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Rezente Entwicklungen in ausgewählten Ländern und Regionen

2.1 Euroraum

Obwohl die europäische Wirtschaft im Jahr 2016 mit vielen Herausforderun-gen konfrontiert war, wie dem schwächsten Wachstum des Welthandels seit 2009, geopolitischen Spannungen im Nahen Osten, Terroranschlägen in ei-nigen Euroraumländern, Problemen einiger Banken oder dem Brexit-Votum im Vereinigten Königreich, konnte sich die wirtschaftliche Erholung im Eu-roraum fortsetzen.

Über das gesamte Jahr betrachtet, lag das Wirtschaftswachstum 2016 bei 1,7% und wurde hierbei vor allem von der Binnennachfrage gestützt. Die pro-longierte Schwäche der Investitionen trotz massiver geldpolitischer Eingriffe der EZB, substanzieller wirtschaftspolitischer Maßnahmen und verbesserter Fi-nanzierungsbedingungen trüben jedoch die Aussichten auf einen nachhaltigen Wirtschaftsboom (OeNB, März 2017).

Die jüngsten Prognosen des IWF erwarten im Großen und Ganzen eine Fort-setzung des flachen Wachstumspfads im Jahr 2017, wobei der Jahresanfang etwas dynamischer ausfallen sollte. Für das laufende Jahr erwartet die Euro-päische Kommission in ihrer Winterprognose ein reales BIP-Wachstum von 1,6%. Die Verschlechterung des Wachstums gegenüber 2016 ist die Folge eines erwarteten schwächeren Wachstums der verfügbaren Einkommen aufgrund der höheren Energiepreise. Eine positive Beschäftigungsentwicklung soll dann 2018 das BIP-Wachstum leicht auf 1,8% anheben. In der Einschätzung der Kommission wird aber auch auf eine mögliche Umkehr des positiven Trends aufgrund politischer Unsicherheiten hingewiesen.

Unter dem Aspekt einer langsamen konjunkturellen Erholung verbessert sich die Lage auf dem Arbeitsmarkt nur schleppend. Die Arbeitslosenquote im Euroraum ging im Dezember 2016 auf 9,6% zurück und erreichte damit den niedrigsten Stand seit Mitte 2009. Besonders deutliche Rückgänge verzeichne-ten die Peripherieländer im Euroraum – Griechenland (–1,5%), Irland (–1,4%), Portugal (–1,4%), Spanien (–2,5%) –, deren Arbeitslosenquoten besonders stark von der tiefen Rezession aufgrund der Finanzkrise betroffen waren. Die EK rechnet im Euroraumschnitt mit einem weiteren langsamen Rückgang der Arbeitslosenquote auf 9,1% bis 2018 (Jahresschnitt). Die Jugendarbeitslosig-keit bleibt auf einem besorgniserregend hohen Niveau von 21%.

Das Beschäftigungswachstum lag im Jahr 2016 durchschnittlich bei 0,3%, wobei sich die Dynamik vor allem im dritten Quartal verlangsamte. Laut ak-tuellen Umfragedaten der EK zum Arbeitsmarkt sind die Beschäftigungserwar-tungen in allen Sektoren mit Ausnahme der Finanzdienstleistungsindustrie ge-stiegen (OeNB, März 2017). Auch die Konsumenten schätzen die Wahrschein-lichkeit, in den nächsten Monaten arbeitslos zu werden, wieder niedriger ein als im Quartal zuvor.

Vor dem Hintergrund des starken Ölpreisanstiegs beschleunigte sich auch die HVPI-Gesamtinflationsrate für den Euroraum seit der zweiten Jahreshälfte 2016. Im Jahresdurchschnitt betrug die Inflationsrate 2016 im Euroraum jedoch äußerst niedrige 0,2%, nach 0,0% im Jahr 2015. Im Jänner 2017 zeigte die Gesamtinflationsrate einen deutlich positiven Trend und stieg im Februar auf 2,0% gegenüber dem Vorjahresmonat. Dieser Anstieg kam keineswegs überra-schend und ist vor allem den volatilen Komponenten geschuldet. Hauptfaktor ist der prolongiert starke Aufwärtstrend der Energiepreise von 8,1% (Jänner) bzw 9,2% (Februar); eine Folge der raschen Weitergabe des Ölpreisanstiegs von rund 15% seit der Ankündigung der OPEC, ab Jänner 2017 die Ölför-dermengen zu kürzen. Außerdem bewirken in der Vorjahresbetrachtung stark positive Basiseffekte einen Anstieg der Energiepreise. Der zweite Faktor sind die unbearbeiteten Lebensmittel, welche sich vermutlich wetterbedingt stärker verteuerten, als von den Prognosen erwartet worden war. Da die rezenten In-flationsentwicklungen nur kurzfristiger Natur sind und somit die mittelfristige Inflationsentwicklung nicht betroffen ist, ergeben sich für die Geldpolitik der EZB keine unmittelbaren Implikationen (OeNB, März 2017).

