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Preisliche Wettbewerbsfähigkeit und Marktanteile

91 Trotz der sehr ähnlich bleibenden Exportzielländerstruktur hat sich zwischen 2006 und 2019 die Art der exportierten Dienstleistungen verändert. Während die unternehmensbezogenen Dienstleistungen deutlich an Bedeutung gewon-nen haben (7 Prozentpunkte), ist die Bedeutung des Reiseverkehrs um fast 6 Prozentpunkte und jene der Transportdienstleistungen um 2,7 Prozentpunkte zurückgegangen. 2019 ging das Wachstum des Reiseverkehrs gegenüber dem Vorjahr (8%) auf 4,8% zurück, während jenes der Transportdienstleistungen gegenüber dem Vorjahr zulegen konnte. Das Wachstum der unternehmens-bezogenen Dienstleistungen blieb gegenüber dem Vorjahr unverändert. Dies verdeckt aber eine starke Dynamik innerhalb dieser Branche. Während die Baudienstleistungen um rund 13% und die Versicherungsdienstleistungen um rund 7% schrumpften, wiesen „Patente, Lizenzen und Franchising“ (14,5%) sowie „Telekommunikations-, Computer- und Informations-DL“ (12,2%) ein sehr starkes Wachstum auf.

92      Österreichs Wirtschaftsentwicklung

Tabelle 5: Ausgewählte Indikatoren der preislichen Wettbewerbsfähigkeit Österreichs und Marktanteilsentwicklung der österreichischen Exporte

Abbildung 4: Absolute und relative nominelle Lohnstückkosten

Lohnstückkosten Österreichs und Deutschlands Relative Lohnstückkosten Österreichs

Wachstum gegenüber dem Vorjahr 1999 = 100

Quelle: Lohnstückkosten: EZB/Statistical Data Warehouse.

Relative Lohnstückkosten: AMECO. Daten für die Gesamtwirtschaft.

Tabelle
5:
Ausgewählte
Indikatoren
der
preislichen
We;bewerbsfähigkeit
Österreichs
und
Markanteilsentwicklung
der
österreichischen
Exporte

Markt‐

anteile

Nom. Real Nom. Real USD CHF GBP Defla3oniert
mit


BIP‐Deflator

Defla3oniert
mit
 Lohnstückkosten Real

1999 100,0 100,0 100,0 100,0 100,0 100,0 100,0 100,0 100,0 100,0

2007 106,2 92,3 92,1 96,4 128,6 102,6 103,9 99,5 95,8 97,3

2016 129,8 95,9 96,3 97,6 103,9 68,1 124,4 98,1 94,9 91,6

2017 130,8 95,6 95,6 97,3 106,0 69,5 133,1 98,4 94,6 90,6

2018 133,7 96,1 95,1 97,0 110,8 72,2 134,3 99,2 95,1 92,3

2019 137,0 96,5 94,5 96,6 105,0 69,5 133,3 98.5* 94.1* 92,8

2000‐2019
MiNel 1,6 ‐0,2 ‐0,3 ‐0,2 0,2 ‐1,8 1,4 n.v. n.v. ‐0,4

2016 1,6 ‐0,1 0,0 ‐0,6 ‐0,2 2,1 12,9 1,6 0,8 ‐0,3

2017 0,8 ‐0,3 ‐0,7 ‐0,4 2,1 2,0 7,0 0,3 ‐0,3 ‐1,1

2018 2,2 0,5 ‐0,5 ‐0,3 4,5 3,9 0,9 0,8 0,5 1,9

2019 2,4 0,5 ‐0,6 ‐0,4 ‐5,2 ‐3,7 ‐0,8 
‐0.7* 
‐1.1* 0,6

1999=100

Harmonisierte
We1bewerbsindikatoren
 der
EZB

Wachstum
zum
Vorjahr
in
% Lohnstückkosten









In
Euro 
RelaCv,

37


Industriestaaten Bilaterale
Wechselkurse







Wechselkurse

Lohnstückkosten: Für die Gesamtwirtschaft. Relative Lohnstückkosten im Vergleich zum Rest der wichtigsten 37 Industrieländer.

