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Stephan Graswein zum Weyer.

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Zeitschrift des Historischen Vereines für Steiermark Jahrgang 98 (2007)

Stephan Graswein zum Weyer.

Ein Judenburger als Kontrahent des Paschas von Bosnien

V o n L e o p o l d T o i f l

Zugegeben: heute kennt kaum jemand den Namen jener ehemaligen obersteiri- schen Adelsfamilie, die sich speziell während des 16. Jahrhunderts im steirischen Kriegswesen engagierte. Die Rede ist vom Geschlecht der Graswein, das nach den Aufzeichnungen in Stadls „Ehrcnspicgcl"1 ursprünglich in Bayern, im Pinzgau sowie in Kitzbühel begütert gewesen war. Von dort gelangte die Familie über Friesach in Kärnten bis in die Steiermark, wo sie ihr Wohnung gehabt zu Judnhurg xnd die Herrschafft Weyer negst der statt Judnburg besessen. Wetihe Herrschaft Willhelm Grazwein von Jacob von Windischgräz an sich erkaufft hat, worvon sie sich auch geschriben. Mit letzterer Bemerkung bezog Stadl sich auf eine Standeserhebung und Wappenbesserung, die Erzherzog Ferdinand I. den Brüdern Lukas, Wolfgang (I.), Stephan (I.) und Leopold Graswein am 1. März 1522 hatte zuteil werden lassen.

Verbunden damit war nämlich auch die offizielle Genehmigung gewesen, sich ent- weder nach ihrem Wohnschloss Weyer bei Judenburg oder aber nach irgendeinem ihrer Besitztümer zu nennen.2 Der Brüder Entscheidung fiel auf „Graswein zum Weyer".

Sie nannten sich damit nach einem ehemaligen Bauernhof, der einst zu den Be- sitzungen der Familie Liechtenstein und später den Windischgraz gehört und gegen Ende des 15. Jahrhunderts „Sandhof' geheißen hatte. Wann genau der 1499 ver- storbene Wilhelm (I.) Graswein - der Vater von Lukas, Wolfgang (L), Stephan (1.) und Leopold - das Anwesen erwarb, ist nicht eindeutig geklärt. Jedenfalls ließen er und seine Nachfolger das auf einem kleinen Hügel südlich der Stadt Judenburg gelegene Besitztum umgestalten, so dass im Laufe der Zeit ein U-förmiges zwei- stöckiges Gebäude mit Arkadengängen entstand. Während an der Nordfront zwei massive Ecktürme das Gebäude abschirmen, blieb die Südseite offen (Abb. 1). Die freie Fläche davor wurde einst durch eine Mauer, deren Reste noch gut zu erkennen sind, geschützt. Hier mögen früher Wirtschaftsgebäude gestanden sein. Unterhalb einer steilen Geländestufe, die das Anwesen an seiner Ostscitc begrenzt, fließt der

1 Franz Leopold Wenzel von STADL, Hell Glanzenter Ehrcnspicgel Des Hertzoglhumb Steyer.

Anderts Buech. Kornberg 1732, 683.

Karl Friedrich von FRANK. Standeserhebungen und Gnadenaktc für das Deutsche Reich und die Österreichischen Erblandc bis 1806. Band 2: F J. Senftenegg 1970, 115.

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Abb. 1: Am äußeren Erscheinungsbild von Schloss Weyer hat sich seit den Zeiten der Familie Graswein nicht viel geändert (Foto: Herbert Hynek)

Purbach vorbei. Von einem kleinen Weiher, der angeblich seinerzeit von diesem Flüsschen gebildet wurde und dem Schloss seinen Namen „Weyer" gab,1 ist heute nichts mehr zu sehen.

In der Besitzfolge von Weyer löste Sohn Wolfgang (1.) den Wilhelm Graswein ab. Ihm wiederum folgte sein Bruder Stephan (I.). Als dieser 1551 starb, ging das Schloss auf dessen langlebigen Sohn Wolfgang (II.) über. Nach dem Tod des Genannten 1592 gelangte Weyer in den Besitz seiner Schwester Anna, verehelichte Schrottenbach. Diese verkaufte das Anwesen vier Jahre später an Christoph Praun- falkh, nachdem sie die Ansprüche ihrer noch lebenden Neffen Stephan (II.), Alban (I.) und Hans abgelöst hatte.4 Möglich geworden war eine solche Erbfolge, weil die eben erwähnten Söhne Wolfgangs (II.) sich zur Zeit des Todesfalles nicht mehr in Judenburg aufhielten, sondern bereits an der windischen Militärgrenze Kriegsdiens- te leisteten.

1 Robert BARAYALIF, Burgen und Schlösser der Steiermark, Graz 1961, 284.

4 Ebd. 285. Christoph Praunfalkh vererbte das Schloss an seine Schwester Susanna von Dietrich- stein, die es 1627 an Sybilla von Teuffcnbach verkaufte. Als Protestantin musste diese die Steiermark verlassen und trat Weyer 1628 an Johann Sebastian Zolten von Zoltenstein ab. Von diesem erwarb Hermann Heinricher von Heinrichsberg das Schloss 1631. Ihm folgte 1650 sein Neffe Hans Pagge unter dem Namen Johann Heinricher von Heinrichsberg, diesem 1676 sein Sohn Johann Wilhelm, den 1720 seine Witwe Sidonia Maximiliana und seine Söhne Carl Ignaz Anton und Anton Josef Viktor beerbten. 1750 wurde die Herrschaft wegen hoher Schulden gepfändet und gelangte erst drei Jahre später wieder in den Besitz der Familie Heinrichsberg.

1780 erwarb die Schwester des Franz Josef von Heinrichsberg, Maria Theresia von Sutter, Schloss Weyer. Ihre Erben verkauften das Anwesen 1819 an Franz Fürst zu Liechtenstein, von dessen Familie Carl Mayer es 1850 kaufte. Dessen Erben schenkten Weyer am 23. Dezember

1873 an die Judenburger Eisenwerke A.G. Diese brachte im Schloss Arbeiterwohnungen unter.

Heute ist das Schloss im Besitz der Stadtgemeinde Judenburg. In den Jahren 2002/2003 um- fassend saniert, werden derzeit Wohnungen im Schloss durch eine Immobilienfirma Interes- senten angeboten.

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Familienbesitzungen

Dem Wortlaut der Wappenbesserung von 1522 gemäß hätten sich die Mitglieder der Familie Graswein nicht nur nach Schloss Weyer bei Judenburg nennen können, sondern auch nach ihren anderen Besitzungen. Und von diesen gab es, wenn mitunter auch nur kurzfristig, einige. So etwa gebot Lukas Graswein laut der Gültschätzung von 1543 über Untertanen in Gersdorf und Spielfeld. Er selbst aber wohnte im so genannten „Lidlhof in der Grazer Murvorstadt. Mit dem Tod des Lukas am 5. Jänner 1546 fiel der in der heutigen Idlhofgasse 18-20 gelegene „Lidlhof an seinen Bruder Stephan (I.), der ihn allerdings noch im selben Jahr an Hans von Weissenegg verkaufte.5 Ebenfalls in Graz, genauer gesagt im heutigen Haus Sack- straße 18, besaß Wilhelm (II.) eine Wohnung. Bei seinem Tod 1566 lautete die Adresse Im Sack neben dem Reinerhof? Begütert waren die Grasweins zudem in der näheren Umgebung von Graz. 1536 löste Wolfgang (I.) Graswein das Amt Semriach von der Familie Dietrichstein ab, und ein Jahr später kauften seine Brüder Lukas und Stephan (I.) die bei Frohnleiten gelegene Burg Pfannberg. Allerdings nur, um sie schon 1539 an König Ferdinand I. abzutreten. Und auch der westlich von Graz gelegene Gjaidhof in Dobl wurde kurzfristig durch die Familie Graswein verwaltet:

Spätestens seit 1529 bewirtschaftete Wolfgang (I.) das kleine Jagdschloss, ehe es nach seinem Tod am 26. September 1536 ebenfalls an König Ferdinand I. fiel.7

Länger in Familienbesitz blieb nur das obersteirische Eppenstein. 1537 hatten die Brüder Lukas und Stephan (I.) jene Herrschaft samt Burg um 4200 Gulden von der Familie Teuffenbach abgelöst. Zudem mussten sie das an ihren mittlerweile ver- storbenen Bruder Wolfgang (I.) verpfändet gewesene Hallamt in (Bad) Aussee den Teuffenbachern überlassen. 1551 erbte Stephans (I.) Sohn Wolfgang (IL) Eppen- stein, der die angeblich baulich und wirtschaftlich vernachlässigte Herrschaft und Burg 1584 an den Hofvizekanzler Wolfgang Schranz abtrat. In engem Zusammen- hang mit Eppenstein stand der so genannte „Krottenhof' bei Weißkirchen. 1544 hatte Stephan (I.) Graswein jenes Anwesen im Verlauf seiner Vormundschaft für Wilhelm Winkler von dessen Familie an sich gebracht und es mit der Herrschaft Eppenstein vereinigt. In der Stadt Judenburg selbst erwarb Wolfgang (III.) 1582 das heutige Haus Kaserngasse 17 um die nicht unbeträchtliche Summe von 900 Gul- den.8

Wenn also auch nicht alle Mitglieder der Familie Graswein im Schloss Weyer lebten, so benutzten sie trotzdem ihr Adelsprädikat „zum Weyer" mit verblüffender Selbstverständlichkeit. Selbst Stephan (IL) Graswein, der zwischen 1580 und 1594

5 Franz PICHLER, Die Urbare, urbarialen Aufzeichnungen und Grundbücher der Steiermark (= VStLA 3/1), Graz 1967, Nr. 314. BARAVALLH (wie Anm. 3), 21.

6 Arnold LUSCHIN-EBENGREUTH, Häuser- und Gassenbuch der inneren Stadt Graz, 593. In: Fritz POPELKA, Geschichte der Stadt Graz, Band 1, Graz 1928, 2. Aufl. (Nachdruck) Graz/Wien/Köln 1959, 493-632.

7 BARAVALLE (wie Anm. 3), 169.

8 Ebd. 247, 261. Michael SCHIESTL, Häuserbuch der Stadt Judenburg (= Judenburger Muscums- schriften 16), Judenburg 2005, 132.

