange mit einer derartigen Aufsatzfigur des hl. Petrus, die wohl von 1750 stammt und 1785 erneuert wurde, hat sich wieder in W ürzburg erhalten 32.

Von anderen Heiligen, die den Fisch als ihr spezielles A ttribut besitzen, ist die Beziehung zu den Fischern weniger deutlich. Aber der hl. U lrich von Augsburg, der zumindest auf seinen mittelalterlichen Darstellungen deut­

lich den Fisch als A ttribut vorweist, ist sicherlich auch als Fischerpatron verehrt w o rd e n 53. So gewiß in St. Ulrich am fischreichen Pillersee in Tirol. Auch der hl. Benno, als Stadtpatron von München immer deutlich mit dem Fisch dargestellt, ist sicherlich auch P atron der Fischer gewesen 54.

Solche Verehrungen haben sich nicht immer und überall gleichmäßig nieder­

geschlagen. In den großen Fronleichnamsprozessionen der Städte etwa haben die Fischer alle möglichen, oft auch dienenden Funktionen ausüben müssen und konnten nicht die Statuen ihrer Patrone tragen, sondern wurden für anderes herangezogen, in Laufen beispielsweise für die Verehrung des Altarsakramentes. Allerdings gehörte ihnen dort auch die schöne holzge­

schnitzte Abendmahlsmonstranz aus dem Anfang des 18. Jahrhunderts, die sich heute im Bayerischen Nationalmuseum in München befindet 55.

51 G r ö b e r , A lte deutsche Z u n fth e rrlic h k eit, A bb. 149 a u f S. 113.

52 W a lte r B r o d , w ie oben, A bb. 17 u n d S. 37.

53 R u d o lf P f l e i d e r e r , D ie A ttrib u te d e r H eiligen. U lm 1898, S. 56.

E ine b ed eu ten d e U lrich s-D arstellu n g von 1440 im W iener S tephansdom trä g t den Fisch b e to n t in d e r H a n d . V gl. den K a ta lo g d e r A usstellung W ien im M itte l­

alter. W ien H isto risch es M useum d er S ta d t W ien. 1975, N r. 210.

54 D ie tric h H e in ric h K e r 1 e r , D ie P a tro n a te d e r H eiligen. U lm 1905, S. 113.

V gl. w eiter R o b e rt B ö c k , D ie V ereh ru n g des hl. Benno in M ünchen (Bayerisches J a h rb u c h fü r V o lkskunde, M ünchen 1958, S. 53 ff.).

55 A lois M i t t e r w i e s e r , G eschichte d er F ronleichnam sprozession in B ayern. N euausgabe e rg än z t v o n T o rsten G e b h a r d . M ünchen 1949, A bb. 4.

(19)

3. E IN ZELFISC H E

Auf den verschiedensten Objekten der Volkskunst ist ein Fisch darge­

stellt zu sehen, manche sind direkt in der Form eines Fisches gestaltet. Wenn man die Belegreihen überschaut, dann können es offenbar ganz verschiedene Anlässe gewesen sein, die dazu geführt haben. Man wird sich dabei zu­

nächst weniger m it Vorformen und eventuell glaubensmäßig bestimmten Stücken aus ur- und frühgeschichtlichen Zeiten befassen, als die Gesamtheit der Stücke aus Keramik, aus H olz, aus Kupfer innerhalb ihrer G ruppierun­

gen zu betrachten, und auf ihre offensichtlichere oder auch geheimere Sinngebung hin zu befragen.