Bilaterale Wechselkurse in Preisnotierung (z. B. USD/EUR). Harmononisierte Wettbewerbsindikatoren der EZB: Für die Sachgüter-industrie gegenüber den Euroraumländern und 19 Vergleichsländern. Das Ländersample umfasst FR, BE, LU, NL, DE, IT, IE, PT, ES, FI, AT, GR, SI, AU, CA, CN, DK, HK, JP, NO, SG, KR, SE, CH, GB, US, CY, CZ, EE, HU, LV, LT, MT, PL, SK, BG, RO und HR.

Harmonisierte Wettbewerbsindikatoren der EZB: Sinkende Werte indizieren eine Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit. Deflati-oniert mit Lohnstückkosten: Lohnstückkosten der Gesamtwirtschaft. Marktanteile: Differenz der Veränderung der österreichischen Exporte zur Veränderung der gewichteten Importentwicklung der jeweiligen Handelspartner. Quelle: EZB (nominelle Lohnstück-kosten, Wechselkurse), AMECO (reale LohnstückLohnstück-kosten, relative Lohnstückkosten). OeNB/EZB (Marktanteile): Berechnung OeNB basierend auf realen Daten der VGR (Q4 2019) und der EZB (gewichtete Importentwicklung der jeweiligen Handelspartner). Eigene Umbasierungen auf Jahresbasis 1999. *): Durchschnitt der ersten drei Quartale.

Abbildung Box:

Abbildung 4:

Gegenüberstellung unterschiedlich berechneter Wachstumsbeiträge zum realen BIP

Quelle: Statistik Austria, eigene Berechnungen OeNB.

-1 0 1 2 3

2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016 2017 2018 2019

Nettoexporte Privater Konsum

Öffentlicher Konsum Bruttoanlageinvestitionen Lager und stat. Diskrepanz BIP

Wachstum zum Vorjahr in % bzw. Wachstumsbeiträge in Prozentpunkten Traditionelle Beiträge

-1 0 1 2 3

2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016 2017 2018 2019

Exporte Privater Konsum

Öffentlicher Konsum Bruttoanlageinvestitionen Lager und stat. Diskrepanz BIP

Wachstum zum Vorjahr in % bzw. Wachstumsbeiträge in Prozentpunkten Importbereinigte Beiträge

-2.0 -1.0 0.0 1.0 2.0 3.0 4.0 5.0 6.0 7.0 8.0

1999 2001 2003 2005 2007 2009 2011 2013 2015 2017 2019 Österreich Deutschland

Lohnstückkosten Österreichs und Deutschlands

Wachstum gegenüber dem Vorjahr

Quelle: Lohnstückkosten: EZB/Statistical Data Warehouse. Relative Lohnstückkosten: AMECO. Daten für die Gesamtwirtschaft.

91 93 95 97 99 101 103

1999 2001 2003 2005 2007 2009 2011 2013 2015 2017 2019 Gegenüber Euroraum

Gegenüber EU Gegenüber 36 Industriestaaten

Relative Lohnstückkosten Österreichs

1999=100

93 Die nominellen relativen Lohnstückkosten der österreichischen Gesamtwirtschaft gegenüber jenen von insgesamt 37 Vergleichsländern und gegenüber den EU-Ländern wurden seit dem Jahr 2016 geringer. Die kostenmäßige Wettbewerbs-fähigkeit hat sich gegenüber diesen Ländervergleichsgruppen also verbessert (Tabelle 5 und Abbildung 4). Im Jahr 2019 betrug der Rückgang der relativen Lohnstückkosten gegenüber diesen beiden Ländergruppen rund 0,6%. Gegen-über dem Euroraum war der Rückgang mit 0,2% weniger stark ausgeprägt.

Längerfristig betrachtet (ab dem Jahr 1999) sind die Lohnstückkosten gegen-über dem Euroraum um 1,1% angestiegen und gegengegen-über der EU und dem Ländersample mit den 37 Konkurrenzländern um 4,8% beziehungsweise 5,5%

gesunken.

