• Keine Ergebnisse gefunden

Zusammenfassung und  Schlussfolgerungen

Im Dokument Q4/ 07 Geldpo litik & W ir tschaft (Seite 93-114)

Die vorliegende Studie beleuchtet die Entwicklung der Wettbewerbsfähig­

keit der EU­Mitgliedstaaten aus unterschiedlichen Blickwinkeln: auf Basis von Indikatoren der preislichen und kostenmäßigen Wettbewerbs­

fähigkeit, unter dem Aspekt der sek­

toralen und regionalen Spezialisie­

rung der Handelsstrukturen sowie unter Berücksichtigung des gesamt­

wirtschaftlichen Umfelds (Wechsel­

kurspolitik, Aufholprozess). Diese verschiedenen Aspekte werden nun einer abschließenden Zusammenfüh­

rung unterzogen.

Für den Euroraum zeigt sich, dass vor allem länderspezifische Faktoren (wie gestiegene LSK) für Verluste an Wettbewerbsfähigkeit verantwortlich zeichnen. Dabei konnten nur jene Länder gewinnen, die diese Nachteile über Pricing­to­Market­Strategien abgefedert haben. Aufgrund des Ver­

lusts an Wechselkursautonomie stellt die Wahrung der Wettbewerbsfähig­

keit auf nationaler Ebene besonders hohe Ansprüche an die Wirtschafts­

politik, eine Herausforderung, der die Euroraum­Länder mit unter­

schiedlichen Strategien begegneten.

So konnten Deutschland und Öster-reich in den letzten Jahren an Wett­

bewerbsfähigkeit gewinnen. Neben der moderaten Lohnpolitik profitierte Österreich und in etwas schwächerem Ausmaß auch Deutschland aufgrund ihrer geografischen Lage und histo­

rischen Verbindungen stark von der Erweiterung der EU. Nach der Pro­

gnose der Europäischen Kommission (2007b) dürfte Deutschland im Jahr 2008 erstmals wieder an das bis­

lang dynamischere Wachstum Öster­

reichs anschließen. Weiters wurde die Exportentwicklung durch eine günstige regionale und sektorale

EU-Mitgliedstaaten im internationalen Handel:

Wettbewerbsfähigkeit als Herausforderung

Zusammensetzung unterstützt. Frank-reich konnte in den letzten Jahren ebenfalls an Wettbewerbsfähigkeit hinzugewinnen, allerdings aufgrund der ungünstigen geografischen Aus­

richtung der Exporte in einem gerin­

geren Ausmaß als Deutschland. Be­

kanntermaßen konzentrieren sich Finnlands Exporte auf den Telekom­

munikationsbereich, der sich durch ein stark rückläufiges Preisniveau in den vergangenen Jahren auszeichnet;

ein Grund, weshalb das Land an Wettbewerbsfähigkeit zulegen konnte.

Die Niederlande hingegen sind das einzige Land, das anfängliche starke Verluste an Wettbewerbsfähigkeit in der Phase des Wertgewinns des Euro über eine Kehrtwende in der Lohn­

politik wieder aufholen konnte.

Die Gruppe der südlichen Euro­

raum­Länder (Griechenland, Portugal, Spanien, Italien) startete von einem günstigen Ausgangsniveau nach der EWS­Krise, verspielte jedoch sukzes­

sive diesen Vorteil aufgrund relativ hoher Inflationsraten und einem hohen LSK­Wachstum. Zum Verlust an Wettbewerbsfähigkeit trägt die ungünstige sektorale Spezialisierung im Niedrigtechnologiebereich bei, in dem sich die Länder mit einem star­

ken Wettbewerb aus Asien und den osteuropäischen Ländern konfron­

tiert sehen. Irland leidet aufgrund der ausgeprägten Handelsbeziehungen mit den USA und dem Vereinigten Königreich überdurchschnittlich un­

ter dem Wertgewinn des Euro der

vergangenen Jahre. Dieser Wettbe­

werbsnachteil sowie die dynamische Lohnentwicklung wurden jedoch durch das hohe Produktivitätswachs­

tum im verarbeitenden Gewerbe so­

wie gezielte Pricing­to­Market­Stra­

tegien teilweise abgefedert.

