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Beschluß des Nationalrates vom 13. Dezember 1996 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das ArbeitnehmerInnenschutzgesetz (ASchG), das Arbeitsvertragsrechts-Anpas-sungsgesetz und das Mutterschutzgesetz 1979 geändert werden (461 und 539/NR sowie 5360/BR der Beilagen)

Präsident Josef Pfeifer: Wir gelangen zum 10. Punkt der Tagesordnung: Bundesgesetz, mit dem das ArbeitnehmerInnenschutzgesetz, das Arbeitsvertragsrechts-Anpassungsgesetz und das Mutterschutzgesetz 1979 geändert werden.

Die Berichterstattung hat Herr Bundesrat Wolfgang Hager übernommen, und ich bitte um den Bericht.

Berichterstatter Wolfgang Hager: Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Der Bericht des Sozialausschusses liegt schriftlich vor.

Der Sozialausschuß stellt nach Beratung der Vorlage am 17. Dezember 1996 mit Stimmen-mehrheit den Antrag, keinen Einspruch zu erheben.

Präsident Josef Pfeifer: Danke.

Wir gehen in die Debatte ein.

Zu Wort gemeldet hat sich Frau Bundesrätin Helga Moser. Ich bitte sie, zu sprechen.

14.34

Bundesrätin Helga Moser (Freiheitliche, Oberösterreich): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Der Umfang der österreichi-schen Arbeitnehmerschutzgesetze ist enorm. Wir haben die verschiedensten unterschiedlichen Bestimmungen, und es ist teilweise, wie ich mich erkundigt habe, auch bei Arbeitsinspektoren schon oftmals nicht mehr klar und eindeutig, welche Gesetze wann zum Tragen kommen. Es ist daher die Frage, ob die Novellierung in der Art und Weise, wie sie heute hier vorliegt, wirklich zur Verbesserung der Situation der Arbeitnehmer beiträgt.

Für mich stellt sich in diesem Zusammenhang auch die Frage, ob man über gesetzliche Rege-lungen, über Vorschriften, über Einschränkungen auch die Eigenverantwortung von Arbeitgeber und Arbeitnehmer stärken kann. Ich meine, in vielen Bereichen ist es so, daß bei einem guten Arbeitsplatz einerseits Arbeitnehmer, die sich ihrer Verantwortung bewußt sind, die Freude an ihrer Tätigkeit haben, und andererseits Arbeitgeber, die sich der Stärken ihrer Angestellten be-wußt sind, die diese als Mitarbeiter ansehen, sehr wohl Möglichkeiten finden, miteinander an einer Sache zu arbeiten. Es besteht bei der Gesetzgebung immer die Gefahr, daß Barrieren auf-gebaut werden, weil der eine oder andere Partner meint, er werde beschränkt oder es würden ihm von seiten der Gesetzgebung Richtlinien vorgegeben, die er in der Praxis nicht erfüllen könne.

Für mich – wobei ich ganz ehrlich sage, daß ich in diesem Bereich ein Laie bin, aber ich habe versucht, mich einzuarbeiten – ist zum Beispiel eines nicht einsichtig: daß in § 10 Abs. 1 die bestehenden Sicherheits- und Gesundheitsgefahren und -belastungen aus dem Gesetz gestri-chen wurden und nur mehr die Anzahl der Arbeitnehmer für die Anzahl der Sicherheitsver-trauenspersonen ausschlaggebend sein soll.

Arbeitnehmerschutz und Arbeitgeberinteresse kollidieren dann nicht, wenn beide Seiten ihre Rechte einfordern können. Wir meinen, daß dies bei diesem Gesetz nicht der Fall ist, und werden ihm daher unsere Zustimmung nicht geben. – Danke. (Beifall bei den Freiheitlichen.) 14.36

Präsident Josef Pfeifer: Weiters zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Dr. Kurt Kaufmann. – Bitte.

Bundesrat Dr. Kurt Kaufmann 14.36

Bundesrat Dr. Kurt Kaufmann (ÖVP, Niederösterreich): Herr Bundesminister! Herr Präsident!

Hoher Bundesrat! Ich hätte eigentlich von meiner Vorrednerin gedacht, daß sie hier eine mittel-ständische Ansicht vertritt, daß aufgrund der Interessen des Ringes Freiheitlicher Wirtschafts-treibender die Freiheitliche Partei dagegenstimmt, aber es gibt, wie man sieht, eine neue Arbeit-nehmerpartei hier in diesem Hause.