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Abb. 2: Eigenhändige Unterschrift von Stephan (H.) Graswein (StLA Graz)

als Hauptmann diverser Festungen an der windischen Militärgrenze und letztlich als Obristenamtsverwalter im heutigen Kroatien Karriere machte, unterzeichnete die in seiner Garnison Kopreinitz (Koprivnica) verfassten Briefe ausnahmslos mit Steffen Gräßwein Z(um) W(eyer) (Abb. 2). Doch zu ihm als Hauptperson der nachfolgend geschilderten Ereignisse später mehr.

Stephan (IL) war nicht das einzige Mitglied der Familie Graswein, das im stei- rischen Kriegswesen in Erscheinung trat. Beinahe all ihre männlichen Sprosse dien- ten der steirischen Landschaft mehr oder minder intensiv bzw. in mehr oder minder hohen Dienstgraden als Militärs.

Eine kriegerische Familie

Den Anfang setzte Stephan (I.), der in den Wirren des großen Bauernkrieges von 1525 als Feldhauptmann der steirischen Landstände gegen die Aufständischen siegreich ins Feld zog. In den ruhigeren Jahren bis 1529 befasste sich Stephan als Viertelmeister vor allem mit der Kontrolle der präventiven Ausrüstung sämtlicher Stellungspflichtiger im Viertel Judenburg, ehe er 1530 wegen eines Einfalles der Türken9 in Krain abermals zum Feldhauptmann des eilig einberufenen steirischen

9 Wenn hier und nachfolgend von „Türken" die Rede ist, dann bezieht sich das auf die in den Militaria-Akten des Steiermärkischen Landesarchivs übliche Diktion. Darin ist niemals die Rede von Osmanen oder gar osmanischen Türken. Solche wurden stets nur als Türken, Erbfeind christlichen Namens, Bluthunde oder ähnlich bezeichnet. Zudem soll bemerkt werden, dass in den historischen Quellen kein Unterschied zwischen Bewohnern des eigentlichen Osmanischen Kernreiches und den osmanisch besetzten Gebieten wie Bosnien oder Ungarn gemacht wurde.

Sie alle wurden unter dem Sammelbegriff „Türken" zusammengefasst. In Bosnien und Ungarn waren nur die höheren Ränge wie Pascha oder Sandschakbeg osmanischer Abstammung, und auch das nicht immer. Die Teilnehmer an den Kriegszügen bzw. die unteren Ränge dagegen waren jedenfalls Bewohner der okkupierten Gebiete, nach heutigen Begriffen also Bosnier, Kroaten oder Ungarn. Dennoch soll hier der Einfachheit halber der Begriff „Türken" im his- torischen Sinne gebraucht werden.

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*t***2

Landesaufgebotes"1 berufen wurde. In dieser Position blieb Graswein fortan bis 1539 tätig. Eine letzte aktive militärische Bewährungsprobe erlebte Stephan (L), als er am 28. Juni 1538 folgenden Befehl erhielt: er sollte im Reich angeworbene venezia- nische Söldner, die im benachbarten Erzbistum Salzburg schwere Schäden ange- richtet hatten, am Betreten der Steiermark hindern. Letztmals in Erscheinung trat Stephan im Juni 1541, als er im Auftrag der steirischen Landschaft jenes steirische Aufgebot mitorganisierte, das das von den Türken besetzte Ofen (Budapest) befrei- en sollte und letztlich scheiterte. Ein Jahr später verweigerte er unter Hinweis auf seinen schlechten Gesundheitszustand und sein fortgeschrittenes Alter die weitere militärische Kooperation mit den steirischen Ständen und zog sich auf sein Schloss Weyer zurück." Laut Nekrolog der Judenburger St. Martinsbruderschaft,'2 der er angehörte, verstarb der mit Katharina von Harrach verheiratete Stephan (I.) am 12.

April 1551. Er hinterließ mit Wilhelm (IL), Wolfgang (IL), Jakob und Leonhard (I.) vier Söhne. Die vier Töchter hießen Anna, Barbara, Afra und Ottilia. Zu Erben von Schloss Weyer wurden Wolfgang (IL) und nach diesem Anna, verehelichte Schrot- tenbach.

Ebenfalls in die steirische Kriegsgeschichte involviert war Stephans Bruder Wolfgang (I.), der von 1522 bis 1527 als landesfürstlicher Vizedom13 in Graz tätig war. Als solcher war er oberster Finanzbeamter des Landes und als Mittelsmann zwischen Landesfürst und steirischer Landschaft unter anderem für die Finanzierung des Wehrwesens zuständig. Besonders gefragt war seine Tätigkeit im Jahr 1526, als nach der Schlacht von Mohäcs die Türkengefahr dramatisch anstieg. So erhielt Wolfgang (I.) bereits fünf Tage nach der Schlacht, also am 31. August, von Erz- herzog Ferdinand I. den Auftrag, die steirische Landschaft zur Stellung des Landes-

10 Unter dem Landesaufgebot verstand man die von der Steiermark aufgebrachten Truppen zur Verteidigung des Landes. Im Idealfall setzte es sich zusammen aus einer Kombination von Schweren Reitern, leicht gerüsteten Reitern (Arkebusierreitern), Büchsenschützen und Helle- bardieren in einer Gesamtzahl von rund 2500 bis 3000 Mann. Zur Aufbringung und Finanzie- rung des Landesaufgebotes vgl. zuletzt Leopold ToirL, Zum Schutz des Landes. Katalog zur Dauerausstellung / Kanonenhalle - Landeszeughaus Graz. Landesmuseum Joanneum, Graz 2005.

" Zur Rolle Grasweins im Bauernkrieg von 1525 vgl. Franz von KRONES, Rechnungslegung des Herrn Stephan Graswcyn, Feldhauptmanns in Stcier, über Empfang und Ausgabe zur Zeit des Bauernkrieges vom Jahr 1525. In: MHVSt 16 (1868), 39-50. Roland SCHÄFFER, Der oberstei- rische Bauern- und Knappenaufstand und der Überfall auf Schladming 1525 (= Militärhis- torische Schriftenreihe 62), Wien 1989. Zur militärischen Laufbahn des Stephan (I.) Graswein vgl. die im StLA Graz, Laa. Archiv, Antiquum XIV (Militaria) enthaltenen Aktenbestände, besonders aber die Schreiben ddo 1529 Februar 14 (201514/314), 1530 August 14 (201514/346), 1538 Juni 28 (201514/566), 1541 Juni 20 (201514/873) und 1542 Juni 24 (201514/1087).

13 Anno 1551, 12. Aprilis ist der edl gestreng her Stephan Gräßwein vom Weyr ahgeleybt dem got der herr gnadig sey. Amen. Vgl. dazu Ferdinand KHULL, Das Nekrologium der St. Mertens- Bruderschaft in Judenburg. In: Beiträge zur Kunde steiermärkischcr Geschichtsquellen 27 (1896), 237.

'•' Zum Vizedomamt vgl. Elisabeth ERNST, Der steirische Landesvizedom. Studien zur Geschichte der landesfürstlichen Verwaltung 1494-1624. Staatsprüfungsarbeit am IföG, Graz/Wien 1995, speziell zur Person des Wolfgang Graswein 124-128.

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aufgcbotes zu verpflichten. Die Kosten dafür beliefen sich auf 20.000 Gulden und waren von den Landständen an das Vizcdom-Amtzu überweisen. Am 26. September 1526 kam Graswein seinem Auftrag nach. Eine der letzten „kriegerischen" Ver- pflichtungen Wolfgangs (I.) als Vizedom war, der Bitte der steirischen Landstände, Geld für die Besoldung von Kundschaftern gegen die Türken aufzubringen (Juli 1527), nachzukommen.14 So weit bekannt, kam Wolfgang (I.) dem Krieg nur einmal persönlich nahe, wobei er allerdings wirklichen Mut bewies. Am 13. Dezember 1524 reiste er im Vorfeld des großen Bauernkrieges nach Schladming, um mit den bereits in Aufruhr befindlichen Bergknappen um Konrad Ränstl zu verhandeln und sie zu bewegen, die Waffen ruhen zu lassen.1* Wie die folgenden blutigen Ereignisse zeigten, blieben die Bemühungen Wolfgangs erfolglos. Während sein Bruder Ste- phan (I.) selbst gegen die Aufständischen ins Feld zog, war Wolfgangs Amtstätigkeit als Vizedom in dieser Zeit gekennzeichnet von der Zusammenarbeit mit dem steiri- schen Landeshauptmann Sigmund von Dietrichstein hinsichtlich der Truppenfinan- zierung. Auch hinsichtlich seiner Privatbesitzungcn sah sich Graswein zweimal mit Kriegsereignissen konfrontiert. Als osmanische Heerscharen 1529 und 1532 die öst- liche und südliche Steiermark durchstreiften.16 erhielt er zur Verteidigung des oben genannten Gjaidhofes aus dem Grazer Zeughaus 12 Hakenbüchsen, 2 Doppelhaken.

10 Langspieße und 40 Pfund Pulver. Es waren Kriegsmaterialien, die der Zeugwart Hans During, einem landesfürstlichen Befehl vom 21. Dezember 1532 gemäß, nicht mehr von Graswein einfordern sollte.'7 Wobei sich die Frage stellt, was die Be- wohner des Gjaidhofes wirklich gegen eine zahlreichere türkische Schar hätten aus- richten können. Aus Wolfgangs (I.) Ehe mit Susanna Galler sind keine Nachkommen bekannt geworden.

Gleich seinen Brüdern Wolfgang (I.) und Stephan (1.) spielte auch Lukas Gras- wein eine nicht unbedeutende Rolle im steirischen Kriegswesen. Als „Einnehmer"

von 1528 bis 1531 in landschaftlichen Diensten stehend, oblag ihm die Verwaltung der landständischen Finanzen. Er hatte Steuergelder einzuheben, aber auch Auszah- lungen für geleistete Dienste zu tätigen - sowohl im Zivilbereich als auch im Kriegs- wesen. Mit den Geldern aus seiner Amtskasse wurden beispielsweise Landesauf- gebote und Söldner finanziert oder Lohnzahlungen für die diversen Chargen be- stritten. 1532 avancierte er zum königlichen Kriegskommissar und fungierte damit als Ratgeber Ferdinands I. bei der Organisation des steirischen Kriegswesens aus landesfürstlicher Sicht. Es war ein finanziell lukratives Amt, das Lukas mehrere Jahre beibehielt. Wie hoch sein Ansehen und seine Erfahrung geschätzt wurden, bewiesen seine Bestellungen zum Kreidfeuerkommissar 1541 und zum steirischen

4 StLA. Laa. Archiv, Antiquum XIV (Militaria) ddo 1526 August 31 (201514/124), 1526 Sep- tember 19 (201514/133). 1526 September 26 (201514/135). 1527 Juli 9 (201514/220).