Die EU-Mitgliedstaaten Zentral-, Ost- und Südosteuropas sind ein Bei­

spiel dafür, dass Veränderungen der Wettbewerbsfähigkeit nicht isoliert interpretiert werden können, son­

dern stets vor dem Hintergrund des wirtschaftlichen Entwicklungsstands gesehen werden sollten. So haben der langfristige Aufholprozess und An­

passungen der Gleichgewichtspreise einen entscheidenden Einfluss auf die Indikatoren der preislichen Wett­

bewerbsfähigkeit. Allerdings konnten die Länder Zentral­, Ost­ und Süd­

osteuropas trotz teilweise gestiegener LSK und Währungsaufwertungen generell hohe Einkommenszuwächse realisieren sowie Marktanteile gewin­

nen. Diese Entwicklungen zeigen, dass die Region ihr Aufholpotenzial insbesondere durch eine verbesserte Produktqualität und höhere Techno­

logieintensität nutzt und sich im internationalen Wettbewerb behaup­

ten konnte. Allerdings könnte es in Zukunft schwieriger werden, Markt­

anteile durch verbesserte Qualität oder Technologie zu gewinnen, da das (Privatisierungs­ und Restruktu­

rierungs­)Potenzial teilweise bereits ausgeschöpft wurde.

EU-Mitgliedstaaten im internationalen Handel:

Wettbewerbsfähigkeit als Herausforderung

Literaturverzeichnis

Alberola,  E.,  S.  G.  Cervero,  H.  Lopez  und  A.  Ubide.  1999. Global Equilibrium Exchange Rates: Euro, Dollar, „Ins“ „Outs,“ and Other Major Currencies in a Panel Cointegration Framework. IWF Working Paper 99/175. Dezember.

Angeloni,  I.  und  M.  Ehrmann.  2004. Euro Area Inflation Differentials. EZB Working Paper 388. September.

Arpaia,  A.  und  K.  Pichelmann.  2007. Nominal and Real Wage Flexibility in EMU.

European Economy. Economic Papers 281. Juni.

Belovic, P. 2005. Real Effective Exchange Rate (REER) on the Basis of Unit Labour Costs in ESA 95 Methodology and on the Basis of Selected Price Deflators. National Bank of Slovakia Banking Journal BIATEC. 1/2005. Volume XIII.

Buldorini, L., St. Makrydakis und Ch. Thimann. 2002. The Effective Exchange Rates of the Euro. EZB Occasional Paper Series 2.

Breuss,  F.  2006. Ostöffnung, EU-Mitgliedschaft, Euro-Teilnahme und EU-Erweiterung:

Wirtschaftliche Auswirkungen auf Österreich. WIFO Working Paper 270.

Burgess, R., St. Fabrizio und Y. Xiao. 2004. The Baltics: Competitiveness on the Eve of EU Accession. IWF.

Cassidy, M. und D. O’Brien. 2007. Ireland’s Competitive Performance. Central Bank &

Financial Services Authority of Ireland Quarterly Bulletin 2. 93–127.

Ca’Zorzi,  M.  und  B.  Schnatz.  2007. Explaining and Forecasting Euro Area Exports:

Which Competitiveness Indicator Performs Best? EZB Working Paper 833.

Deutsche Bundesbank. 2007. Leistungsbilanzsalden und preisliche Wettbewerbsfähigkeit im Euroraum. Deutsche Bundesbank. Monatsbericht Juni. 35–55.

Dullien, S. und U. Fritsche. 2007. Anhaltende Divergenz der Lohnstückkostenentwicklung im Euroraum problematisch. Wochenbericht des DIW Berlin 22/2007. 349–356.

Europäische  Kommission.  2005. The EU Economy: 2005 Review. Rising International Economic Integration – Opportunities and Challenges. European Economy 6.

