• Keine Ergebnisse gefunden

Anlaufverluste bis zur Hälfte des Stammkapitals und mehrere Jahre ohne Dividende sind bei einem neuen Industriebetrieb in Schwellenländern keines-wegs die Ausnahme. Unternehmer, die zum ersten Mal in einem fernen Markt investieren, sind geneigt, Dauer und Höhe der Anlaufkosten zu unterschätzen.

Richtig finanzieren 195

der Risiken von Projekt und Investitionsland, dem raschen Erlernen bislang wenig vertrauter Spielregeln, der Zusammenarbeit mit geeigneten lokalen Partnern sowie der adäquaten Berücksichtigung kulturbedingter Unterschiede.

Erfahrungen aus gescheiterten Internationalisierungsprojekten unterscheiden sich teils gravierend von den Erwartungen und Einschätzungen österreichi-scher KMU.

Challenges for SMEs in the internationalisation process

During the last two decades, the Austrian economy has made substantial progress in internationalisation. Both export activity and outward direct foreign invest-ment have seen high growth rates. In view of the fact that SME have constrained ressources financially as well as in terms of know how, the question arises to what extent they are able to internationalise their activities. In this paper, we address barriers to internationalisation faced by Austrian SME. We start with se-lected results from a survey conducted in February 2013 and shed some light on the judgements of SME towards internationalisation barriers. In a second step we contrast this with experiences AWS has made, when supported internationalisa-tion projects failed.

Staatliche Exportversicherung:

Handel mit Netz und Boden

Agnes Streissler-Führer, Fjodor Gütermann

Gerade in wirtschaftlich oder politisch riskante Märkte würde ohne staatliche Ex-portversicherung (Export Credit Agencies, ECAs) zu wenig exportiert werden.

Zudem fördern staatliche ECAs bestimmte „Benimm-Regeln“ im Prozess der Glo-balisierung wie den Nachhaltigkeitsgedanken oder die Korruptionsbekämpfung.

Insbesondere die Entwicklung der vergangenen Jahre hat die Notwendigkeit staatlicher Exportversicherung wieder unter Beweis gestellt. Während Anfang der 2000er Jahre aufgrund einer boomenden Weltwirtschaft die Sinnhaftigkeit eines staatlichen Rückhalts des Exportgeschäfts etwas in Frage gestellt wurde, kam mit der Wirtschaftskrise der Sinneswandel: Die staatlichen ECAs schufen einen wich-tigen Ausgleich für die drohenden Ausfälle im Exportgeschäft und trugen damit wesentlich zur Stabilisierung auch des privaten Exports bei.

Geoconsult ist ein mittelgroßes österreichisches Ingenieurbüro. Im Jahr 2010 haben sie die Planung und Bauüberwachung eines Eisenbahntunnels in Pa-kistan übernommen – eine Dienstleistung in einem weit entfernten Land, das ein hohes politisches Risiko hat. Das Projekt bekam eine Exportgarantie der österreichischen Exportkreditagentur Oesterreichische Kontrollbank AG und als es tatsächlich zu Devisenproblemen kam, konnte Geoconsult sich auf diese Versicherung verlassen. Geoconsult wird sich daher auch weiterhin in schwie-rige Märkte wagen können.

Energy Recovery Inc ist ein US-amerikanisches Technologieunternehmen, das ein Verfahren entwickelt hat, welches den Energieverbrauch bei der Um-wandlung von Salzwasser in Trinkwasser um bis zu 60% senkt. Diese Tech-nologie wird in 40 Länder weltweit verkauft, mit Exportversicherungen der US-amerikanischen Exportkreditagentur ExIm Bank. Energy Recovery kann sich auf seine Stärke, nämlich die Weiterentwicklung seiner Technologie, kon-zentrieren, eine Technologie, die gerade für ärmere Länder enorm wichtig ist.

Siemens Industrial Turbomachines, ein Turbinenhersteller mit Sitz in Schwe-den, musste während der Finanzkrise feststellen, dass viele seiner Kunden nicht mehr ohne weiteres langfristige Investitionsprojekte angehen. Die schwedische Exportkreditagentur EKN hat sich hier als stabiler Partner erwiesen und Kre-ditversicherungen angeboten, so dass auch trotz finanziell turbulenter Zeiten wichtige Bauprojekte weltweit vorangetrieben werden können und in Schwe-den Arbeitsplätze gesichert bleiben.

Drei ganz verschiedene Best Practice Beispiele zu staatlicher Exportversi-cherung. Die eingesetzten Instrumente sind unterschiedlich und reichen von klassischen Krediten über Haftungen und Garantien bis hin zu Wechselbürg-schaften (zwischen den Banken der Exportpartner) – im Folgenden alle zusam-mengefasst unter dem Begriff „Exportversicherung“.

Und die Effekte sind vielfältig, lassen sich aber unter einer Überschrift subsu-mieren: Wohlfahrtseffekte des Außenhandels.

