Stenographisches Protokoll.
18. Sitzung des Nationalrates der Republik Österreich.
V. Gesetzgebungaperiode.
Inhalt.
1.
Verhandlung.
Bericht des Finanz-und Budgetausschusses über die Regierungsvorlage
(69d.
B.):Bundesfinanz
gesetz für das Jahr
1946 (96d.
B.).S p e z i a ld e b a t t e :
G r
up p e
VI, umfa
-sse
nd dieKa1pitel
11:Bun
desministerium für Unterricht, Kapitel 12: Un
terricht, Kapitel
13: Kunst,Kapitel 28, Titel
8:Bundest heater.
Spezialberichterstatter: Abgeordneter Doktor Pe r
nt e r
(8.313).
Redner: Abgeordnete Marianne Poil a
K(Seite 315), Fische r
(8.317), Ga ssn er (S. 321),
Dr.
Neu g ebau e r (S. 325), Dr. Gs chuit
z e r (S. 327),
Dr. Hä u
8 I ma
ye
r(S.
329),'H a
a g e r (S. 331), Ma u r e r (S. 333), A p p e
1(S. 335), Dr.
T -8 Cha d e
k(S. 338),
Dr.
Ze
ch
ne
r (S.
340) undFr
i scb (8. 342).
Freitag, 24. Ma11946.
G r u p p e VII, bestehend aus Kapitel
14:Ver
mögenssicherung und Wirtschaftsplanung.
Spezialbe-richterstatter: Abgeordneter
Ma
yr
·h
0 fe r (S. 343).
Redner:
Abgeordnete' Dr.Mi
gs c
h(S.
344),Ing. Sc h
u m y(S. 346), Eis
er (S.
349),Probs t (S. 351), Gr ubho f e r (S. 353),
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yer (S. 356), G
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I(S. 357),
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r (S. 358) und
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er (S.
359).Aus
s c h u ß e n t
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u:n g� . betreffend Verstaatlichung der
8chlüsselindustrienund der
Großbanken
(S.
344).A b
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mmu n g e n.
Annahme
der G r
u p pe
nI bi s V (8. 32 9
); Annahme der Entschließungsanträge K
0 P 1e
n
i g - Fi s ehe r
zu. Gr u
p tpe III (S.
329);Annahme des Entschließ ungsantrages
F 1 0 ßman
n z uG
r u p pe
IV(S. 329).
Beginn der Sitzung: 10 Uhr 10 Minuten.
Präsident Kunschak e r ö J
f IIIe
t di
e Welt alsKultu
rsta
at lholhen Ranges edne be- Sitzung um10 Uhr 10 M
inuten.
sondere Bedeutung zukommt. Der Gesamt- In Fortsetzlllng der Spez.iJaldeibatte Üiber betr81g dieses Kiultu1'lbud!gets, der rund den IB
UJIlrdes
voransclüag rur das Jahr1946 200
Millionen Schilling '3lUsmacht, st.ellt wohl gelangt dieGruppe
VIIzur Verhand
lung, nur acht Prozent des Staatshaushaltes dar,ist
welme die Kapitel
11: Buntd
esministeri
u'ffi a,ber mit Rücksicht
auf die laußerordent rur Unte
rri
oht, Kapitel12:
Unterricht, ,Ka- HClhen Sohwier,t
gkeiten unser-er Lag,e doch pitel1.3:
-Kunst, und Kapitel28,
THel8:
ein namhafter Betrag, -der -beweist, daß Bu
ndestheat.er
, umfaßt. österreich bestrebt ist, trotz seiner Notlagedas
Möglichst
e fürdie
Erhaltung seiner kul- SpezialbericherstatterDr. Pernter:
Ho- tureUen EiII1cich1JUngen ;aufzubringen.hes Haus! Die
G
r ru pp e VI des Bundesvor-anschlages umfaßt außer dem Etat des Bun- Wenn
Jcih
mich kUl"zden -einzelnen Kapides.ministertiums mir UnterriCht das
B:UJ
dget teIn zuwende, will ich nur die markantesten des gesamt�
Unterrichtswesens, das istG
esichtspunk
t'e hervorheben. Zu Kapitel11,
Schulaufsicht, Hochschulen und wissenschaft- das den Etat des Bundesminis,teriums für licheZweC!ke, mittlerer und lIlieder-er Unt
er- Unterricht, also der Zentralstelle s-elbst, umdClht, Vo1ksbi1dllmgswes,en, Li eh tJbHd- und faßt, wäre die vom Standpunkte der Unter
F.Hmwesen, üherwaCJhung und L-enkung der- richtsverwaltung hocherfreuliche Tatsache zu Jugendbewegung IWld überiWach
u
ng -des unterstr,eiehen, .daß Idurch die neue KomSportwesens, ferner ,das Budget der Kunst, pet.enzreg.eltUlltg nunmehr auch die te
ch
nisc'h darunter die Aru:fwendungen des St
aates für gewerbli
chen Lehranstalten 'Und die gewerb die bi1ldenden Künste, die Musik und dar-l
ichen Fortbildungsschulen, die vor193�
stellende Koost, das Musealwesen, die Denk-
r
·essortm ä
ßigzum Hand-elsministerium f.e
malpflege und die Literatur,
und
schließ
lich hörten, der Unt.errichtsverwaltung eingeglienoch den VomnsClhl.ag für die Btmdesthooter. dert wurden, ebenso die
Hochschule für Es
hantd
eltsi
dh also hier im -großen undWelthand-el, die Hochschule für angewandtegtan'zeu,
wenn man von -sonstigen kultu
rell
en Kuust, die frühere KunstgeweI"beschule, so Amsgtahe'll der Länder 'aibsieht, um 'das Kul- daß jetz
t mit Ausnahme der landwirtschafttuIfuudJget österreichs, somit um einen Teil lJiC1hen Schulen
das
-gesamte Schulwesen im des Staatsvoranschliages, demim
Hinbldck Unter
richtsw
esen vereint ist, eine NeureauJf
die großen kulturellelIl L-eisrungen gelung, dievon
allen Sahulm
än
nern wärmunse
r-esLandes und seine Wertung .in der stens 'begrußt
wiro.314 18.
Sitzung ,des Nationalrates ,der Republik Österreich.- V. G. P. - 24.
Mai1946.
Zu
Kapitel12
wärezu bemerken,
daß dieses das eigentliche Unterrichtsbudget, 'sowohl die Hochschulen und wissenschafUi�heD A,lstaUen wie dlas g·esamte niedere
und
mittlere Schulwesen umfaßt. Wenn unser armer �llnd kleiner Staat einen Betrag von rund 221/2 Millionen Schilling Ifür die Hochschulen, diese höc!b'st,en BHdJungs- und Forschungsstätten unseres L,an.des, aufwendet, so ist däes g,ewiß eine lanerkennenswerte kul
t·ur.eHe Leistung. na:iür Ihahen aber auch die Hodhschulen ,im neuen -österreich die Pflicht, die
lakiademische
Ju.gend lim wahJ.'lhaft österreichischen Gei
s
te 'zu lehren und Im} erziehen.Bei dem nie,der'el! Schulwesen,
den
Volklsund HalUptsohulen sowie den g·ewerblichen FortbHdWllgssClhulen, ist Idie gfluudlegende Neuerunlg hervorzuheben, daß die Bezüg-e der Lehrpersonen, die ·fruher von den Län
d,ern und Gemeinden ,getragen wurden, nun
mehr vom Sta,ate getl'ag.en werden, was eine Summe 'von rund 107 Millionen Schilling aus
macht. Beim MiUelschulwesen er
gli
bt�ieh
infoLge höhererPersonalbeZiüge eine Erhöhung von rund 6 Millionen Schilling. Als neue �Post kommen die teohnisch�ge'We:rlb
lichen Mi ttelsc:lnllen mit rund 9 Millionen Schillinlg dazu. Die ,gesamte Erhöhung des Personalaufwandes beträgt bei Kapitel 12 gegenüber 1938 infolgedessen 151 Millionen Schilling. Der Kredit für Volksbildungs
wesen zeigt keine wesentliche Erhöhung.
