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Strukturelle Rahmenbedingungen des Studiums

Hochschulraum-Strukturmittel (HRSM) können von Universitäten beantragt werden, um für ein konkretes Projekt eine Finanzierung außerhalb des – für eine Leistungsperiode bewilligten – Budgets zu erhalten (jeweils abgestimmt auf die Ziele des Entwicklungsplans der Universität).1 Im Fall des hier beschriebenen „Masterstudiums Quereinstieg Lehramt Musik“, in der Folge als QUER-Studium be-zeichnet2, war die besondere Herausforderung, ein Studium in Ko-operation zwischen einer Universität und drei pädagogischen Hoch-schulen3 einzurichten und durchzuführen. Anzumerken ist hier, dass die drei Kunstuniversitäten Wiens, darunter auch die Universi-tät für Musik und darstellende Kunst Wien (mdw), sich im Prozess der strukturellen Neuorganisation im Rahmen der Pädagog_innen-bildung Neu4 nicht dem Verbund Nord-Ost angeschlossen haben, der für diese Art der Kooperationen im Lehramtsbereich schon seit mehreren Jahren Erfahrung gesammelt hat. PHen weisen völlig an-dere Autonomiestrukturen und Institutionskulturen auf als Univer-sitäten, mit diesem Kooperationsprojekt wurde also für die mdw bzw. für diese Konstellation an beteiligten Institutionen Neuland betreten. Daraus resultieren zahlreiche zu überwindenden Hürden, die zu Beginn des bewilligten HRSM-Projekt zu meistern waren.

1 Die gesetzlichen Grundlagen zu den Hochschulraum-Strukturmittel, in der Folge im Text mit „HRSM“ abgekürzt, sind abrufbar unter https://

www.ris.bka.gv.at/GeltendeFassung.wxe?Abfrage=Bundesnormen&Ge-setzesnummer=20007973 [Stand 1.10.2018].

2 Die formale Bezeichnung des Quereinstiegsstudiums lautet „Fachein-schlägige Studien ergänzendes Masterstudium zur Erlangung eines Lehr-amtes im Bereich der Sekundarstufe Allgemeinbildung im Unterrichts-fach Musikerziehung (Quereinstieg Sek AB ME)“.

3 In der Folge im Text als „PHen“ abgekürzt.

4 Vgl. dazu https://bildung.bmbwf.gv.at/schulen/pbneu [Stand 1.10.2018]

Da jede Institution eingefahrene, verlässliche Routinen hat – und diese auch braucht, damit Abläufe reibungslos funktionieren – ver-ursacht die Einrichtung eines neuen Studiums, für das plötzlich vier Institutionen koordiniert werden müssen, einen weitaus arbeits- und zeitintensiveren Vorlauf als herkömmliche Studien. Zu nennen sind etwa die Notwendigkeit regelmäßiger Treffen auf Rektoratsebe-ne, die Einrichtung einer institutionenübergreifende Curriculums-kommission sowie einer eigenen Koordinationsstelle, die den nöti-gen Aufwand koordiniert und die gesonderte Finanzierung mitdenkt. Weiters müssen die im Lehramtsstudium integrierten bildungswissenschaftlichen Anteile samt der vorgesehenen Praxis-phase koordiniert werden. Die mit Lehraufträgen zu betrauenden Personen müssen nach transparenten Kriterien ausgewählt werden, wozu Verfahren zu entwickeln sind, die eben diese Vergleichbarkeit gewährleisteten. Hinzu kommen nicht aufeinander abgestimmte formale Vorgaben für Einreichungen von Curricula: So sind die Fristen der beteiligten PHen wesentlich früher als jene der mdw, die PH-Curricula sind dem Qualitätssicherungsrat für Pädagog_innen-bildung (QSR) sowie dem zuständigen Ministerium zur Prüfung vorzulegen, während die Universität dem Universitätssenat zur Vor-lage und Entscheidung verpflichtet ist.5

Daraus wird erkennbar, wie sorgfältig die beteiligen Leitungsver-antwortlichen darauf achten mussten, alle mitwirkenden Instanzen einzubeziehen, und welch ungeheuren Zeit-, Kommunikations- und Informationsaufwand die Einrichtung eines solchen Kooperations-studiums mit sich bringt. Es erschien den Verantwortlichen daher wichtig, durch einen gezielten Evaluierungs-Begleitprozess mög-lichst viele Erkenntnisse zu gewinnen, um diesen Aufwand zu recht-fertigen.