Meine Damen und Herren! Arbeitsplatzevaluierung war das Reizwort aller Klein- und Mittelbe-triebe bei Versammlungen, die ich im letzten Jahr besucht habe, und auch bei Landesinnungs-tagungen, und ich bin an und für sich dankbar, daß es nunmehr gemeinsam mit der Sozialde-mokratischen Partei und vor allem mit dem Sozialminister gelungen ist, in einer Novelle eine brauchbare Lösung für die Klein- und Mittelbetriebe zu finden.

Meine Damen und Herren! Unsere Betriebe bekennen sich zu einer sozialen Verantwortung, zur Gesundenvorsorge, zum Gesundheitsschutz im Betrieb, wozu sie sich aber nicht bekennen, ist, zu mehr Bürokratie, und das war aber in der ursprünglichen Fassung leider der Fall – ein Pro-blem, das vor allem für Klein- und Mittelbetriebe zu enormen Schwierigkeiten geführt hat, wo-durch der Arbeitnehmerschutz, den wir an und für sich als Zielsetzung für sinnvoll halten, zu einem Reizwort und zu einem Feindbild aufgebaut wurde.

Meine Damen und Herren! Durch die heutige Novelle ist es gelungen, den Geltungszeitraum um sechs Monate hinauszuzögern, das heißt, es besteht für die Betriebe verstärkt die Möglichkeit, Evaluierungen durchzuführen. Es wird damit auch der Fristenlauf innerhalb des Gesetzes mit dem Stufenplan für die Einführung der präventiven Dienste angepaßt beziehungsweise gleich-gestellt. Es ist gelungen, für Klein- und Mittelbetriebe bis zehn Beschäftigte die Verpflichtung zur Evaluierung überhaupt bis zum 1. Juli 2000 hinauszuschieben, für Betriebe bis zu 50 Mitarbeiter bis 1. Juli 1999 und für Betriebe bis zu 100 Mitarbeiter bis 1. Juli 1998. Ich glaube, dies ist ein sehr wesentlicher Schritt, der damit gelungen ist.

Es ist aber noch etwas gelungen, nämlich das ganze Formularwesen, die befürchtete Bürokratie der Dokumentation der Evaluierung auf eine Seite oder jedenfalls auf ein Kleinstformat zu ver-einheitlichen. Das bedeutet gerade für unsere Klein- und Mittelbetriebe eine enorme Vereinfa-chung, denn es ist ein Beitrag zur Entlastung von zuviel Bürokratie.

Ich glaube, daß es auch sehr wichtig war, im Gesetz zu definieren, für welchen Bereich von Ge-fahren ein Arbeitgeber für betriebsfremde Arbeitnehmer zuständig ist. Das hätte die General-unternehmer voll getroffen. Es wurde jetzt auf die eigentlichen Gefahren im Betrieb einge-schränkt beziehungsweise muß man betriebsfremde Arbeitnehmer nur darauf aufmerksam machen. Das ist gerade für die Bauwirtschaft eine enorme Erleichterung, die wir damit erreichen konnten.

Meine Damen und Herren! Die Evaluierung hat zweifellos den Vorteil für jeden Unternehmer, seinen Betrieb nach den Gesichtspunkten der Sicherheit genau zu durchleuchten und durch entsprechende Präventivmaßnahmen das Risiko von Betriebsunfällen und Krankenständen zu mindern und damit Kosten für den Betrieb zu sparen. Die Unternehmer stehen positiv zum Unternehmerschutz, sie sind aber gegen weitere Bürokratie. Diese Gefahr hätte mit dem ur-sprünglichen Gesetzestext bestanden. Außerdem hätte die Gefahr bestanden, daß die Stellung der Arbeitsinspektoren wieder gestärkt und so wieder ein neues Feindbild aufgebaut worden wäre, da es doch in letzter Zeit gelungen ist, gerade mit den Arbeitsinspektoren ein positives Einvernehmen zu finden. Ich hoffe, daß wir mit diesem Gesetz eine praktikable Lösung gefun-den haben.

Ein kleiner Nachsatz, Herr Bundesminister – das muß ich natürlich machen –: Es wäre, glaube ich, zweckmäßig, wenn diese Arbeitnehmerschutzbestimmungen auch für die öffentliche Hand einmal Anwendung fänden, damit es nicht weiterhin eine Zwei-Klassen-Theorie, das heißt, zwei Arten von Arbeitnehmern gibt: jene, die dem Arbeitnehmerschutz unterliegen, und jene bei der öffentlichen Hand, bei denen es sich die öffentliche Hand richtet. Das wollte ich nur zum Schluß noch sagen.