Die hohe Post von 560.000 S beim Lehrfilm
wesen grundet sich auf die SchulfilmbeHräge, die ·eine ,uurchlauferpo.st darstellen.
Zu K,apitel 13, das ;das gesamte Gebif't der Kunst umr'aßt, wäre darli'uf zu ver,weisen, daß auch hier Erhöhungen dureh Übernahme neuer Institute in das Unterrictbtsbudget be
dingi: sind, s
'
O der Hochschuletür
ang�waI1ldte Kunst im Titel "Bild.ende Rün:;t!''' sowie beim Musealwesen des Kunstgewerbe
museums und des Heeresgeschdchtlichen Museums. Eine zeitbedingte-;- wesentliehe Erhöhung zeigt das Bu
d
getder Denkm:\l
pflege, welche ja noch weit größere Mittel zur Wiederherstelhmg der vi,elen duroh Kriegseinwirkn.mgen 'zerstörten
und
beschädigten Ku
n
stdenkmäler unseres Landes benötigen würde. Wenn das gesamte KUll"t
budg'et rund 5'9 Millionen Schillin
g
betrllgt, so. 1st .das bei der hohen Bedeutung der
Kunst ,für das kulturelle Leben österreichs, in dem sie ein H,erzstüClk österreiehisch0r Kultur darstellt, gewiß nicM übermäßig hoch.Schließlich wäre noch
zu
KJapitel 28, Titel8:
Bundestheater, hervo.rzuheben, d·aß der vom Staate zu deckende Abgang von 1'2 Millionen SchiUing ein verhältnismäßig geringer ist, wenn man bedenkt, daß
im
J,ahr,e 1937 einSt�atszuschuß
von4'8
Millionen Schilling geleistet werden mußte. Grundsätzli�h möohte iohdazu
:oemerken, daß naoh Jahrzehntelangen Erfah
rungen große Staatstheater vom hohen künst
lerischen Rang unserer IBundestheater nie
mals ohne jeden StaatS'zuschuß geführt wer
den
k
önnen.
Naoh meiner überzeugung handelt es sich hier rum eine durcharus produktive
Ausgabe,
da diese Kunststätten einen wesentlichen Faktor der Weltgeltung österreic:hs und ,österreichischer Kultu!' bilden.
Wenn 'auch das Unte:rrichts'budget vom Standpunkte eines Kulturstaates von hohem Rang, den österreich 'immer eilllgenommen hat, uOClh manche Wü:nsche o.ffen läßt, dfiirfen wir doch hoffen, mit
d
en im Budget vorgesehenen ,Mitteln 'auch 'auf dem Gebi
e
te der Kulturfi
ber .die schwerste ,Zeit hinwegzukommen. Im Geistesleben sind ja nicht dde Geldmittel,allein entscheidend, sondern noch mehr die geistIge
iK
raft und schöpferische Beg·abung. Unser Land hat diese unzerstörbare Kraft seines KlUltur- und Geisteslebens in
d
iesem ersten Jahre nac:h seiner Wied,ererstehung vollauf bewiesen. Es
Iwirtd
immer ein rurhm:vo.lles Zeugnis darü
r bleiben, daß schon 'am 27. April 1945, .als'O wenige Ta'ge naoh dem Verstummen der Geschütze, das erste Großkonzert der Wiener ,Philharmo.nik,er mit tr.irumphalemEnfollg stattf'and. Ge
rade !in jenen
T.agend�r
Not hat sich 'Wieder gelzeigt, daß Kultur ein Lebenselemeut des österreichischen Menschen ist. Darum muß der Staat auem alles tun, um sie zu fördern, d!
es um so mehr, 'als sie auch ein nicht hoch genug einzusCihätzend·es außenpolitisches und wtirtsc'hafftliches A'ktivum unseres Landes darstellt. Vor allem aber ist es Aufgabe des UnterrichtSibudlgets,d
ie AustbHdun.g unserer Jugend in !dem Sinne zu ·sichern, daß ihr nach den vom Nazismus Iv·erschu1deten Jahren· des Niederganges unseres BilJdungs
wesens ,wieder jenes hohe Maß 'vo.n Wissen und geistiger Sohulung ve
r
mitteltwird,
w.elches d,as österreidhische Schulwesen immer ausgezeichnet 'hat und das der jungen Generation unseres Volkes die geistigen Waffen lief.ert, die sie :instandsetzen, im f:niedlichen Wettstreit der Völ1ker den hohen Rangös
terreichs al,s Kulturrnacht zu be
haupten.
Der Finanzausschuß .hat nach eingehender Debatte die finamligesetzHchen Ansätze an
genommen. Drei :Entsdlließungsanträge der Abgeordneten
'V
01
f und Genossen, betreilend Schatümg eines Bundesgesetzes ,be
züglic'h der landwirtschaftlichen Fortbil
drungsschulen, betreil,end Schaffung eines BlIDdeseI'lZli.ehungsgesetzes und ibetreffend Verlängerung der SchuLpflicht, WIU:nden dem A
u
sschuß
rur Unterrioht überwiesen,
18. Sitzung
desNationalrates der
RepubLik österreich. -V. G. P.
-24. Ma
i19,16. 315
DerFinanz-
·und BuidJg
eta
uss
chuß stellt
auf Grund
seinerVorberatung den A n�
t r a g, der Nationalrat wolle beschließen:
Dem Kapitel 11: ,i
Bund
es
mini
sterium für Un
te
rrioht",
dem Kapitel 12: "Unterriciht", dem Kapitel 13: "Kunst" und
dem Kapitel 28,
Titel8:
"Bundes�theater" samt dem dazugehör enden Geld�
voranschlag (Anllage HII8)
des
Bundesvoranschlagesrur das Jahr 1946
in
derFassung der Regi
erun
gs
vorlage .(69 d. B.) wird die verfassungs
,mäßige ,Zusttiulimung erteilt.
Abg. Ma
riann
ePoilak: Hohes
Haus!Das Lehen spielt einem manchmal merkwürdio'e Streiche. Man muß ein halbes J ahrhund � "'r t
warten, um d
ie Ehre 'zu haben, an dieser Stelle sprechen zu dürfen, und dann darf man es gleich an zwei aufeinanderfolgendell Tagen. Ich habe in den letzten Jahren
imAuslande gelebt
und icl1kann dem Hohen Haus sagen, daß es nioht nur eine Phrase i
st, wenn ioh sage: österreich ist beliebt.
Aber
wal'lum ist es 'beliebt? Wenn ich einen banalen Vergleich wählen darf, 'so bin ich mir manchmal draußen vorgekommen. wie der Vertreter einer Weltfirma, ,die einen Markenartikel 'an�ubieten hat. Dieser
Markenartikel 'hat geheißen: das "Rote Wien'·.