' Vgl. dazu Gerhard PFERSCHY. Der Bericht Wolfgang Grasweins über seine Verhandlungen mit den Schladminger Knappen im Dezember 1524. In: MStLA 26 (1976), 57-72.

6 Zu den Türkeneinfällen in der Steiermark vgl. zuletzt Leopold TOIFL, Die Türkeneinfälle in Steiermark und in Kärnten vom 15. bis zum 17. Jahrhundert (= Militärhistorische Schriftenreihe 64). Wien 1991.

StLA. Innerösterreichische Kammerbücher 1530-1535. fol. 187.

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Kriegsrat im Folgejahr. Als solcher hatte er zusammen mit anderen Gesandten in Wien über die Besoldung des zum obers- ten Feldhauptmann bestimmten Hans Ungnad zu verhandeln.IS Eine für die stets in Geldnöten steckende steirische Landschaft schier unschätzbare Hilfe leistete Lukas Graswein, indem er ihr am 25. November 1544 die beträchtliche Summe von 1600 Gulden zur Finanzie- rung des landschaftlichen Wehrwesens bzw. der im Aufbau befindlichen Militär- grenze lieh.19 Nicht bekannt geworden ist, ob diese Summe dem am 6. Jänner

1546 verstorbenen kinderlosen Lukas, der mit Barbara von Gleinz verheiratet war, jemals rückerstattet wurde.

Über die restlichen Brüder dieser ersten Graswein-Generation des 16. Jahr- hunderts gibt es nur vage Nachrichten.

Leopold soll in einer Schlacht bei Mai- land gefallen, und Erasmus ebenfalls im Krieg ums Leben gekommen sein.2" Es darf als höchst wahrscheinlich gelten,

dass Leopold in der Schlacht von Bicocca zwischen den Truppen Kaiser Karls V.

und des französischen Königs Franz I. (an der nachweislich etliche Steirer teilnah- men) am 27. April 1522 getötet wurde. Zumindest würde dies erklären, dass sich die Spur Leopolds nach seiner Standeserhebung vom 1. März 1522 in den Akten verliert.

Dass Erasmus in dem erwähnten Dekret überhaupt nicht aufscheint, kann als Indiz dafür gewertet werden, dass er schon zuvor gefallen war.

Auch die Söhne Stephans (I.) leisteten ihren Beitrag zum steirischen Kriegs- und Wehrwesen. Wilhelm (II.) erlangte 1556 einen Hauptmannsposten und hielt sich mit den ihm unterstellten 100 Reitern im steirisch-ungarischen Grenzbereich auf. Als ihm durch die steirische Landschaft am 2. Februar 1557 die Erhöhung der Anzahl seiner Reiter auf 400 zugestanden wurde, war damit nicht nur eine Soldaufbesserung ver- bunden, sondern auch eine Versetzung ins Gebiet der windischen Militärgrenze:1 Dort dem Grenzobristen Hans Lenkowitsch unterstellt, nahm Wilhelm (IL) am 10. Februar Abb. 3: Arkebusierreiter, 2. Hälfte 16. Jahrhundert. Kriegsbuch des Leonhard Fronsperger (Landeszeug- haus Graz)

" StLA, Laa. Archiv. Antiquum XIV (Militaria). 1541 August (201514,918). 1542 Februar 22 (201514/1029).

19 Ebd.. 1544 November 25 (201514/1481).

:,) StLA, A. BECKH-WIDMANNSTETTER, Familie und Genealogische Sammlung. Karton 5. Heft 331.

ERNST (wie Anm. 12). 124.

" StLA. Laa. Archiv. Antiquum XIV (Militaria). 1556 Juni 1 (201514/2738) bzw. 1557 Februar 2(201514 3041).

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1557 bei Babocsa und am 19. August 1557 an siegreichen Scharmützeln gegen türkische Einheiten, die aus dem osmanisch besetzten Teil Ungarns in Kroatien eingedrungen waren, teil. Die beiden Erfolge bewogen schließlich die steirische Landschaft, Grasweins Vertrag am 22. November 1557 um ein halbes Jahr zu ver- längern.22 Zusätzlich zu seinen 400 Arkebusierern (Abb. 3) wurden Wilhelm (II.) am 14. Juli 1558 auch jene leicht gerüsteten Reiter unterstellt, die bisher von Hauptmann Kaspar Raab befehligt worden waren. Mit einem Teil dieser Truppe nahm Graswein Ende Jänner und Anfang Februar 1560 an einer Tschetta23 ins Gebiet zwischen Virovitica und Brezovica teil, worüber die steirische Landschaft ausführlichen Be- richt erhielt. Auch wenn der persönliche Anteil Wilhelms (IL) an dem Kriegszug aus dieser Relation nicht eindeutig hervorgeht, so darf doch als sicher gelten, dass seine Einsätze in Kroatien, verbunden mit seinem Hauptmannsposten, ihm schließlich die Ernennung zum steirischen Kriegsrat einbrachten. Am 19. August 1560 war es so weit.24 Kurz zuvor war ihm noch eine besonders ehrenvolle Aufgabe in Wien zugefallen. Neben Philipp Breuner, Niklas Rindscheit, Otto von Rattmannsdorf.

Joachim von Trauttmansdorff. Andreas von Kainach und Bernhard von Stadl zählte Wilhelm (IL) zu jenen Auserwählten der Steiermark, die am großangelegten Turnier.

das Kaiser Maximilian IL 1560 in der österreichischen Hauptstadt veranstaltete.

teilnehmen durften. Ihm oblag zudem die Übergabe jener drei Turnierharnische, die die steirische Landschaft damals dem Kaiser schenkte.25 Den mit den Akten des Steiennärkischen Landesarchivs nicht korrespondierenden Aufzeichnungen Stadls nach soll Wilhelm (IL) auch als Obristleutnant unter Lazarus von Schwendi in Oberungarn gedient haben und an einer Blesßw: so er von Tyrkhen bekamen, 1566 in Graz gestorben sein.26 Der mit Helena von Herberstein Verheiratete hinterließ die beiden Kinder Wilhelm (III.) und Anna.

Nicht an der Militärgrenze, sondern in seiner engeren Heimat trat Wolfgang (II.) in Erscheinung. Der Sohn Stephans (I.) und Bruder Wilhelms (II.) hatte nach dem Tod des Vaters 1551 das Grasweinsche Stammschloss Weyer geerbt und führte von dort aus die Amtsgeschäfte eines Viertelhauptmannes im Viertel Judenburg. Als solcher hatte er seit 1552 die dort alljährlich stattfindenden Musterungen zu organi- sieren und im Falle eines Landesaufgebotes die Stellungspflichtigen aufzumahnen.

Im März 1557 zum Einnehmer des Viertels Judenburg bestimmt, hob er die fälligen Gültsteuern ein und hatte überdies von 1559 bis 1562 als Musterkommissar die Aus- rüstung der von den Grundherren zu stellenden Untertanen zu prüfen und in Muster-

: : Ebd.. 1557 Februar 10(201514/3058). 1557 August 19 (201514/3228) und 1557 November 22 (201514/3321).

G Als „Tschetta" (Mehrzahl: Tschetten) bezeichnete man ander Militärgrenze einen Streifzug in gegnerisches Gebiet, der zu Zeiten offiziellen Friedens unternommen wurde. Wenn solche Unternehmungen von weniger als 4000 Mann und ohne Einsatz von Geschützen bewerkstelligt wurden, galten sie nicht als Friedensbruch.

4 StLA, Laa. Archiv. Antiquum (Militaria). 1558 Juli 1 1 (201514/3506). 1558 Juli 14 (201514/

3522). 1560 Februar 3 (201514/3744) und 1560 August 19 (201514/3806).

B StLA. Zeughausakten, Schuber 9 (1549-1576).

% STADL (wie Anm. 1). 587.

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registem zu verzeichnen.2'' Elf Jahre später betrauten die Verordneten2* Wolfgang (IL) Graswein zusammen mit Friedrich Zach mit dem Posten eines Kreidfeuer- kommissars im Viertel Judenburg. Am 28. Februar 1568 schickten sie ihm die Ab- schrift einer neu beschlossenen Kreidfeuerordnung und trugen ihm die Inspizierung der obersteirischen Kreidfeuerstellen auf. Allerdings kamen Zach und Graswein ihrer Aufgabe erst im Frühsommer 1568 nach. Die Ausreden waren terminlicher Natur: Teilnahme am Hoftaiding,2'' Osterfeiertage, Musterung im Viertel Juden- burg.'0 Erst relativ spät, nämlich in den Jahren 1573, 1574, 1576, 1579 und 1580, engagierte sich wieder ein Wolfgang Graswein im steirischen Kriegswesen, nämlich als Musterkommissar im Viertel Judenburg. Musterungsplatz war jeweils die Stadt Judenburg/1 Dazu muss bemerkt werden, dass aufgrund der vorhandenen Quellen- lage nicht eindeutig zu klären ist, ob Wolfgang (IL) Graswein oder sein gleichnami- ger Sohn Wolfgang (III.) in den Siebzigerjahren als Musterkommissar tätig war. Wie auch immer: ein Wolf Graswein wurde am 15. April 1572 zum Musterkommissar für das Viertel Judenburg bestellt und übte dieses Amt zusammen mit Alban von Saurau bis zum Jahr 1576 aus.32

Militärisch gesehen nur einmal in Erscheinung trat Wolfgangs (IL) Bruder Leonhard (I.). der am 29. Oktober 1557 als Hauptmann über Arkebusierreiter er- wähnt wurde." Der am 2. Mai 1561 Verstorbene war mit Benigna von Sigersdorf verheiratet und hinterließ neben den beiden Töchtern Katharina und Magdalena auch zwei Söhne namens Friedrich und Leonhard (IL). Letzterer erscheint übrigens zu- sammen mit seinem Onkel Wolfgang (IL) in einem landschaftlichen Verzeichnis jener Personen, die selbst im März 1582 die von ihnen für das Proviantwesen verpflichtend abzuliefernde Getreidemenge für das Jahr 1576 (!) noch nicht bereitgestellt hatten.M Wobei Leonhard und Wolfgang sich in illustrer Gesellschaft befanden.