Bundesrat Dr. Kurt Kaufmann

Ansonsten wird meine Fraktion dieser Novelle gerne die Zustimmung erteilen. (Beifall bei der ÖVP und bei Bundesräten der SPÖ.)

14.44

Präsident Josef Pfeifer: Weiters zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Herbert Platzer. Ich bitte ihn, zu sprechen.

14.44

Bundesrat Herbert Platzer (SPÖ, Niederösterreich): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr ge-ehrter Herr Bundesminister! Ich stimme im wesentlichen oder überhaupt weitgehend mit Bun-desrat Dr. Kaufmann überein: Bürokratie ist nun einmal eine österreichische Angelegenheit, und ich hoffe, daß sie nicht allzusehr ausufert, aber wir erleben sie auch in anderen Bereichen.

Ich freue mich, daß Sie das Gesetz als brauchbare Lösung bezeichnen, und meine auch, daß es gerade bei der öffentlichen Hand sehr wichtig wäre, Herr Minister, auch einmal etwas zum Arbeitnehmerschutz zu beschließen.

Ich werde mich in Anbetracht der sehr umfangreichen Tagesordnung, die vor uns liegt, doch sehr kurz fassen. Ich glaube, daß es Verbesserungen beim Arbeitnehmerschutz gibt, ich glaube, daß es im einzelnen gut ist, daß die Verpflichtung besteht, betriebsfremde Arbeitnehmer über die Gefahren an der Arbeitsstätte genau zu unterweisen, und ich meine auch, daß die Anzahl von Sicherheitsvertrauenspersonen von der Anzahl der Arbeitnehmer abhängig zu machen ist, obwohl es hier sicher gewisse Probleme geben könnte, etwa in Betrieben, in denen es gefähr-liche Güter gibt, etwa in Betrieben, die mit Chemie arbeiten.

Ich finde es für wichtig und gut, daß dann, wenn eine Sicherheitsvertrauensperson gekündigt oder entlassen werden soll, die zuständige gesetzliche Interessenvertretung des Arbeitnehmers verständigt werden muß, wobei auch klargestellt ist, daß die Rechte des Betriebsrates von dieser Verständigungspflicht nicht berührt werden.

Ich glaube, gut ist auch die Festlegung, daß nur solche Ärzte Arbeitsmediziner sein dürfen, die eine anerkannte arbeitsmedizinische Ausbildung absolviert haben.

Ein Problem wird in dieser Änderung ebenfalls angesprochen, und zwar die Arbeitsplätze, die künftig in zunehmendem Maß außerhalb des Betriebes liegen werden. Ich denke hier an die Bildschirmarbeitsplätze zu Hause, und ich finde es sehr wichtig, daß sich der Arbeitnehmer-schutz mit diesen Arbeitsplätzen zu Hause zu befassen hat, mit der Qualität der Bildschirmge-räte, die verwendet werden, mit den Arbeitstischen, Sitzgelegenheiten und dergleichen. Bei allem Für und Wider – die Entwicklung zum Arbeitsplatz zu Hause, gerade bei der Telekommu-nikation, ist sicher nicht aufzuhalten.

Wichtig ist auch die Fixierung von Terminen, die natürlich einen Kompromiß darstellen. Sie wer-den nach der Anzahl der Beschäftigten vom Juli 1997 bis Juli 2000 festgesetzt, trotzdem ist fest-gelegt, bis wann die Durchführung der Ermittlung und Beurteilung der Gefahren, die Festlegung von Maßnahmen zur Gefahrenverhütung und die Erstellung der Sicherheits- und Gesundheits-dokumente fertiggestellt werden muß. Positiv ist auch, daß die Mindesteinsatzzeit für Sicher-heitsfachkräfte festgelegt wird.

Die vorliegenden Änderungen möchte ich in aller Kürze – ich komme schon zum Ende – als wichtig und positiv betrachten. Ich danke auch dem Herrn Minister. Diese Gesetzesänderungen tragen seine Handschrift. Diese Änderungen haben unser wichtigstes Gut, die Gesundheit, im Auge, und ich wehre mich dagegen, wenn etwa in einer Zeitung zu diesem Gesetz nichts anderes vermerkt wird als: „bloße Kühlschrankverordnung“. Das ist, glaube ich, etwas zu wenig und bezeichnet die Sache nicht näher.