Europäische  Kommission.  2007a. The Impact of the Euro Appreciation on Domestic Prices and the Export Performance. Quarterly Report on the Euro Area 6(2). 14–22.

Europäische  Kommission.  2007b. Economic Forecast Spring 2007. Europäische Kommission.

EZB.  2003. Entwicklung der internationalen Preis- und Kostenwettbewerbsfähigkeit des Euro-Währungsgebiets. EZB-Monatsbericht August . 75–84.

EZB. 2005. Competitiveness and the Export Performance of the Euro Area. EZB Occasional Paper Series 30.

EZB.  2006. Wettbewerbsfähigkeit und Exportentwicklung des Euro-Währungsgebiets.

EZB-Monatsbericht Juli. 75–86.

EZB. 2007a. Die Einführung von Harmonisierten Indikatoren der Wettbewerbsfähigkeit für die Länder des Euro-Währungsgebiets. EZB-Monatsbericht Februar. Kasten 6. 58–61.

EZB.  2007b. Globalisation and Euro Area Trade: Interactions and Challenges. EZB Occassional Paper Series 55.

EZB. 2007c. Inflation and Competitiveness Divergence in the Euro Area Countries: Causes, Consequences and Policy Responses. Rede von Lucas Papademos: The ECB and its Watchers IX. Frankfurt. 7. September.

Fabrizio,  S.,  D.  Igan  und  A.  Mody.  2007. The Dynamics of Product Quality and International Competitiveness. IWF Working Paper 07/97. IWF. Washington.

EU-Mitgliedstaaten im internationalen Handel:

Wettbewerbsfähigkeit als Herausforderung

Fischer,  C.  2007. An Assessment of the Trends in International Price Competitiveness among EMU countries. Deutsche Bundesbank Discussion Paper. Series 1: Economic Studies. 08.

Frankel,  J.  A.  und  D.  Romer.  1999. Does Trade Cause Growth? In: The American Economic Review 89. 379–399.

Fritsche, U., C. Logeay, K. Lommatzsch, K. Rietzler, S. Stephan und R. Zwiener. 

2005. Auswirkungen von länderspezifischen Differenzen in der Lohn-, Preisniveau- und Produktivitätsentwicklung auf Wachstum und Beschäftigung in den Ländern des Euro-raums. DIW Berlin: Politikberatung kompakt. Endbericht. Forschungsprojekt im Auftrag des Bundesministeriums für Wirtschaft und Arbeit. April.

Gundel, S. und U. van Suntum. 2007. Ist die Kritik an internationalen Standortrankings berechtigt? Wirtschaftsdienst 07. 473–479.

Heilemann, U., H. Lehmann und J. Ragnitz. 2006. Länder-Rankings und internationale Wettbewerbsfähigkeit – eine kritische Analyse. Schriften des Instituts für Wirtschafts-forschung Halle. Band 24. Nomos: Baden-Baden.

IWF. 2005. Republic of Slovenia. Staff Report for the 2005 Article IV Consultation. IWF Country Report 05/253.

IWF. 2006. Romania: Selected Issues. IWF Country Report 06/169.

Köhler-Töglhofer, W., C. Magerl und P. Mooslechner. 2006. Tendenziell verbesserte Wettbewerbsfähigkeit der österreichischen Volkswirtschaft in der Wirtschafts- und Währungsunion: Neuberechnung des Indikators der Wettbewerbsfähigkeit der öster-reichischen Wirtschaft. Geldpolitik & Wirtschaft Q4/06. OeNB. 77–105.

Krugman, P. 1994. Competitiveness: A Dangerous Obsession. Foreign Affairs. 73(2).

Landesmann, M. und J. Wörz. 2006. Competitiveness – The CEECs versus the Rest of the World. Studie im Auftrag der Bank Austria Creditanstalt. wiiw.