Die Kerninflationsrate, welche die Preisentwicklung ohne die volatilen Komponenten Energie und Lebensmittel misst, lag im Februar bei 0,9% und spiegelt vor allem die schwache Arbeitsmarktdynamik wider. Weiterhin hohe

Arbeitslosenquoten in den Peripherieländern und geringe Lohnabschlüsse in den Kernländern dämpfen nachhaltig den binnenwirtschaftlichen Preisdruck.

Vor diesem Hintergrund erwartet die EK in ihrer Winterprognose für 2017 einen vorübergehenden Anstieg der Inflationsrate im Euroraum auf durch-schnittlich 1,7%. 2018 hingegen dürfte die Inflationsrate aufgrund der mode-raten Arbeitsmarktentwicklung auf 1,4% zurückgehen (Europäische Kommis-sion, 2017).

2.2 EU-Mitgliedstaaten in Zentral-, Ost- und Südosteuropa

Nach einem wirtschaftlich gesehen außerordentlich starken Jahr 2015 (+3,7%) geht der IWF für das Jahr 2016 von einer etwas schwächeren Wachstumsrate von +2,9% für die CESEE-Region aus. Ausschlaggebend hierfür dürfte das Ende der Auszahlungen von EU-Mitteln aus dem mehrjährigen Finanzrah-men 2007–2013 mit Ende 2015 sein, was sich vor allem negativ auf Bauin-vestitionen auswirkte. Im Jahresverlauf zeigten auch die Nettoexporte eine relativ schwache Dynamik, während der private Konsum der Hauptwachs-tumstreiber in dieser Region war. Im dritten Quartal 2016 nahm dieser so stark zu wie zuletzt vor dem Ausbruch der Wirtschaftskrise im Jahr 2008. Der private Konsum profitierte vor allem von einer äußerst starken Arbeitsmarkt-dynamik in der CESEE-Region (OeNB, Jänner 2017). Im November 2016 lag die Arbeitslosenquote auf einem langjährigen Tiefstand von 6,1%. Bei einer regionalen Analyse fällt auf, dass in mehreren Ländern de facto Vollbeschäf-tigung herrscht. So weist etwa die Tschechische Republik mit einer Arbeits-losenquote von 3,4% im Jänner die niedrigste Arbeitslosigkeit in der EU aus.

Die dynamische Entwicklung auf den Arbeitsmärkten wirkte sich positiv auf das Lohnwachstum aus. Im Zusammenspiel mit niedrigen (teils auch negati-ven) Inflationsraten stiegen die Reallöhne deutlich. Sowohl die Einzelhandels-umsätze als auch das Wirtschaftsvertrauen wiesen im Oktober und November vor dem Hintergrund der guten Lage an den Arbeitsmärkten weiterhin einen positiven Verlauf auf. Die Industrieproduktion wies im Jahresverlauf eine er-hebliche Volatilität auf. Mit einem Wachstum von 1,4% im Jahr 2016 nahm sie im Vergleich zum Vorjahr allerdings um 0,6 Prozentpunkte ab. Negativ ent-wickelte sich vor allem die Bauwirtschaft, die besonders unter dem Ausbleiben öffentlicher Bauinvestitionen litt.

Die seit 2015 zu beobachtende graduelle Erholung der CESEE-Bankensekto-ren setzte sich auch im Jahr 2016 weiter fort. So pendelte sich das durchschnitt-liche Kreditwachstum des Privatsektors bei etwa 3,5% im Jahresvergleich ein.

Die positive Entwicklung wurde vor allem von der Slowakei, der Tschechischen Republik sowie Polen angetrieben. Allerdings berichteten auch Estland und Litauen eine deutlich überdurchschnittliche Dynamik, während von einem rückläufigen Kreditbestand nur noch Ungarn, Slowenien und Kroatien berich-teten. Die Kreditvergabe war allerdings teilweise durch Sonderfaktoren beein-flusst. Dazu zählen unter anderem Programme zur Konvertierung von Fremd-währungskrediten. Die Vergabe von Fremdwährungskrediten in der CESEE-Region wurde im Verlauf der Finanzkrise immer stärker problematisiert, was in vielen Ländern zu regulatorischen Restriktionen bezüglich der Neuvergabe