Da ich gesagt habe, ich fasse mich kurz: Ich habe einmal ein Gedicht gelernt, da hieß es: „Die Mitternacht zog näher schon, in stummer Ruh’ lag Babylon.“ – Daß es heute nicht so sein möge, dafür möchte ich sorgen und schon schließen. Ich glaube, der Bundesrat sollte gegen diese Änderungen keinen Einspruch erheben. – Ich danke Ihnen. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

14.48

Präsident Josef Pfeifer: Am Wort ist der Herr Sozialminister.

Bundesminister für Arbeit und Soziales Franz Hums 14.48

Bundesminister für Arbeit und Soziales Franz Hums: Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Gesundheitsvorsorge, Unfallverhütung – ich glaube, wir brauchen es nicht noch einmal zu betonen – sind für den einzelnen von enormer Bedeutung, aber auch für die gesamte Gesellschaft.

Ich danke daher für die positive Diskussion hier. Im Nationalrat ist sie ja leider nicht ganz so positiv verlaufen, denn da hatte ich von einigen Rednern den Eindruck, man wolle zurück in jene Zeit, in der man gesagt hat, Unfallverhütung sei das Problem jedes einzelnen. – Das kann es nicht sein.

Ich bekenne mich dazu, daß wir bemüht sein müssen, gemeinsam die Akzeptanz bei Unterneh-mern und ArbeitnehUnterneh-mern für den Arbeitnehmerschutz und für die Gesundheitsvorsorge auch da-durch zu verstärken, daß wir vermeidbare bürokratische Hemmnisse auch tatsächlich vermei-den.

Natürlich muß der Arbeitsinspektor auch kontrollieren, und jede Kontrolle wird vom Betroffenen, auch wenn er sie theoretisch als notwendig anerkennt, dann im konkreten Fall oft nicht als wirklich angenehm empfunden. Das ist immer damit verbunden. Wir haben aber hier – auch schon voriges Jahr – gesetzlich dem Rechnung getragen, was in der Praxis schon geschieht und vorher geschehen ist: daß Arbeitsinspektoren verstärkt nicht nur kontrollieren, sondern auch beratend tätig sind.

Hier meine Bitte: Wir sollten uns wirklich gemeinsam bemühen, daß für den Bereich der Ge-sundheitsvorsorge, der Unfallverhütung die Akzeptanz viel größer wird. Das kann man nicht durch Gesetze vorschreiben, dazu gehört die Einstellung insgesamt. Ein Beitrag dazu ist es, zu vereinfachen, wo es möglich ist.

Dazu eine Bitte: Das Wort „Evaluierung“, ein Modewort, hat sehr viel zur Verwirrung beigetra-gen, denn viele wußten nicht, worum es überhaupt geht. Sie haben nur das Gefühl gehabt:

Evaluierung – das ist teuer, das will ich nicht. Reden wir ganz schlicht österreichisch von der Ge-fahrenbewertung, lassen wir diese Wörter dort weg, wo sie vielen unverständlich sind. Gefah-renbewertung, Gefahrenermittlung, Gefahren ausschließen – dem wird sich niemand wider-setzen können.

Nochmals herzlichen Dank für die positive Einstellung. Wir sollten sie auch weitertragen, denn Unfallvorsorge, Unfallverhütung sind sehr wichtig für alle.

Bei dieser Gelegenheit möchte ich Ihnen nicht nur für die jetzige positive Debatte danken, son-dern für die Arbeit das ganz Jahr hindurch. Und auch wenn es vielleicht nach der Geschäftsord-nung nicht zulässig ist, möchte ich Ihnen dennoch gleichzeitig schöne Feiertage wünschen und alles Gute fürs kommende Jahr. (Beifall bei SPÖ und ÖVP sowie des Bundesrates Dr. Prasch.) 14.51

Präsident Josef Pfeifer: Herr Minister! Es ist erlaubt. Wir wünschen Ihnen auch alles Gute!

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort. – Das ist nicht der Fall.

Die Debatte ist geschlossen.

Wird von der Berichterstattung ein Schlußwort gewünscht? – Das ist auch nicht der Fall.

Wir kommen zur Abstimmung.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegen-den Beschluß des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Dies ist die Stimmenmehrheit.

Präsident Josef Pfeifer

Der Antrag, keinen Einspruch zu erheben, ist somit angenommen.

Im Dokument Donnerstag, 19. Dezember 1996 (Seite 88-92)