Weit über die sozialistischen Kreise des Ausland,es hinaus 1st dieses "Roote Wien"
das, was man in der Handelssphäre elllen Markenartikel nennt. Ein Stück
da
ra
us, das Herzstück, ist die 'Schulreform unseres ver
st'Orbenen Freundes Otto GlÖckel. Er hat damals ein paar wesentliche Erziehungs�
grundsätze in den Vordergrund seiner
Be�trachtungen gestellt. Sein Ziel war, daß die Sc-hule,
dieProduktionsstätte des österrei
chischen Bürgers, republikanisch und demo
kratisch werden
sol
l, damit österreich ein freies, ein demokratisches Land werde. Dazu ab
er ist esnot
wendi
g, daß
dieLehrer
vonde
rRepublik selbst, das heißt, vom Staate
�elbst
erzogenw
erd
en , und darum glaube Ich,
müssen wir diestaatliche Lehrerbil
dungsanstalt fordern.
Selbst in demklassi
�chen
Lande derPrivatschulen, in England, msbesondere seit dem neuen
Schulg
es
etz von 1944, ist
diePrivatschule durch den Druck der öffentlichen Meinung, wenn auch langsam, so doch in die Defensive gedrängt.
Und vor ·allem LOnldon und s-ein -Gemeinderat der London County Council, :ist dafür berühmt' die ,öffentliche IPflichtschule zu d·er be
st
e�
Schule Englands g,emacht zu haben.
Wie steht es aber nun in österr e ich?
Zumeinem wirklichen
Bedauern listvon
derProvisorischen Regierung
ein Zus
ta
nd wied
er-
h
erg
est
ellt worden,
deruns in das Jahr 1939 zurückversetzt, das heißt, es ist die Mögl
ich
keit des
Bestehens von privaten Lenrerbil
dungsanstalten wieder
gegeben. Eswird das Hohe Haus interessieren, zu erfahren,
daßes im Jahre 1938 11 staatliche Lehrerbil
dungsanstalten, aber 24 private Lehrerbil
dungsanstalten gegeben hatl Das kann nicht das
Zieleiner wirklich einheitlichen, demo
kratischen und republikanischen SchUlbil
dung sein.
Wie können
wir aberam
besten der Erziehung zur Demokratie dienen'? [eh glaube, wir müssen vor allem den inneren Schul
betrieb und die Lehrbehelfe außerordentlich modernisieren und .dabei kann uns die Tech
nik durch Einführung von Schulfunk und Schulkino sehr viel helfen. Auch da darf i.ch wieder von England als Beispiel sprechen und sagen, daß dort
derSchulfunk dne ganz große Rolle
.in derErziehung und vor allem im Unterricht spielt; ich habe nie versäumt,
so
oft ich dazu Gelegenheit hatte, dem eng
lischen Schulfunk zuzuhören.
Er
gibt den Kindern und vor allem den Schülern der höheren Jahrgänge Gelegen
heit, Einblick :in das polHische Leben ihres Landes ,zu gewinnen, die PersönlichkeitBn des öffentlichen Lebens und die Ansichten der politi.schen Parteien und ihrer Führer kennenzulernen. Ich habe mir bei der ge
strigen und vorgestrigen Debatte manrhmal gedacht: Wie würde die Übertragnng einer solchen
Debatte durch denSchulfunk
österreichs auf die höheren Ja
hrgänge unserer Buben und Mädel wirken? Und ich muß sagen, dch glaube nicht, daß 8ie in allen ihren Ausführungen erz.ieherischen Wert gehabt hätte. Darf ich Ibnen sagen, meine Da!l1en und Herren, daß sieh die englischen Schulen zum Ziel gesetzt haben,
dieKinder v,on klein auf diskutieren
ZlUlehren, ihnen vor allem die selbstverständliche Beh
errschung ihrer Muttersprache
zuvermitteln
undda
durch den MänneI"ll und Frauen des VoLkes einen sehr wesentliBhen
Grundfür Minder
wertigkeitskomplexe zu nehmen. Jeder Eng
länder, jeder Arbeiter, jede Arbeiterfrau kann
in öffentlichenVersammlungen spre
chen lund di
e ,WrIdie englisohe Demokratie so wichtige Form der Frage in einwandfreier
Formvorbringen. Ich bi'n nicht der Meinung, daß wir
unsschämen müßten, weil Meinungen aufeinal1derstoßen, denn
ichhabe nie ge
glaubt,
daß·eine Konzentrationsregierung dazu diene, Meinungen zu verwässern, son
dern dazu, tn demokratisoher Zusammenfas
sung das Beste aus allen Meinungen für das Land heraus,zuholen. (
Beifal
lbei den Partei
genossen.)
j 16 1S.
sitzungdes Nationalrates der Republik 'österreich.
-V. G. P.
-24.,Mai 1946.
Meine Damen und Herren! loh ihabe manch
mal das
Gefühl, daß in gewissen Kreisen des Hohen Hauses eine außerordentliche Wehleidigkeit anzutreffen ist.
na hat
uns zum Beispiel Herr Dr. G s c h n it
z e rz
änkisch und keifend genannt. Ich persönlich bin stolz auf diesesU
rteH,
denn
es izeigt, daß wir durchaus nicht mit allem Zlufrieden sind.Alber vieHeich
t
darf (ich, da nun sclhon versohiedene Vergleiche während der Dehatte ge,wählt worden sind, niclht auf das eheUche Leben 'Zurückgreifen, sOIll
d
ern - ich spreche
ja 1Z!U!Ill Etat des Unterrichtsministeriums -, aus dem Bereich Ides Unterrichtes ietwas wäh
len, und Zlwar die 'PflÜgelstr
a
fe. Wir aUe sind, wieic
h .glaube, ausnahmslos ge'gen
die ,Poogelstrafe, ·aber manchmal 'kommt es in den besten Häuserp zur sogenannten ,,,gutmütigen Watschen", das heißt, der Vater Öder die Mutter haut im Affekt dem BuBen oder dem Mädel} - ob ,zu Recht oder
UnreCht
- eine Watschenhe
runter. . Nun
möchte
ich ,folgen des sagen: lDer Vater, der dastim
Jälhzorn 'tut, hat es in der nächsten Minute schon wieder vergessen. Das Kind aber, das die Watschen ·zu Unrecht ibekomme
n
hat, denkt noch se,hr lange, vielleiClht sogar das ganze Leben, an diese Watsehen, die es nicht verdi
e
nte. ,Darf iC'h sag·en,,daß die
'Wa
tse
hengebeT 'in diesem Haus ein :kür,zeres IGedächt
nls
:zu!h
alben scheinen als diejenigen, die die Watsc
hen -!Zu Unrec.ht - �bekommen ha:ben?(Beifall !bei den Sozialisten.)
Der 8chulfun'k sollte uns also, wie gesagt, mit ,dem lehendigenLeben rvertraut machen.
Das würde durcJharus mögHch sein und ich glaube auch in den Etat eingebaut werden mönnen, und das
Schulkino
ebenfalls.Ich brauche
ihnen gar nicht zu sagen, wie außerordentlich verlebendigt der Unterricht würde, wenn man etwa die Geographie niöht ·aus dem Atlas allei
n
lernte, sondern auch aus kulturpolHis'c
hen Filmen anderer Länder und Gebiete, die uns andere Arbeitsmethoden, Traditionen undLe!benssitten ,zeigen, so daß das Kind wirklich etwas von
den 'anderen Staaten erführe. Wir wissen ja, daßin
den letzten Tagen ,in Sdhu'lkreisen eine sehr eindrucksvolle Dehatte über die Modernis
i
erung des Geschichtsunterrichtes stattfand, und wir haben lebhaftes Interesse, daß gerade dieser Unterrichtszweig modernisiert, demokratisiert, und wir können hier wohl sagen, republikanisiert werde.