Man kann wie in vielen anderen Fällen so auch in diesem durch die Straßen der alten Städte und M ärkte gehen, und nach Hauszeichen mit dem Fisch Ausschau halten. Wenn man etwa in Wien durch die vollständig altstädtisch erhaltene Annagasse im I. Bezirk geht, dann w ird man auf N r. 14 das Haus „Zum blauen K arpfen“ a n tre ffen 56. Es ist ein Haus aus dem frühen 19. Jahrhundert, und das Hauszeichen, der Fisch in der reichen ornamentalen Umrahmung zwischen den Fenstern des ersten Stockwerkes stellt ein durchaus eindrucksvolles Hauszeichen im besten Sinn dar. Freilich wird man an der H ausfront in der schmalen Gasse nicht nur seinetwegen, sondern auch wegen des schönen Amoretten-Reliefbandes hinaufschauen, das Josef Klieber einstmals geschaffen hat. Es sind meist Gasthäuser, die den Fisch als Zeichen ihrer Gastlichkeit genommen haben. In Appenzell in der Schweiz etwa ist noch das Wirtshausschild mit dem geschnitzten und bemalten H echt von 1784 zu sehen57. Aber auch berufsgebundene Fischer­

gebäude können selbstverständlich den Fisch als Hauszeichen führen. Das gilt beispielsweise für die Fischerhütte der „Fischer in der Steinwänd“ bei H artkirchen in Oberösterreich, wo sich auf den Staubläden einerseits der Fisch, mit Jahreszahl 1857, andererseits der Krebs groß und deutlich auf­

gemalt finden 58.

Was für manche Häuser gilt, hat dagegen bei Möbeln und Geräten keine Bedeutung. Wenn auf Betten oder Kesselhaken, auf Schlitten oder Schmuckstücken einzelne Fische Vorkommen, kennzeichnen sie wohl in den seltensten Fällen Fischfang oder Fischhandel, sondern gehören der Welt der geschlechtlichen Anspielungen an. Ein Fisch, innen auf einem oberöster­

reichischen Him m elbett aufgemalt, soll sicherlich auf die Frau als „Fisch im Bett“ hinweisen 59. In älterer Zeit konnten es fischgestaltige Fabelwesen

56 E m m erich S i e g r i s , A lte W iener H au szeich en u n d L adenschilder.

W ien 1924, S. 74 u n d A bb. T a f. 47.

57 D an iel B a u d - B o v y , P ea san t a r t in S w itz erlan d . L on d o n 1924, A bb. 132.

58 M ax K i s 1 i n g e r , A lte bäuerliche K u n st. L inz 1963, S. 67 A bb.

59 K i s l i n g e r , ebd., S. 83 A bb.

(20)

sein, die an solchen Stellen angebracht wurden, also einhornartige Fische, oder Seepferdchen oder am häufigsten M eerjungfrauen 60.

Ganz anders steht es bei der größten Gruppe dieser Gestaltungen, bei den fischförmigen Modeln. Aus tönernen, hölzernen und kupfernen Fisch­

modeln wurden Festspeisen gebacken, auf sie wurde dementsprechend von den Flafnern, den Modelschnitzern und den Beckenschlägern oder K upfer­

schmieden viel Liebe verwendet. Die Gruppe beginnt vielleicht m it den seltensten Gliedern, nämlich den hölzernen Buttermodeln. Solche kommen vor, beispielsweise in Böhmen und in Schlesien. Es sind aus Flartholz ge­

schnitzte kleine Schaffelchen, in Schlesien gelegentlich als „Festenberger M aß“ bezeichnet61. Wenn man die in dieser Form geschnitzten Model aus Grulich heranzieht, w ird m an finden, daß der Fisch nur eines der Dekormotive ist, neben vielen anderen, die sonst zur Reliefierung der Butter verwendet w u rd e n 62. V erwandte Flolzformen sind sicherlich weiter ver­

breitet gewesen, wie die hölzernen Doppelmodel aus dem Kreis Barth in Pommern beweisen, welche den Fisch so zeigen, wie dies bei uns die Leb­

zeltenmodel tun 68. O b man mit Fischmotiven versehene kreisrunde Model aus der Umgebung von Straßburg hier hersteilen darf, ist vielleicht frag­

lich 64. Ansonst sind im Elsaß andere Buttermodelformen üblich gewesen.