5 Diese Unterschiedlichkeiten wurden mittlerweile durch seit 1.10.2018 gel-tende Änderungen im Hochschulgesetz 2005 (§42) entschärft, wodurch den PHen zukünftig mehr curriculare Unabhängigkeit möglich sein wird.

Konzeptionelle Überlegungen und zielgruppenorientierte Curricularentwicklung

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Die Entwicklung des Curriculums wurde durch eine curriculare Arbeitsgemeinschaft mit Mitgliedern aller vier beteiligten Ausbil-dungsinstitutionen vorgenommen und erfolgte unter hohem Zeit-druck innerhalb weniger Monate. Auch diese Entwicklungsarbeit stellte inhaltliches und formales Neuland für alle Beteiligten dar, da die Integration von Quereinsteiger_innen in den Lehrberuf zwar in der Konzeption der Pädagog_innenbildung Neu prinzipiell vorgese-hen und im Gesetzgebungsrahmen berücksichtigt ist, bislang aber noch nie konkret in einem vergleichbar aufwendigen Ausbildungs-konzept auf Masterniveau umgesetzt wurde. Dementsprechend konnten zahlreiche für die Umsetzung wichtige formale und legisti-sche Fragen erst im Zuge der konkreten curricularen Entwicklung geklärt werden – wie etwa die Gewichtung verschiedener Ausbil-dungsbestandteile oder die Definition der als Zugangsvorausset-zung erforderlichen Berufspraxis.

Als wertvolle Orientierungshilfe erwiesen sich dabei jene Erfah-rungen, die an der mdw bis vor wenigen Jahren mit einem Universi-tätslehrgang zur Nachqualifizierung von bereits ungeprüft im Mu-sikerziehungs-Lehrberuf tätigen Personen gemacht werden konnten (eine völlig individuell abgestimmte und daher nur vereinzelt ge-nutzte Nachqualifizierungsoption), die eine Abschätzung dahinge-hend ermöglichte, welche Kompetenzen Quereinsteiger_innen in den schulischen Musiklehrberuf mitbringen bzw. welche professi-onsspezifischen Kompetenzen ihnen fehlen. Auch die seit vielen Jahren bestehende fachliche Vernetzung von Musikdidaktik-Aus-bildenden an Universitäten und PHen erwies sich als Vorteil.

Grundgedanke eines Quereinstiegs in den Lehrberuf ist, dass facheinschlägig qualifizierte und berufserfahrene Personen sich als Lehrpersonen für den schulischen Klassenunterricht nachqualifi-zieren. Im Fall des QUER-Studiums ist das Fachgebiet die Musik als künstlerische Disziplin, weshalb als „facheinschlägig“ ausdrücklich Studien im Musikbereich definiert wurden, die ein künstlerisches 6 Das Curriculum des QUER-Studiums sowie Details zu den

Zulassungs-bedingungen sind abrufbar unter www.quereinstieg-musik.at [Stand 1.10.2018].

Hauptfach und intensive musikalisch-künstlerische Ausbildungs-anteile beinhalten, wie etwa Konzertfachstudium, Instrumen-tal(Gesangs)pädagogik oder Musik- und Bewegungserziehung.

