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Welches Ausmaß an Ein- Welches Ausmaß an Ein-wanderung ist zu erwarten?

Im Dokument Q4/ 07 Geldpo litik & W ir tschaft (Seite 57-61)

Auswirkungen der vollständigen Öffnung des österreichischen Arbeitsmarktes gegenüber den EU-8-Staaten

eine Ausbildung mittleren Niveaus (ISCED –4). Ihr Anteil an den Hochschulabsolventen (ISCED 5–6) ist etwas höher als jener der Inländer.

Dies liegt auch daran, dass es viele hoch qualifizierte ausländische Be­

schäftigte gibt, die häufig nur befris­

tet in Österreich (etwa für multinati­

onale Unternehmen) arbeiten (Biffl, 2000). Das ausländische Arbeitskräf­

tepotenzial ist hinsichtlich des Bil­

dungsstands äußerst heterogen (Bock­

Schappelwein, 2006), trotzdem liegt das durchschnittliche Bildungsniveau deutlich unter jenem der österrei­

chischen Erwerbsbevölkerung.

Die Erwerbsquote der Immig­

ranten ist geringer als jene der Öster­

reicher. Besonders auffällig ist, dass Erstere weitaus stärker von Arbeits­

losigkeit betroffen sind, als die ein­

heimische Bevölkerung. Schließlich weisen ausländische Beschäftigte

noch deutlich geringere Verdienste auf als Inländer (–2 %).12 Dies spie­

gelt die Tatsache wider, dass auslän­

dische Arbeitskräfte in vielen Betrie­

ben eine Art Fluktuationsbelegschaft darstellen (d. h., sie werden einge­

stellt um Spitzen des Arbeitskräfte­

bedarfs abzudecken und bei Nach­

fragerückgängen wieder gekündigt) und weist auch auf Probleme bei der Arbeitsmarktintegration von auslän­

dischen Arbeitskräften hin (OECD, 2007b).

Auswirkungen der vollständigen Öffnung

des österreichischen Arbeitsmarktes gegenüber den EU-8-Staaten

Schweden und Vereinigtes König­

reich), einige dies im Jahr 2006 taten (Griechenland, Spanien, Italien, Por­

tugal und Finnland) und eine Reihe weiterer Länder 2006 die Restriktio­

nen lockerten (Belgien, Dänemark, Frankreich, Luxemburg und die Nie­

derlande), sind Österreich und Deutschland die einzigen Länder, die die Zugangsbeschränkungen noch in vollem Umfang aufrecht erhalten.

Die Gründe dafür liegen einerseits in deren relativ schlechter Arbeits­

marktlage zum Zeitpunkt der EU­

Erweiterung, andererseits in der Sorge, dass sie aufgrund der geogra­

fischen Nähe einen überproportional hohen Anteil an Immigranten zu be­

wältigen hätten.

Somit scheint es möglich, dass be­

reits ein großer Teil der wanderungs­

bereiten Menschen aus den EU­8 in andere Staaten abgewandert sein wird, wenn Deutschland und Öster­

reich ihre Arbeitsmärkte öffnen. Dies gilt vor allem für jüngere und höher qualifizierte Arbeitskräfte, die eine höhere Wanderungsbereitschaft auf­

weisen. Aus diesem Grund könnten beim Auslaufen der Übergangsbestim­

mungen vornehmlich gering qualifi­

zierte Arbeitskräfte nach Österreich kommen.

3.2   Methoden zur Schätzung des  Migrationspotenzials

Im Zusammenhang mit der Öffnung des Arbeitsmarktes für Staatsbürger zentral­, ost­ und südosteuropäischer Länder stehen zwei Fragestellungen im Mittelpunkt des Interesses: Ers­

tens „Mit wie vielen zusätzlichen Ar­

beitskräften hat eine Volkswirtschaft wie Österreich zu rechnen?“ und zweitens „Welche Auswirkungen auf den österreichischen Arbeitsmarkt sind durch den Zuzug dieser zusätz­

lichen Arbeitskräfte zu erwarten?“

Die zweite Fragestellung wird in den Kapiteln 4 und 5 behandelt.

Die Studien bezüglich der ersten Fragestellung lassen sich in zwei Gruppen einteilen: ökonometrische Studien und Umfragestudien. Erstere basieren meist auf der Schätzung von Gravitätsmodellen (Barro und Sala­i­

Martin, 1995). In solchen Modellen wird Einwanderung durch geogra­

fische Nähe einerseits sowie durch unterschiedliche ökonomische Bedin­

gungen zwischen dem Einwande­

rungs­ und dem Ursprungsland ande­

rerseits erklärt.

Umfragestudien basieren auf Bür­

gerbefragungen in den potenziellen Herkunftsländern, wobei meist eine Einteilung in ein generelles Migrati­

onspotenzial (Emigration wird in Be­

tracht gezogen), ein wahrscheinliches Migrationspotenzial (Informationen über das Zielland wurden bereits eingeholt) und ein reales Migrations­

potenzial (es wurde bereits um eine Beschäftigungsbewilligung angesucht), vorgenommen werden kann (Huber, 2001).