Nicht erst seit Ricardo, sondern schon spätestens seit den Phöniziern wissen wir, dass der Handel mit anderen Ländern, den benachbarten wie den weiter entfernten, Wohlfahrtseffekte bringt, für beide Seiten. Tocqueville ging sogar so weit, den Handel als Friedensbringer zu sehen, als Garant der Unabhängigkeit und Selbstständigkeit und damit als Grundvoraussetzung der Freiheit für die Menschheit.

Instrumente, die daher den Handel fördern und unterstützen, wirken wohl-standssteigernd. Die Frage ist allerdings, ob der Staat hier lediglich für wohlge-ordnete Rahmenbedingungen für funktionierenden Handel sorgen sollte oder ob finanzielle bzw. geldwerte Unterstützung von staatlicher Seite notwendig und zusätzlich wohlfahrtserhöhend sein kann.

Der folgende Beitrag befasst sich daher mit der Frage, welche Rolle staatliche Exportgarantien für den Welthandel haben und wie sich diese Rolle in den vergangenen Jahren und insbesondere in der Wirtschaftskrise entwickelt hat.

1 Warum staatliche Exportversicherung?

1.1 Wer trägt in einem Exportgeschäft das Risiko?

In den allermeisten Fällen (laut IMF 2012, 5) handelt es sich um so genannte

„open account“-Geschäfte: Der Exporteur führt die Ware aus, der Importeur zahlt nach Erhalt – das Finanzierungsrisiko ist allein beim Exporteur.

Seltener im b2b-Bereich gibt es Cash-in-Advance: Der Importeur muss zah-len, bevor er die Ware erhält – das Finanzierungsrisiko liegt also hier beim Importeur.

Je nach Einschätzung der Lage werden Exporteur bzw. Importeur versu-chen, einen Teil des Finanzierungsrisikos durch Vorfinanzierungen über Kre-dite bzw. Absicherungen über Haftungen zu versichern. Banken und (private) Exportfinanzierungsagenturen bieten hier Produkte an.

Laut IWF (2012, 54) betrug 2008 das Gesamtvolumen des weltweiten Güter-handels knapp 16.000 Mrd. US-Dollar, ein Fünftel davon war Cash in Advance, zwischen 35 und 40% waren Finanzierungen, bei denen Banken als Interme-diär auftreten und knapp 45% waren Open Account Transaktionen.

Abbildung 33: Arten der Handelsfinanzierung

Seltener im b2b-Bereich gibt es Cash-in-Advance: Der Importeur muss zahlen, bevor er die Ware erhält – das Finanzierungsrisiko liegt also hier beim Importeur.

Je nach Einschätzung der Lage werden Exporteur bzw Importeur versuchen, einen Teil des Finanzierungsrisikos durch Vorfinanzierungen über Kredite bzw Absicherungen über Haftungen zu versichern. Banken und (private) Exportfinanzierungsagenturen bieten hier Produkte an.

Laut IWF (2012, 54) betrug 2008 das Gesamtvolumen des weltweiten Güterhandels knapp 16.000 Mrd US-Dollar, ein Fünftel davon war Cash in Advance, zwischen 35 und 40 Prozent waren Finanzierungen, bei denen Banken als Intermediär auftreten und knapp 45 Prozent waren Open Account Transaktionen.

1. Arten der Handelsfinanzierung Cash-in-Advance:

Risko beim Importeur

19-22 %

Banken als Intermediäre

35-40%

Open Account: Risiko beim Exporteur; 38-45%

ECA garantiert 8-10%

nicht-garantiert Intra-Firmen-Geschäft Quelle: IWF (2012, 54). Die Prozentsätze beziehen sich auf das für 2008 geschätzte gesamte Handelsvolumen von 15.900 Mrd US-Dollar.

Von diesen wiederum dürfte etwa ein Drittel überhaupt nur zwischen Unternehmen der selben Unternehmensgruppe erfolgen. Etwa 20 Prozent der Open Account Geschäfte zwischen unterschiedlichen Unternehmens(gruppen) haben Exportversicherungen, der Rest ist nicht-garantierter „Handschlag“-Handel. Insgesamt schätzt daher der IWF, dass ca zehn Prozent des Weltgüterhandels (bzw 1.250 bis 1.500 Mrd US-Dollar)

exportversichert sind, von privaten wie von öffentlichen Versicherern.

Es gibt auch im Außenhandel Marktversagen

Der erste Schritt zur Exportversicherung ist also die Einschätzung des Exporteurs, das er nicht das alleinige Risiko seines Geschäfts tragen will. Wenn es sich um einen

kurzfristigen Vertrag handelt (der Waldviertler Tischler liefert eine neue Hotelküche nach Brünn) oder wenn es sich, wie im Beispiel Österreich-Tschechien um ein Land handelt, mit dem funktionierende, etablierte Handelsbeziehungen bestehen, so wird er im Allgemeinen für dieses Geschäft eine private Versicherung finden.

Wenn aber der Geschäftspartner in einem weiter entfernten Land beheimatet ist, in einem Land mit einem so genannten „politischen Risiko“ und/oder wenn es sich um einen längerfristigen Exportvertrag handelt (wie etwa bei einem aufwändigen Anlagenbau), dann wird sich nicht mehr so schnell ein privates Versicherungsunternehmen finden, das dieses Risiko übernehmen will.

