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Neun auf einen Streich

Im Dokument für die 5. Schulstufe (Seite 33-36)

Es war einmal ein kleiner verwachsener Schneider, der ging auf die Walz und kam in ein Gasthaus. Als er gerade aß, störten ihn die Fliegen solange, bis er mit der flachen Hand zuschlug. Er traf auch gut, und als er zählte lagen neun tote Fliegen auf dem Tische.

„Das sollen alle wissen, dass es ihrer neun waren“, dachte er und schrieb auf einen Zettel: „Neun ohne Zorn erschlagen auf einen Streich.“

Er steckte den Zettel auf seinen Hut, bezahlte und reiste weiter.

Die Sonne schien sehr heiß, und er wurde bald so müde, dass er einen guten Rastplatz suchte und sich hinlegte. Es dauerte nicht lange, und er schlief fest ein.

Zufällig kam der Leibdiener des Königs des Weges und sah den schlafenden Schneider. Als er näher hinzutrat, las er den Zettel. Sogleich beeilte er sich, seinem Herrn Nachricht von diesem tapferen Manne zu bringen.

Der König wurde von drei Riesen geplagt, die in einem Wald hausten. Er dachte: „Dies wäre der richtige Mann, der mir helfen könnte“, und schickte, um den Schneider zu holen.

Als dieser in die Burg kam, fragte ihn der König, ob er wirklich neune erschlagen habe.

Stolz versicherte er, das wäre erst gestern gewesen. Daraufhin nahm ihn der König in den Dienst und versprach ihm nach seinem Tode das Reich, wenn er ihn von den Riesen befreie. „Das ist ganz leicht“, sagte der Schneider und zog in den Wald.

Unterwegs traf er einen Knaben, der trug eine Lerche in einem Käfig. „Was willst du mit dem Vogel?“, fragte der Schneider. „Verkaufen will ich ihn.“ – „Gut, gib ihn mir“, sagte der Schneider und kaufte den Vogel für wenige Kreuzer.

Einige Schritte danach begegnete er einem alten Weibe, das trug Topfen in einem Tuch. „Wer weiß, wozu das noch gut ist?“, dachte sich der Schneider und kaufte ihm den

Topfen ab.

Als er weiterging, kam er zu der Behausung der Riesen.

Überall lagen Bäume, die waren gleich mit der Wurzel ausgerissen, und vor dem Haus stand ein Riese, groß wie ein Turm.

Der Schneider trat keck auf ihn zu und bat um eine Nachtherberge. Der Riese musste über den dreisten Kerl lachen und erlaubte ihm zu bleiben. Das hättet ihr aber sehen sollen, wie der Schneider sich in dem Riesenbett ausnahm – wie ein Floh auf dem Leintuch!

Am nächsten Morgen trat der Schneider vor die drei Riesen, dankte für das Nachtquartier und fragte, ob er nicht das Riesenhandwerk erlernen könne.

„Ja“, meinten sie, „das geht wohl. Zuerst aber musst du erweisen, ob du stark genug bist, dass es sich lohnt.“

„Versuchen wir es nur!“, rief der Schneider, und die Riesen waren damit einverstanden.

Nach dem Frühstück sollte er die erste Aufgabe lösen. Der erste Riese fasste einen Stein und warf ihn so hoch, dass er lange nicht wieder herunterkam. Der zweite und der dritte Riese machten dasselbe.

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Kompetenzübergreifende Übungsbeispiele – Neun auf einen Streich – Teil 2

„Das ist gar nichts“, sagte der Schneider. „Das tun bei uns die Buben. Ihr müsst den Stein so hoch werfen, dass er gar nicht wiederkommt. Damit fängt die Kunst erst an!“ Er griff in die Rocktasche, holte einen Vogel heraus und warf ihn in die Luft. Die Lerche erfreute sich ihrer Freiheit, stieg und stieg und kam nie mehr wieder. Da staunten die Riesen und sagten: „Morgen werden wir weitersehen, was du kannst.“

Am nächsten Tag sollte er Steine reiben. Jeder Riese nahm zwei Steine und rieb sie so stark aneinander, dass das Mehl davonstaubte.