Einzelfische als Model, das ist eines der wichtigen Themen bei der Gestaltung der tönernen glasierten Backmodel um und nach 1800. Die Model erreichen ungefähr die Größe eines ausgewachsenen Karpfens, und K arpfen sind im allgemeinen der stilisierten Darstellung nach auch ge­

meint. In den Formen wurden aber keine Fische, sondern Mehlspeisen, Kuchen und Strudel in Fischform gebacken. In den österreichischen D onau­

ländern hat sich eine beachtliche Zahl von solchen gut geformten, braun, gelb oder grün glasierten Modeln erhalten. Im Umkreis von Wien hat es sie gegeben, im nördlichen Niederösterreich, beispielsweise in Retz wurden sie gefunden 65, aber auch an der Donau, nämlich in Krems 68. In O ber­

österreich waren sie in ähnlichen Formen verbreitet, wie die Stücke aus H am m ersdorf bei K irchdorf an der Krems zeigen 67. In Tirol müssen sie auch üblich gewesen sein, nicht zuletzt in Südtirol, von wo sich sogar ein

60 G ü n th e r G r u n d m a n n u n d K o n ra d H a h m , Schlesien ( = D eutsche V o lkskunst, Bd. V I I I ) . M ünchen (1928), A bb. 119.

61 G r u n d m a n n u n d H a h m , ebd., A bb. 150.

82 Ö M V 22.382.

63 F ritz A d l e r , Pom m ern ( = D eutsche V o lkskunst, Bd. X I). M ünchen (1930), A bb. 143.

84 E rn st P o l a c z e k , V o lk sk u n st im E lsaß ( = D eutsche V o lkskunst, E rg än zu n g sb an d ). M ü n ch en o. J., A bb. 112/5).

88 Ö M V 23.059.

88 Ö M V 29.612. V gl. L eop o ld S c h m i d t , Schloßm useum G obelsburg.

K a talo g der G esa m tau fstellu n g ( = V erö ffen tlich u n g en des ö ste rreich isc h e n M u­

seums fü r V olk sk u n d e, Bd. X IV ). W ien 1974, S. 60, N r . 329.

87 Ö M V 28.236— 237.

(21)

Doppelmodel, also ein derartiger Tonmodel für zwei Fische erhalten hat °8.

Vermutlich wurden an allen wichtigen alten Töpferorten solche Fischmodel hergestellt, solange eben noch Bedarf danach war. Das gilt also auch für Sufflenheim im Elsaß, von wo sich solche neuzeitliche glasierte tönerne Backmodel in Fischform erhalten haben, die ausdrücklich für die H er­

stellung von Neujahrsgebäck bezeugt sind e9. Ähnliche Formen haben sich außerhalb des deutschen Sprachgebietes finden lassen. So ist eine Serie von kleineren tönernen glasierten Mehlspeismodeln aus der Gegend von Ragusa in Dalm atien (heute in Jugoslavien) erhalten, die offenbar dem mittleren 19. Jahrhundert an g eh ö rt70. In der Reihe von zehn Stück finden sich je eines m it einem Fisch, m it einem Krebs und m it einem Delphin, wodurch hier der Zusammenhang mit den mittelmeerischen Motiven hergestellt er­

scheint.

Die tönernen Backmodel in Fischform sind zeitgenössische oder auch etwas jüngere Gegenstücke zu den Modeln aus Kupferblech. Gestreckte oder gekrümmte Fische gibt es da in vielen Sammlungen, m an w ird wieder mit Modeln zur Herstellung von festlichen Speisen, wohl vor allem für N eujahr rechnen d ü rfe n 71. Aus Österreich hat sich eine stattliche Zahl derartiger Model erhalten, die wohl meist aus bürgerlichen Haushalten stammen. Viele derartige Model sind in den beiden W eltkriegen bei den Kriegsmetallsammlungen abgeliefert worden, und wenn sie infolge fürsorg­

licher Aufmerksamkeit von Museumsleuten nicht eingeschmolzen, sondern in Museen gebracht wurden, dann ist ihnen doch fast immer die H erkunfts­

angabe verlorengegangen. Man kann aber dam it rechnen, daß es sich um Kupfermodel von Wien bis Bregenz gehandelt hat, und daß die Formen, manchmal randlos, manchmal mit ausgeprägten Rändern, manchmal in Kuchen-, manchmal in Gugelhupf-Form, örtlich nicht begrenzt waren. Die Größen waren offenbar im allgemeinen diejenigen normaler Sonntags­