Quelle: IWF (2012, 54). Die Prozentsätze beziehen sich auf das für 2008 geschätzte gesamte Handelsvolumen von 15.900 Mrd. US-Dollar.

Warum staatliche Exportversicherung 199

Von diesen wiederum dürfte etwa ein Drittel überhaupt nur zwischen Unter-nehmen der selben UnterUnter-nehmensgruppe erfolgen. Etwa 20% der Open Ac-count Geschäfte zwischen unterschiedlichen Unternehmen(sgruppen) haben Exportversicherungen, der Rest ist nicht-garantierter „Handschlag“-Handel.

Insgesamt schätzt daher der IWF, dass ca. 10% des Weltgüterhandels (bzw.

1.250 bis 1.500 Mrd. US-Dollar) exportversichert sind, von privaten wie von öffentlichen Versicherern.

1.2 Es gibt auch im Außenhandel Marktversagen

Der erste Schritt zur Exportversicherung ist also die Einschätzung des Expor-teurs, dass er nicht das alleinige Risiko seines Geschäfts tragen will. Wenn es sich um einen kurzfristigen Vertrag handelt (der Waldviertler Tischler liefert eine neue Hotelküche nach Brünn) oder wenn es sich, wie im Beispiel Öster-reich – Tschechien um ein Land handelt, mit dem funktionierende, etablierte Handelsbeziehungen bestehen, so wird er im Allgemeinen für dieses Geschäft eine private Versicherung finden.

Wenn aber der Geschäftspartner in einem weiter entfernten Land beheima-tet ist, in einem Land mit einem so genannten „politischen Risiko“ und/oder wenn es sich um einen längerfristigen Exportvertrag handelt (wie etwa bei einem aufwändigen Anlagenbau), dann wird sich nicht mehr so schnell ein pri-vates Versicherungsunternehmen finden, das dieses Risiko übernehmen will.

Diese Risikoscheu hat sich, wie später noch ausgeführt wird, in der Krise noch verstärkt: Risiko wurde plötzlich von Privaten sehr hoch eingeschätzt bzw. fehlte es auch an Rückversicherungsmöglichkeiten für die Privaten (die OeKB hat im Übrigen Rückversicherungsmöglichkeiten angeboten – siehe wei-ter unten).

Es werden damit selbst in normalen Zeiten, noch mehr aber in Krisenzeiten, für solche Fälle keine oder zu wenig private Versicherungen angeboten – klas-sisches Marktversagen, wo der Staat fördernd einspringen sollte.

1.3 Vorbildwirkung internationaler Abmachungen

Staatliche Exportförderung muss vor den Steuerzahler gerechtfertigt werden, schließlich müssen sie etwaige Ausfälle tragen. Dieser Grund zum einen und ein vehementes Bekenntnis von WTO und OECD zum Liberalismus zum an-deren haben schon seit den 1950er Jahren dazu geführt, dass klare Regeln für staatliche Exportförderer aufgestellt wurden mit einer Reihe von Wohlverhal-tensmaßnahmen.

So wurden immer klarere Regeln für ein „fair level-play“ formuliert, aber auch weiterreichende Themen wie Umweltschutzbelange und Kampf gegen Korruption angegangen: Es kann angenommen werden, dass diese Spielregeln sich auf den globalen Märkten als best practice etablieren. Auch wenn sie nicht sofort von allen anderen übernommen werden, so setzen sie doch beispielge-bende Standards und erhöhen damit nochmals die nachhaltigen Wohlfahrtsef-fekte von Handel.

Ebenso wäre denkbar, dass die Diskussion über faire Versicherungs prämien

(siehe weiter unten) ebenfalls Vorbildwirkung für die privaten Märkte hat:

Wenn für staatliche Institutionen Regeln existieren, die festlegen, was eine

„angemessene“ Prämie ist, so kann angenommen werden, dass diese auch in-formativen und korrektiven Charakter für marktfähige Privatverträge haben.

1.4 Spillover-Effekte auf den nicht-versicherten Handel

Es wurde dargestellt, dass etwa 10% des Güterhandels export versichert sind.

Doch offenbar gibt es hier Spill-Overeffekte auf den nicht-versicherten Handel.

So kommt eine umfassende Studie über Euler-Hermes (Felbermayer; Yalcin 2011, 12 ff) unter anderem zu folgenden zwei Ergebnissen:

• Die Effekte von Exportgarantien auf das Exportvolumen sind signifikant positiv und obwohl nur ein Teil der Exporte wirklich durch Garantien ab-gedeckt ist, zeigt sich, dass auf Märkten (darunter sind Branchen, diffe-renziert nach Regionen zu verstehen), für die es Exportgarantien gibt, die Exporte um fast 18% höher sind, als wenn es keine Garantien gibt.

• Der Effekt ist am größten für Länder mit unteren mittleren Einkommen.1

2 Staatliche Exportförderungen und das Wettbewerbsrecht