Aber was wir vbm Standpunkt des Volkes aus sagen wollen, und ich spreche hier nicht als ,Lehrerin von 'Beruf, sondern als öster
rAicherin, die das OefüJh'l hat, die Sehule ge
hört
dem ganzen V o]Jk, 1st, daß der Typus der Schulikaserne abgeschafft werden soll. ,�Beifall fbyi den Parteigenossen.
)
Ich weiß niobt,ob das den Damen und Herren dieses Hauses auch so Ibewußt wird wie mir
.
Sowar ich vor kurzem in
einem adaptierten Floridsdorfer Hilfsspital; ich habe sofort, ohne daß mir der Primarius ·es hätte sagen müssen, ,gesehen, daß das eine ehemalige Sc/hule ist. Der g,anze Bau des Hauses, die garuze Zusammensetzung der Rätume und Gänge hat etwas Kasernenmäßiges an sieb, und ich habe mit Sehnsucht daran gedacht, wie wundervoll modeme Schulen sein können, wenn ich mich etwa an die Schulen in StookhoLmerinnere, die zu den sc
hön
stenOe:bäuden
dieser von Sozialisten verwalteten großen, Iherrlichen Stadt ,gehören.Zu diesem ,Kasernenmä
ß
igeu .gehört aber auch die Sc'hullbank Ich glaube, kein 'Lebensalter in der Entwicklullig des ,Me
n
schenist so '
damuf aus, lebendig sein I1JU können, Bewegung ru machen. Das Stillsitzenfällt den Kindern sChwer. :Also weg mit den IBänken und 'herein mit Tischen und Sesseln, weg mit dem ·Podium des Lehrel'lS und den ,Lehrer in die Mitte der Kinder ,gesetzt, ,wie das in allen engilischen model'lllen Schulen der iFaU ist!
Es versteIbIt sich !Von se1bst, daß Sozialisten, ich glaube aber, daß auch 'alle denkenden ernsten, 'gerechten Menschen, die Unentgelt licbkeit der ,Lehr- und Lernmittel fordern müssen. Insbesondere deshalb, weil wir jetzt ein 'so verarmtes ·Landsind und weil sehr bald das IGeld, von dem wir heute noch nicht wissen, was es wert ist, wieder von den ,ar
beitenden Schichten 'dieses Volkes .sehr, sehr genau angeschaut werden wird. Es sollen dann die krassen Unters
c
hiede .zwischen jenen, die die Lernmittel 'beZlahlen können, und jenen, die sie unentgeltlich bekommen, nie wieder auftauchen, wie das in der ,Vol,ksschule vor 1918 der Fall gewesen ist.Wir !
�
ordern 'ferner das neunte Schuljahr. Die Fachmänner werden uns vielleicht sagen, wir Ihätten 'nidht das Geld dazu.
Aber in einer Zeit, da unsere Kinder seelisch, körperlich, moralisC'h, aber auch illnterrichtsmäßig wil"klieh unterernährt sind, glaube ich, muß ein fa'ch das 'Geld her:beigesehafft werden, damit es ,zu diesem neunten Sehuljahr Ikommt.
. Zur
'
Demokratisierung .geih,örtalber au<ili der Anschluß an die Ifreie Welt. Diesen Anschluß wollen wir. Dieser Anschluß ist nur duroh Schüleraustausch, SchlÜlerkorrespondenz, ;Lehreraustausch,Ferienreisen, durch die wirk
liche El'Ikämpfung und Erlernung etner �wei
ten Weltsprache möglie,h. Wir sind ein zu kleines Land, wir �önnenes uns niclht leisten, nur österr,eicher ·zu
sein,
besondefls da wir auch ·auf die iFremdenindustrie angewiesen sind. Wir alle ,brauchen das, wenn wir wirk
lieh den Ansch14-f3 an die moderne, an die freie Welt erreiohen 'Wollen.
18. Sitzung des Nationalrates
der Republikösterreich.
-V. G. P.
_.24.
Mai1946. 317
Zum Schluß lassen iSie ·mich
Ihnen
�fo1gendes sagen: Wir brauchen dieses freie -öster
reich, und es ist, wie wir wissen, nicht immer frei gewesen. Es hat in der Vergangenheit seine besten SOhne geistig gefesselt.
Irfu
will hier nur den Namen 'Gril1parzer nennen, sicher nicht ei,ner, -den sie "Revoluzzer" nennen, aber dieser tieUühlende Mann ,kam aus seiner Wortkargheit trotz seiner genialen Beg8'bung 'deshalb nicht heraus, weil er gei,;,
sUg
gefesselt war. Er ist ein Verbitterter, ein Einsamer geworden. Weiß Gott, was wir von Franz GriHparzer bekommen hätten, wenn er in einem 'freien ,österreich hätte leben und wirken ,dü.,fen! ,Das gilt ganz ebenso von der Masse der schaffenden, begabten Kinder dieses Landes, und daher ford·ern wir,. fordert vor allem meine iPartei, eine planvolle Wirt
SClhaft, geftü!hrt von innerlich und äJUßerlich freien Menschen. (Lebhafter Beifall 'bei den Parteigenossen.)
Abg. Fischer:
Hohes Hausl Es ist zweifellos. eine der großten, aber auch eine der schönsten Aufog-aben, heute mit der Bildung, mit der Erziehung der Ju�nd und mit der . N e�gestaltung des gesamten österreichischen Kultupwesens Ibetraut �u sein. Ic.h leugne gar nicht, daß es mir leid tut, nicht mehr als Ge
staltender, sondern als Beobacihtender diesem Prozeß gegenüberzustehen. Es hängt dies mit dem Ausgang der W'ahlen zusammen, oder um die poetischen Worte des A<bgeordneten W i dm a y e r, der dichterisch ex:zidiert hat, ,zu wiede:r:holen, mit der "mimosenhaften Stimmenanzahl" , die wir erhalten haben.
Nun, ich ,weiß nicht, ob der Abgeordnete Widmayer Mimosen
n
ilfut vielleicht mit Stechpalmen veI"Wechselt und, wenn wir bei dieser politischen Botani,k bleiben wollen, .so möchte ich ihn erinnern, daß unterdessen die ersten
"MaiglöClkerln" ,geläutet ha:ben und 'vielleicht eine Zeit, kommen wird, in der wir nicbt mehr die VOI'lfl'1Ühlingsblume, die Mimose sein werden (Zwischenrufe: Vielleicht das Stiefmütterchen!), sondern die Gladiole, die Schwertblume.