kuchen. N ur manchmal, beispielsweise bei den Formen aus Südtirol, zeigen sich deutlich kleinere Maße. Da gibt es Fische, Krebse, Delphine, Muscheln, die alle nur etwa handgroß sind und offenbar nicht für eigene Gebäcke verwendet wurden, sondern der Gestaltung von Aufsätzen und Auflagen auf größeren Gebäcken dienten 72. D a berühren sich dann die Kupfermodel m it den Holzmodeln, von denen manche ja auch für Tragant- und Zucker- gebäcke dienten, mit denen größere Torten geschmückt wurden. Und bei solchen Modeln ist wieder anzunehmen, daß sie nicht nur für Neujahrs-

68 Ö M V 33.735. _

69 L u tz R ö h r i c h u n d G e rtru d M e i n e 1, T öpferei im E lsaß. B ühl/

B aden 1975, A bb. 54 a u f S. 64.

70 Ö M V 3905— 3915.

71 M ax H ö f 1 e r , N eu jah rsg eb äck e (Z e itsc h rift fü r österreichische V olks­

kunde, Bd. IX , W ien 1903, S. 185 ff.). A bb. T af. V III/3 6 . 72 Ö M V 32.031.

2*

(22)

gebäcke, sondern auch für Hochzeitsgebäcke verwendet wurden, wobei man da wie dort den Fischen offenbar die Bedeutung von Glücksbringern zumaß.

Eine Überschau über die eventuelle Verbreitung dieser Formen zeigt, daß zumindest der österreichisch-süddeutsche Raum hier recht gleichmäßig beteiligt war. Zu Modeln aus Steiermark 73 und aus Tirol 74 treten welche etwa aus Wunsiedel in O berfranken 75 oder auch aus Baden 76. N ach dem Süden zeigt sich Oberitalien an dieses Verbreitungsgebiet m it einem Beleg aus Treviso ebenso angeschlossen 77, wie dies bei den tönernen Backformen m it den Belegen aus Ragusa für D alm atien der Fall w ar. M an darf dabei nicht übersehen, daß eben einstmals, auch noch im 19. Jahrhundert, Treviso ebenso wie Ragusa innerhalb der großen alten Donaumonarchie gelegen waren.

Der Lebzeltenfisch ist von allen Fischgebäcken am bekanntesten ge­

blieben, weil er in G roßstädten wie Wien, aber auch sonst weithin, einfach zum Silvester- und N eujahrbrauch dazugehört78. M an bäckt ihn nicht mehr selbst, auch die Bäcker formen ihn nur mehr selten, aber die großen Brotfabriken lassen es sich nicht entgehen, Jah r für Ja h r für Silvester die leichten Fischlein schachtelweise zur Verfügung zu stellen, die dann ge­

wissermaßen rituell gegessen werden, beim Schwanz angefangen, „um das ganze Jah r vorw ärts zu schwimmen“, wie man dabei gern betont 79. Die Lebzeltenfische aus den alten M odeln sind offenbar nicht nur zu N eujahr, sondern auch zu anderen Festen gebacken und verspeist worden. Die Model, die sich aus dem 18. und frühen 19. Jahrhundert erhalten haben, zeigen in der Regel Einzelfische80, wie etw a ein gutes, aus Niederösterreich stam­

mendes Stück von 1762. Ähnliche Stücke, wohl auch noch dem 18. Ja h r­

hundert angehörig, kommen aus Oberösterreich 81. Kleinere, die man viel­

leicht als Marzipanmodel bezeichnen könnte, stammen aus dem heutigen Burgenland, wurden aber wohl im westungarischen Ödenburg geschnitzt und verw endet82. Und auch bei den Deutschen in Böhmen und Mähren hat es derartige Fischmodel gegeben, wie Stücke aus dem Kuhländchen

73 M a ria K u n d e g r a b e r , B ackm odel aus B au ern - u n d B ürgerhäusern ( = Steirisches B auernm useum , K a t. N r . 1). S tainz 1975, N r . 62 m it A bb.