Als Wolfgang (II.) 1592 in hohem Alter verstarb, hinterließ er aus seiner ersten Ehe mit Maria von Prankh sieben Söhne. Seine zweite Gemahlin, Agnes von Münch, erbte die Herrschaft Reiteregg, über deren Gült sie am 24. Februar 1595 von der steirischen Landschaft einen Landschirmbrief erlangte.5' Erbin von Weyer wurde allerdings seine Schwester Anna, verehelichte Schrottenbach. Sie gelangte in den Besitz des Schlosses, weil Wolfgangs Söhne Stephan (IL), Alban (L), Hans und

n StLA. Laa. Archiv. Antiquum XIV (Militaria). 1557 März 7 (20514/3076), 1557 Mai 13 (201514/3137). StLA, Laa. Archiv. Antiquum XIV (Militaria). Schuber Gültrüstung 1526- 1565: Musterregister ddo 1559 Mai 1, 1561 April 21, 1562 April 20.

8 Die Verordneten waren ein alljährlich neu bestelltes fünfköpfiges Ausschussgremium der steirischen Landschaft, dem die Organisation der Landesverteidigung oblag.

B Gemeint damit sind landesfürstliche Gerichtsverhandlungen.

'" StLA. Laa. Archiv. Antiquum XIV (Militaria), Schuber Kreidfeuer 1530-1594.

:| StLA. Laa. Archiv, Antiquum XIV (Militaria). 1573 August 8 (201514/4821). 1574 August 30 (201514/5006). 1576 Mai 2 (201514/5391), 1579 März 20(201514/6829). 1579 Juli 20(201514/

6935). 1580 März 31 (201514/7080).

n StLA. Laa. Archiv. Antiquum XIV (Militaria). Schuber Gültrüstung 1566-1578.

" StLA. Laa. Archiv. Antiquum XIV (Militaria). 1557 Oktober 29 (201514/3299).

14 Ebd., 1582 März s.d. (201514/7532).

Franz PICHLER, Die Urbare, urbarialcn Aufzeichnungen und Grundbücher der Steiermark ^ V e r - öffentlichungen des Steiennärkischen Landesarchivs. Band 3/II), Nr. 1014. Graz 1977.

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Wolfgang (III.) in landschaftlichen Diensten standen und außer Landes an der Win- dischen Militärgrenze Karriere machten. Eine Tochter, Benigna, heiratete am 19. Mai 1573 einen gewissen Hans Globitzer und wurde damit zur Gemahlin des Grenz- obristen mit Wohnsitz im kroatischen Kopreinitz (Koprivnica). Als Globitzer am 14. Mai 1591 verstarb, trat übrigens Benignas Bruder Stephan (IL) Graswein dessen Nachfolge als Kommandant der Windischen Grenze an.

Hans Graswein, offenbar der jüngste Sohn Wolfgangs (IL) Graswein, trat hin- sichtlich des steirischen Kriegswesens erstmals am 19. August 1582 in Erscheinung.

Damals wurde er als Nachfolger des verstorbenen Christoph Schrampf als Haupt- mann über 100 Arkebusierrciter gehandelt. Allerdings gibt es keine konkreten Hin- weise darauf, dass er den Posten tatsächlich erhalten hat, zumal der für die Finan- zierung des Postens zuständige Kriegszahlmeister Adam von Lengheim meinte, ein Hans Graswein sei ihm unbekannt.36 Nicht mehr ganz so unbekannt war Graswein vier Jahre später, als er Ende September 1586 an der Abwehr eines Streifzuges be- teiligt war, den Türken im Gebiet südöstlich von Kopreinitz unternahmen. Der da- malige Grenzkommandant Veit von Hallegg verfasste einen Bericht über das Ge- schehen und hob Hans Graswein dem Hofkriegsrat und der steirischen Landschaft gegenüber lobend hervor. Offenbar mit dem Erfolg, dass Graswein zum Leutnant in Kopreinitz (Abb. 4) bestellt wurde." Sein unmittelbarer Vorgesetzter war damit der Oberhauptmann von Kopreinitz, Hans Globitzer. Und dieser war bekanntlich mit Grasweins Schwester Benigna verheiratet. In seiner Eigenschaft als Leutnant ver- fasste er mehrmals Berichte über feindliche Agitationen nicht nur im Großraum Kopreinitz, sondern auch in den angrenzenden türkischen Sandschaktümern. So

warnte er beispiels- C o P t > R K Ü K I Z . *ÜBMS w e i s e den Grenzkom-

mandanten Veit von Hallegg am 4. Februar 1590 vor einem Über- fall des Beg von Siget (Szigetvär) auf Legrad.

wusste im Februar 1591 von einem türki- schen Angriff auf die christlichen Dörfer Im- briovec und Zablatje oder im Mai 1594 von Truppenzusammenzie- hungen des bosnischen Paschas Dervis-pasa Bajezidagic in der

m

Abb. 4: Die windische Grenzfestung Kopreinitz/

Koprivnica war Garnison mehrerer Mitglieder der Familie Graswein. Federzeichnung 17. Jahrhundert (Gradski Muzej Varazdin, 45652)

36 StLA, Laa. Archiv, Antiquum XIV (Militaria), 1582 August 19 (201514/7699), 1582 Juli 22 (201514/7702).

31 Ebd., 1586 Oktober 1 (201514/8825), 1586 November 8 (201514/8849).

158

Abb. 5: An der Schlacht von Sissek/Sisak nahmen auch die Grasweinbrüder Alban (f.) und Stephan (IL) teil. Ihr Gegenspieler Hasan Predojevic kam ums Leben. Zeit- genössischer Kupferstich (Hrvatski Povijesni Muzej, Zagreb - HPM 3691) Pozsega zu berichten.38 Mit seiner Ernennung zum Oberbefehlshaber von Iwanitsch (Ivanic Grad) im Jahr 1594 erklomm Hans Graswein eine weitere Sprosse der Karriereleiter an der Windischen Grenze, nachdem er sich zuvor gegen Ernrcich von Schrottenbach als Anwärter auf eine Hauptmannschaft in Weitschawar (Bajcsa) noch nicht hatte durchsetzen können (Juli 1591). Nach drei Amtsjahren in Iwanitsch ist Hans Graswein kinderlos verstorben, woraufhin Erzherzog Ferdinand IL am 28.

August 1597 von der steirischen Landschaft Vorschläge zur Nachbesetzung seines Postens einforderte.3g

Eine Bilderbuchkarriere absolvierte der ältere Bruder des Hans Graswein, Alban (I.). 1577 schien er in einem Verzeichnis der dem Hauptmann Georg Muerer unter- stellten Personen als Fähnrich auf. Fünf Jahre später avancierte er zum Leutnant in Kopreinitz, ehe er im Februar 1586 von den Verordneten als Nachfolger des ver- storbenen Erhard Rindscheit als Hauptmann in Weitschawar vorgeschlagen wurde.

Seine definitive Ernennung zog sich allerdings noch bis zum 18. September hin.40 In dem von den Stcirem im September 1578 unweit südlich von Kanischa (Nagyka-

!8 Ebd.. 1590 Februar 14(201514/9653), 1591 Februar 3 (201514/9817). StLA. landschaftliches Registratur-und Expeditbuch 1594, Fol. 131 v.

39 StLA, Laa. Archiv, Antiquum XIV (Militaria), 1591 Juli 19 (201514/9981). StLA, landschaft- liches Registratur- und Expeditbuch 1594, fol. 380. StLA, landschaftliches Registratur- und Expeditbuch 1597, fol. 95 v.

40 StLA, Laa. Archiv, Antiquum XIV (Militaria), 1577 s.d. (201514/6014), 1582 Mai 16 (201514/

7623), 1586 Februar 26 (201514/8679), 1586 September 18(201514/8811).

(7)

nizsa) errichteten Kastell, das damals unter dem Namen „Weitschawar" bekannt war,41 befehligte Alban (I.) die dort stationierten deutschen Knechte. Er selbst war dem Oberhauptmann Miklos Malakoczy weisungsgebunden. Graswein dürfte froh gewesen sein, als er das durch dauernde Baufälligkeit gezeichnete Weitschawar ver- lassen konnte und am 27. Mai 1591 als Nachfolger seines nach Kopreinitz wech- selnden Bruders Stephan (IL) Graswein als Oberhauptmann von Iwanitsch gehandelt wurde. Die offizielle Einsetzung erfolgte noch vor dem 26. August 1591.42 Nicht ganz drei Jahre sollte Alban (I.) die Geschicke von Iwanitsch leiten, bis ihm die Teilnahme an der berühmten Schlacht von Sissek (Sisak) am 22. Juni 1593 (Abb. 5) sowie ein persönlicher Schicksalsschlag eine berufliche Aufwertung brachten. Am 28. März 1594 verstarb sein Bruder Stephan (IL), der neben dem Posten als Ober- hauptmann von Kopreinitz auch das Amt eines Obristenamtsverwalters an der Win- dischen Grenze ausgeübt hatte. Während Hans Sigmund von Herberstein neuer Grenzkommandant wurde, rückte Alban (I.) in Kopreinitz nach, wobei er gegenüber Karl von Teuffenbach und Stephan Tahy bevorzugt wurde.43 Die Ausübung seines neuen Postens war gekennzeichnet durch zwangsweise Reduzierungen des ihm un- terstellten Kriegsvolkes, Probleme bei der Beschaffung der Soldgelder und die stete Türkengefahr. Mehrmals - 1600, 1602, 1603 und 1605 - musste Graswein zwecks effektiverer Feindabwehr um die Verstärkung der baufälligen Bollwerke seiner Fes- tung, um die Bereitstellung von Waffen und Munition sowie um Kriegsvolk bitten.44

Eine zusätzliche Belastung erwuchs Graswein aus der Tatsache, dass Hans Sigmund von Herberstein der Grenze immer öfter fernblieb und ihm deshalb seit dem Jahr 1600 auch das bis dahin ruhende Amt eines Obristenamtsverwalters anvertraut wur- de. Als solcher trug er nun auch die Verantwortung für das gesamteGrenzkriegsvolk, musste die oft lang ausbleibenden Soldzahlungen bei der steirischen Landschaft ein- fordern, die Musterungen an der Windischen Grenze organisieren und bei Feind- einfällen die Entsendung ganzer Reiterkompanien anordnen.