Bilaterale Wechselkurse

Neben den Lohnstückkosten ist die Entwicklung der bilateralen Wechselkurse zum Euro ein weiterer wichtiger Faktor, der die preisliche/kostenmäßige Wett-bewerbsfähigkeit bestimmt. Die Entwicklung der Wechselkurse wird einer-seits durch „harte“ makroökonomische Faktoren wie zum Beispiel das reale Wirtschaftswachstum erklärt, andererseits aber auch von Erwartungen über zukünftige Entwicklungen bestimmt. Diese Erwartungen über den weiteren Ausblick waren im abgelaufenen Jahr von einer Vielzahl politischer und wirt-schaftlicher Unsicherheiten geprägt (politische Instabilität im Nahen Osten und Südamerika, Handelskrieg, Brexit). In Summe wertete der Euro im Jahr 2019 im Vergleich zum Vorjahr gegenüber dem US-Dollar/dem Schweizer Franken und dem Britischen Pfund um 5,2%/3,7% und 0,8% ab. Insgesamt verbesserte sich damit gegenüber allen drei Ländern die preisliche Wettbewerbsfähigkeit des Euroraums.

2019 hat der Euro in der langen Frist (seit 1999) gegenüber dem US-Dollar um knapp 5% und gegenüber dem Britischen Pfund um rund 30% auf- und gegenüber dem Schweizer Franken um rund 28% abgewertet.

Real effektive Wechselkurse

Nominell-effektive Wechselkurse erfassen die Entwicklung einer Währung gegen-über einem Währungskorb, in dem die Währungen der Handelspartnerlän-der mit ihren jeweiligen Handelsgewichten eingehen. Hierbei werden keine relativen Preis- bzw Kostenveränderungen zwischen den Handelspartnern betrachtet. Real effektive Wechselkurse erfassen zusätzlich relative Preis- oder Kostenveränderungen. Sie stellen hochaggregierte Indikatoren der preislichen beziehungsweise kostenseitigen Wettbewerbsfähigkeit dar.10 Die Definition von effektiven Wechselkursen und die zugrunde liegenden Ländersamples unter-scheiden sich je nach Institution, die diese berechnet. Effektive Wechselkurse werden meist für die Gesamtwirtschaft oder die Sachgütererzeugung

berech-10 Zur Definition und Berechnung real effektiver Wechselkurse sei Köhler-Töglhofer et al (2017) empfohlen.

94      Österreichs Wirtschaftsentwicklung

net.11 Hier betrachten wir die sogenannten „harmonisierten Wettbewerbsindi-katoren“ der EZB (Europäische Zentralbank 2020). Sie wurden für den beson-ders exportorientierten Sachgüterbereich berechnet und berücksichtigen auch den österreichischen Handel innerhalb des Euroraums.12 Die Deflationierung erfolgte mit dem BIP-Deflator als Indikator für die preisliche Wettbewerbsfä-higkeit und den Lohnstückkosten der Gesamtwirtschaft als Indikator für die kostenseitige Wettbewerbsfähigkeit.

Im Jahr 2019 (Durchschnitt der ersten drei Quartale 2019) hat sich die Wett-bewerbsfähigkeit gegenüber dem Vorjahr nach beiden Indikatoren leicht ver-bessert. Die preisliche Wettbewerbsfähigkeit ist um 0,7% und die kostenseitige Wettbewerbsfähigkeit um 1,1% gestiegen. Seit 2016 hat sich die Wettbewerbs-fähigkeit nach beiden Indikatoren tendenziell verschlechtert.

Langfristig (1999 bis zum Durchschnitt der ersten drei Quartale 2019) weisen beide Wettbewerbsfähigkeitsindikatoren eine ähnliche Entwicklung auf, bei der die Auf- und Abwertungen relativ schwach waren, insgesamt aber dazu führten, dass sich seit 1999 die preisliche Wettbewerbsfähigkeit um 1,5% und die kostenmäßige Wettbewerbsfähigkeit um rund 6% verbesserte.

Im internationalen längerfristigen Vergleich der kostenseitigen Wettbewerbsfä-higkeit (reale effektive Wechselkurse, lohnstückkostendeflationiert, vergleich-bare Daten bis 2018) zeigt sich ein ähnlicher Verlauf der kurzfristigen Dynamik der Auf- und Abwertungen in Österreich, Deutschland, Italien, Frankreich und in den Niederlanden (Abbildung 5). Das Ausmaß der Auf- und Abwertungen war aber unterschiedlich. Der Verlust an Wettbewerbsfähigkeit ab den Jahren 2002/2003 war in Italien, Frankreich und den Niederlanden deutlich stärker ausgeprägt als in Deutschland und Österreich. Seit dem Jahr 2010 weisen aber alle Länder einen ähnlichen Trend der Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit auf, womit 2018 alle betrachteten Länder bis auf Italien im Vergleich zu 1999 ihre Wettbewerbsfähigkeitsposition zu ihren jeweiligen wichtigsten Handels-partnern verbessern konnten. Die Entwicklung der österreichischen Wettbe-werbsfähigkeit war im langfristigen Zeitablauf vergleichsweise konstant, jene Deutschlands verbesserte sich deutlich.

