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Nachfrageseitige Gegenmacht auf dem Mobilterminierungsmarkt

3.5 Beträchtliche Marktmacht am Markt „Terminierung in

3.5.9 Nachfrageseitige Gegenmacht auf dem Mobilterminierungsmarkt

Mobilterminierungsmarkt, auf dem die einzelnen Mobilfunkbetreiber 100% der Marktanteile halten und der Markteintritt von Wettbewerbern ausgeschlossen ist, der nachfrageseitigen Gegenmacht180 die zentrale Bedeutung zukommt.181

Die Regulierungsbehörde geht zwar von der Annahme aus, dass die Nachfrageseite eine beschränkende Wirkung auf das Preissetzungsverhalten des Betreibers ausüben kann. „Diese ist allerdings in der Regel nicht ausreichend, um einen Monopolisten in seinem Preissetzungsverhalten hinreichend zu beschränken.“182

Es stellt sich vielmehr die Frage, ob „es der Nachfrageseite gelingt, den Monopolisten dazu zu zwingen, den Preis dem Wettbewerbsniveau (dh den Grenzkosten der Produktion) anzunähern“.

180 Sog „Countervailing-Buyers-Power“.

181 Vgl TKK am 15. 10. 2007, M 15a/03 – 107, M 13a/06 – 106 ua. sowie TKK vom 15. 6. 2009, M 1/08-284, M 1/08-285, M 1/08-284 -286, M 1/08-287 sowie VwGH, 2004/03/0210,

2007/03/0210.

182 TKK vom 15. 6. 2009, M 1/08-284, 6.

Terminierung

Nachfrageseitige Gegenmacht auf Mobilterminierungsmärkten kann ausgehen von:

Nachfrageseitige Gegenmacht auf Vorleistungsebene

Auf Vorleistungsebene bestünde auf Seiten der Nachfrager eine Vielzahl von Möglichkeiten, um Druck auf die Mobilterminierungsentgelte auszuüben und eine Senkung der Terminierungskosten herbeizuführen, da sie die Nachfrage der Endkunden nach Mobilterminierungsleistungen bündeln und mit den Anbietern über Konditionen der Zusammenschaltung verhandeln.

 Erhöhung der Terminierungsentgelte als Gegenmaßnahme

Die TKK hält in ihren Marktanalysebescheiden fest, dass Verbindungsnetzbetreiber keine Alternative zum Bezug der Mobilterminierungsleistung haben und deswegen keine Nachfragemacht aufbauen können.

Darüber hinaus wird zwischen einer Terminierung von Gesprächen aus dem Festnetz und jener aus einem anderen Mobilfunknetz unterschieden.

Hinsichtlich der Nachfragemacht der Teilnehmernetzbetreiber im Festnetz wird festgehalten, dass Festnetzbetreiber grundsätzlich eine Nachfragemacht aufbauen können. Ihr Drohpotential ist aber aufgrund der prinzipiellen Verpflichtung zur Interoperabilität und zur Zusammenschaltung sowie ihrer eigenen Regulierung eingeschränkt.183 Damit wird auf der Vorleistungsebene der „modifizierte

183 Die großen Nachfrager könnten nur dann Nachfragemacht ausüben, wenn sie ihrerseits keiner Regulierung unterworfen sind. Da ihre Nachfragemacht aber reguliert ist, verlieren sie ihre Nachfragemacht gegenüber kleinen Mobilbetreibern.

Terminierung

Greenfield Ansatz“184 berücksichtigt, um die Marktsituation im tatsächlich relevanten wirtschaftlichen Kontext darzustellen.185

Im Zentrum der Verhandlungen um Terminierungsentgelte zwischen zwei Mobilfunkbetreibern stehen die Auswirkungen auf die individuelle Wettbewerbsposition.

Der Anreiz etablierter Mobilfunkbetreiber, Verhandlungsmacht auszuüben, ist grundsätzlich groß. Wenn es ihnen möglich ist, werden sie eine unilaterale Senkung der Terminierungsentgelte durchzusetzen, damit die eigenen Kosten sinken, also der eigene Gewinn erhöht und gleichzeitig der Umsatz der Mitbewerber reduziert wird.186

Allerdings wird eine einseitige Senkung in der Verhandlung über Mobilterminierungsentgelte nicht durchzusetzen sein, da der Marktanteil am Endkundenmarkt und das Volumen der Zusammenschaltungsminuten aufgrund des Monopolcharakters der Terminierungsleistung nicht in der Lage sind, die Verhandlungsmacht bzw das Drohpotential zugunsten einer Seite zu verschieben.