V e r a n s t a l t u n g e n d e r O e N B

Außenhandel und Wirtschaftswachstum:

bestimmende Faktoren, Zusammenhänge und Herausforderungen

Einführend betonte Peter Mooslechner (OeNB) die Relevanz des Workshop­

themas vor dem Hintergrund der fortschreitenden europäischen Inte­

gration und Globalisierung und unterstrich die durch Außenhandel hervorgerufenen Wohlfahrtseffekte.

Ralf Kronberger (WKÖ) verwies auf das starke Wachstum der österrei­

chischen Exporte seit 1995. Auch im ersten Halbjahr 2007 sind diese wieder um 10 % gewachsen, jene in die zentral­, ost­ und südosteuro­

päischen Staaten und nach Asien so­

gar noch stärker. Anschließend dis­

kutierte Kronberger Hans­Werner Sinns Hypothese der „Basarökono­

mie“. Handlungsbedarf ortete Kron­

berger in Bezug auf den Abbau nicht­

tarifärer Handelshemmnisse. Außer­

dem solle Österreich zu einem füh­

renden Standort für komplexe Dienst­

leistungen werden, wozu verstärkte Investitionen in Bildung, Forschung und Entwicklung notwendig seien.

Michael Landesmann (wiiw) stellte dar­

aufhin „Keynote Speecher“ David Greenaway vor.

David Greenaway (Universität Nottingham) gab mit seinem Vortrag

„New Perspectives On Exporting And Productivity“ einen umfassenden Überblick über neueste theoretische und empirische Erkenntnisse im Bereich Außenhandel und Produkti­

vität. Im Zentrum der sogenannten

„New New Trade Theory“, zu deren Vertretern Greenaway zählt, steht dabei die Heterogenität von Firmen.

Diese wird sowohl in der klassischen Außenhandelstheorie (Heckscher­

Ohlin­Modell) als auch in der „New Trade Theory“ (repräsentiert vor allem durch die Arbeit von Krugman, Journal of International Economics, 1979) nicht berücksichtigt. In Erste­

rer sind nicht einmal die Grenzen von Firmen definiert, und in Letzterer werden sie als symmetrisch angenom­

men. Als herausragende theoretische Arbeit der „New New Trade Theory“

nannte Greenaway den Beitrag von Mark Melitz (Econometrica, 200).

Eine wichtige Weiterentwicklung des Modells von Melitz wäre laut Greenaway, Außenhandel zwischen ungleichen Ländern zu betrachten und somit komparative Vorteile nach Heckscher­Ohlin durch Unterschiede in der Ausstattung an Produktions­

faktoren einbauen zu können. Wei­

ters seien eine Analyse der Entschei­

dung zwischen Exporten und Direk­

tinvestitionen als alternative oder komplementäre Strategien und das Erklären von In­ und Outsourcing in diesem Rahmen notwendig.

Auf der empirischen Ebene ver­

wies Greenaway auf die beobachtete positive Korrelation von Exporten und Wachstum auf gesamtwirtschaft­

licher Ebene. Ein ähnlicher Zusam­

Die Oesterreichische Nationalbank (OeNB) veranstaltete am 27. September 2007 gemeinsam mit dem Wiener Institut für internationale Wirtschaftsvergleiche (wiiw) und der Wirtschaftskammer Österreich (WKÖ) einen eintägigen Workshop zum Thema

„International Trade & Domestic Growth: Determinants, Linkages and Challenges“. Ziel des Workshops war die umfassende Diskussion der Wachstumseffekte der zunehmenden Internationalisierung aus theoretischer, empirischer und institutioneller Sicht. Dazu war eine Reihe namhafter internationaler und nationaler Experten geladen.

Lukas Reiss Lukas Reiss

Außenhandel und Wirtschaftswachstum:

bestimmende Faktoren, Zusammenhänge und Herausforderungen

menhang ist auch auf Firmenebene zu finden, und zwar zwischen Firmenproduktivität und etwaigen Exportaktivitäten. In diesem Kontext präsentierte Greenaway einen Über­

blick über neuere Studien, die unter­

suchen, in welche Richtung die Kausalität geht. Fast alle Studien kommen zum Schluss, dass Selbst­

selektion vorherrscht, das heißt, dass schon zuvor produktivere Firmen eher ins Exportgeschäft einsteigen.

