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Zahlungsbedingungen und Zahlungsinstrumente

Zahlungsbedingungen und Zahlungsinstrumente 145

tragen bereit sind. Die verbleibenden Risiken können beispielsweise auf den Bund, auf eine Warenkreditversicherung, auf einen Forfaiteur oder eine sons-tige risikotragende Institution überwälzt werden.

• Dokumenteninkasso

Beim Dokumenteninkasso werden Banken eng in die Zahlungsabwicklung von Exportgeschäften einbezogen: Der Exporteur übergibt die Exportdoku-mente seiner Bank mit der Weisung, diese dem Importeur nur auszuhändigen, wenn dieser im Gegenzug je nach Vereinbarung bar bezahlt, einen Wechsel akzeptiert oder einen unwiderruflichen Zahlungsauftrag mit späterer Fäl-ligkeit unterschreibt.22 Die Bezahlung des Kaufpreises erfolgt somit „Zug um Zug“ gegen Übergabe der vereinbarten Dokumente durch die vom Exporteur beauftragte Bank.23

Dokumenteninkassi werden häufig vereinbart, wenn die Beteiligten ein ge-wisses Ausmaß an Sicherheit bei der Abwicklung des Exportgeschäfts sicher-stellen möchten. Allerdings ist das Ausmaß an Sicherheit relativ gering und insgesamt deutlich niedriger als beim Dokumentenakkreditiv (wird nachfol-gend erläutert).24 Sowohl für den Exporteur als auch für den Importeur bleibt ein gewisses Ausmaß an Risiko bestehen: Der Exporteur beispielsweise hat keine Sicherheit, dass der Importeur wirklich bezahlen wird. Zum einen hat der Exporteur zum Zeitpunkt des Warenversandes noch keine Gewissheit über die Zahlungsfähigkeit und Zahlungswilligkeit des Käufers, zum anderen ist es auch möglich, dass der Importeur die Waren überhaupt nicht annimmt – und folglich auch nicht bezahlt.25 Allerdings gibt der Exporteur die Verfügungsge-walt über die Ware erst aus der Hand, wenn die von ihm beauftragte Bank die Bezahlung bzw. die Akzeptleistung eingeholt hat.26

Für den Käufer besteht das Risiko in seiner Vorleistungspflicht. Er muss die Dokumente bezahlen, bevor er noch die Waren erhalten und auf ihren kon-traktmäßigen Zustand geprüft hat.27 Will er trotzdem Gewähr dafür haben, dass der Exporteur in materieller Hinsicht vertragskonform erfüllt hat, kann er ein von einer neutralen Stelle ausgestelltes Qualitätszertifikat oder einen Prüfbe-fund verlangen.28

Ein Dokumenteninkasso kommt folglich in Frage, wenn Exporteur und Im-porteur einander als zuverlässig kennen bzw. das „Standing“ der Partner in-ternational anerkannt ist und somit kein Zweifel am Erfüllungswillen und der Erfüllungsfähigkeit beider Partner besteht. Eine weitere Voraussetzung ist, dass die politischen, wirtschaftlichen und rechtlichen Verhältnisse des Importlandes als stabil gelten.

Beim Dokumenteninkasso ist zu beachten, dass dieses Instrument aus-schließlich der Zahlungsabwicklung dient. Eine Gewähr für die Qualität bzw.

Quantität der gelieferten Waren wird hier nicht übernommen.29

22 Vgl. ICC Austria.

23 Vgl. Topritzhofer (2002); Häberle (2002a).

24 Vgl. Häberle (2002a).

25 Vgl. Topritzhofer (2002); Häberle (2002a).

26 Vgl. Topritzhofer (2002).

27 Vgl. Häberle (2002a); Topritzhofer (2002).

28 Vgl. Topritzhofer (2002).

29 Vgl. ICC Austria.

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• Dokumentenakkreditiv

Ein Dokumentenakkreditiv ist ein – im Auftrag des Importeurs abgegebenes – Versprechen einer Bank (der akkreditiveröffnenden Bank), an den Exporteur Zahlung zu leisten, sofern dieser die akkreditivkonformen Dokumente vorlegt und damit den Vollzug des Exportgeschäfts beweist. Dieses Zahlungsverspre-chen wird in der Regel unwiderruflich zu Gunsten des Exporteurs abgege-ben.30

Das Akkreditiv ist von dem zugrundeliegenden Warengeschäft vollständig losgelöst. Die Bank löst ihr Zahlungsversprechen dann – und nur dann – ein, wenn die vorgeschriebenen Dokumente in Ordnung sind.31

Das bedeutet, dass die Bank ein eigenes Zahlungsversprechen abgibt, das rechtlich losgelöst vom Grundgeschäft ist. Es steht neben dem eigentlichen Kaufvertrag.32

Für den Exporteur bringt ein zu seinen Gunsten erstelltes Akkreditiv einen massiven Zuwachs an Sicherheit. Denn sobald der Exporteur die Eröffnungs-anzeige über ein zu seinen Gunsten erstelltes unwiderrufliches und bestenfalls auch bestätigtes Akkreditiv in Händen hält,33 wird er von der Zahlungsfähigkeit sowie Zahlungswilligkeit des Importeurs unabhängig.34 Das bedeutet, er trägt weder ein Annahme- noch ein Dubiosenrisiko35. Ist das Akkreditiv überdies unwiderruflich und unmittelbar nach Abschluss des Kaufvertrags eröffnet wor-den, dann entfällt für den Exporteur auch das Fabrikationsrisiko, weil ihm das Zahlungsversprechen nicht mehr entzogen werden kann.36