Letztlich wurde die bereitwillige Arbeit Grasweins durch eine Standeserhebung honoriert. Am 20. Jänner 1603 erhob Erzherzog Ferdinand (IL) von Innerösterreich den Oberhauptmann von Kopreinitz sowie dessen noch lebende Brüder Weypold und Jakob in den Freiherrenstand. Und abermals wurde das Prädikat „Zum Weyer"

offiziell bestätigt. Gleichzeitig erlangte Alban (I.) den Titel eines Hofkriegsrates.

Sein nunmehriges Jahresgehalt, die HofKhriegs Ruths Zuepueß, belief sich auf 400 Gulden.45 Galt die Standeserhöhung von 1603 nur für die genannten Brüder, so

41 Zu Weitschawar / Bajcsa vgl. zuletzt Leopold TOIFL. Zur Geschichte von Weitschawar aus steirischer Sicht. In: Diether KRAMER (Hg.). Auf Sand gebaut. Weitschawar - Bajcsa-Vär, eine steirische Festung in Ungarn (= Forschungen zur geschichtlichen Landeskunde der Steiermark 48), Graz 2005, 40-54.

42 StLA, Laa. Archiv, Antiquum XIV (Militaria), 1591 Mai 27 (201514/9936), 1591 August 26 (201514/10118).

" StLA, landschaftliches Registratur- und Expeditbuch 1594. fol. 108, 290.

44 StLA, Militaria 1600 (Schuber 2). 1602 (Schuber 1). StLA, landschaftliches Registratur- und Expeditbuch 1603. fol. 41 v; 1605, fol. 64 64v, 100.

45 StLA, landschaftliche Ausgabenbücher 1606, fol. 7v: 1609, fol. 8.

160

dehnte ein kaiserliches Dekret, ausgestellt am 28. August 1607 in Prag, den Freiher- rentitel auf sämtliche Mitglieder der Familie Graswein aus.4''

Zu dieser Zeit allerdings war Alban (I.) nicht mehr an der Militärgrenze statio- niert. Offenbar mit Jahresende 1605 hatte er seinen Posten in Kopreinitz aufgegeben und sich vollends auf seine Aufgabe als Mitglied des Hofkriegsrates konzentriert.

Sein Haus in der kroatischen Festung trat er um 600 Gulden an seinen Nachfolger Felix von Schrottenbach ab. Das Geld dafür sah er allerdings erst am 11. April 1607, nachdem ein landesfürstliches Dekret vom 12. November des Vorjahres endlich die Zahlung verfügt hatte.47 Graswein kehrte in die Steiermark zurück, wo er bis zu seinem Tod im April 1610 blieb. Angetragen wurde sein vakanter Hofkriegsrats- posten dem Gottfried von Stadl, der ihn jedoch am 13. April schlichtweg ablehnte.48 Albans (I.) Ehe mit Barbara Schrott von Kindberg entstammten die Söhne Wilhelm (V.), Sigmund und Alban (IL) sowie die Tochter Maria Genovcfa.

Am wenigsten bekannt geworden ist über den dritten der an der Militärgrenze stationierten Grasweinbrüder, Wolfgang (III.). Man weiß nur, dass er am 23. April 1579 aus dem Grazer landschaftlichen Zeughaus sechs Hellebarden zur Ausrüstung der von ihm für das Landesaufgebot zu stellenden Untertanen erhielt. Eventuell fungierte er in den Siebzigerjahren des 16. Jahrhunderts auch als Musterkommissar im Viertel Judenburg.49 Allerdings geht aus den vorhandenen Quellen nicht ein- deutig hervor, ob er oder sein gleichnamiger Vater Wolfgang (IL) diesen Posten ausgeübt hatte. Sicher jedoch ist, dass er im September 1597 zum Nachfolger seines Bruders Hans als Hauptmann von Iwanitsch ernannt wurde. Als solcher ist er nach nicht einmal drei Amtsjahren gestorben. Am 16. Februar 1600 sah sich Alban (I.) Graswein mit der leidvollen Aufgabe konfrontiert, den Hofkriegsrat und die steiri- schen Verordneten über den Tod seines Bruders Wolfgang (III.) zu informieren.-0

Stellungspflicht für die steirische Landschaft

Als in der Steiermark ansässige Grundbesitzer waren die Mitglieder der Familie Graswein gleichermaßen der Stellungspflicht für das Landesaufgebot unterworfen wie alle anderen Herren und Landleute. Dies bedeutete zwar nicht, dass sie unbe- dingt selbst an Kriegszügen teilzunehmen hatten, doch war damit eine finanzielle Belastung verbunden. Obwohl innerhalb der Steiermark theoretisch mehrere Mög- lichkeiten der Heeresaufbringung bestanden (die Bildung von Truppenkörpern aus

4" Zacharias BARISCH. Steiermärkisches Wappen-Buch 1567. Facsimile-Ausgabe mit historischen und heraldischen Anmerkungen von Dr. Josef von Zahn und Alfred Ritter Anthony von Siegen- feld. Graz/Leipzig 1893, 33f. FRANK (wie Anm. 2). 115.

47 StLA, landschaftliches Ausgabenbuch 1606. fol. 10v. StLA. landschaftliches Registratur- und Expeditbuch 1606, fol. 54.

48 StLA. landschaftliches Registratur- und Expeditbuch 1610. fol. 21v.

45 Vgl. dazu oben die Ausführungen über Wolfgang (IL) Graswein.

50 StLA. Zeughausakten. Schuber 11 (1579-1582). StLA. landschaftliches Registratur- und Ex- peditbuch 1600. fol. 10v.

(8)

den Reihen der Untertanen, die Einberufung des adeligen Lehensaufgebotes in Form des persönlichen Zuzuges für den Landesfürsten, die Anwerbung von Söldnern) wurde zumeist der so genannten Gültrüstung der Vorzug gegeben. In der Frage nach einer gerechten, ergiebigen und zugleich dauerhaften Besteuerung hatte man bereits

1471 zur so genannten „Gültsteucr". die 1495 und 1542 in mehreren Schritten ver- vollkommnet wurde, gefunden. Vereinfacht ausgedrückt, galt damit der grundherr- liche Besitz als Bemessungsgrundlage für die Aufbringung von Kämpfern bzw. für Geldzahlungen zur Anwerbung von Söldnern. Demnach war jeder Grundherr ver- pflichtet, pro 100 Pfund Einkommen aus Grund und Boden sowie aus den Abgaben der Untertanen einen Reiter oder drei Fußknechte für etwaige Kriegsdienste zu stellen. Lag beispielsweise die Gült bei 500 Pfund, so waren 5 Pferde und Reiter bzw. 15 Fußknechte bereit zu halten. Die so gestellten Personen waren meist bäuer- licher Herkunft und dem Grundherrn Untertan. Bei Einkommen unter 100 Pfund war der Grundherr zwar nicht stellungspflichtig, halte aber eine als „Wartgeld" bezeich- nete Steuer zu entrichten. Mit solchen Einnahmen finanzierten die Landstände über die eigentliche Gültrüstung hinausgehend weitere Reiter bzw. Fußknechte. Nach dem gleichen Prinzip wurde auch das so genannte „Rüstgeld" eingehoben, mit dem vermehrte Kosten hinsichtlich der mit Hilfe des Wartgeldes aufgebrachten Reiter abgedeckt wurden.51 Um die Tauglichkeit der zur Wehr gestellten Personen über- prüfen zu können, wurden in den einzelnen Landesvierteln alljährlich Musterungen abgehalten, deren Ergebnisse in Musterregistern festgeschrieben wurden. Erklärtes Ziel war, dass die begutachteten Personen in fwfallenden feindtsnöthen mit gleicher Ausrüstung dem Landesaufgebot Zuzug leisten sollten.32

Eine solche Regelung traf selbstverständlich auch die Sprossen der Familie Gras- wein. Gleich den anderen steirischen Adeligen und Klerikern entsandten sie abge- sehen von einigen wenigen Ausnahmen die ihnen auferlegte Zahl von Gültreitern zur jährlichen Musterung. Ort der Inspektion für die von der Familie Graswein ge- stellten Untertanen war stets die Stadt Judenburg. Wie die ab 1552 im Steiennärki- schen Landesarchiv erhalten gebliebenen Musterregister beweisen, gehörten die Grasweins nicht unbedingt zu den reich begüterten steirischen Adelsfamilien. Nur der Feldhauptmann Stephan (I.) bzw. nach seinem Tod dessen Erben waren zur Stellung von drei Reitern oder neun Fußknechten verpflichtet/1 Da Stephans Söhne Wolfgang (IL), Wilhelm (IL) und Leonhard (I.) das Erbe unter sich aufteilten, waren diese jeweils nur mehr zur Stellung eines gerüsteten Reiters verpflichtet, besaßen demnach eine Gült von etwa 100 Pfund. Auch die Söhne der eben Genannten, Wolfgang (III.) bzw. Wilhelm (III.) sowie Leonhard (IL) und Friedrich, erscheinen in den Musterregistern mit nur einem Pferd.54 Wilhelm (III.) wird letztmals im

1 IOIEL (wie Anm. 10). 47f. Alois Ri HRI. Neue Wege der Heeresaufbringung in der Steiermark:

Gültrüslung zu Pferd und Büchsenschützen. In: Die Steiermark. Brücke und Bollwerk. Katalog der Landesausstellung Schloß Herberstein (= VStLA 16), Graz 1986. 201 f.

a StLA. Laa. Archiv. Antiquum XIV (Militaria). Schuber Gültrüstung 1586 1605: 1588 Mai 3.

" StLA. Laa. Archiv. Antiquum XIV (Militaria). Schuber Gültrüstung 1526-1565: Musterregis- tcr ddo 1552 April 23, 1553 April 6. 1554 Juni 25.

;4 StLA, Laa. Archiv. Antiquum XIV (Militaria). Schuber Gültrüstung 1526-1565: Musterregister

162

Musterregister vom 30. August 1574 erwähnt, seine Cousins Leonhard (IL) und Friedrich sind bis 1588 nachweisbar. Nur dreimal blieben die Grasweins der obliga- torischen Musterung fern. 1564 fehlte Wilhelm (II.) genauso entschuldigt wie Wolf- sang (IL), Wilhelm (III.) und Leonhard (IL) im Jahr 1570.55 Auf einem Missver- ständnis. möglicherweise im Zusammenhang mit der Abtretung der Herrschaft Eppenstein an Wolfgang Schranz, scheint dagegen das Fernbleiben Wolfgangs (IL) von der Musterung im April 1585 beruht zu haben. Er erklärte nämlich, der Wert seiner Gült sei unter 100 Pfund gesunken, weshalb er keinen Reiter mehr stellen müsse. Das gegen ihn verhängte Strafgeld in Höhe von 50 Gulden wäre also nicht gerechtfertigt.56 Das war am 15. Juni 1585.