Produktivitätssteigerungen durch Lern­

effekte nach Aufnahme der Export­

tätigkeit sind insbesondere bei Fir­

men aus kleineren und damit weniger kompetitiven Märkten zu beobachten.

Insgesamt ist die empirische Evidenz jedoch gemischt. Zusätzlich zur Pro­

duktivität seien für den Einstieg ins Exportgeschäft Agglomerations­

effekte, die Firmengröße, das Human­

kapital, die allgemeine Exportinten­

sität (alle mit positivem Vorzeichen) und Industriespezifika (z. B. die Höhe der „Sunk Costs“) relevant; die meis­

ten dieser Faktoren sind mit umge­

kehrtem Vorzeichen auch für einen eventuellen Ausstieg entscheidend. Die gemessenen Überlebenswahrschein­

lichkeiten von Firmen im Außenhan­

del sind sehr hoch. Greenaway unter­

strich die Implikationen der Ergeb­

nisse dieser Arbeiten für die Außen­

handelspolitik, in der große Einigkeit über die positiven Effekte von Export­

aktivitäten herrsche (was sich sowohl bei multilateraler als auch bei unilate­

raler Politik beobachten lasse). Die positiven Auswirkungen von Firmen­

größe und Agglomeration auf den Einstieg ins Exportgeschäft deuten auf den möglichen Nutzen gezielter Subventionen für Klein­ und Mittel­

betriebe und Investitionen in die Infrastruktur hin. Hingegen sei die Sinnhaftigkeit allgemeiner Export­

förderungen zweifelhaft.

Weiters merkte Greenaway an, dass es Hinweise für eine höhere Produktivität von multinationalen Unternehmen (die über Direktinves­

titionen tätig sind) im Vergleich zu

„gewöhnlichen“ exportierenden Fir­

men gäbe. Weitere empirische Un­

tersuchungen seien vor allem bezüg­

lich der Heterogenität von Lerneffek­

ten und Selbstselektion und der Evaluierung außenhandelspolitischer Maßnahmen notwendig. Bedeutend wäre auch ein Vorwärtskommen bei der Entflechtung von Globalisierung und technischem Fortschritt sowie bei der Messung von Firmenproduk­

tivität. Des Weiteren sei eine stärkere Berücksichtigung von Ursprungs­

und Zielland von Exporten wichtig.

Tagungsblock I mit dem Titel

„Theorie und empirische Evidenz“

wurde von Michael Landesmann (wiiw) eröffnet. Er analysierte in einer gemeinsamen Arbeit mit Robert Stehrer (wiiw) die Veränderung der Struktur des Welthandels und ver­

wies auf eine seit Anfang/Mitte der Neunzigerjahre wieder stark stei­

gende Bedeutung des Nord­Süd­

Handels. Dieser geht in erster Linie auf den gewaltigen Anstieg des Han­

dels der EU­15, der USA und Japans mit einigen südostasiatischen Staaten (Tiger­Staaten, Indien und China) zurück. In den EU­15 ist zusätzlich der Handel mit den zentral­, ost­ und südosteuropäischen Staaten über­

durchschnittlich stark gewachsen.

Darüber hinaus gibt es empirische Evidenz für große Unterschiede in der Konvergenz der Produktivität in verschiedenen Sektoren. Ein auf diese Beobachtungen aufbauendes Modell analysiert die Veränderung relativer Wettbewerbsvorteile von Ländern und Sektoren durch Aufholen in der Produktivität und gleichzeitiger un­

vollständiger Anpassung der Faktor­

Außenhandel und Wirtschaftswachstum:

bestimmende Faktoren, Zusammenhänge und Herausforderungen

löhne. In diesem Rahmen führt inter­

nationales Outsourcing in allen betei­

ligten Regionen zu positiven Wachs­

tumseffekten und verstärkt gleichzei­

tig den strukturellen Wandel.