Nun
,aber von ,dieser politischen ,Botanik zuruClk 'zum eiJgentlichen Thema: Ich !bin derMeinung,
daßman
heutewirklich :mit
sch!öpferisclherPhantasie an die AufgaJbe der Er
ziehung und 'Gestaltung desö.sterreichischen Geisteslebens herantreten muß, daß es Iheute unmöglich ist, auf diesem Gebiet zu alten, eingefahrenen Bahnen zurückzukehren. Wenn ich an 'dem sehr sauber und sehr ge'Wissen:haft ausgeal'lbeiteten ßudgetvoranschlag Kritik übe, so mÖClhte
ich
'darauf hinweisen, daß er in Wahrtheit ein voHkommen ,konservati,ver . Bud'getvor,anschlag ist, der keinen Raum rur il'gendwelche neue Dinge läßt, für einen lebendig schöpferischen Einbau von Notwendig
keiten,
die
sichzweif�llos
ergeben werd·en.Wir müssen uns vor allem, wenn wir dieser Aufgabe gegenü!berstehen, unsere heutige Ju
gend ansehen. Es ist meine feste Überzeu
gung, daß
wir
nie
h!
ein
mal
einen iBruchteil dessen ,zu leistenveflmöchten, was wir leisten müssen, wenn wir nioht alle von einem festen tGlauben an die Jugend erfüllt wären.Es wird
selhr,
sehr viel Kritik an der gegenwärtigen Jugend geübt, zweifellos zum gro
ßen Teil berechtigte Kritik, aber vergessen wir nicht, an jeder Jugend ist Kritik geübt worden! Ver:gessen wir nicht, wir ·alle waren einmal die schreckliche, die '!Jürchterl1che Ju
;gend, an der die Älteren Kritik geübt haben, und es 'ist kein Zweifel, daß jede .
j
ung
e Generation ihre iBesonderheit hat, vor allem die Besonderheit, daß sie -sich von der älteren Generation unterscheidet. 'Es ist gar kein Zweifel, daß das Ergebnis der Jaihre des Fa
sch.ismus und der Kriegsjahre dazu geführt hat, daß 'wir unmittelbar einer zum Teil
de
morallis'rerten Jugend, die wenig <Boden oder sumpfigen Boden unter den Füßen hat, gegenüberstehen, eimer Jugend, die sich zum Teil ,Beschäftigungen hingi,bt, die ,�weifellos ihrer Entwicklurug nicht f'örderlichsiI1d. Aber sehen wir docth in der heutigen J'ugend nicht nur die eine Seite, den ,,schlurf"! Sehen
vdr
auch die andere Seite, die Tausende und Zehntausende von Ij:ungen Menschen, ,die arbeiten wO'llen und 'bemüht si
n
d, aus dies.er Situation herauszulwrnmen, -die aber ,zum großen Teil keine wirkliche Möglichkeit ,haben, sich in den Prod'lllktionsprozeß und den Bildungsprozeß einzugliedern! :übersehen wir doch -eines nicht: diese Jugend hat zum grpßten Teil nichts anderes kennengelernt als' faschistische Atmosphäre, Il'ichts anderes, als FlÜhrerprirrzip, Kathedergehorsam und militaristische Organisation, und wenn wir heute zum Teil einen ind-i:viduellen Protest der Jugendlichen gegen jede Form der Eingliederung feststellen, so steckt darin zu
nächst ein guter Kern, nämlich der instink Uve, individuelle IProtest, den ein nicht ge
ringer Teil der Jugend gegenüber der faschi
stischen -Gleich/schaltung erhebt und der allerdings auch Züge des Anarchismus und des IndiiVidualismus, der Absonderung, in siCl1 trägt. Aber das ist ein gesunder Kern und wir müssen daran anknüpfend versuchen, ihn fruchtbar zu machen für eine Neugestaltung.
übersehen wir nicht, ein Teil -der Jugend
lichen, vor allem die etwas ältere Jugend, ist außerordentlich skeptisch, außerordentli
c
h mißtrauisch. geworden gegenüber allen großen Worten un!d jeder Form von Agitation und Propaganda. Auch darin steckt ein gesunder Kern. MaIL hat die junge Generation mit so viel Propagandalär.m überschüttet und so viel'e Schlagwort,e wie mit Schlagr:ingen ilIl die -Gehirne ieingehämmert, sO'daß
siemiß-
318 18. Sitzung
desNationalrates der Republik
öst e
rrei c
h.- V. G. P.
-24. Mai 194ft tranisch und ,zurückhaltend g-eworden
istund
wenig-er den Beweis des Wortes als den der
Tat
erwartet,um
sich für etwas N eue
s 'zu 'begeistern. Ich
den
ke, man muß diese Jugend vor sich sehen, ihre Haltu
ng kennen, um hier gestaltend, geduldig und 'zielbewußt einzugreifen. Ichg-Iaube, es muß eine der HauDt
a'llfg-aben unserer ·ganzen
E
rziehung
se'in, der Jugenrl wirklich lebend
ige, neue Ideale .zu vermitteln. Diese Ideale müssen Beg-eisterung- für
östeueic
h. trotz allenR�hwierü!keiten. in denen sich unsere Heimat gegen
wäl'ticr befinrlet.
llnd
Beo:eisterU'ng für die Demokratie erwecken. I�h
sage ausdI"Ü
ck
lich Beqej"tp.fnuQ' zur Demoluatie, nicht einfach irQ'emleine kn'hle Anerkennung: Na .gut, es i8
teben
ietzt ein demokratisches-4'System und früher haben wir ein and
eresSystem gehabt.
Ich möchte
hier anknüpfen and
as, was mein e
Vorgänge
r
in gesagt hat.Ich IZ'la<u
b
e, wir sind uns viell
eicht alle 'floch nicht genül!end bewll
ßt,d
aß dieses Parlament.das erste Parlament seit so vielen Jahren.
nich
t
nurdie Funktion -hat, die Meinungen gegeneinander
pr
allen 'zu lassen, wie es eben n otwendig ist
, nicht
nur ,die Funktion hat
.sachliche Arbeit zu leisten
-
all
chdas
ist notwendig-, sondern auch
eine gewisse erzieherisClhe Funktion hat, Idie 'über alle Par
teien hinausgeht und eine Sadhe aller Par
teien in diesem Ha,use is
t
. Ich habe nicht denEindruck,
daß es uns bisher gelungen dst, ein lebhaftes Interesse derjüngeren Generation für das Parlament zu
erwecken, und ich sehe darin eine Auf
gabe,die
eine Aufgabe aller Parteien und aller Angehörigen dieses Parlamentes ist. Nun weiter: In der f'Fr,
a
ge .der JugenderZJiehung, der Schöpfung aus dem Reserrvoir unserer Jugend, müssen wir, lmd ich denke auch
h
ier vom überparteil
ic
hen Standp
u
nkt aus, ein Zi
el haben:
aus einem mög:l
i
chstgroßen Reservoir unsere neue I
ntelli genz und unsere neuen Begabungen zu s.�höpfen.Wir sind
in ö
sterreic h
recht arm geworden
an Menschen
, die vielseitig gebild
et sind, an Men
schen
, die hi
naustreten
können vor dvegroße demokratis'che Welt, um
dort wieder den Glanz lösterreichs zu ver
br
eiten.Es
muß eine entscheidende Aufgabe sein, aus der Arbeiterklasse, auS' der Ba
u
ernsCJhaft und aus allen ISchichten des Vdlke,s ein Maximum an Bildung 'und Erziehung zu el'lzielen. Das heißt es er
scheint mlir
'llotwendig
,daß
wir sobal
d als'möglich eine Schul
e zug
estalten
haben, diein
den unteren Stufen ,bis zum 14. Jahr eine Einheitsschule ist, die den gleichen Start unld die gleiche Chance für alle Kinder unseresVolkes :bedeutet,
die - ich ikann das hier, da ich zu wenig Hedezeit habe, nicht im . einzelnen ausführen - natürlich auch alle so-
zialen Sicherungen Isclmfft, damit dieser gleiche Start nicht nur ein formell gleicher Start ist, 'sondern
tatsächlich dem Arbeite'r
kind und dem
Bauemk,ind soweit 'als möglich dieselben iBildungs- un
dEntwie>k
lungsmöglichkeiten h
ietet
, wiedem Sohn der iBourgeoisie und
derI
ntellig
enz.