Für Mobilfunkbetreiber mit einer Terminierungsbilanzsymmetrie (dh ähnlich großen Netzen und einem ähnlichen Verkehrsaufkommen) spielt die Höhe des Terminierungsentgeltes grundsätzlich keine Rolle. Diese Indifferenz ist jedoch nicht auf das Vorliegen von Verhandlungsmacht zurückzuführen, sondern auf den

184 Danach werden die auf dem analysierten Markt im Analysezeitpunkt bestehenden

sektorspezifischen Regulierungsmaßnahmen, über deren Beibehaltung, Änderung oder Aufhebung die NRB als Ergebnis des Marktanalyseverfahrens zu entscheiden hat, ausgeblendet. Allerdings werden die Rahmenbedingungen, die auf dem analysierten Markt auch ohne Auferlegung spezifischer Verpflichtungen bestehen sowie sonstige Rahmenbedingungen, die auf anderen Märkten während des Zeitraums der vorausschauenden Beurteilung fortbestehen und

Auswirkungen auf die Feststellung der beträchtlichen Marktmacht auf dem untersuchten Markt haben können, berücksichtigt. Näher dazu auch Lehofer, Aktuelle VwGH Rechtsprechung zum Telekommunikationsrecht, ÖJZ 2008/80, 751.

185 Durch diesen Ansatz werden auch die Zuständigkeiten der Regulierungsbehörden zur Streitschlichtung sowie die Regulierung auf anderen Märkten (insbesondere der Festnetz-Terminierung) berücksichtigt.

186 Der Anreiz wird niedriger sein, wenn andere Betreiber die Terminierungsentgelte senken und damit auch Druck auf die eigenen Terminierungsentgelte ausgeübt wird. Dies bringt die Gefahr eine „Abwärtsspirale“ mit sich.

Terminierung

Umstand, dass Profite in der Zweierbetrachtung von der Höhe der Terminierungsentgelte unabhängig sind. 187

Bei Vorliegen einer solchen Terminierungsbilanzsymmetrie könnten sich die Unternehmen sowohl kosteneffiziente als auch überhöhte reziproke Terminierungsentgelte verrechnen. Die Verrechnung kosteneffizienter Entgelte ist allerdings nur zwischen Betreibern mit Terminierungsbilanzsymmetrie und auch nur dann möglich, wenn die Terminierungsentgelte der anderen Betreiber nicht davon tangiert werden. Angesichts der Gefahr, dass dieser bilateral verhandelte Preis zu einem sektorweiten Preis werden könnte, schwindet aber das Interesse an wechselseitig kostenorientierten Entgelten.

Bestehen hingegen starke Asymmetrien im Terminierungsaufkommen, ist die Profitneutralität verletzt. Der Betreiber mit dem „net-inflow“ wird den Anreiz haben, überhöhte Terminierungskosten auszuhandeln, da ihm dies einerseits einen „Access-Überschuss“ beschert und andererseits die Kosten des Mitbewerbers erhöht. Der Anreiz, Terminierungsentgelte unter dem Monopolpreis anzubieten, ist daher gering.

Aber auch Betreiber mit einem „net-outflow“ haben keinen Anreiz, ihre Terminierungsentgelte (einseitig) zu senken, da dies die eigene Position schwächt und die des Wettbewerbers stärkt.

Aus dem eben Dargestellten ergibt sich, dass lediglich große Betreiber mit eigenen Teilnehmern gegenüber kleinen Mobilbetreibern bzw Neueinsteigern über glaubwürdiges Drohpotential zur Durchsetzung von Nachfrageinteressen verfügen.188 Nun hat aber selbst der kleinste Mobilfunkbetreiber189 eine „kritische Größe“ überschritten, sodass sich die Nachfragemacht allenfalls auf künftige Neueinsteiger beziehen kann.

187 Dh. profitneutral.

188 In Form der Verweigerung oder Verzögerung der Zusammenschaltung oder der prohibitiven Verrechnung hoher Terminierungsentgelte.