74 Ö M V 53.479.

75 Jo sef R i t z , F ra n k en ( = D eutsche V o lkskunst, Bd. V I). M ünchen (1926), A bb. 125/1.

78 H e lm u t Th. B o s s e r t , V o lk sk u n st in E u ro p a. B erlin 1926, T af. X X I X / 19.

77 P a o lo T o s c h i , A rte p o p o lare Italia n e . R om 1960, A bb. 368.

78 K a rl v o n S p i e ß , G ru n d lin ie n einer F orm en- u n d G e stalten k u n d e der G e b ild b ro te (Ja h rb u c h fü r historische V olkskunde, Bd. I I I /IV , B erlin 1934, S. 412).

79 L eopold S c h m i d t , W ien er V olkskunde. E in A u friß ( = W iener Z eit­

sc h rift fü r V o lkskunde, E rg än zu n g sb an d X V I). W ien u n d L eipzig 1940, S. 60.

89 Ö M V 1362.

81 Ö M V 35.361 a, 35.369 a.

82 Ö M V 13.565.

(23)

zeigen83. Da und dort treten zu den Einzelfischen auch Doppelfische und schließlich ganze Fischzeilen, die ähnlich wie die zeilenförmig ange­

ordneten W ickelkinder wohl zur H ochzeit geschenkt w urden 84. Bei zwei Fischen, die in gleiche Richtung schwimmen, w ird man wahrscheinlich nicht an das Tierkreiszeichen, sondern an das Liebes-, Braut- und Ehepaar denken müssen, denen dieses Fischpaar als Glückszeichen zugedacht war.

Über den österreichischen Bereich hinaus hat es ähnliche Fischmodel für Lebzelten, aber auch für Speculatius und für M arzipan in Süddeutsch­

land gegeben, auch Springerlesmodel in W ürttemberg 8ä. Spekulatiusmodel mit Fischen unter vielen anderen Motiven sind beispielsweise in Bückeburg gesam m elt8e. Aber in Beversen im Kreis Uelzen haben sich auch reine Lebkuchen-Fischmodel gefunden87, und von dort kann m an wieder nach dem Nordwesten gehen und noch in H olland hölzerne Fischmodel an­

treffen 88. Von allen diesen Gruppen sind ja immer nur Probestückchen bekanntgemacht, aus denen man höchstens ungefähr die Streuung ablesen mag. Wo der Bedarf an festlichem Gebäck in Fischform vorhanden war, ergaben sich wohl immer auch solche Formen, wie beispielsweise derartige kleine Fischmodel aus Portugal erkennen lassen, die man wieder am ehesten als Marzipanmodel w ird ansprechen können 89.

An den alten Stücken läßt sich die Zweckgebundenheit meist kaum mehr ablesen. Ähnliche kleine Formen, oft mehrere M otive aneinander­

gereiht, finden sich auf den verschiedensten M odelbrettchen und Model­

stäbchen. Ein hübsches Stück des 18. Jahrhunderts, wohl aus Oberösterreich, zeigt auf einer Schmalseite zunächst einen kleineren Fisch, dann einen größeren, den man vielleicht für einen Tümmler oder einen Delphin halten könnte, und dann folgen Liebes- und Treuesinnbilder 90. D a auf einer der Breitseiten ein ganzes Alphabet fünfzeilig eingeschnitten ist, w ird man an die schönen Alphabet-Model unseres Lebzeltenschatzes erinnert 91, Reben-

83 Ö M V 17.853.

84 Ö M V 18.756.

M ax K i s l i n g e r , A lte B au ern h errlich k eit. L inz 1957. A bb. 108, 109. In der N e u au flag e von 1969, S. 59 u n d d azu A bb. 315.

85 H a n s U lrich R o l l e r , V o lk sk u ltu r in W ü rttem b erg . K a ta lo g d er gleich­

nam igen A usstellung im W ürttem bergischen Landesm useum . S tu ttg a rt 1974, A bb. 90.