Nicht gegen den Strom stellten sich Wolfgang (IL) und Wilhelm (IL) Graswein, als im Jahr 1556 die etwa 2500 Mann umfassende Eliteeinheit des Dreißigsten Mannes geschaffen wurde. Es handelte sich dabei um Büchsenschützen und Arke- busierreiter, die fortan die Hauptlast der Landesverteidigung tragen sollten. Am 3.

Juli schickte Wilhelm (II.) 9 Büchsenschützen, während sein Bruder Wolfgang (IL) 2 Reiter ausrüstete. Sämtliche Kämpfer wurden in Radkersburg durch Paul von Eibiswald gemustert und in Dienst genommen.57

Hinsichtlich der früheren Generationen der Familie Graswein haben sich keine Schriftstücke betreffend das steirische Landesaufgebot erhalten. Und auch die Söh- ne Wolfgangs (IL) fallen bei der Stellung von Untertanen für das Aufgebotswesen aus dem Rahmen. Sowohl Stephan (IL), als auch Alban (L), Hans und Wolfgang (III.) lebten bereits außer Landes und machten sich an der Windischen Militär- grenze einen Namen.

Die Kontrahenten - Stephan (II.) Graswein und Hasan Predojevic Noch vor Alban (I.) Graswein bekleidete dessen älterer Bruder Stephan (II.) den höchsten Posten an der Windischen Militärgrenze. Er folgte darin seinem Schwager Hans Globitzer, der am 14. Mai 1591 verstorben war, führte aber nicht mehr den bis dahin üblichen Titel eines Obristleutnants, sondern jenen eines Obristenamtsver- walters. Damit oblag ihm in enger Zusammenarbeit mit dem Grazer Hofkriegsrat bzw. den landschaftlichen Verordneten die Organisation und Durchführung der Grenzverwaltung bzw. die militärische Leitung der Windischen Grenze. Hatten seine Vorgänger zumeist von Krizevci (Kreuz) oder Varazdin aus die Amtsgeschäfte ge- führt, so agierte Stephan (IL) Graswein von Kopreinitz aus, dessen Oberhauptmann

ddo 1558 Mai. 1559 Mai 1. 1560 April 22. 1561 April 21. 1562 April 20, 1563 April 19. 1564 Mai 24. Schuber Gültrüstung 1566-1578: Musterregister ddo 1568 s.d., 1569 April 25, 1570 s.d.. 1571 s.d.. 1572 April 14. 1574 August 30. 1576 April 30. 1578 s.d.

StLA. Laa. Archiv. Antiquum XIV (Militaria). Schuber Gültrüstung 1526-1565: Musterregister ddo 1564 Mai 24. Schuber Gültrüstung 1566 1578: Musterregister ddo 1570 s.d.

StLA. Laa. Archiv. Antiquum XIV (Militaria), Schuber Gültrüstung 1580-1585: 1585 Juni 15.

StLA. Laa. Archiv. Antiquum XIV (Militaria). Musterregister 1556. Schuber 4.

(9)

i

Abb. 6: St. Georgen/Durdevac war der erste Hauptmannsposten für Stephan (IL) Graswein an der Windischen Militärgrenze (Foto: Reinhart Dittrich)

er gleichzeitig war.58 Begonnen hatte die Karriere Stephans (II.) natürlich wesentlich früher.

Schenkt man einer Bittschrift seiner Witwe Elisabeth von Schrottenbach Glau- ben, so hatte Graswein denn maissten Thaill seines Lebens biß in die etlich vnnd Zwainzig Jahr lang mit Khriegsdiennsten vnnd auf denen Grainizen Zuebracht.5'' Demnach wäre Stephan (IL) bereits seit den frühen Siebzigerjahren des 16. Jahr- hunderts in landschaftlichen Kriegsdiensten gestanden. In den Militaria-Akten tat- sächlich nachweisbar ist er jedoch erst mit dem 20. Juni 1580, als der damalige Grenzkommandant Veit von Hallegg ihn für den Posten eines Arkebusierreiterhaupt- mannes vorschlug. Falls Stephan (IL) ein solches Amt ausübte, kann es nur für die kurze Zeit bis zum Oktober 1580 gewesen sein. Am 17. dieses Monats verfasste er nämlich einen Bericht über bevorstehende Streifzüge der Osmanen sowie über den Ausbau der Festung Bares durch die Türken und unterzeichnete ihn in seiner Eigenschaft als Oberhauptmann der windischen Grenzfestung St. Georgen (Durde- vac).60 Für die kommenden Jahre fließen die Quellen über Graswein eher spärlich.

Erst 1583 und dann im Februar 1585 wurde er wieder als Hauptmann von St. Georgen

" ?tL™' L a a- A r d l i v- A n t i cIu u m X I V (Militaria), 1591 Mai 21 (201514/201514/9926). 1591 Juni 5 (201514/9943).

59 Undatierte Bittschrift der Elisabeth Graswein, geborene Schrottenbach, an die Verordneten um finanziellen Beistand: StLA. Altes Landrecht, Familie Graswein 1608

f^jha't^Ch[V' A n t I £lu u m X I V (Militaria), 1580 Juni 20 (201514/7157), 1580 Oktober 17 (201514/7272).

erwähnt und durch Veit von Hallegg als übervorsichtig eingeschätzt. Einen Bericht Stephans (IL) aus dieser Zeit über eine Gefährdung seiner Festung (Abb. 6) durch die Türken hielt Hallegg für übertrieben und ungerechtfertigt.''1 Ungeachtet solcher Einschätzung setzte sich der Grenzkommandant später erfolgreich für Graswein ein, sodass dieser die Nachfolge des am 9. März 1586 verstorbenen Hans Paniobitsch als Oberhauptmann von Iwanitsch antreten konnte. Zum Nachfolger in St. Georgen wurde Ulysses Formentini bestimmt.

Die Zeit Grasweins in Iwanitsch scheint erfüllt von langweiliger Verwaltungs- tätigkeit. Berichterstattungen über türkische Agitationen, eklatanten Proviantmangel, den Einsturz von Befestigungsanlagen oder Todesopfer forderndes Hochwasser der Save6: waren eher die Ausnahme denn die Regel. Und sogar auf eine eigene Woh- nung musste er über lange Jahre hinweg warten. Erst am 12. Februar 1591 stellte ihm die steirische Landschaft 200 Gulden zu erbauung aines Hauptmans losament in Ibanitsch zur Verfügung. Das Geld stammte aus der Neunzig Jarigen Paubewili- gung, also dem Baudeputat für das Jahr 1590, und wurde erstaunlicherweise erst

sechs Jahre später im landschaftlichen Ausgabenbuch 1595 abgerechnet.6-5 Soweit bekannt, nahm er in jenen Jahren an Tschctten gegen die Türken per- sönlich nicht teil. Das sollte sich jedoch ändern, als zwei Todesfälle kurz hinter- einander Grasweins weitere Karriere bestimmten. Am 15. April 1591 war der lang- jährige Grenzkommandant Veit von Hallegg verstorben, am 14. Mai desselben

Jahres auch dessen Nachfolger Hans Globitzer. Wie bereits erwähnt, war Globitzer nicht nur der Vorgesetzte der Brüder Alban (L), Hans, Wolfgang (III.) und Stephan (IL) Graswein, sondern durch seine Heirat mit Benigna Graswein auch deren Schwa- ger. Unter diesem Aspekt drängt sich die Frage auf, ob bei der Neubesetzung des Kommandantenpostens Vetternwirtschaft im Spiel war. Immerhin wurde Stephan (IL) dem schon wesentlich länger an der Windischen Grenze dienenden Oberhaupt mann von Kreuz (Krizevci), Gregor Laibacher, als Nachfolger Globitzers vorge- zogen. Am 21. Mai 1591 teilten die Verordneten ihm mit, dass er durch Erzherzog Ernst zum Obristcnamtsverwalter ernannt wurde und ermahnten ihn gleichzeitig zu treuen Diensten auch der steirischen Landschaft gegenüber. Graswein sagte zu, obwohl mit der neuen Aufgabenstellung eine Doppelbelastung verbunden war: am 5. Juni bestellte ihn Erzherzog Ernst nämlich auch zum Oberhauptmann von Koprei- nitz.64 Stephan (IL) Graswein stand damit im Zenit seines Wirkens an der Militär- grenze. Jetzt oblag ihm die oberste Befehlsgcwalt, womit er klarerweise verstärkt ins Visier der türkischen Gegenseite geriet.

"' Ebd., 1583 Juni 16 (201514/7906), 1585 Jänner 26 (201514/8403), 1585 Februar 8 (201514/

8420).

62 Ebd., 1586 März 9 (201514/8692), 1586 März 14 (201514/8700), 1587 Oktober 29 (201514/

9227), 1589 September 8 (201514/9515), 1589 November 16 (201514/9559), 1591 Mai 6 (201514/9903).

63 StLA, landschaftliches Ausgabenbuch 1595, fol. 20 v.

w StLA, Laa. Archiv, Antiquum XIV (Militaria), 1591 April 15 (201514/9862), 1591 Mai 14 (201514/9917), 1591 Mai 16 (201514/9918), 1591 Mai 21 (201514/9926), 1591 Juni 5 (201514/9943).

(10)

Hinsichtlich der Türkengefahr unter- schied sich der Oktober 1591 kaum von den vorhergehenden und folgenden Monaten.

Seit ein gewisser Hasan Predojevic (Abb. 7) im Juni dieses Jahres die Zügel im türkischen Paschalik Bosnien übernommen hatte, wehte ein schärferer Wind. Die Vorgangsweise des neuen Paschas von Bosnien war stets die gleiche: Angriffe auf Städte und Festungen in Kroatien, Androhung einer Brandschat- zung verbunden mit der Aufforderung zur Übergabe und womöglich die Erzwingung der Huldigung. Um seinen Forderungen Nachdruck zu verleihen, veranlasste Predo- jevic die Befehlshaber der ihm unterstellten Abb. 7: Hasan Predojevic. Zeitge- Sandschaktümer zu Streifzügen ins Gebiet nössischer Kupferstich (Gradski s o w o h l d e r Windischen als auch der Kroati- Muzej Varazdin, KPO 2229). s c h e n Militärgrenze.

