Clinical Assessment ist nicht nur Auskultation und Perkussion – Von den Herausforderungen des CA
Parallelsession 5.April 2017, 15:00 – 15:45
Martin Ruprecht; MAS AM
23.03.2017V4
FH OÖ 7.ANP-Kongress Linz Komplexität managen 4. und 5. April 2017
Inhalt - Ablauf
1. Eine Pflegesituation … 2. Das Modell
3. Elemente des CA
4. Bedeutung und Ziele des CA 5. Das CA im Lehrplan der FHS 6. Kardinalsymptome
7. Basiswissen/-kompetenzen 8. Didaktik im CA-Unterricht 9. Kompetenzentwicklung
10. Geschichte des CA an der FHS 11. Die Zukunft des CA
12. Die Herausforderungen
1. Eine Pflegesituation …
Eine Frau, Angela Meier, meldet sich telefonisch in der Zentrale der häuslichen Krankenpflege.
Sie habe Husten und fühle sich nicht wohl. Hausarzt habe sie keinen. Die Koordinatorin sagt ihr den Besuch einer Pflegefachfrau in den nächsten zwei Stunden zu …. . Eine Stunde später läutet Frau Ursula Keller, dipl.
Pflegefachfrau, bei Frau Angela Meier ….
2. Das Modell
Das Modell (2) (reduziert)
Das Modell der FHS (3) (reduziert)
3. Elemente des CA
Systematisches ermitteln klinischer Daten durch
Anamnese und Untersuchung und deren Validierung Strukturieren und organisieren der Daten
Formulierung einer relevanten klinischen Interpretation Ausarbeitung angemessener Pflegeprioritäten
Dokumentieren und kommunizieren
Elemente des CA (2) Anamnese
• Allg. Patienteninformationen (Name, Alter, Geschlecht, Zivilstand, Beruf, Datum und Grund für Abklärung, Quellen und Validität der Informationen)
• Hauptbeschwerden aus Sicht des Patienten/der Patientin
• Jetziges Leiden (ausführliche Beschreibung / Verlauf, inkl. Symptompräzisierung)
• Krankheiten und Operationen (wenn vorhanden: Diagnoseliste)
• Systemanamnese (vollständig oder organ- bzw.
funktionsbezogen)
Elemente des CA (3) Anamnese
• Allergien
• Gesundheitsverhalten / Noxen
• Aktuelle Medikamenteneinnahme
• Familienanamnese
• Sozialanamnese
• Weitere pflegebezogene Informationen (Hauptsorgen, Einschränkungen -> ATL, Ressourcen, Coping, Erwartungen,
Situations-/Krankheitsverständnis, Einbettung im sozialen Umfeld)
Elemente des CA (4) Untersuchung (Grundtechniken)
Inspektion
Palpation
Auskultation
Perkussion
Weitere: Allgemeines, Vitalzeichen/Parameter, Gewicht/Grösse/BMI
4. Bedeutung und Ziele des CA
Verbesserung der Betreuungsqualität der Patienten/Klienten!
• Situationen effektiv und effizient erfassen
• Prioritäten differenziert setzen
• Entscheide fundiert, gezielt und begründet fällen – auch bzgl. Einbezug anderer Fachpersonen (z.B. ÄrztIn)
• Know-how als Pflegende in den Betreuungsprozess einbringen
• Interprofessionelle Kommunikation stärken (z.B. Visite)
• Fachwortschatz Medizin und Pflege entwickeln
• Systematisches Vorgehen - Methodenkompetenz erweitern
Bedeutung und Ziele des CA (2)
Dadurch erhalten die Patienten/Klienten (häufiger) …
• zur rechten Zeit die angemessene Betreuung (Diagnostik, Therapie, Unterstützung)
• präzise(re) Informationen
• …
… und die Pflegenden …
• mehr Sicherheit bei ihren Entscheidungen
• mehr Gewicht in der interdisziplinären Zusammenarbeit
• …
Bedeutung und Ziele des CA (3)
Die Ärzte profitieren von …
• präziseren und aussagekräftigeren Informationen
• tragfähigeren Entscheidungsgrundlagen
(inkl. den Entscheid den Patienten vor Ort zu beurteilen oder nicht)
• GesprächspartnerInnen «auf Augenhöhe»
• …
5. Das CA im Lehrplan der FHS
VZ
Vollzeitstudium (6 Sem.)
