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KAPITEL 2 – GESETZLICHER RAHMEN UND VERFAHREN

3. KOLLEKTIVES ARBEITSRECHT

3.3.2. Sozialpartnerschaft

Die österreichische Sozialpartnerschaft ist gekennzeichnet durch eine besondere Art der Gesprächs- und Verhandlungskultur und durch die Bereitschaft der beteiligten Verbände, Kompromisse nach außen und innen durchzusetzen sowie unterschiedliche Interessen unter Bedachtnahme auf mittelfristige, gemeinsame gesellschaftliche Ziele zu vertreten. Dies be-dingt eine permanente Gesprächsbasis und einen laufenden Informationsaustausch.

Die wesentliche Funktion der österreichischen Sozialpartnerschaft liegt in der Lösung wirt-schafts- und sozialpolitischer Probleme im Konsensweg. Die österreichische Sozialpartner-schaft beschränkt sich nicht auf den Bereich der Sozialpolitik, sondern wird von einer umfas-senden gesellschaftspolitischen Gesamtverantwortung geprägt.

Seite 73 von 270 Sozialministerium.at Dies hat insgesamt, durch die Erhaltung des sozialen Friedens, der österreichischen Wirt-schaft einen echten internationalen Wettbewerbsvorteil verschafft. Damit lässt sich auch das Fehlen eines Arbeitskampfrechtes im objektiven Sinn in Österreich erklären.

Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnenvertretung in den Be-3.4.

trieben und deren Mitwirkungsmöglichkeiten

Die Interessenvertretung der Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen im Betrieb wird durch das Arbeitsverfassungsgesetz geregelt. In jedem Betrieb, in dem dauernd mindestens fünf (stimmberechtigte) Arbeitnehmende beschäftigt werden, ist ein Betriebsrat zu wählen. Erfül-len sowohl die Gruppe der Arbeiter und Arbeiterinnen als auch die der Angestellten diese Voraussetzungen, sind getrennte Betriebsräte zu wählen. Bei getrennten Betriebsräten fun-giert als gemeinsames Organ der Betriebsausschuss. Die Zahl der Betriebsratsmitglieder rich-tet sich nach der Zahl der Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen. Der Betriebsrat ist Reprä-sentant aller Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen im Betrieb, ungeachtet des Umstandes, ob diese Mitglieder einer Gewerkschaft sind.

Die Mitglieder des Betriebsrates werden aufgrund des gleichen, unmittelbaren und gehei-men Wahlrechts gewählt, wobei das Wahlverfahren grundsätzlich nach dem Verhältniswahl-recht durchzuführen ist. Die Tätigkeitsdauer des Betriebsrates beträgt fünf Jahre. Das aktive Wahlrecht haben alle – auch ausländische – Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen, die am Tag der Betriebsversammlung zur Wahl des Wahlvorstandes das 18. Lebensjahr vollendet haben und an diesem Tag im Rahmen des Betriebes beschäftigt sind. Das passive Wahlrecht erstreckt sich auf alle Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen, die am Tag der Ausschreibung der Wahl das 18. Lebensjahr vollendet haben und seit mindestens 6 Monaten im Betrieb beschäftigt sind.

Vorstandsmitglieder, Geschäftsführer und Geschäftsführerinnen von juristischen Personen und leitende Angestellte, sofern diesen maßgebender Einfluss auf die Führung des Betriebes zusteht, sind keine Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen im Sinn des Betriebsverfassungs-rechts. Sie haben daher weder aktives noch passives Wahlrecht zum Betriebsrat.

Das Amt des Betriebsrates ist ein Ehrenamt. Den Mitgliedern des Betriebsrates ist die für die Erfüllung ihrer Tätigkeit erforderliche Freizeit unter Entgeltfortzahlung zu gewähren. Ab 150 Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen und abhängig von der Zahl der Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen sind ein oder mehrere Betriebsratsmitglieder von der Arbeit freizustel-len. Betriebsratsmitglieder dürfen wegen Ausübung ihres Mandats nicht benachteiligt wer-den und genießen einen besonderen Kündigungs- und Entlassungsschutz.

Seite 74 von 270 Sozialministerium.at Weitere Organe der Arbeitnehmer- und Arbeitnehmerinnenschaft

Die Betriebsversammlung ist die Versammlung der Gesamtheit der Arbeitnehmer und Ar-beitnehmerinnen eines Betriebs mit mindestens fünf Arbeitnehmer und ArAr-beitnehmerinnen über 18 Jahre. Umfasst ein Unternehmen mehrere Betriebe, so wird auf Unternehmensebe-ne ein Zentralbetriebsrat errichtet. Die Mitglieder des Zentralbetriebsrates werden von der Gesamtheit der Mitglieder der im Unternehmen errichteten Betriebsräte gewählt. In Betrie-ben, in denen dauernd mindestens fünf jugendliche Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen beschäftigt sind, ist ein Jugendvertrauensrat zu bilden. In einem Konzern, in dem in mehr als einem Unternehmen Betriebsräte bestehen, kann eine Konzernvertretung eingerichtet wer-den.