Gabriel Felbermayr (Universität Tübingen) versuchte anschließend, das

„Ob“ und das „Wie“ des Eindringens von Firmen in Auslandsmärkte mit einem gemeinsam mit Benjamin Jung (Universität Tübingen) erstellten theo­

retischen Modell zu erklären. Ein­

gangs bot Felbermayr einen Über­

blick über die Situation in Deutsch­

land. Obwohl nur ungefähr 4 % der exportierenden Firmen diesen Weg gehen, werden mehr als die Hälfte der gesamten Exportumsätze Deutsch­

lands über Direktinvestitionen in Form von eigenen Verkaufsniederlas­

sungen im Ausland erzielt. Ungefähr 40 % der Umsätze werden über zwi­

schengeschaltete Dritte getätigt, der Rest erfolgt durch direkten Verkauf.

Diese beiden Möglichkeiten wählen jeweils knapp die Hälfte der ins Ausland verkaufenden Unternehmen.

Aufgrund ihrer relativ geringen Bedeutung klammern die beiden Autoren direkte Verkäufe aus ihrer theoretischen Betrachtung aus und konzentrieren sich auf die beiden er­

wähnten alternativen Absatzstrate­

gien auf Auslandsmärkten. In ihrem

„New New Trade Theory“­Modell zahlt sich die Gründung lokal ansäs­

siger Tochterfirmen aufgrund hoher Fixkosten nur für Unternehmen mit großem relativem Wettbewerbsvor­

teil aus. Für etwas schwächere Fir­

men besteht die Möglichkeit des Ver­

kaufs über Zwischenhändler. Diese verursacht aber aufgrund der Schwie­

rigkeiten, im Ausland solche Partner zu finden, größere variable Kosten als der Verkauf auf dem heimischen Markt. Unternehmen mit relativem Wettbewerbsnachteil, die gerade noch

auf dem heimischen Markt bestehen können, bleiben diese beiden Türen hingegen verschlossen. Diese theore­

tischen Resultate sind konsistent mit der von Greenaway erwähnten empi­

rischen Beobachtung der Produk­

tivitätsunterschiede multinationaler Unternehmen, gewöhnlicher expor­

tierender Firmen und nur auf dem heimischen Markt tätiger Unterneh­

men. In diesem Rahmen analysierte Felbermayr die Auswirkungen der Veränderungen der fixen und variab­

len Kosten des Zugangs zu auslän­

dischen Märkten.

Julia Wörz (wiiw) stellte Ergebnisse ihrer gemeinsamen Forschung mit Joseph Francois (Centre of Economic Policy Research – CEPR, Universität Linz) vor. Demnach sei die Bedeu­

tung von Dienstleistungen als Input in der Produktion gestiegen, und im Ländervergleich sei die Intensität der Nutzung positiv mit dem wirtschaft­

lichen Entwicklungsstand korreliert.

Der internationale Handel von Dienstleistungen sei vor allem infolge des technologischen Fortschritts und der verstärkten Aufsplitterung der Produktion seit Mitte der Achtziger­

jahre stark gestiegen. Zumindest seit Mitte der Neunzigerjahre sei insbe­

sondere der Handel in der Kategorie

„Mode “ extrem gewachsen. Dabei handelt es sich um Dienstleistungen, bei denen das exportierende Unter­

nehmen im Erbringerland geschäft­

lich anwesend ist (in der Regel über Direktinvestitionen). Allerdings gebe es bei der Erhebung von Daten in dieser Kategorie erhebliche Probleme.