BB
Berufsbegleitendes Studium (8 Sem.)
BB HBB
Berufsbegleitendes Studium f. Pflegende mit Diplom (5 Sem.)
Das CA im Lehrplan der FHS (2)
Das CA im Lehrplan der FHS (3)
Das CA im Lehrplan der FHS (4)
Studienaufwand gesamt ca. 240 h (8 ECTS) Ergebnissicherung / Lernkontrollen
(summativ – promotionswirksam)
• Write-up
• Schriftliche Prüfungen
• Prüfungen: praktisch-mündlich
6. Kardinalsymptome
> Fieber > Gelenkschmerzen
> Atemnot > Rückenschmerzen
> Brustschmerzen > Depressive Äusserungen
> Bauchschmerzen > Schwindel/Kollaps
> Beinödeme > Beinschmerzen
> Kopfschmerzen > Übelkeit und Erbrechen
> Bewusstseinsstörung
7. Basiswissen/-kompetenzen Wissen über
• Anatomie, Physiologie
• Pathologie
• Differentialdiagnostik («Clusteranalyse»)
• Kommunikation
• Psychologie/Soziologie Fertigkeiten in der
• Klinischen Untersuchung (Inspektion, Palpation, Auskultation, Perkussion)
• Gesprächsführung
•
8. Didaktik im CA-Unterricht
Aufbau einer Lerneinheit (6 Lektionen + Vor- und Nachbereitung)
(Modell)
1. Persönliche Vorbereitung der Studierenden (an Hand von Literatur)
2. Vertiefung von Krankheitsbildern (Klinik)
3. Typische Phänomene / Red Flags / Notfallsituationen / Pflegediagnosen
4. Demonstration (Anamnese /) Körperuntersuchung
5. Durchführung (Anamnese /) Körperuntersuchung (Studierende gegenseitig)
6. Verfassen write-up
7. Persönliche Nachbereitung der Studierenden Lehrpersonen (LP): Arzt/ÄrztIn, Pflegende
Didaktik im CA-Unterricht (2)
Simulationssituationen
• „Notfallstation“
• „SPITEX“
• „Gesundheitspraxis“
• „Einrichtung der Alterspflege“
Modellfragestellung
„Sie müssen entscheiden, ob die Patientin/der Patient …
notfallmässig – in der nächsten Stunden – am nächsten Tag – vorläufig nicht … eine weitere medizinische Abklärung,
Beurteilung, bzw. Therapie in Anspruch nehmen soll bzw.
muss. Argumentieren Sie!“
Didaktik im CA-Unterricht (3)
Didaktische Instrumente / Methoden
• Vorlesungen
• Unterrichtsgespräche
• Praktische Demonstrationen
• Praktische Übungen (Paararbeit)
• Fallbeispiele
• Rollenspiele
• Textbearbeitungen
Didaktik im CA-Unterricht (4) Ein Beispiel …. (s. Kapitel 1)
Pflege- situation
(Simulations- Patientin)
Informations- sammlung
Zielvereinbarung
Planung
Durchführung PD / «Muster»
Interventions -gruppe (A)
Gruppe «Akute Probleme» (B1)
Gruppe
«Langfristige
Anamnese erheben Untersuchung durchführen
Strukturieren, interpretieren, planen
I-S-B-A-R
Priorisierung
Gruppe
«Evaluation»
Beurteilen
Beurteilung
Strukturieren, interpretieren, planen
Didaktik im CA-Unterricht (5) Literatur und Medien
Doenges M.E., Moorhouse M.F., Murr A.C., Pflegediagnosen und Pflegemassnahmen (4.Aufl., 2013), Bern: Hans Huber, Hogrefe AG
Füessl S., Middeke M., Anamnese und Klinische Untersuchung, (5.Aufl., 2014), Stuttgart: Thieme
Hehlmann A., Leitsymptome (5.Aufl., 2007), München: Urban&Fischer
Hopcroft K., Forte V., Differenzialdiagnostische Tabellen (2013), Bern: Huber Schaufelberger M. et al., Red Flags, Alarmsymtome der Medizin (2013), Editions D&F GmbH, Switzerland
9. Kompetenzentwicklung