66 O sk ar von Z a b o r s k y - W a h l s t ä t t e n , U rv ä te r-E rb e in deutscher V olkskunst ( = D eutsches A hnenerbe, I I I / l ) . L eipzig 1936, A bb. 618.

87 V olkskunst aus D eu tsc h la n d , Ö sterreich u n d d e r Schw eiz. K a ta lo g der gleichnam igen A usstellung in der K ö ln e r K u n sth alle. K ö ln 1969, N r . 922, A bb. 46.

88 F red erik A d a m a v a n S c h e l t e m a , D ie deutsche V o lk sk u n st u n d ihre Beziehungen z u r germ anischen V o rzeit ( = M eyers k leine H a n d b ü c h e r, Bd. 15/

16). L eipzig 1938, A bb. S. 59/1.

89 F ern a n d o d e C a s t r o P i r e s d e L i m a , A a rte p o p u lä r em P o rtu ­ gal. Bd. I, o. O . u. J., A bb. a u f S. 306.

90 Ö M V 24.394.

91 L eopold S c h m i d t , L ebzeltenm odel aus Ö sterreich. K a ta lo g der gleich­

nam igen A usstellung des ö ste rreic h isc h e n M useum s fü r V olk sk u n d e. W ien 1972, N r. 50— 52.

(24)

und Traubenmotive weisen in den religiösen Bereich, dem auch eine kleine Heiligengeisttaube angehört. So waren solche Modelstäbe eben vielfältig verwendbar, die Modelschnitzer hatten für die verschiedensten Feste vor­

gesorgt.

Das waren bei aller Vielfalt aber doch G ruppen von Motiven, die sich deutlich funktionell beziehen lassen. Wenn man von hier aus einen Blick in die sonst so vielfach benachbarte bessere Keramik, in die Majolika hinüber­

w irft, w ird man dagegen nur wenige Stücke finden, die sich brauchmäßig beziehen lassen. In der älteren italienischen M ajolika zeigen Bodenfliesen manchmal einen Einzelfisch, aber offenbar im Sinn der Emblematik, also etwa von einer H and gefangen, m it einer Sanduhr daneben, so daß ein moralisierender Sinn gegeben erscheint, und das um 1511 in Faenza Später gibt es im Mittelmeerbereich und darüber hinaus mehrfach Krüge und Teller mit einzelnen Fischen, wobei die deutlich gekennzeichneten Meeresfische wohl darauf hinweisen, daß eben w irklich Fischgerichte damit serviert wurden 93. Das könnte ja auch bei unserem M ajolikateller von 1775 der Fall sein, dessen blauer K arpfen eben darauf hindeuten w ü rd e 94.

Aber es kann sich hier wie in anderen Fällen auch anders verhalten, zu­

mindest kann gemeint sein, daß der Teller für das Fischgericht als Fasten­

speise bestimmt w ar. Das gilt vermutlich hier ebenso wie andernorts, beispielsweise bei den Tellern aus der U kraine m it dem Fischmotiv 95. Vom A ufträgen der Fische im Geschirr ist ja wenig bekannt, aber eine Fisch­

terrine aus grauem salzglasierten Steinzeug des Westerwaldes, wohl noch 18. Jahrhundert, weist immerhin darauf hin, daß es auch das gegeben hat 9e. Auf der Terrine ist auf dem Deckel ein ganzer Fisch plastisch ge­

bildet und dient als G riff des Deckels. D avon ist vielleicht nur zu wenig gesammelt, um den weiteren Bereich solcher Formen und ihrer H erkunft abstecken zu können.

4. ZW EI FISC H E

Wenn man vom Wiener Rathaus her zum österreichischen Museum für Volkskunde in die Laudongasse hinaufgeht, kann man auch durch die Schlösselgasse gehen, eine jener Wiener Vorstadtgassen, in denen nebenein­

ander Häuser aus Empire und Biedermeier stehen. U nd gleich Schlösselgasse N r. 1 ist das „Kleine Schlössel“ , das 1834 an der Stelle des viel älteren

92 G e rh a rd K a u f m a n n , Bem alte W an d fliesen . M ünchen 1973, A bb. 16 oben.

93 F e rn a n d o d e C a s t r o d e L i m a , w ie o b en A nm . 89, Bd. I I , S. 231 A bb.

94 Ö M V 36.032.