Die sektorale Analyse der Auswir­

kungen des Imports von verschie­

denen Dienstleistungen ergab, dass insbesondere produktionsbezogene Dienstleistungen einen starken Effekt auf Wertschöpfung, Exporte und Beschäftigung haben. Dieser Effekt

Außenhandel und Wirtschaftswachstum:

bestimmende Faktoren, Zusammenhänge und Herausforderungen

ist in technologieintensiven Sektoren positiv und in arbeitsintensiven nega­

tiv. Außerdem stellten Wörz und Francois für Österreich eine eher geringe Wettbewerbsfähigkeit im Be­

reich produktionsbezogener Dienst­

leistungen fest und verwiesen auf relativ große Beschränkungen auslän­

discher Direktinvestitionen im Dienst­

leistungssektor. Auch in vielen ande­

ren Ländern sind die Schranken für den internationalen Handel mit Dienstleistungen relativ hoch, insbe­

sondere im Transportbereich.

Tagungsblock II zum Thema „Empirische Analysen für Österreich und die EU“ wurde von Gerhard Fenz (OeNB) eröffnet. Er präsentierte eine gemeinsam mit Martin Schneider (OeNB) erstellte Analyse der Trans­

mission von konjunkturellen Schocks in Deutschland auf Österreich. Zum Einstieg erläuterte Fenz, dass die Volatilität des globalen Konjunktur­

zyklus zurückgegangen sei und dass vor allem die Integration der zentral­, ost­ und südosteuropäischen Staaten in die EU zu einer relativ geringeren Bedeutung Deutschlands als Handels­

partner für Österreich geführt habe.

Deutschlands Beitrag zu Österreichs Importen und Exporten von Gütern sei zwar seit 1990 im Verhältnis zum BIP weiter gestiegen, im Verhältnis zum gesamten Außenhandel aber gesunken; dies gilt auch für Direkt­

investitionen. Indiz für einen nach wie vor relativ starken Einfluss von Deutschland auf Österreich sei jedoch, dass die Korrelation der Kon­

junkturzyklen dieser beiden Länder relativ konstant blieb. Allerdings zeigt eine Spektralanalyse, dass die deut­

sche Wirtschaft Anfang der Achtzi­

gerjahre der österreichischen um ein Quartal vorlief, jetzt jedoch um rund ein Quartal nachläuft. Ein auf einem Zwei­Länder­VAR­Modell basierender

Vergleich der Zeiträume 1972 bis 1989 und 1990 bis 2005 ergab, dass die Auswirkungen von Angebots­

schocks in Deutschland auf Öster­

reich ungefähr gleich blieben, jene von monetären Schocks stärker und jene von Nachfrageschocks schwächer geworden sind. Da die Volatilität der Schocks in Deutschland allerdings über die Zeit zurückgegangen ist, haben sich auch die davon ausge­

henden Effekte auf Österreich verrin­

gert. Von einer Entkoppelung vom deutschen Konjunkturzyklus könne jedoch keine Rede sein.

Thomas Reininger (OeNB) unter­

suchte anschließend die Importnach­

frage einiger neuer EU­Mitgliedstaa­

ten aus Zentral­ und Nordosteuropa (Estland, Litauen, Polen, die Slowa­

kische Republik, Slowenien, die Tschechische Republik und Ungarn) mittels einer Kointegrationsanalyse unter Verwendung von Dynamic OLS. Reininger verwendete dafür Quartalsdaten, die bis Mitte der Neunzigerjahre zurückreichen. In fast allen betrachteten Ländern ist die langfristige Elastizität der Importe in Bezug auf Exporte am größten und jene auf den Konsum am kleinsten. Der Effekt von Investiti­

onen liegt dazwischen. Ausnahme war die Slowakische Republik, in der die Elastizität auf Konsum am größ­

ten ist. Die Summe aller drei Elastizi­

täten liegt bei den meisten Staaten knapp über 1. Darüber hinaus fand Reininger einen starken Einfluss von Importen der EU­15 auf die Importe der untersuchten Staaten (insbeson­

dere die Tschechische Republik und Ungarn mit einer Elastizität von un­

gefähr 1); dies lasse auf ein Fort­

schreiten der europäischen Integra­

tion schließen.