Da man in der EU aufgrund der Süderweiterung um Portugal und Spanien bereits Erfahrungen mit den möglichen Auswirkungen einer Arbeitsmarktöffnung auf die Migra­

tion hat, wird in einigen Studien ver­

sucht, das zukünftige Immigrations­

potenzial aus den Effekten der Süd­

erweiterung hochzurechnen. Obwohl die damaligen EU­Mitgliedstaaten eine sehr hohe Anzahl an Immigranten be­

fürchteten, blieben die großen Ein­

wanderungswellen weitgehend aus.

Sinn und Werding (2001) machen je­

doch darauf aufmerksam, dass die Süderweiterung als Vergleichsszena­

rio nur bedingt geeignet ist, da ers­

tens bereits vor dem EU­Beitritt die­

ser Länder eine enorme Auswande­

rung stattgefunden hatte und zwei­

Auswirkungen der vollständigen Öffnung des österreichischen Arbeitsmarktes gegenüber den EU-8-Staaten

tens der Einkommensabstand zwi­

schen der EU und den iberischen Staaten zu dieser Zeit um einiges ge­

ringer war, als dies heute zwischen der EU und den zentral­, ost­ und süd­

osteuropäischen Ländern der Fall ist.

Insgesamt ist man bei der Schät­

zung des Migrationspotenzials mit erheblichen Unsicherheiten konfron­

tiert, weshalb auch die Ergebnisse enorm schwanken. Die größten Schwierigkeiten sind:

unterschiedliche Annahmen hin­

sichtlich des Beitrittszeitpunkts, der Einführung von Übergangs­

regelungen, der Anzahl der un­

tersuchten Herkunftsländer und der Zeitintervalle,

unterschiedliche methodische Herangehensweisen (Verwendung von Längsschnitt­ versus Quer­

schnittdaten; Prognose des Immi­

grantenbestands versus ­zustroms), Nichtberücksichtigung des unter­

schiedlichen Betroffenheitsgrads der Zielstaaten (z. B. der geogra­

fischen Nähe Österreichs und Deutschlands zu den neuen EU­

Mitgliedstaaten),

Außerachtlassung von Grenzgän­

gern, die für Österreich und Deutschland wahrscheinlich eine größere Relevanz haben als für andere EU­Staaten, sowie

Nichtberücksichtigung der unter­

schiedlichen Zeitpunkte, ab denen die alten EU­Mitgliedstaaten ihre Arbeitsmärkte öffneten.

3.3   Schätzungen des Migrations-potenzials

Huber (2001) vergleicht Studien des Wanderungspotenzials und kommt zu dem Ergebnis, dass die prognosti­

zierte Zuwanderung pro Jahr in die alten EU­Mitgliedstaaten zwischen 41.000 und 680.000 Immigranten liegt. Heinz und Ward­Warmedinger –

(2006) schätzen aufgrund ihrer Ana­

lyse der Fachliteratur die potenzielle Zuwanderung innerhalb von ein bis zwei Jahrzehnten nach der EU­weiten Gewährung der Arbeitnehmerfreizü­

gigkeit auf 1 % bis 4 % der Gesamtbe­

völkerung der EU­8 zuzüglich Bulga­

rien und Rumänien; dies entspräche 1 bis Millionen Menschen. Diese Zahlen berücksichtigen jedoch noch nicht, wie viele Immigranten wäh­

rend dieser Zeitspanne wieder zu­

rückwandern (Brutto­ versus Netto­

wanderung). In Tabelle 2 sind die Ergebnisse einiger wichtiger Studien zum Immigrationspotenzial in die alten EU­Mitgliedstaaten bzw. nach Österreich angeführt.

Insgesamt führen Gravitätsmo­

delle und das Zeitreihenmodell von Brücker und Boeri (2000) zu höheren Werten als die Umfragestudie von Faßmann und Hintermann (1997).

Gegenwärtig spricht einiges dafür, dass das Auswanderungspotenzial aus den zentral­, ost­ und südosteuropä­

ischen Staaten bei einem Fallen der Zugangsbeschränkungen zwischen den Jahren 2009 und 2011 nicht mehr so groß sein wird, wie dies einige ältere Studien vorhergesagt haben, da zu diesem Zeitpunkt bereits viele Bürger ausgewandert (Abschnitt .1) und der wirtschaftliche Aufholpro­

zess weiter fortgeschritten sein wer­

den. Da die Studien, die speziell auf Österreich eingehen, ein Immigrati­

onspotenzial von 22.000 bis 42.000 Menschen jährlich vorhersagen, kann man unter diesem Gesichtspunkt da­

von ausgehen, dass sich die schließlich zu beobachtenden Werte eher im unteren Bereich dieser Bandbreite realisieren werden. Dazu kommt, dass die erfragte Migrationsbereit­

schaft in Österreichs Nachbarländern – Ungarn, Slowenien, Slowakische und Tschechische Republik – ver­