95 H e lm u t Th. B o s s e r t , V o lkskunst in E u ro p a. T a f. C X X V III/7 . 96 G isela R e i n e k i n g v o n B o c k , Steinzeug. K a ta lo g des K u n s t­

gew erbem useum s d e r S ta d t K öln. K ö ln 1971, A bb. N r . 734.

(25)

„Goldenen Schlüssels" gebaut w u rd e 97. Der Bau von 1834, der überm Tor das Wappen der G räfin Theresia G ourcy-D roitaum ont trägt, weist über den Fenstern des ersten Stockwerkes die ganze Serie der Tierkreiszeichen in Stuckreliefs a u f 98. Damals, 1834, hat also die Erbauerin sich das ganze Haus unter den Schutz des astrologisch gegliederten Himmels gestellt. Das zweite Medaillon von links weist gleich das Zeichen der Fische auf, die beiden übereinander gegengleich schwimmenden Fische also.

D am it steht das „Kleine Schlüssel“ in einer großen Tradition. Die zwei Fische des Tierkreiszeichens, durch die Kalenderbilder allgemein bekannt, haben in der Volkskunst in ganz verschiedener Weise ihren Niederschlag gefunden. An einem gotischen Pfeiler der Pfarrkirche von Längenfeld im ö tz ta l, Tirol, findet sich dieses Zeichen eingemeißelt, und man könnte es für ein Haus- oder Familienwappen nehmen " . Immerhin läß t sich damit die Tatsache verbinden, daß vermutlich seit dem 16. Jahrhundert Möbel getischlert und bemalt wurden, die regelmäßig an einer Stelle, meist auf dem Sockel, zwei gegeneinander schwimmende Fische aufweisen. M itunter, so auf einer Truhe aus dem 17. Jahrhundert, sind es drei Fische100. Ver­

wandte Truhen mit dem Fisch-Zeichen gibt es auch aus dem Pitztal. Ob die Tischlermaler damit ein W erkstattzeichen geben wollten, oder ob sie auf Wunsch der Besteller das Möbel unter den Schutz des Tierkreiszeichens stellen sollten, läßt sich offenbar nicht mehr sagen. Auch die anderen Werke der Volkskunst, die deutlich das Tierkreiszeichen der Fische aufweisen, lassen die Meinung der Besteller und Hersteller nicht mehr erkennen. Aber es w ar und ist bekannt, daß dieses Zeichen der Fische, wie Petronius es ausdrückte, ihre irdischen Abbilder beherrscht!01.

U nd so finden sich denn die zwei Fische gelegentlich auf M ajolika­

schüsseln, einerseits im Westen in P o rtu g a l102, anderseits im Osten in R um änien103, beidemal wohl aus dem 18. Jahrhundert. O b man bosnische Seidenstickereien m it dem gleichen M otiv hierher zählen darf, erscheint wohl fraglich 104. Geschnitzte Doppelfische kommen vor, beispielsweise bei

97 H a n s R o t t e r , D ie Jo sefsta d t. G eschichte des 8. W ien er G em einde­

bezirkes. W ien 1918, S. 412.

88 E m m erich S i e g r i s , A lte W iener H au szeich en u n d L adenschilder.

W ien 1924, S. 96.

99 L eopold S c h m i d t , B auernm öbel aus S ü d d eu tsch lan d , Ö sterreich u n d der Schweiz. W ien — H a n n o v e r 1967, S. 176.

100 F ra n z C o l l e s e l l i , T iro le r B auernm öbel. In n sb ru c k 1967, A bb. S. 64, 65 u n d 63 (3 Fische).

101 V ik to r S t e g e m a n n , A rt. S tern b ild er I (H a n d w ö rte rb u c h des d e u t­

schen A berglaubens, Bd. IX /2 , Sp. 667, 673).