Ich glaube, wir haben al-sodas
gr'ö
ßte Interesse damu, Jd,ie gesamten unteren Schulen 'Zu heben, nicht zu !senken, einen Schultypus zu schaffen, in dem ahle Kinder bis zum 14. LebensJahr ohne Unterschied gleich
mäßig unterric.htet werden und 'die wirkliche Grundla,ge einer
Bildung
erhalten, um dann in der späteren Entwicklung die Möglichkeit einer freien Berufswahl ,zu erlangenund
je nac
h Fähiglk
eitund Begabung
diesen oder jenen Weg einz u
schlag
en
.Um
wirkl
ic
h aus dem großen Reservoirunsere,g.
Vollkes sC/höpfenzu·
können, muß ;Grundsatz sein:gleiche SC'hulen ,bis- zu einem. bestimmten Le
bensalter und später reichere Differenzierung als es -heute der Fall 1St.
IcJh
<b
in
auchd
er
Meinung, .daß wir sofrüh a
ls möglich 'beginnen sollen, den AnMhluf3 andie große fre:ieWelt in unseren Kindern her
zust€ülen, daß wi
r
uns vor der Gefahr de.s engen Provin'Zialismus' hüten sollen. Wir wollen uns mit allen Fasefln zu .österre;ich bekennen, . aber wir sollen, immer wiederwissen, daß österreich nur ei.n iStüc1k Welt
ist
,und wollen dieses Bewußtsei1u .in unseren Kindern erwecken. Dazu sind zweifellos fremde
Sprachen
in jeder Beziehung eineNot
wendigikeit.
Wirh
a;benim Staatsamt
fürUn
terricht
denV
el
rsuchg
ema
cht, mitHilfe ei n
es der klügsten Fachmänner auf dem Gebieted
esS
chu
lwesen
s, des Sektionschefs Gaßner, in der Volksschule da und dort schon Fr
emd
sprach
en einzu
führen, und ,zwar versuchsweise. Man
I k
annsagen, dü�
erstenVersuche haben
sich bewährt. Es 'hat s:ichg
ezeigt,
daß gerade die Kinder in sehr frühem Alter außerofldentliclh bereitu
nd fähig sind, ,fremde Sp
rachen
aufzunehmen, natürlich nicht dann, wennman
sie ihnenin der Form
vong
ram matikalischen Pflügelschlägen verabreicht, sondern wenn man ihn
endie Scheu vor
demSpre,chen nimmt ,und
sie darauf lo�plappernl
äßt, . ohned
aß sie noch wissen, wie dieserSatz gebaut ist oder
wie dieser oder jener Satzteil grammatikalisch bezeiohnet wif'd,Ich möchte nun kurz auf eines der wi
c
htigsten IGebiete unseres BHdungswesens zu
sprechen kommen, auf unsere Hochschulen.Die Hochschulen waren i
m vergangenen
österreioh mit R
echt immer wieder eine der größten Streitfragen, die, weit über d,ie Kreise' der Akademiker und Intellektuellen hinalus dasgesamte Volk
in Erregung gebracht haben. DieHoohsC!hul�n
.in österreich waren18. Sitzung des
Nati
onalr
·ates
der nepu
blik österreich. - V. G. P. -24. Mai 1946. 319
zweifellos in der Vel'lg,ange
nhei
t ,zu einem wes
entUchenT
eil H
och'burgen der Realdion, Brutstätten einer nazis
tis
·chen, deuts
chnatio
nalen
undI
fas
chi
stischen Vorbil
dun
gder aka
demischen J
ug
end
. Wir hatten unte
r den HochschulprOtfes.soren, UJllter'
den leitenden Akad
emikern sehr viele MensClhen, die alle akademischen Grade'
be
ses
sen halben; 'l1Iur einGrad hat ihnen
g
efehlt: Rückgrat! und ichg
laube, 'es ist sehr notwe
ndig, daß wir end1,ich nicht
diese akademisohen, sondern die allge
mein menschlichen Gra:de, ll11Hnlich das demokratische, das antifaschistisehe Rückgrat in unseren Alkademikel'ln höher schätzen als alle m
ö
glichen anderen Diplo
me,
Grade
US'W.Wir hatten e
i
ne Men
ge Professoren, vor allem an der Universitä
t,
die
fähi
g, waren, in allen Fanben zu spiel
en, mit Ausnahme einer Farbe, nämlich rot. Abe.r sonst waren si
e
fähig,in
all e
n Farben zu
spie l
en. Ich möchte unter den vielenC
hanüH e
ons nur eines hervorheiben, den Professor H.r. Ei:bl,
d
er jetzt wie
der ,be
g
innt,
in denVordergrund zu
treten,der
jetzt auf e·inmal se
ine
östel'lreichischeGe
sinnung wieder entdeDkt
hat. In Illleiner Hand Ibefindet ,siclh ein vertraulicher Bericht jenes Herrn Professors Dr. E1bl an denH
auptmann Leopold
, also einen der führenden Nationalsozialisten in ÖSlterre-ich. In diesem ungemein interessanten Bericht sohil
dert der HochschulprofessorDr. Eilbi,
daß er schon
im Jahre
1936 der NSDAiP. Ibeicre
trete
n ist, während er uns jetzt immer wied
er versichert hat, daß er niemals ein Nazi gewe.sen sei. 'Er schildert weiter
in
diesemBriefe sehr interessant und
auchg
escJhichUich
sehr auf-'schI ußreich s
eine wesentl
iche Funktion,
die erinnerhalb der illegalen
rNazipartei
gehabt hat.Er war der eigentliche V
e
rbindungsmann zu Papen,d
er eige
ntl
iche Ve
vbind
ung
smann zudem
in sehr un
angenehmer Ecinnerunii stehenden We
i
hbischofH udal, der den V
e";. s
uchnnter,nommen Ihat, d8lIl Nationalsoz
J
alisiffius in katholischen. Kreisen salonfähilg zu machen.Er hat
eine ganz
wesentliche Rotle bei der Vorbe
re
itu
n�
de
r Okkup
ati o n
österreichs gespielt. Heute tritt
er
wie
der
als· österreich ischer Professor,
als
habe er ·nie an etwas anderes geglaubt,
vor dieÖffentlicbkeit und unsereJugend.
Ieh baltedas frür
unmöglich und glaube, daß das ganze Haus mit mir darin übereinstimmen wird: wir mü
ssen in der Frage derHoC'hschulprofessoren strenger,
rigo
roser sein als in vielen anderen Di
szi
plinen.Es
geht einfach nichtrun
daß ein Mann vorgestern großdeutsche -Ges
chi
chte,g
e
ste
rn -Geschichte des Nationalsozialismus und . beu
te . iQes,chichte des 'demokratischen öste
rre
iclh
vorträgt. Das i.st einfach unmöglich lLIld würde
unsere
Jugend nur verd
erlben. Ich mö
cht
eaber auch darauf
hinweis e
n,
daß heute w.ieder anUD-seren Hochs'Chulen
e
in nicht ung,ef
äh
rliches Monopol geschaffen wird, das aus zwei Wurzeln entspringt:erstens ein Monopol der Mittelmä
ß
ig:keit - ich will das ganz offen aussprechen -, ein' Mono
pol von selhr vielen Professore
n,d-ie jetzt,
da Lehrstühle frei geword
en sind undandere. bessere, augenlblieklich nicht da waren,
sich Ibeschleu
nigt
auf diese frei
ge worde
nen Lehrs
tü
hlebe
geben haben und .sienun mit
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Füßeng
eg
enJene ver
t
e
idigen
,d
ie
sich heute noch nicht inöster
reich
befinden.