Kontaktstudium (Hochschule)
• Theorie bearbeiten
• Techniken und Instrumente kennen lernen
• Befunde bei Gesunden erfassen
Selbststudium
• Theorie vertiefen
Praxis
• Techniken vertiefen
• Abgrenzung gesund – krank erkennen
• Anwendung und Reflexion in konkreten, realen klinischen
Kompetenzentwicklung (2)
Möglichkeiten der Unterstützung in der/durch die Praxis
• Gezielt „über die Schulter schauen“ (Pflegende, ÄrztIn,…)
• Einzelne Massnahmen und Techniken (unter Aufsicht) durch führen (z.B. im Rahmen eines medizinischen Status, auf der Visite, …)
• Konkrete klinische Situationen beurteilen und beschreiben
• Fallvorstellung inkl./mit Fokus Assessmentdaten
• Spezifische Lehrsituationen gestalten
• …
Herausfordern – Lehren - Vermitteln
10. Die Geschichte des CA an der FHS
Die Kooperation der Fachhochschulen im «Consensus Panel»
Die Weiterentwicklung
Das CA vom unbekannten Wesen zur
selbstverständlichen Kompetenz in der Praxis (von Ängsten und Sorgen …)
Die Weiterbildungsangebote (für Pflegende und Dozierende)
11. Die Zukunft des CA
2007
„Erste Ansprechpersonen im Gesundheitswesen und Anbieter verschiedener Untersuchungen und Therapien ist nicht mehr notwendigerweise eine Ärztin oder ein Arzt …“
„Interdisziplinäre Teamarbeit
Die Aufgabenverteilung wird sich in Zukunft nicht mehr an hierarchischen, ständisch definierten oder mit einem formellen Titel verbundenen
Kriterien orientieren. (…) Pflegende werden zusätzlich Funktionen in Diagnostik, Therapie und Case Management übernehmen und diese selbstverantwortlich durchführen.“
(Die zukünftigen Berufsbilder von Ärztinnen/Ärzten und Pflegenden in der ambulanten und klinischen Praxis. Positionspapier der SAMW. In: Schweizerische Ärztezeitung 2007; 88:46, S.1944)
Die Zukunft des CA (2)
2014
«Die Übernahme von Aufgaben im Versorgungsprozess orientiert sich
am Bedarf der Patienten und ihrer Angehörigen und an den benötigten
fachlichen Kompetenzen.
Die Aufgabenverteilung orientiert sich nicht an hierarchischen Kriterien und/oder an traditionellen Berufsbildern. Die Berufsgruppen sind
bereit,
je nach Situation Aufgaben abzugeben oder Verantwortung neu zu übernehmen.
Dies bedeutet, dass die Gesundheitsfachleute entsprechend ihren spezifischen Kompetenzen und Fähigkeiten tätig sind und für dieses Handeln auch Verantwortung tragen.»
12. Die Herausforderungen
Die Information und damit der Abbau von Ängsten und Aufbau von Vertrauen
(i.B. bei BerufskollegInnen, Patienten, ÄrztInnen)
Die Implementierung in der Praxis – und damit auch die Anpassung der institutionellen Prozesse
Die Koordination der Assessments der verschiedenen Berufsgruppen inkl. die Entwicklung gemeinsamer
(elektronischer) Dokumentationssysteme
Die (Nach-)Qualifizierung von dipl. Pflegefachpersonen
Die Schaffung von rechtlichen Rahmenbedingungen (Verantwortlichkeit)
Die Rekrutierung und Schulung von Dozierenden
Erhalten und weiterentwickeln der individuellen Kompetenzen
… und dabei die Kernaufgaben der Pflege nicht aus den Augen verlieren!
Haben Sie Fragen?
Herzlichen Dank!