solcher Kredite führte. Insbesondere nach der Aufgabe der Wechselkursbin-dung des Schweizer Franken an den Euro Anfang 2015 verfolgten mehrere Länder eine Politik der Konvertierung von Fremdwährungskrediten und adres-sierten damit nicht nur das Problem der Neuvergabe, sondern auch das Prob-lem des Bestands solcher Kredite. Ungarn war diesbezüglich ein Vorreiter. Erste Maßnahmen zur Verringerung der Verschuldung in Fremdwährung wurden bereits 2011 gesetzt. Im Februar und Dezember 2015 wurde dann ein Großteil der Fremdwährungskredite an Haushalte konvertiert. Kroatien beschloss im September 2015 ein Gesetz zur Konvertierung, nachdem der Wechselkurs für die Tilgung von CHF-Krediten bereits zu Jahresbeginn im Zuge der allgemei-nen Frankenaufwertung fixiert wurde. In Rumänien wurde im Oktober 2016 ebenfalls ein solches Gesetz beschlossen. Diese Maßnahmen führten zu einem deutlich rückläufigen Anteil von Fremdwährungskrediten am gesamten Kre-ditvolumen. In der CESEE-Region sank deren Anteil von über 40% Anfang 2009 auf unter 25% Ende 2016. Dieser Rückgang ging mit einer Verbesserung der Portfolioqualität der CESEE-Bankensektoren einher. Die Gründungen von Abbaugesellschaften, Abschreibungen sowie der Verkauf von notleidenden Kreditportfolios trugen zur Verbesserung der Kreditqualität bei (OeNB, Jänner 2017).

2.3 USA

Laut IWF-Jännerprognose lag die Wachstumsrate des BIP in den USA im Jahr 2016 bei 1,6%, was genau dem errechneten Durchschnittswert der Industrie-länder entspricht. Wachstumsstützend waren vor allem die privaten Konsum-ausgaben, jedoch zogen auch die Investitionen im vierten Quartal deutlich an und wirkten sich positiv auf das Wachstum aus. Während der öffentliche Sektor weitgehend neutral blieb (+0,27%), drückte der Wachstumsbeitrag der Nettoexporte das reale Wachstum. Die Europäische Kommission erwartet, dass sich das Wachstum im aktuellen Jahr gegenüber 2016 deutlich beschleu-nigt und auf 2,3% steigen wird. Hintergrund ist die erwartete expansive Aus-richtung der Fiskalpolitik. Allerdings wird kritisiert, dass viele Investitionen im Rahmen von Private-Public-Partnership-Projekten abgewickelt werden sollen und der Fokus daher auf Investitionen liegen wird, die zwar Rendite für den privaten Sektor abwerfen, aber nicht notwendigerweise zu starken Wachstumsimpulsen führen (OeNB, März 2017).

Die Situation am Arbeitsmarkt zeigt sich weiterhin sehr robust. Die aktuellen Zahlen vom Jänner zeigen, dass die Arbeitslosenquote bei niedrigen 4,8% liegt, was einem Rückgang von 0,1 Prozentpunkten im Vergleich zum Jänner 2016 entspricht.

Die politischen Unsicherheiten bleiben weiterhin das Hauptrisiko für das Wachstum in den USA. In der kurzen Frist könnte es aufgrund einer deutlich expansiveren Fiskalpolitik der republikanischen Administration zu höherem Wachstum kommen. Steuersenkungen sowie höhere Ausgaben für Infrastruk-tur und Verteidigung sollen Wachstum und Beschäftigung ankurbeln. Die ge-plante Deregulierung der Finanzmärkte, insbesondere der Investmentbanken durch Rücknahme wesentlicher Teile des Dodd-Frank-Acts, könnte zu deutlich

gestiegenen Risiken für die finanzielle Stabilität führen. Die Aufkündigung der Transpazifischen Partnerschaft (TPP) und die Ankündigung weiterer protek-tionistischer Schritte könnte das Wachstum langfristig nach unten drücken (OeNB, März 2017).

Bei der letzten FOMC-Sitzung Mitte März erhöhte die Federal Reserve die Zinsen auf 0,75–1%. Das Federal Open Market Committee (FOMC) schätzt die gesamtwirtschaftliche Situation der USA tendenziell positiv ein und geht von einem moderaten wirtschaftlichen Expansionspfad aus. Des Weiteren rechnet das FOMC mit einer stabilen Inflationsrate nahe der angestrebten 2%-Marke und erwartet eine weitere Verbesserung des Arbeitsmarktes.

2.4 Japan

Im Jahr 2016 wies Japans Wirtschaft laut Jännerprognose des IWF ein no-minales BIP-Wachstum von 0,9% gegenüber dem Vorjahr auf, welches damit erneut unter dem Durchschnitt der Industrieländer lag (+1,6%). Die Europä-ische Kommission erwartet für 2017 ein Wachstum des realen BIP von 1,0%

und von nur 0,5% für 2018.