Andreas Wörgötter (OECD) verwies in der anschließenden Diskussion auf

Außenhandel und Wirtschaftswachstum:

bestimmende Faktoren, Zusammenhänge und Herausforderungen

mögliche Probleme bei der Identifi­

kation von Schocks in der Arbeit von Fenz und Schneider sowie auf die problematische Datenlage bei der Analyse von Reininger. Die Resultate der letztgenannten Analyse deuten nach Wörgötter darauf hin, dass die untersuchten Staaten bereits zur Gruppe der entwickelten Volkswirt­

schaften gehörten. Beide Studien zeigen seiner Meinung nach den zunehmenden Wettbewerbsdruck und den fortschreitenden Strukturwan­

del, denen Österreich ausgesetzt sei.

Deshalb seien Änderungen im Bil­

dungssystem (insbesondere bei der Lehrlingsausbildung), weitere Dere­

gulierungsmaßnahmen und ein sta­

biler makroökonomischer Rahmen durch die Wirtschaftspolitik erfor­

derlich. Ein wichtiges Ziel sei auch, die Partizipationsraten auf dem Arbeitsmarkt weiter zu steigern.

Tagungsblock III zum Thema

„Außenhandelspolitik und Wachs­

tum“ wurde von Przemyslav Kowalski (OECD) eröffnet. Er gab einen Über­

blick über verschiedene Studien zu Wohlfahrtswirkungen zunehmender Handelsliberalisierung. Die große Schwankungsbreite bei deren Ergeb­

nissen begründet Kowalski neben Unterschieden in den verwendeten Daten und Methoden mit unter­

schiedlichen Annahmen bezüglich Technologie und Struktur von Güter­

und Arbeitsmärkten. Die meisten Studien kommen zum Schluss, dass Liberalisierung in absoluten Zahlen einen stärkeren Wertschöpfungs­

zuwachs für entwickelte Länder bringt. Darüber hinaus sind die ge­

schätzten Werte generell relativ klein verglichen zur Gesamtproduktion der betrachteten Staaten. Dies liegt laut Kowalski unter anderem daran, dass die produktivitätssteigernde Wirkung

von Außenhandel meistens wenig berücksichtigt werde.

Joseph Francois (CEPR, Universität Linz) unterstrich, dass offene Volks­

wirtschaften im Durchschnitt besser abschneiden. Allerdings zeige der Vergleich von Südostasien und Afrika, dass ein hoher Außenhandelsanteil allein keine gute Wachstumsper­

formance garantiere. In Indien und China sei jedoch mit dem Beginn des starken Wachstums auch der jeweilige Anteil des Außenhandels an der gesamtwirtschaftlichen Aktivität gestiegen. Außerdem sei in beiden Staaten kurz vor dem starken Anspringen der Wirtschaft auch der Anteil der Entwicklungshilfe zurück­

gegangen, was an dem positiven Effekt solcher Unterstützungsleistun­

gen zweifeln lässt. Einigkeit herrsche in der Literatur über den positiven Beitrag nachhaltiger Wirtschaftspoli­

tik. Abschließend bot Francois eine Übersicht über Stärken und Schwä­

chen von „Applied General Equlib­

rium“ (AGE)­Modellen bei der Ana­

lyse der Auswirkungen von Handels­

liberalisierungen. Handlungsbereich sieht Francois unter anderem bei der Bewertung und strukturellen Schät­

zung dieser Modelle, bei der Berück­

sichtigung der Heterogenität von Fir­

men, dem Messen von Maßnahmen der Außenhandelspolitik und dem Modellieren von Investitionen.

In der Diskussion der beiden letzt­

genannten Präsentationen vermerkte Nora Dihel (Europäische Kommission), dass insbesondere die Ergebnisse zu den Wohlfahrtswirkungen von Libe­

ralisierungen im Dienstleistungs­

bereich sehr unterschiedlich seien.

Michael Landesmann (wiiw) betonte, dass bei diesen Studien mehr Augen­

merk auf die Auswirkungen auf ein­

zelne Gruppen (z. B. private Haus­

Im Dokument Q4/ 07 Geldpo litik & W ir tschaft (Seite 93-114)