Ich habe schon im Budge
taus schuß darauf hing
ewie
sen, wie v,iele weltberühmte 'Gele'hrte sic
h
nOClh im Auslande befind
e
n. Manh
at ge
wiss
e VerSlUcha unternommen,
sie
nac-h 'österreich -zuruckzUJbringen, aber es ist mir be
k
ann
t,
daß ,solche Versuche a'us ,den Kreisen der Hochschu
l
lehrersC/haft
immer wieder konterminiert werdenj
w
e
il d.iese HerrenAngst
vor der ..größere
n .Begabung, vor derlegitimen ,Begabung jener haben, die zurucklkommen und dIe ihnen ge
hührenden
Le
hrstühle
an den österreichisch9!ll Hochsehulen einnehmen könnten. Das ist zweifel
l
osder
ein
e Grund: dieses Cliquewesen,
d
iesesZusammenhalten der Mittel
mäßiwkeH gegen
alle B9igabung,alles
Lebendige und Neue, was da heranströmt.
Eine zweite Wurzel - ich wi
l
l auchd
as g
anz offen aussprechen - besteht darin, daß jetzt an den Hochschulen ein Monopol der Volkspartei geschaffen wird. Ich möohte hier ganz kurz auf die Wirksamkeit des als Arzt und Professor
zweifellos
'bedeutenden Professors Dr. Arzt hinweisen. Meine Damen ullidH
erren!Hier wird begonnen - ich -sage
es ganz off'en- eine Art von G es
in:nullIg:sdi.k
tatur aufzur
ichte
n. Hör-en Sie nur herum dieK
lage
nvon
Dutz.
e
nde
n und Dutzend'en von Ärzten, daß esh e
ute
fast unmö g
lich ge
worden
ist, irgendwie in eine Klinik zu kommen
, wenn man nicht .das Mi
tgl
iedsbu
ch der Volk
spartei in der Taschehat und
;s
onntag
sin die Messe
geht. Das führt zu Zynismus be
i einem große
n Teil dieser Äl'Izte. Ich selbst habedas
bei einem Teil der Ärzte, der bei mir war - nicht unbekannte Ärzte,ich w
ürdemich hüten, hier
i
hre Namen zu nennen, dadamit vielleicht ihre Karriere vernichtet würde -, erlebt. Die haben mir gesagt: Na sch
ö
n, haben wir die eine GeSlinnumr getragen, so werden wir halt in die Messe gehen, denn
e i
ne Messe ist
einen Lehrstuhl wert - um
das
Wort zu variieren. Das ist eine gefährliche Situation.Mair
müßte sich hier tiber eine parteimäß
igeB
etraohtung erheben. Wenn heute der Versuch unter nommen wird, hier vollkommen einseitig orientiert eineH
ochschullehrerschaft
heranzuziehen, dann würde das alle N e1gungen und
Tendenzen auf d
er anderen Seite stärken, bei einempolitischen
Wechsel in320 18.
Sitzung des Nationalr·ates der Republik österreich. - V.G. p�
-24. Mai 1946.
österreich das Umgekehrte zu vollziehen, und das wäre außerordentli"h
gefährlich für
die gesamte Entwicklung in österreioh. Wir müs's
en wirklich nach sachlichen Gesichtspunkten, nach dem Gesicht
s
punkt des Kön nens, der Fähigkeit iUlld des Charakters, die Auswahl treilen - es dürfte kein anderer gelten.Die Studentenschaft ist
b
eu
teZlU
einem großen Tefle unpoltitisch, wobei die,ses Wort"unpolitischlf sehr oft einen eigenarHgen -Bei
geschmack bat. In
der'
Vergangenheit hat man als politischa
lles das bezeichnet, was lin
ks ElIiner gewissen Demarkation.slinie der Weltanschauungen war, aber was rechts dieser Demarkationslinie der Weltanschauun�en war, drus war nicht etwas ISO minderes wie Politik, das war etwas anderes, das waren die ewigen Menschheits
werte usw. Hinter diesem Unpolitischen vp.rhergen sich 'gewisse reaktionäre Gef,ahren.
Wenn ,es uns nicht �elingt,
die
brei
te Ma<:\se derS
tu.rlente
nschaft zu wirkilich über zeu�ten Demokraten zu ,erziehen, wenn e<:; uns nicht rgelingt. -sie wirld
ich mit denIifeen
'einer neuen ZeHzu
erfü
llen, wenn wir ,ihnen nicht die Möglichkeit ge'ben, hier alle Ideen die'ser neuen Zeit k'ennenzulernen, um dann 'alls freidenkende Menschen die Auswahl 'zu , treilen, dann mag es ge
schehen, daß morQ'en ,Mese Stuldent.en1scblaft
im
Lagerder Volksuartei
und übermorgen im Lacter irgeudeines Neo�aschilSmus ,in österreich !Steht.Das i-st eine ernste Gefahr, der wir bei der akademischen Jugend gellenüberstehen.
und es könnten si·ch alle demokratischen Partei.en ohne Unterschied der Richtung viel Boifen unter den Füßen abgraben, wenn sde nicht rechtzeitig - die höhere Aufgabe sehen und dieser höheren At,Ifgabe ihre augenblicklichen Parteiinteressen unterord
nen. Wenn man heute vor unsere Jugend
�it dem alten, dumpfen, provinziellen Schlagwort des Antimarxismus hintritt, dann be.cribt man sich .auf die Bahn des Wett
heit österreichs war die
volksfremde Hal
hmg breiter Schichten der
I
ntelligenz. Es ist kein Zufall, daß gerade die österreichische Intelligenz in hohem Maße der Träger des illegalen und später des erobernden Nazismus in österreich gewesen ist.
Ich möchte ganz kurz von einem Vorfall
spreooen, der sich in der Steiermark er
eignet hat und der meiner Meinung nach auch in der Linie liegt, daß man partei
mäßige Erwägungen über allgemeine Er
wägungen st
e
llt. In der Steiermark wurden in der letzten Zeit einige Schulinspektoren abgesetzt, weil sie Kommunisten waren. E'S handelt sich dabei - da,s wird von allen Seiten zugeg�ben - um ·fachlich außerordentLich qualifizierte Menschen, um Lehrer, die bei dem Wiederaufbau der demo
k
rati schen Lehrerschaft und bei der demokratis
chen Erziehung in der Steiermark eine wesentliche Rolle gespielt haben. Ich glaube, man erweist der Sache der Demokratie, der Entwicklung in österreich und der Erziehung der Jugend einen schlechten Dienst, wenn man hier einfach mechanisch den heiligen Proportius waUen läßt. Ich spreche mcht in erster Linie deshalb für diese Lehrer, weil sie Kornmuni,sten sind, obwohl, wenn man auf der einen Seite, wie es in der Steiermark geschieht, ein recht weit
gehendes Wohlwollen für ehemalige Nalli bekundet, Kommunisten zumindest dasselbe Recht wie ehemalige Nazi -beanspruchen könnten; 'aber icb spreche vor allem darum, weil es
sich
wirklich umLehrer
handelt - erkundigen Sie slich bei den Lehrern aller Parteien -, die ganz außerordentliche Qu,alifikia
t
ionen mit lSich bringen, und es ist me.ine feste 'Überzeugung - jenseits meiner Zugehörigkeit zur Kommunistischen Partei -, daß es ein · Verlust wäre, auf diese wert
vollen 'Begabungen zu verzichten und ein
fach nach dem Proporz, der noch dazu zwischen den Lehrern vers
ch
iedenerP
arteien ausgehandelt wur
d
e,bi
erUm
stellungen vorzunehmen. -laufes; in dem schon einmal die Chri,stlich- Schließlich einige Worte über die Förde
sozialen das S
u
iel verloren haben gegenüber rung des Kunst- und Kulturlebens. die ich den konseauenteren, rücksichtsloseren, bru- in österreich für eine außerordentlich wichtalerp.n Antimarxisten. Wenn man dies·e Bahn ' tige Sache halte. Es wurde -schon vom einschlä,gt, öffnet man, ob man
d
as will oder Herrn Berichterstatter hervorgehoben, und rui-cht, den fa.gchistischen Ideologien Tür und ich möchte das sehr unterstreiehen. welche Tor in österreich. �Zustimmung bei den Ab- aktive Rolle ein großer Teil unserer Künstlergeordneten de,r KommunisUschen Plarl·e.i unld schaft vom �rsten Tag der Befreiung an
d
en SOZli'aHsten.) rIch glraub
e, daß diese [Frage: bei der Errichtung dessen gespielt hat, was die Erziehung unserer Studenten, unserer heute meiner Meinung nach das BestHochschülerschaft, die Fr
a
geder AUßwahl funktionierende
inö
sterreidh
ist, bei der der Lehrerschaft, eine ganz außerordentlich Wiederhelebung der österreichischen Kultur.brennende Fra!!e ist. die weit über die Ieh möchte hier g,anz kurz darauf hinweisen, Grenzen der Akademiker hinausgeht� denn daß die Philharmoniker vom ersten Tage an eine de� gl"oßen Sohwächen der Verga
n
gen- den weitgehenden Schutz des Staatsamtes18.