Trotz der außerordentlich niedrigen Arbeitslosenquote, welche im Jänner bei 3% lag und im Vergleich zu Jänner 2016 sogar noch um 0,2% gesunken ist, gibt es weiterhin keine Anzeichen für ein Anziehen des Lohnwachstums.

Die Inflationsrate stieg im Jänner auf 0,4% nach 0,3% im Dezember 2016. Die Kerninflation ohne Energie und Lebensmittel betrug im Jänner 0,1%.

Die Bank of Japan (BOJ) kündigte Ende Jänner an, keine Änderung der geldpolitischen Ausrichtung vorzunehmen und die expansive Politik weiter-zuführen. Der Leitzinssatz bleibt vorerst bei –0,1%, könnte allerdings weiter gesenkt werden, falls die BOJ dies als notwendig erachtet. Allerdings ist festzu-halten, dass ein Großteil der Einlagen der Banken bei der BOJ von der negati-ven Verzinsung ausgenommen ist (OeNB, März 2017).

2.5 China

Laut IWF lag das nominale BIP-Wachstum in China im Jahr 2016 bei 6,7%, was einen leichten Rückgang der Wachstumsrate im Vergleich zum Vorjahr bedeutet (6,9 %). Das Wachstum der Volksrepublik ist nach wie vor stark kre-ditfinanziert. Der Wachstumsbeitrag des privaten Konsums stieg kontinuier-lich an, und der Anteil des Dienstleistungssektors am BIP gewann zunehmend an Bedeutung. Der Außenbeitrag wirkte sich weiterhin negativ auf das Wachs-tum aus, wenn auch moderater als zuvor. Zusätzlich sank der Leistungsbilanz-überschuss auf unter 3% des BIP, ein erster Erfolg der Bemühungen, einen nachhaltigeren Expansionspfad einzuschlagen.

Die Inflationsrate lag im Jänner bei 2,5% und damit merklich höher als im Dezember (2,1%). Die Kerninflation erreichte 2,2%. Interessant erscheint, dass die Produzentenpreise sowie die Erzeugerpreise (+5,5%) gestiegen sind.

Verursacht wurde diese Entwicklung vor allem durch den Preisanstieg der Roh-stoffe wie Öl, Edelmetalle, Kohle und Gas.

Die Hauptrisiken für das langfristige Wachstum in China inkludieren vor

allem der Verlauf und die Auswirkungen des Rebalancing der chinesischen Volkswirtschaft, die Hauspreisblase und der weitere Verlauf der Strukturrefor-men, um Überkapazitäten im Industriesektor abzubauen.

Die Kreditlücke, gemessen als Differenz zwischen aktueller gesamtwirtschaft-licher Schuldenquote und langfristigen Niveaus, stellt für China eine starke Bedrohung dar. Sie liegt bei besorgniserregenden 30 Prozentpunkten, während eine Kreditlücke von 8 Prozentpunkten bereits als potenziell gefährlich gilt.

Die außerordentlich starke Verschuldung des Unternehmenssektors, welche bei 160% des BIP liegt (2009: etwa 100% des BIP), ist Haupttreiber der hohen Gesamtverschuldung (zuletzt bei rund 250% des BIP). Des Weiteren zeigen Borio and Lowe (2002, 2004) auf, dass die Kreditlücke als Frühwarnindikator für eine mögliche Bankenkrise herangezogen werden kann.

Die Währungsreserven sanken im Dezember 2016 um rund 40 Mrd USD und damit weit weniger als zunächst angenommen. Zwar verfügt China weiterhin über einen komfortablen Puffer an Währungsreserven in der Höhe von etwa drei Billionen USD, allerdings steht das Land vor einem zunehmend schwie-rigen Trade-off zwischen Rebalancing und dem damit verbundenen Rückgang des Leistungsbilanzüberschusses und dem Abfluss an Währungsreserven zur Erhaltung der Stabilität des Wechselkurses des Renminbi.

Die People’s Bank of China (PBoC) hat im Gefolge der höheren Kreditver-gabe zuletzt einige wichtige Zinssätze erhöht, darunter jenen für Offenmarkt-operationen und für mittelfristige Kredite an Banken. Vor allem Letzteres zielt auf die gestiegenen Aktivitäten von Banken am chinesischen Anleihemarkt.

Kapitalverkehrskontrollen sollen den Reserveabfluss aus China stoppen oder zumindest drastisch reduzieren. Zumindest im Dezember dürfte die PBoC da-mit Erfolg gehabt haben (OeNB, März 2017).