Aufgaben und Befugnisse des Betriebsrates

Aufgabe des Betriebsrates ist die Interessenwahrnehmung auf wirtschaftlichem, sozialem, gesundheitlichem und kulturellem Gebiet. Zur Erfüllung dieser Aufgaben hat der Betriebsrat folgende Befugnisse:

Allgemeine Befugnisse: Überwachungsrechte hinsichtlich der Einhaltung der die Arbeitneh-mer und ArbeitnehArbeitneh-merinnen des Betriebes betreffenden Rechtsvorschriften, Interventions-rechte (Anträge an den/die Arbeitgeber und Arbeitgeberin zugunsten der Arbeitnehmen-den), Informationsrechte (z. B. Recht auf Auskunft über Angelegenheiten, die die Interessen der Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen berühren). Zumindest einmal je Vierteljahr, auf Verlangen des Betriebsrates einmal im Monat, muss der/die Betriebsinha-ber/Betriebsinhaberin eine gemeinsame Beratung mit dem Betriebsrat abhalten.

Die Mitwirkung in sozialen Angelegenheiten: Es handelt sich um die Teilnahme an Entschei-dungen, die die Arbeitnehmer- und Arbeitnehmerinnenschaft des Betriebes als Ganzes oder Teile derselben betreffen, wie z.B. die Informations- und Beratungsrechte hinsichtlich der betrieblichen Ausbildung, betrieblichen Wohlfahrtseinrichtungen, den Abschluss von Be-triebsvereinbarungen über generell wirksame Arbeitsbedingungen.

Die Mitwirkung in personellen Angelegenheiten betrifft die Teilnahme des Betriebsrates als Organ der Arbeitnehmer- und Arbeitnehmerinnenschaft des Betriebes an individuellen Per-sonalentscheidungen des/der Betriebsinhaber/Betriebsinhaberin wie z.B. bei Kündigungen und Entlassungen, der Einstellung, Versetzung oder Beförderung von Arbeitnehmer und Ar-beitnehmerinnen, der Festsetzung von Leistungsentgelten, der Verhängung von Disziplinar-maßnahmen, der Vergabe von Werkswohnungen und bei einvernehmlichen Lösungen des Arbeitsverhältnisses.

Die Mitwirkung in wirtschaftlichen Angelegenheiten bezieht sich auf die wirtschaftliche Leitung des Unternehmens und umfasst unter anderem ein Informations- und Beratungs-recht über die wirtschaftliche Lage des Betriebes, das Recht auf Jahresabschlusseinsicht, ein Mitspracherecht bei Betriebsänderungen.

Seite 75 von 270 Sozialministerium.at Die Mitwirkung im Aufsichtsrat: In den Aufsichtsrat von Aktiengesellschaften, Gesellschaf-ten mit beschränkter Haftung, Versicherungsvereinen auf Gegenseitigkeit, von Genossen-schaften mit dauernd mindestens 40 Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen, der österreichi-schen Postsparkasse und in den Sparkassenrat von Sparkassen sowie in deren Ausschüsse entsendet der Zentralbetriebsrat oder Betriebsrat (sofern das Unternehmen nur aus einem Betrieb besteht) Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnenvertreter. Für je zwei gemäß Gesetz oder Satzung von der Seite der Kapitaleigner bzw. Kapitaleignerinnen zu bestellenden Mit-glieder ist je ein/eine Vertreter bzw. Vertreterin der Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen mit Sitz und Stimme zu entsenden (Drittelbeteiligung). In börsennotierten Unternehmen sowie in Unternehmen, in denen dauernd mehr als 1.000 Arbeitnehmer und Arbeitnehme-rinnen beschäftigt sind und die Belegschaft zu mindestens 20 Prozent aus Arbeitnehmerin-nen bzw. Arbeitnehmern besteht, muss unter den in den Aufsichtsrat entsandten Arbeit-nehmervertreter bzw. ArbeitArbeit-nehmervertreterinnen jedes der beiden Geschlechter im Aus-maß von mindestens 30 Prozent vertreten sein, sofern mindestens drei Arbeitnehmervertre-ter in den Aufsichtsrat zu entsenden sind.

In Konzernen nehmen auch die Betriebsräte der Tochterunternehmen bei der Bestellung der Vertreter und Vertreterinnen der Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen für den Aufsichtsrat der Muttergesellschaft teil.

Auch in herrschenden Unternehmen – Holdinggesellschaften –, in denen kein Betriebsrat zu errichten ist und deren Tätigkeit sich nicht nur auf die Verwaltung von Unternehmensantei-len beschränkt, haben die Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnenvertreter aus den be-herrschten Tochtergesellschaften das Recht zur Mitwirkung im Aufsichtsrat.

Mit der Umsetzung der EU-Richtlinie 94/45 EG wurden im Arbeitsverfassungsgesetz (ArbVG) ein besonderes Verhandlungsgremium, der Europäische Betriebsrat und ein Verfahren zur Unterrichtung und Anhörung der Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen eingeführt. Die Gel-tung dieser Regelungen bezieht sich auf Unternehmen und Unternehmensgruppen, deren zentrale Leitung im Inland liegt und die mindestens 1.000 Arbeitnehmer und Arbeitnehme-rinnen in den Mitgliedstaaten und jeweils 150 Arbeitnehmer und ArbeitnehmeArbeitnehme-rinnen davon in mindestens zwei Mitgliedstaaten beschäftigen.

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