Wann genau Predojevic im bosnischen Ort Rudine unweit Bileca (südöstlich von Mostar) geboren wurde, ist unbekannt. Nach eigenen Angaben fiel er der so genannten Knabenlese"5 zum Opfer, wurde nach Is- tanbul verschleppt und am Sultanshof erzogen. Erst dort erhielt er quasi als äuße- res Zeichen seines Übertritts zum Islam - anstelle seines christlichen Vornamens Nenad den osmanischen Rufnamen Hasan. Wohl unter Selim IL (1566-1574) avan- cierte Predojevic zum Hauptmann der „Falkenträger", ehe er offenbar als Aga zu türkischen Truppen in die Herzegowina abkommandiert wurde. Dort dürfte er ei- nige Sprossen der Karriereleiter erklommen und es bis zum Beg gebracht zu haben.

Als solcher stand er in engem Kontakt zu einem gewissen Pavlu Bridovic, der als türkischer Spion in Ragusa (Dubrovnik) agierte. Von diesem scheint Predojevic regelmäßig Nachrichten über die Lage im Habsburgerreich erhalten zu haben. Am 27. Mai 1573 informierte Hasan-Beg, wie er in der Herzegowina genannt wurde, Bridovic über seine Ernennung zum Sandschakbeg von Szeged in Südungarn.66 Ob Predojevic mit jenem Hassanbeg, der in Zusammenhang mit einem Scharmützel am 6. Dezember 1586 bei Iwanitsch und einem Streifzug bei Dubrava am 14. Juli 1589 erwähnt wird,67 identisch ist, konnte bislang nicht geklärt werden. Mit Sicherheil

Unter „Knabenlese" verstand man eine im Osmanischen Reich praktizierte Art der Zwangs- rekrutierung. Vornehmlich in christlichen Provinzen wurden männliche Jugendliche bzw.

Kinder aus ihren Familien entführt, zwangs-islamisiert und schließlich zu fanatischen Glau- benskämpfern erzogen.

Internctartikel in kroatischer Sprache über die Kirche in Pnjevor sowie über die Person des Hasan Predojevic unter: www.kapidzic.com/tekstovi_iz knjige_muslimanska bastina_2.htm.

StLA, Laa. Archiv. Antiquum XIV (Militaria). 1586 Dezember 6 (201514/8858), 1589 Juli 14 (201514/9483). Zu den Ereignissen des Jahres 1586 vgl. Leopold TOIIL, Der Tod des Alibeg 166

Abb. 8: Aus dem Krieg entstanden - durch den Krieg zerstört: die Ruine der von Hasan Predojevic gestifteten Moschee in Bileca (Foto: Ilse Toifl)

aber übte er seinen Posten in Szeged bis zum Juni 1591 aus, avancierte dann zum Nachfolger des Halil-pasa als Pascha von Bosnien. Damit wurde Predojevic zum Stellvertreter Sultan Murads III. (1574-1595) in Bosnien. Seit Amtssitz war fortan Banja Luka. Ein Bruder von ihm namens Seffer Beg leitete die Geschicke des Sand- schaktums Cernik.68

Schon Jahre zuvor, als er noch in der Herzegowina stationiert war, waren auf Geheiß des Hasan Predojevic in Bileca eine Moschee sowie eine Karawanserei er- richtet worden. Beide existieren heute nur noch als Ruinen; sie fielen im Juni 1992 dem Bürgerkrieg im ehemaligen Jugoslawien zum Opfer. Von der Moschee stehen derzeit nur ein Stumpf des gesprengten Minaretts sowie die Außenmauern des Ge- betshauses (Abb. 8). Abgesehen von den beiden Bauten in Bileca hat Predojevic ein für einen Moslem schier außergewöhnliches bauliches Denkmal hinterlassen: zum Andenken an seine Mutter, die nicht zum Islam übergetreten war, ließ er in Prijevor die heute noch bestehende Kirche errichten. Einer hartnäckig sich haltenden und wohl auch richtigen Überlieferung nach soll das Gotteshaus bereits vor dem Jahr

1572 gebaut worden sein.

Ungeachtet eines solchen Beweises christlicher Wertschätzung legte Predojevic sein Hauptaugenmerk auf die schrittweise Unterwerfung des christlichen Kroatien.

Es war ein ehrgeiziges Ziel, dessen konsequente Verfolgung ihm die Bewunderung des osmanischen Geschichtsschreibers Evlija Celebija und den Ehrennamen Herse- kli i Deli Hasan-pasa einbrachte.6'' Weitaus weniger bewundert dagegen wurde Predojevic von dem aus Fünfkirchen (Pecs) stammenden türkischen Historiographen

im Jahre 1586. Ein Türkenkopf als Siegestrophäe und Streitobjekt. In: BIHK 77 (2003), 75- 85.

Safvct Beg BASAUIC, Znameniti Hrvati Bosnjaci i Hcrccgovci u Turskoj Carevini (Berühmte Kroaten in Bosnien und Herzegowina zur Türkenzeit), Zagreb 1931, 24. Dass Hasan Predoje- vic einen Bruder hatte, geht aus dem Bericht des Stephan (IL) Graswein über die Schlacht von Sissek hervor: StLA, Laa. Archiv, Antiquum XIV (Militaria). 1593 Juni 24 (201514/11206).

69 Wie Anmerkung 66.

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Ibrahim Alajbegovic Pecevija, der in ihm schon zu Ende des 16. Jahrhunderts einen jähzornigen Alkoholiker und drogenabhängigen Melancholiker sah.7"

Mit Antritt seines Postens als Pascha von Bosnien unternahm Predojevic ver- stärkte Angriffe auf die Festungen an der Kroatischen und Windischen Militärgrenze.

Besonders betroffen war das Gebiet zwischen Sissek und Pokupsko, die christlichen Wachtposten Gora und Hrastovac wurden sogar erobert. Als aber ein Angriff auf Sissek selbst scheiterte, begann der Pascha mit Plünderungen, Brandlegungen, Geiselnahmen und Verwüstung des Landes einen Kleinkrieg eigener Prägung.7' Es war ein Unterfangen, das ihn schnell in Gegensatz zu den beiden Oberbefehlshabern der Militärgrenze Andrä von Auersperg und Stephan (IL) Graswein brachte.

Der Türkeneinfall vom Oktober 1591 und seine Folgen

Die durch Kundschafter in Erfahrung gebrachten Nachrichten aus dem Paschalik Bosnien bzw. den Sandschaktümern Pozsega und Pakrac waren für die christliche Seite mehr als Besorgnis erregend. Und sie häuften sich seit dem Amtsantritt des Hasan Predojevic erschreckend. Am 26. Juni 1591 erhielt Stephan (IL) Graswein vom kroatischen Ban Thomas Erdödy die Information, dass der bosnische Pascha nahe der (damals kroatischen) Festung Bihac sowie bei Brkisevina an der Kulpa Kastelle als Stützpunkte für künftige Angriffe auf christliches Gebiet errichten lassen wollte. Eine Woche später glaubte Graswein vom Rückzug der Türken zu wissen und gedachte Entwarnung zu geben. Mit dieser Meinung stand er allerdings allein auf weiter Flur, denn sowohl Georg Zrinyi als auch der kroatische Grenzobrist An- drä von Auersperg sprachen am 6. Juli von eifrigen Kriegsrüstungen Predojevics und einem höchstwahrscheinlichen Feindeinfall in Kroatien.72

Informationen über die Handlungen des Paschas erlangte man auch durch das Verhör eines gefangen genommenen Überläufers. Dieser gestand am 19. Juli unter der Folter, dass Predojevic die Eroberung der Festung Sissek plane. Dass diese Aus- sage richtig war, bestätigte ein Kundschafterbericht vom 27. Juli. Trotzdem war vorerst nicht klar, wann genau und wohin das Heer des Paschas ziehen würde. Gras- wein sandte deshalb am 31. Juli Späher aus. Laut deren Erkenntnissen hatte Predo- jevic von Sultan Murad III. die offizielle Erlaubnis zum Angriff auf Sissek eingeholt und gleichzeitig ein Heer aufgestellt. Diese Nachricht veranlasste Ban Erdödy, Ende August das kroatische Landesaufgebot einzuberufen.73 Auch von anderer Seite kamen schlechte Nachrichten. Anfang September 1591 stand Süleiman-Pasa von

70 BASAGIC (wie Anm. 68). 25.

71 Vgl. dazu Milan KRUHFK, Ral za opstojnost hrvatskog kraljevstva na kuskoj granici. In: Sisac- ka bitka 1593, Zagreb/Sisak 1994. 33-66. hier 58-64.

7- StLA. Laa. Archiv. Antiquum XIV (Militaria). 1591 Juni 26 (201514/9962). 1591 Juli 3 (201514/9965). 1591 Juli 6(201514/9972).

73 StLA. Laa. Archiv, Antiquum XIV (Militaria). 1591 Juli 19 (201514/9982). 1591 Juli 27 (201514/9993). 1591 Juli 31 (201514/10003). 1591 August 30 (201514/10128).

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Ofen im Begriff, gegen Kanischa zu ziehen, weshalb Stephan (IL) Graswein nach dem Willen des Hofkriegsrates das windische Grenzkriegsvolk in Bereitschaft halten sollte. Ähnlich reagierte Erzherzog Ernst, der am 21. September angesichts der Gefährdung der südwestungarischen Festung Zalakomär und erneuter Kriegsrüstun- gen Predojevics von der steirischen Landschaft die Stellung des Landesaufgebotes im Viertel Cilli forderte.74

Bislang hatten sich nur die Nachrichten über die Kriegsrüstungen der „bos- nischen Türken", wie die Truppen des Hasan Predojevic gemeinhin bezeichnet wurden, bewahrheitet. Tatsächliche Übergriffe unterblieben. Doch das sollte sich gründlich ändern.