102 H e lm u t T h. B o s s e r t , V o lkskunst in E u ro p a, T af. L V /9.

103 B arb a S l a t i n e a n u , P a u l H . S t a h l u n d P a u l P e t r e s c u , A rta p o p u lara in R ep u b lica p o p u la ra R o m in a. C eram ica. B u k arest 1958, F a rb ta f. X I I I .

104 H e lm u t T h. B e s s e r t , V o lk sk u n st in E u ro p a, T a f. L X X IX /1 5 .

(26)

den Faßriegeln aus der Pfalz 105. Überkreuzt geschnitzte Fische lassen sich auch auf barocken Schlittenköpfen erkennen 106. So hat sich aus Salzburg ein derartiges gutes Stück erhalten, das ein A kanthusblatt und die beiden nach vorn abwärts gebogenen Fische überkreuzt aufweist. Das Stück stammt wohl aus dem Salzburg des frühen 18. Jahrhunderts, und man w ird daran denken müssen, daß die Schlittenköpfe bei den prunkvollen Schiit­

tagen in der fürsterzbischöflichen Residenz etwas auszusagen hatten. Sie hatten eine mehr oder minder heraldische Funktion, man mag hier also an den K opf des Prunkschlittens eines Fischmeisters denken. Die für das alte Salzburg besonders bedeutungsvollen Fischer von Liefering führten jeden­

falls die zwei überkreuzten Fische in ihrem Siegel107. Von da aus wäre eine weitere Verbreitung des Zeichens denkbar, wie man umgekehrt aber wohl auch an die lokale Spezialisierung eines auch sonst weiterhin verbreiteten Signums denken muß.

5. D R EI U N D M EH R FISC H E

Es gibt eine nicht ganz kleine Zahl von schönen hafnerkeramischen Schüsseln, Platten, Tellern, auf denen drei Fische in gekreuzter Anordnung dargestellt sind. Man spricht fachlich dann von „Fischwirbel“ oder „Fisch- Triquetrum “ . Diese Schüsseln m it den drei gekreuzten Fischen bildeten vom Anfang der neueren Volkskunstforschung an eine A rt von M ittelpunkt der ganzen sowieso sehr bescheidenen Erforschung der Fische in der Volks­

kunst. Schüsseln mit einem oder zwei Fischen nahm man kaum zur K ennt­

nis, erwarb sie wohl auch in geringerem Ausmaß als jene Schüsseln mit dem

„Fischwirbel“ darauf.

Diese kleine Faszination schreibt sich sicherlich davon her, daß die Anordnung in ihrer schönen Regelhaftigkeit nicht nur ästhetisch anspricht, sondern auch zur Sinndeutung anregt. Die H afner müssen, meinte man, doch etwas Bedeutsames gemeint haben, wenn sie drei gleiche Fische so geometrisch genau darstellten. Diese Ansicht w urde vor allem dadurch be­

stärkt, daß man Parallel-Gestaltungen zu kennen glaubte. Die Erforschung des Motives des „Triquetrum s“ beginnt schon in den neunziger Jahren des 19. Ja h rh u n d ertslos. Die von Volkskunst-Theoretikern aufgeworfenen Fragen um die Symmetrie im Volkskunstbereich ließen sich von hier aus diskutieren. Aber vor allem schien die Parallele zu drei anderen ähnlich angeordneten Tieren von Wichtigkeit: Das M otiv der „D rei Hasen mit zusammen nur drei O hren“ beschäftigte Sammlung und Forschung auf den

105 V o lk sk u n st aus D e u tsc h lan d , Ö sterreich u n d d er Schw eiz. K a talo g der gleichnam igen A u sstellung in der K u n sth a lle K ö ln . K ö ln 1969, N r . 1001, A bb. 67.

tos ö m v 3 0 .8 7 3 .

107 D as L ieferinger H eim atb u ch . S alzb u rg 1957, T ite lb latt.

108 L. v o n R a u , T riq u e tru m u n d v e rw a n d te Z eichen (Z eitsch rift fü r E thnologie, Bd. X X I I , 1890, S. 491 ff.).

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