Sitzung des Nationalrates der Republik österreich. - V. G. P. -- 24. MailH46. 321
für Unterricht .geiunden haben. Wir standen vor der Frage: Unter den Philharmonikern sind �ehr viele ehemalige Nazi. Sollen wir nun diesen Klangkörper zerschlagen oder sind wir hier weitgehend tolerant? Wir haben 'Uns für das zweite entschieden, aber irgendein gewisser Dank lllüf�te von den Phil
harmonikern dafür abgestattet werden. Ich halte es absolut für eine Schädigung öster
r-eichs, daß bei der ersten Auslandstournee der Philharmoniker, die jetzt st.attfinden soll, wo . zum ersten Male österreichische Musiker nach Frankreich, England und so weiter fahren, nicht ein österreichis cher Dirigent, sondern ein zweifellos nicht schlechter aus
ländischer D irigent hiefür bestellt wird. Hier handelt es sich um eine Intrige ge,gen den Kapellmeister Krips. Es war charakteris tisch, daß in einer der internen Aussprachen gesagt wurde, man könne nicht mit einem Kap ell me;ister, der so jüdisch aussieht, ins Aus
land
iahren. Das ist natürlich unmöglich.Da hat j ede Toler-anz ihre Grenzen. Wenn die österreichischen Philharmoniker nicht verstehen, daß sie eine österreichische Ver
pflichtung zu übernehmen ha
b
en, dann wird man eben etwas schärfer gegen -sie vorgehen mü
ssen.Ich möchte zum Schluß die Bitte an den Herrn
B
undesminister richten, der Hochschule für angewandte Kunst ein besonderes
A
ugenmer
k zuzuwend
en, die nach meiner Auffassung einen der größten Aktivposten österreichs darstellt, in der wir eine Reihe außerordentlich fähiger Professoren haben.Man müßte diese Schule besonders unter
stützen, man müßte andererseits auch der Akademie der biLdenden Künste, der jetzig.en Hochschule, im Budget etwas mehr Spiel
raum geben und hier alles, was wir über
haupt an fähigen 'Und begabten Künstlern haben, auch wirklich heranziehen, um wieder ein Kernstück, ein e erste Zelle öster
reichi'scher Kulturstrahlung zu -erzielen.
Ich sch
1
ieß
e mit der F eststellung,daß
das vorliegende Bud
get für Unterricht 'zweifellos ein saub er und anständig gearbeitetes Budget ist, aber ihm fehlt nach meiner Meinung der notwenddge schöpferische Zug der neuen Z eit, in der wir so hohen und entscheidenden Aufgaben gegen
üb
erstehen. (Lebhafter Beifall links.)Abg. Gassller: Hohes Haus! Wenn das neM österreich trotz aller wirtschaftlichen Not nach iSernem Bundesvoranschlag für 1946 fast 200 Millionen Schilling für seine Geistes
kultur ausgeben will, dann zeigt dies ganz klar den Willen der Regierung F i g 1, jene Sünde wider den Geist wie dergutzu
machen, die das nationalsozialistische Reich begangen hat, indem es in seinen Vertretern
den Primat de.s Geistes geleugnet und an seine Stelle den Blutmythos eines Rosen
b
erg, denR
assenwahn, die Verg-ötzung des Staates und den Kollektivismus gesetzt hat.Dieser Betrag ist für einen Kulturstaat ersten Ranges nicht allzu groß, aber
unser
zusammengebrochenes .staatliches Gemein
wesen muß sich doch auch zu dem Satz be kennen : Erst muß man leben unld d,ann kann man philosophieren.
Als
Vert.reterlUld Redner
der österrei,ehJsehen Volkspartei kann ich nicht umhin,
zu
der eminent wichtigen kulturpolitischenE
lementärfrage des Unterrichts, dessen Aufga,be es ist, neue Menschen ,zu formen, grundsätzlich und praktisch
S
tellung IZU nehmen. Ich möchte dieser 'Sache das \Vort eines großen österreichers, eines ehrlichen Demokraten, der es liebte,in
diesem Hause in Freiheit zu reden, voranstellen, das Wort von der "Sanierung ,der Menoohenseelen". Dieses Wort h-8ißt nichts anderes als Bndung lund E rzie
hung zum wesentlichen Inhalt des Unter
richts zu mach en. Freilich, Bildun:g und
Er
ziehung weisen zugleich auf die Frage nach den Bildungsinhalten
und
nach der Wertordnung, naC'ih einer anerkannten oder nicht an
erkannten Wertordnung bestimmter Weltan schauungen hin, -die
für
viele Menschen nach einer objektiven und lillveränderlichen Werthierarchie in einer eben solchen Ordnung des Seins begründet sind. Für viele Menschen unseres Volkes .ist es die Frage nach einer nur zeitlieh gebundenen, wiUklürlich nur durch ,gesatztes staatliches Reeht, durch Mehr
heitsprinzip abzuändernden Wertordnung, die auf dem Gebiete der Erziehullig lund Bil
dung ma
ß
gebend sein soll.Diese elementare Frage weist :zuinnerst wiederum nach dem Sein der menschliehen Persönlichkeit, nach dem Sein der Gemein
schaft und des Staates, nach dem Sein einer wahren Kultur. In letzter
Kons,equenz
ist es die Frage nach dem Sinn und Zieldes
Lebens überhaupt. E.s list eine
ü
nmd
irage der Freiheit unseres n enkens und unseres persönlichen Gewissens, die Grundfforderung eines auf demokratischer Mündigkeit seiner Bürger aufibauenden Staatswesens.
Seit den Tagen eines Aristoteles und lPlato, eines. Cicero und Augustin, eineS' Thomas von Aquino und Luther bis in die Tage eines Kaut und Nietzsche ist über diese letzten Le
bensf,ragen des Menschen und der >Gemein
schaft viel Tiefes gesagt worden, ist zum Be
stande einer großen Kultur Stein um Stein gefügt worden.
In
keiner Sache ist menschliches Denken naturgemäß auch so sehr im Irrtum befangen geblieben wie in den letzten Fragen der Weltanschauung. Niemals, wurden die ,Klingen des geistigen Kampfes leliden-
32