Samstag, 3. Oktober 1591, 18 Uhr, Kopreinitz. Wie so oft zuvor, verfasste Ste- phan (II.) Graswein einen Brief an den Hofkriegsrat und die Verordneten. Darin berichtete er. dass laut Auskunft eines seiner Kundschafter der Bascha aus Bossen abermalen mit seiner ganzen macht aufist und vber die Sau geschifft, also die Save auf Flößen überquert hatte. Anschließend vereinte er sein Kriegsvolk mit jenem des Beg der Pozsega bei Velika. Laut Plan sollten von dort aus Reiter die Ländereien des Ban Thomas Erdödy heimsuchen und sie was muglichen verhören vnnd ver- brennen. Das Fußvolk des Paschas dagegen war mit einem Raubzug in die Umge- bung von Iwanitsch betraut. Obwohl Graswein zu diesem Zeitpunkt noch Zweifel am Wahrheitsgehalt der Kundschafteraussage hegte, ermahnte er doch sämtliche Hauptleutc der windischen Grenzfestungen, ihr Kriegsvolk Zu Roß vnnd Fueß in starekher Versamblung Zuhalten. Er selbst gedachte noch am Abend desselben Tages ins 50 Kilometer entfernte Kreuz zu reiten, um mit dem dortigen Oberhaupt- mann Gregor Laibacher die weitere Vorgangsweise abzustimmen.7' Es kam anders.

Graswein, der Leibs schwachait halber nit fort Raisen konnte, schickte Fußknechte und Reiter nach Kreuz und Iwanitsch, in deren Umgebung seit dem 4. Oktober Tag und Nacht Schüsse zu hören waren. Sie sollten sich über die Bedeutung, was doch das Immer werende schiessen beteütten möchte, Klarheit verschaffen. Als er am Abend des 5. Oktober noch immer keine diesbezüglichen Neuigkeiten erfahren hatte vnnd weill doch des starekhen schiessens khain aufhören sein will, fertigte Graswein um 21 Uhr auf gliiekh fünff Pferdt vnnd Siben Khnecht widermalen ins Krisengebiet ab.76

Was der kranke Obristenamtsverwalter zu dieser Zeit nicht wissen konnte: die Nachricht des Kundschafters vom 3. Oktober war bereits veraltet. Der türkischen Truppenkonzentration bei Velika, die schon Ende September stattgefunden haben muss, war ein Gewaltmarsch der Fußtruppen sowie der Reiter des Hasan Predojevic durch osmanisch besetztes Gebiet Richtung Nordwesten gefolgt. Am 4. Oktober erreichten sie westlich von Cazma das Gebiet der Windischen Militärgrenze und betraten damit christliches Gebiet. Anschließend durchstreiften sie vier Tage lang raubend und brennend das Gebiet nordwestlich von Zagreb.

Ebd.. 1591 September 6 (201514/10157), 1591 September 21 (201514/10172) Ebd.. 1591 Oktober 3 (201514/10183).

Ebd.. 1591 Oktober 5 (201514/10185).

(12)

Um dem Treiben Einhalt zu gebieten, vereinte Hauptmann Gregor Laibacher von Kreuz sein Kriegsvolk mit den Reitern und Fußknechten Grasweins sowie mit Be- rittenen des Michael Szekely und des Ferenc Orhazi. Außerdem stießen der Haupt mann von Iwanitsch sowie der Leutnant von Kopreinitz mit ihren Untergebenen zu diesem Tross. Die beiden letztgenannten Befehlshaber waren im Übrigen niemand andere als Stephan (IL) Grasweins Brüder Alban (I.) und Hans. Sammelpunkt war die windische Grenzfestung von Gradec. Was dann geschah, schilderte Laibacher in einem eiligen, aber nur kurzen Bericht77 an den Obristenamtsverwalter: Am Morgen des 7. Oktober brach Predojevic Richtung Osten auf, um bei Cazma wieder osma- nisch besetztes Gebiet zu erreichen. Durch Kundschafter darüber informiert, legten sich die Leute Laibachers südöstlich von Gradec, wo die Türken auf einer Brücke das Flüsschen Glogovnica überqueren wollten, auf die Lauer. Sie ließen die Vorhut unbehelligt, griffen aber den Haupttrupp mit dem Pascha vehement an. Graswein erfuhr, dass alls dann Herr Michael Zäggl, Franz Orehazy, auch beede Deine Brueder, Haubtmann zu Ybanitsch vnnd Leitenant zu Copreiniz, sowie Laibacher selbst den Feind hinterwertts geschlagen, Inn die flucht triben und ihn Gott seis ge- danngkht biß ins Hattbt erlegt, auch etlich fannen vnnd Trumbl abgejagt hatten.

Angaben über die Zahl von Gefangenen, Verwundeten und Toten machte der Ober- hauptmann von Kreuz vorerst nicht. Teile seines Kriegsvolkes durchstreiften nämlich noch die Wälder auf der Suche nach Flüchtenden und möglicher Beute. Bekannt in den Akten wurde dieses Gefecht als Scharmützel bei Gradec bzw. bei Iwanitsch.

Weil kurz nach dem Kampf noch vieles unklar war, informierte Graswein den Hofkriegsrat und die Verordneten in Graz nur kurz über das Geschehen und ver- sprach baldige Einzelheiten. Um sich mit solchen vertraut zu machen, begab sich der mittlerweile wieder Genesene nun doch nach Kreuz. Dort führte er Verhöre der etwa 60 gefangen genommenen Türken durch und verglich die Aussagender christ- lichen Teilnehmer am Scharmützel. Dabei stellte sich heraus, dass die Zahl der Eindringlinge geringer gewesen war als bisher angenommen. Den Aussagen der gefangenen Sipahi und Aga zufolge hatte Predojevic den Streifzug mit kaum mehr als 200 Mann unternommen.78 In den vier Tagen vom 4. bis zum 7. Oktober hatten sich die Türken zuerst in das Gebiet nördlich von Zagreb gewandt, wo sie das Bauernland südlich des als „Ivanscica" bezeichneten Höhenzuges plünderten. Ge- raubt wurde vor allem Getreide und Heu, während Menschen kaum zu Schaden kamen. Nur wenige Kilometer südlich von Varazdin wandte sich der Trupp ostwärts gegen Bisag, in dessen Umfeld er merkhlichen grosen Schaden gethan, vnnd alles das Jhenige, was Er gefündten. verprenndt vnnd verhört hat. Anschließend wieder südwärts ziehend, erreichte Predojevic wohl am 6. Oktober Bozjakovina, dessen Schloss damals der ungarisch-steirischen Adelsfamilie Tahy gehörte. Hier allerdings wurden zahlreiche Personen verschleppt, doch gelang vielen von diesen bereits auf

7 Ebd.. 1591 Oktober 7(201514/10188).

78 Allerdings ist diese Zahl aus zwei Gründen in Frage zu stellen: einerseits sprach Graswein in seiner Relation vom 16. Oktober 1591 von 250 gefallenen Türken; andererseits dürften die Gefangenen die Zahl der Türken absichtlich niedriger angesetzt haben, um ihre Niederlage in einem günstigeren Licht erscheinen zu lassen.

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dem Rückzug der Türken oder dann beim Scharmützel die Flucht. Ebenfalls in Bozjakovina fielen ein als Doppelfalkonett bezeichnetes Geschütz sowie sechs wei- tere Kanonen in die Hände des Feindes. Sie konnten später zurück erbeutet werden.

Das restliche Geschehen war Graswein bereits bekannt: Beim Versuch, von Bozja- kovina ostwärts osmanisches Gebiet zu erreichen, wurde der Pascha mit seinem K-riegsvolk an der Brücke über die Glogovnica durch das mittlerweile zusammen aezogene windische Grenzkriegsvolk am 7. Oktober angegriffen und geschlagen. So ganz überraschend dürfte die Attacke für die Türken dann allerdings doch nicht gewesen sein. Sie fanden nämlich Zeit, die von ihnen mitgeführten Geschütze auf Rädern in den Wäldern zwischen Klostar Ivanic und Cazma zu vergraben. Warum, ist einleuchtend: einerseits wollten sie die wertvollen Waffen nicht in christliche Hände fallen lassen, andererseits wären sie auf der Flucht durch die schweren Stücke behindert worden. Drei Tage nach dem Kampf zeigte ein Gefangener einigen Söld- nern aus Iwanitsch das Versteck von fünf Geschützen. Sie wurden auf Geheiß des Iwanitscher Hauptmanns Alban (I.) Graswein wieder ausgegraben und abtranspor- tiert. Nach dem sechsten musste erst intensiv gefahndet werden.

Anlässlich der Untersuchungen in Kreuz stellte sich heraus, dass doch an die 250 Türken gefallen sowie neben den 60 Gefangenen auch 103 Pferde, 20 Fahnen und etliche Trommeln erbeutet worden waren. Dazu gesellten sich die wieder ausgegra- benen Geschütze. Diese zusammen mit den Fahnen an Erzherzog Ernst zu schicken (was dann allerdings nicht geschah), versprach Stephan Graswein in seinem ausführ- lichen Bericht vom 16. Oktober 1591 über die eben geschilderten Ereignisse.79

Die Verhöre der Gefangenen brachten nicht nur Licht in den Ablauf des Türken- einfalles, sondern beleuchteten auch dessen Hintergrund. Grasweins Frage, ob Pre- dojevic vom Sultan (Murad III.) Order zum Raubzug erhalten habe, wurde folgend beantwortet: Eigentlich habe der Pascha Befehl gehabt, die zerstörte Festung Moß- louina (Moslavina Podravska) wieder errichten zu lassen. Wie er aber dauor khomen, hat er strackhs angefanngen zurauben vnnd sein Haill versuecht. Diese Version kann allerdings nicht korrekt sein, da die Plünderungen bereits im Raum Zagreb begonnen hatten und die Truppe des Paschas das nahe der Drau gelegene Moslavina Podravs- ka nie erreicht hatte. Wie sich später herausstellte, gab es aber doch einen indirekten Zusammenhang mit Moßlouina. Als jene desolate Wehranlage 1559 in osmanische Hände gefallen war, wurde sie restauriert und mit sechs Geschützen bestückt. Irgend- wann hatte die Familie Tahy besagte Kanonen erbeutet und sie nach Bozjakovina bringen lassen. Dort lagerten sie noch 1591 und wurden durch die Leute Predojevics abtransportiert.

Ebenso unwahrscheinlich klingt die Aussage der Gefangenen, das gesamte Heer Predojevics (also auch jene Truppen, die am eben geschilderten Raubzug nicht teil- nahmen), sei gwiß in die fünff'zechen taussent starekh zu Roß vnnd Fueß. Dennoch wird ob diesem Hintergrund die Klage des Stephan Graswein verständlich, der gemeint hatte, es sei traurig, dass weder vom Bischof (Kaspar Zdankovachy von Zagreb) noch vom Ban (Thomas Erdödy) Hilfe gekommen sei. Lediglich Peter

79 StLA, Laa. Archiv. Antiquum XIV (Militaria). 1591 Oktober 16 (201514/10193).

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