Auswirkungen der vollständigen Öffnung

des österreichischen Arbeitsmarktes gegenüber den EU-8-Staaten

glichen mit jener der anderen EU­8­

Staaten gering ausfiel (Europäische Kommission, 2006). Die genannten Zuwanderungsraten werden nur in den ersten Jahren so hoch sein, da­

nach werden sie auch rasch wieder sinken. In der Modellsimulation in Kapitel 5 wird von einer Immigration in Höhe von rund 200.000 Menschen innerhalb von zehn Jahren ausgegan­

gen.Nach der Aufhebung der Zu­

gangsbeschränkungen ist nicht nur eine (relativ) permanente Immigra­

tion zu erwarten, sondern auch ein Zuwachs bei den Grenzgängern und

Grenzpendlern. Zudem spielen Sai­

sonarbeitskräfte aus Zentral­, Ost­

und Südosteuropa (schon jetzt) eine wichtige Rolle. Aktuelle Zahlen dazu sind in Tabelle dargestellt (Personen aus den EU­15­Staaten sind darin nicht erfasst).

Das zukünftige Potenzial an Grenzpendlern ist sehr schwer ab­

schätzbar. In den meisten Studien wird das innerösterreichische Pend­

lerverhalten auf das Grenzpendler­

verhalten mit starken Abschlägen um­

gelegt. Beispielsweise wird in der Hauptvariante der Studie von Huber und Brücker (200) unterstellt, dass

Tabelle 2

Auswahl wichtiger Studien zum Emigrationspotenzial aus den zentral-, ost- und südosteuropäischen Ländern

Autoren Methode Herkunftsländer Immigrationspotenzial

Brücker und Franzmeyer (1997)

Gravitätsmodell Polen, Slowakische Republik, Slowenien,

Tschechische Republik, Ungarn EU: 340.000 bis 680.000 (jährlich) Bauer und Zimmermann

(1999)

Hochrechnung aufgrund der Migration nach der Süderweiterung

Bulgarien, Polen, Rumänien, Slowakische Republik, Slowenien, Tschechische Republik, Ungarn

EU: 3,000.000

(innerhalb von 10 bis 15 Jahren) Bauer und Zimmermann

(2000)

Gravitätsmodell mit Koeffizienten der Süderweiterung

Bulgarien, Polen, Rumänien, Slowakische Republik, Slowenien, Tschechische Republik, Ungarn

EU: 2 % bis 3 % der Bevölkerung der untersuchten Länder (Gesamtpotenzial) Straubhaar

(2000)

Gravitätsmodell mit Koeffizienten der Süderweiterung

EU-8 + Bulgarien und Rumänien EU: 3,000.000 brutto 1,000.000 bis 1,500.000 netto (Gesamtpotenzial)

Faßmann und Hintermann (1997)

Umfragestudie Polen, Slowakische Republik,

Tschechische Republik, Ungarn Österreich: 150.000 EU: 721.000 (Gesamtpotenzial) Walterskirchen und Dietz

(1998)

Extrapolation des Gravitätsmodells von Barro und Sala-i-Martin

Polen, Slowakische Republik, Slowenien,

Tschechische Republik, Ungarn Österreich (2005): 42.000 (jährlich)

Hofer (1998)

Hochrechnung von Brücker und Franzmeyer (1997) auf Österreich

Polen, Slowakische Republik, Slowenien,

Tschechische Republik, Ungarn Österreich: 25.000 bis 40.000 (jährlich)

Brücker und Boeri (2000)

Zeitreihenmodell EU-8 + Bulgarien und Rumänien

(Annahme: Beitritt 2002) Österreich (2002): 41.000 EU (2002): 337.000 (jährlich, später abnehmend) Huber und Brücker

(2003)

Simulationsstudie auf Basis eines Gravitätsmodells EU-8

(Annahme: Freizügigkeit ab 2004) Österreich (2004): 22.000 Österreich (2006): 24.000 (jährlich, später abnehmend) EU-8(Annahme: Freizügigkeit ab 2011) Österreich (2011): 21.000

Österreich (2013): 22.000 (jährlich, später abnehmend) Bulgarien, Rumänien

(Annahme: Freizügigkeit ab 2013) Österreich (2013): 800 (jährlich, später abnehmend) Quelle: Brücker und Boeri (2000), Huber und Brücker (2003), Heinz und Ward-Warmedinger (2006), Huber (2001), Sinn und Werding (2001), Straubhaar (2000).

Auswirkungen der vollständigen Öffnung des österreichischen Arbeitsmarktes gegenüber den EU-8-Staaten

das Grenzpendlerpotenzial ein Drit­

tel der Pendlerzahlen zwischen den österreichischen Bezirken beträgt.

Generell wird davon ausgegangen, dass die größte Distanz, zu der Men­

schen bereit sind zu pendeln, in einer täglichen Gesamtfahrzeit von drei Stunden bewältigt werden kann.

Das zusätzliche Tagespendlerpoten­

zial wird mit zwischen 40.000 und 160.000 Personen prognostiziert (Tabelle 4).

4   Ökonomische Effekte von 

Im Dokument Q4/ 07 Geldpo litik & W ir tschaft (Seite 57-61)