„Das ist nichts Besonderes“, sagte der Schneider, „aber einen Stein zerdrücken, dass das Wasser rausrinnt, das ist eine Kunst.“ Er nahm den Topfen in die Faust und drückte, dass das Wasser nur so troff. Jetzt

wunderten sich die Riesen noch mehr über seine Kraft.

Am dritten Tag bogen die Riesen die stärksten Bäume, bis die Wipfel am Boden waren. Der Schneider ließ sich aber nicht abschrecken.

„Ganz schön“, sagte er, „aber eine größere Kunst ist es, über die Bäume zu springen.“ Dabei fasste er einen Wipfel an, und als der Riese losließ, schnellte der Baum hoch und schleuderte den Schneider weit über die Wipfel hinaus ins Moos. Er krabbelte heraus und ging zu den verwunderten Riesen zurück.

Am vierten Tage sollte jeder so viele Nudeln essen, als aufgetragen wurden. Die Riesen fraßen ganze Berge voll auf, er aber aß nur wenig und schob das andere zwischen Leib und Hemd beim Halse hinein, sodass er einen großen Bauch bekam.

„Jetzt wollen wir ein bisschen laufen“, rief der Schneider. „Wer ist schneller?“ Und schon war er draußen. Die Riesen ließen sich zuerst Zeit. Unterdessen lief der Schneider entlang des Waldrandes und kam an einer Hütte vorbei, wo ein Weiblein gerade Holz machte.

„Die Nudeln drücken mich!“, rief er und schnitt mit dem Messer das Hemd auf. Er leerte die Nudeln auf den Weg, warf sein Messer weg und rief beim Weiterlaufen: „Ah, das ist gut!“

Als die Riesen nachkamen und die Nudeln auf dem Weg fanden, fragten sie das Weiblein, was der Schneider hier getan habe. „Weil ihn die Nudeln gedrückt und beim Laufen behindert haben, hat er sich mit dem Messer den Bauch aufgeschnitten“, sagte die Alte. „Und wie er weitergelaufen ist,

hat er noch gerufen: „Ah, das ist gut!“

Den Riesen waren ihre vollen Bäuche beim Laufen recht im Wege.

Wie sie das Weiblein erzählen hörten, nahmen sie auch gleich ein Messer und schnitten sich den Bauch auf, dass die Gedärme

hervortraten. „Schneid nur weiter“, ermunterte einer den anderen, „die Nudeln kommen schon.“ Mit aufgeschnittenen Bäuchen rannten sie dem Schneider noch ein Stück nach, aber bald verließ sie die Kraft, und sie fielen tot um.

Langsam und vorsichtig kam der Schneider zurück. Als er die Riesen tot auf dem Boden liegend sah, freute er sich aber. Er holte sein Messer und schnitt ihnen die Zungen ab.

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Kompetenzübergreifende Übungsbeispiele – Aufgabenblatt 1

Aufgabe 1

Erkläre mithilfe des „Österreichischen Wörterbuches“ folgende Wörter! Schreibe zusätzlich die Seite und Spalte auf, wo du das Wort gefunden hast!

Seite/Spalte Erklärung

Walz

Kreuzer

keck

dreist

triefen

Gedärm

Aufgabe 2

Um welche Satzarten handelt es sich bei den unten stehenden Sätzen?

a) Ah, das ist gut!

b) Langsam und vorsichtig kam der Schneider zurück.

c) Wer ist schneller?

d) Versuchen wir es nur!

e) Die Riesen ließen sich zuerst Zeit.

f) Was willst du mit dem Vogel?

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Kompetenzübergreifende Übungsbeispiele – Aufgabenblatt 2

Aufgabe 3

Beantworte folgende Fragen zum Märchen „Neun auf einen Streich“! Schreibe die Antworten in vollständigen Sätzen!

1. Wobei störten die Fliegen den Schneider?

Im Dokument für die 5. Schulstufe (Seite 33-36)

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