Marktanteile

Indikatoren der preislichen/kostenseitigen Wettbewerbsfähigkeit decken nur einen Teil der internationalen Wettbewerbsfähigkeit ab. Die nichtpreisliche Wett-bewerbsfähigkeit umfasst alle Möglichkeiten, sich durch Spezialisierung in der Produktstruktur beziehungsweise durch Marktmacht in unterschiedlichster Form von den Konkurrenten zu unterscheiden. Eine gestiegene nichtpreisliche

11 Die Wahl der Deflatoren richtet sich nach deren international vergleichbaren Ver-fügbarkeit, weswegen oft – obwohl als Preisindikator für die Angebotsseite schlecht geeignet – auf die Entwicklung der Konsumentenpreise (HVPI/VPI) zurückgegriffen werden muss.

12 Die EZB berechnet harmonisierte Wettbewerbsfähigkeitsindikatoren mit unter-schiedlichen Ländergruppen und Deflatoren. Wir verwenden auf der Statistikweb-seite der EZB vorgestellte Daten (Europäische Zentralbank 2020).

95

Wettbewerbsfähigkeit muss sich somit nicht unbedingt in relativ gesehen ge-ringeren Preisänderungen widerspiegeln.

Die tatsächliche Entwicklung der Marktanteile österreichischer Exporteure im Ausland ist ein Indikator für die Entwicklung der preislichen und der nicht-preislichen Wettbewerbsfähigkeit.13 Österreich gewinnt nach OeNB-Definition Marktanteile, falls das reale Exportwachstum (Güter und Dienstleistungen) stärker ist als das Wachstum der gewichteten realen Importnachfrage der ös-terreichischen Handelspartner. Demgemäß hat die gesamte österreichische Ex-portwirtschaft seit der Einführung des Euro (1999) Marktanteilsverluste in der Höhe von 7,2% erlitten (Tabelle 5). 1999–2002 stiegen die Marktanteile im Zuge der Osterweiterung an und zeigten danach einen langfristig sinkenden Trend, der einzig in den Jahren 2009–2012 etwas durchbrochen wurde. In die-sen Jahren stabilisierte sich die Entwicklung und es wurden sogar geringfügig Marktanteile gewonnen. Gleichzeitig mit dem einsetzenden Rückgang der Ex-portdynamik im Jahr 2018 konnte Österreich wieder Marktanteile hinzuge-winnen (1,9%) eine Tendenz, die sich 2019 fortsetzte (0,6%). Dieser Anstieg ist insofern beachtlich, als es für ein hochentwickeltes Land schwierig ist, seine Markanteile zu halten, da es mit der zunehmenden Internationalisierung mit einer Vielzahl stark wachsender Ökonomien konkurrieren muss.

13 Die Entwicklung der Marktanteile wird auch durch die Entwicklung der Märkte in den Exportzielländern und der Wettbewerbsfähigkeit der Konkurrenten auf diesen Märkten beeinflusst. Marktanteile können unterschiedlich definiert sein: etwa nach verschiedenen Zieldestinationen der Exporte (nur bereits bestehende Exportziellän-der oExportziellän-der die weltweite Entwicklung) oExportziellän-der nach verwendetem Datenmaterial und/

oder der verwendeten Berechnungsmethode (etwa aktuelles Jahr oder 3-Jahres-Durchschnitte). Für mehr Details zu den Unterschieden siehe Vondra (2017).

Abbildung 5: Real effektive Wechselkurse (deflationiert mit Lohnstückkosten) im langfristigen internationalen Vergleich

70 75 80 85 90 95 100 105 110 115 120

1999 2003 2007 2011 2015

Österreich Deutschland Frankreich Italien Niederlande

Quelle: EZB Statistical Warehouse. Deflationiert mit den Lohnstückkosten der Gesamtwirtschaft. Gegenüber 37 1999=100

Quelle: EZB Statistical Warehouse. Deflationiert mit den Lohnstückkosten der Gesamtwirt-schaft. Gegenüber 37 Handelspartnern.

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4  Bewertung der heimischen Wettbewerbsfähigkeit