189 Hutchison 3G Austria GmbH

Terminierung

Allerdings spielt anfänglich nicht die nachfrageseitige Gegenmacht eine Rolle, vielmehr besteht die Gefahr, dass die großen Mobilbetreiber ihre Nachfragemacht eher dahingehend nutzen, den Markt für den Neueinsteiger zu verschließen oder zumindest kostenineffiziente Terminierungsentgelte durchzusetzen.190

 Aufkündigung oder Verschlechterung der Zusammenarbeit auf anderen Märkten

Da die Marktmacht auf anderen Märkten entweder der Regulierung191 unterworfen ist oder aber auf diesen Märkten effektiver Wettbewerb besteht und es daher Alternativen für den Nachfrager gibt, haben Multimarktkontakte keine Auswirkung auf die Verhandlungssituation bei Terminierungsentgelten. Sie sind somit nicht in der Lage, die Marktmacht des Anbieters zu restringieren. Überdies erachtet es die Regulierungsbehörde als nicht zwingend, dass Marktmacht auf anderen Vorleistungsmärkten auf die Terminierung übertragen werden sollte.

Gleiches gilt grundsätzlich auch für verbundene Unternehmen und ihre Möglichkeit, den Druck in der Verhandlungssituation zu verstärken. Zwar wird durch die Verbundenheit die Verhandlungsmasse erhöht, dennoch bestehen auch hier Ausweichmöglichkeiten. Hinzu kommt, dass der Anreiz Druck auszuüben dann gering ist, wenn damit die Gefahr verbunden ist, dass auch der verbundene Mobilfunkbetreiber seine Terminierungsentgelte absenken müsste. Eine solche Senkung könnte nämlich auch den sonstigen Unternehmen zugute kommen, was den Anreiz, bei Terminierungsentgelten nachzugeben, deutlich reduziert.

190 „Foreclosure-Strategie“. Die TKK geht davon aus, dass der Markteinsteiger in der Phase nach einem erfolgreichen Markteintritt versuchen wird, hohe, sogar über dem Monopolpreis liegende Terminierungsentgelte zu erhalten. Sein Preissetzungsverhalten wird auch nicht durch etablierte Betreiber beschränkt werden können.

191 Nach dem „Modifzierten-Greenfield-Ansatz“ sind diese Regulierungen in der konkreten Verhandlungssituation über Terminierungsentgelte zu berücksichtigen.

Terminierung

 Sonstige Möglichkeiten, nachfrageseitige Gegenmacht aufzubauen

Darüber hinaus könnte sich die nachfrageseitige Gegenmacht aus der Verweigerung der Zusammenschaltung, einer empfindlichen Senkung der nachgefragten Menge oder in der Drohung der Anrufung der Regulierungsbehörde zur Streitschlichtung ergeben. Die TKK sieht aber all diese potentiell Druck erzeugenden Maßnahmen als nicht ausreichend an, um die Marktmacht zu restringieren.

Nachfrageseitige Gegenmacht auf Endkundenebene durch eigene Teilnehmer

Die wohl wesentlichste Option zur Durchsetzung von Nachfrageinteressen hätte der angerufene Teilnehmer. Für ihn besteht die Möglichkeit, zu einem anderen Netzbetreiber mit niedrigeren Terminierungsentgelten zu wechseln.

Die TKK stellt in diesem Zusammenhang fest, dass selbst sehr große Unternehmen, die potentiell über Verhandlungsmacht gegenüber ihrem Mobilbetreiber verfügen, nicht in der Lage sind, niedrigere Entgelte durchzusetzen, da für den Mobilbetreiber

- „die Nettobilanz einer solchen Absenkung jedenfalls negativ sein wird“

- „die Weitergabe einer Absenkung der Terminierungskosten durch die Originierungsbetreiber nicht hinreichend sichergestellt werden kann“

- „es für den Nachfrager wie auch für den betreffenden Mobilbetreiber günstiger, rationaler und effektiver ist, alternative Lösungen zur Umgehung zu finden („On-Net-Calls“, tariffreie Rufnummern, mobile Nebenstellenanlage, etc.)“192.

192 TKK vom 15. 6. 2009, M 1/08-284.

Terminierung

Nachfrageseitige Gegenmacht auf Endkundenebene durch Fremdkunden Da der Anrufer keine Alternativen hinsichtlich des Gesprächs zu einem bestimmten Teilnehmer hat, dh das Gespräch nicht durch einen Anruf in ein anderes Netz substituieren kann und darüber hinaus der Terminierungsnetzbetreiber nicht mit ihm über Terminierungsentgelte verhandeln wird, geht die TKK davon aus, dass jeder Druck auf eine Absenkung der Terminierungsentgelte nur mittelbar durch seinen eigenen Betreiber ausgeübt werden kann.