An die Stelle der Bonität des Importeurs tritt die Bonität der Bank. Der Ex-porteur wird durch das Akkreditiv unabhängig von der Zahlungsfähigkeit und -willigkeit des Käufers. Er erhält für seine Kaufpreisforderung eine Sicherung, indem ihm die Akkreditivbank ein Zahlungsversprechen gibt, welches von der ordnungsgemäßen Ablieferung der Dokumente, nicht aber von der finanziel-len Verfassung des Käufers abhängig ist. Selbst im Falle eines Konkurses des Importeurs wird die Leistungspflicht der Akkreditivbank nicht berührt. Die Akkreditivbank trägt ab dem Zeitpunkt der Akkreditiveröffnung das Dubio-senrisiko.37

Dem signifikanten Sicherheitsgewinn des Exporteurs steht auf Seiten des Im-porteurs kein vergleichbarer Sicherheitsgewinn gegenüber. Da die Dokumente von den beteiligten Banken nur in formaler Hinsicht geprüft werden, besteht

30 Vgl. Häberle (2002a).

31 Vgl. Topritzhofer (2002).

32 Vgl. ICC Austria.

33 Ein unbestätigtes Akkreditiv verbrieft (lediglich) das Zahlungsversprechen der Importeur-bank. Ein bestätigtes Akkreditiv umfasst zusätzlich die Zahlungsgarantie einer weiteren Bank.

34 Vgl. Topritzhofer(2002).

35 Das Dubiosenrisiko ist gleichzusetzen mit dem Kreditausfallrisiko und bezeichnet das Ri-siko des Kreditgebers, dass der Kreditnehmer seinen Verpflichtungen nicht nachkommt.

Grundsätzlich ist jede Darlehensvergabe mit einem Dubiosenrisiko verbunden.

36 Vgl. Häberle (2002a).

37 Vgl. Topritzhofer (2002).

auch beim Akkreditiv für den Importeur keine Sicherheit, dass die im Kaufver-trag vereinbarte Qualität und Quantität auch tatsächlich versandt wurde.38

Dokumentenakkreditive werden v.a. dann angewandt, wenn Verkäufer und Käufer bisher keine Handelsbeziehungen hatten und somit die Bonität des Käu-fers unbekannt ist.39 Selbst wenn Käufer und Verkäufer einander gut kennen, wird das Akkreditiv oft angewandt, weil es als Grundlage für die Kreditfinan-zierung sowohl des Käufers als auch des Verkäufers dienen kann. So kann der Verkäufer beispielsweise aufgrund des (unwiderruflichen) Zahlungsverspre-chens der Akkreditivbank einen Kredit bei seiner Hausbank beantragen. Da-rüber hinaus kann in manchen Ländern mit strenger Devisenbewirtschaftung der Importeur verpflichtet werden, mittels Akkreditiv zu zahlen, weil auf diese Weise der Devisenabfluss für die Währungsbehörde leichter kontrollierbar ist.40

Ein Dokumentenakkreditiv wird des Weiteren häufig dann vom Exporteur im Kaufvertrag durchzusetzen versucht, wenn Produkte exportiert werden, die im Falle der Nichtabnahme anderweitig nicht oder nur sehr schwierig zu verwerten sind.41

Dem Dokumentenakkreditiv kommt somit neben seiner Finanzierungsfunk-tion auch eine ZahlungssicherungsfunkFinanzierungsfunk-tion zu: Der Exporteur versendet seine Ware erst nach Erhalt des Akkreditivs und sichert so seine Forderung.42

• Rechtsgrundlagen für Dokumenteninkasso und Dokumentenakkreditiv

Sowohl Dokumenteninkasso als auch Dokumentenakkreditiv werden – ab-gesehen von wenigen Ausnahmen – nicht im Rahmen der innerstaatlichen Gesetzgebung einzelner Länder geregelt. Ein wesentlicher Grund dafür liegt darin, dass nationale Gesetzgeber Schwierigkeiten dabei haben, eine Materie zu regeln, die lediglich internationale Bedeutung hat. Anstelle von innerstaat-lichen Regelungen existieren internationale, nichtgesetzliche Regelungen zur Vereinheitlichung des zwischenstaatlichen Zahlungsverkehrs.43

Einheitliche Richtlinien für Dokumentenakkreditive und Dokumentenin-kassi sind unter der Federführung der Internationalen Handelskammer Paris (ICC) entwickelt worden. Die „Einheitlichen Richtlinien und Gebräuche für Dokumentenakkreditive“ (ERA) sind das Ergebnis des 7. IHK-Kongresses 1933 in Wien,44 wurden mehrmals revidiert und werden heute von Banken bzw.

Bankverbänden in mehr als 160 Ländern angewendet, sodass davon ausgegan-gen werden kann, dass Akkreditive heute weltweit auf Basis der ERA abgewi-ckelt werden.45

38 Vgl. Topritzhofer (2002).

39 Vgl. ICC Austria.

40 Vgl. Topritzhofer (2002).

41 Vgl. Häberle (2002).

42 Vgl. ICC Austria.

43 Vgl. Topritzhofer (2002).

44 IHK: Internationale Handelskammern.

45 Vgl. Topritzhofer (2002).

Finanzierungs- und Absicherungsinstrumente 149

Ebenso werden die Einzelheiten zu den Dokumenteninkassi in den „Einheit-lichen Richtlinien für Inkassi“ (ERI) der Internationalen Handelskammer Paris geregelt. Dieses Regelwerk muss ausdrücklich dem einzelnen Inkassoauftrag zugrunde gelegt werden. Die ERI gelten – wie auch die Regelungen zu Doku-mentenakkreditiven – nur, wenn nicht gegenteilige individuelle Vereinbarun-gen getroffen wurden oder wenn zwinVereinbarun-gende nationale gesetzliche Vorschriften entgegenstehen.46