Die für das QUER-Studium ebenfalls erforderliche mehrjährige Berufspraxis hingegen kann sowohl eine rein künstlerische Berufs-tätigkeit sein (z.B. als freiberufliche/r Musikschaffende/r) als auch eine künstlerisch-pädagogische (z.B. als Instrumentallehrperson an Musikschulen), oder aber eine rein pädagogische Berufstätigkeit (etwa als Lehrperson an einer NMS oder im Elementarsektor). Im Gegensatz zu den Vorstudien, wo ausdrücklich eine künstlerische Facheinschlägigkeit gefordert wird, kann die Berufspraxis also auch ausschließlich pädagogisch sein. Begründet ist dies durch die Über-legung, dass interessante Persönlichkeiten mit vielfältigen berufli-chen Erfahrungshintergründen an die Schulen gebracht werden sol-len, die durch ihr individuelles Profil das Schulleben und den Unter-richt bereichern. Dieses Profil kann durchaus in sehr unterschiedli-chen Berufswelten erworben worden sein, solange die künstlerische Grundausbildung und die erforderlichen künstlerisch-musikali-schen Kompetenzen gewährleistet sind. Letztere werden durch die künstlerischen Vorstudien grundsätzlich abgesichert und überdies im QUER-Zulassungsverfahren noch professionsspezifisch über-prüft. Hierbei werden sowohl Klavier als wichtigstes schulprakti-sches Begleitinstrument und die Stimme als zentrales (Musik)Leh-renden-Werkzeug abgetestet, als auch Aspekte musikalischer Uni-versalität überprüft (z.B. Rhythmus, Bewegung, musikalische Lei-tungsfähigkeiten u.a.).

Die Konzeption von Zulassungsverfahren und Curriculum nimmt bewusst die Heterogenität der Quereinsteiger_innen in Be-zug auf Ausbildung und berufliche Vorerfahrungen in den Blick.

Anstatt eines verpflichtenden Vorspiels am Instrument, wie bei künstlerisch-musikalischen Zulassungsprüfungen üblich, sind die QUER-Bewerber_innen aufgefordert, ihre individuellen Profile in einer Präsentation sichtbar zu machen, die als künstlerische oder als pädagogische Präsentation (bzw. auch als Mischform) angelegt sein kann. Dadurch wird es möglich, persönliche Schwerpunkte und Stärken deutlich zu machen: Wer etwa bislang als Orchestermusi-ker_in tätig war, kann hohe künstlerische Kompetenz am Instru-ment unter Beweis stellen, wer hingegen über Jahre hinweg als

Mu-sikschul- oder Elementarmusik-Lehrperson gearbeitet hat, kann (musik)pädagogisches Profil zeigen und z.B. innovative Projekte aus der eigenen Unterrichtspraxis präsentieren.

Des Weiteren erfolgt auf Basis der Ergebnisse des Zulassungsver-fahrens eine individualisierte Zuteilung von Lehrveranstaltungen für jede/n einzelne/n Studierende/n in einem eigens dafür konzi-pierten Modul „Fach“. Denn Studierende, die im Vorstudium bei-spielsweise als Pianist_innen ausgebildet wurden, haben vermutlich kaum Bedarf an Lehrinhalten im Bereich Klavier, dafür aber mög-licherweise Defizite im Umgang mit der Stimme und dementspre-chenden Bedarf an Input in diesem Bereich. Ausgebildete klassische Sänger_innen wiederum benötigen wohl kaum Stimmschulung, ha-ben dafür aber vielleicht Nachholbedarf, was das schulpraktische Begleiten mit Gitarre bzw. Klavier oder den Umgang mit dem Stil-bereich der Popularmusik betrifft. Mit einer solchen, konzeptionell verankerten Teilindividualisierung, die noch durch die Möglichkeit von Dispensprüfungen sowie von Anerkennung zusätzlicher Studi-enleistungen ergänzt wird, soll innerhalb der curricularen Rahmen-struktur eine gewisse Flexibilisierung und Individualisierung für die Studierenden erreicht werden.

Die Perspektive der Studierenden – eine strukturierte