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Missbrauch von Kennzeichen eines Unternehmens (§ 9 UWG)

3. Rechtlicher Rahmen der Werbung

3.2 Wettbewerbsrecht

3.2.2 UWG

3.2.2.5 Missbrauch von Kennzeichen eines Unternehmens (§ 9 UWG)

§ 9 UWG schützt im geschäftlichen Verkehr bestimmte Unternehmenskennzeichen wie Name309, Firma310, besondere Bezeichnung eines Unternehmens311 oder Druckwerks312 ebenso wie Geschäftsabzeichen und sonstige zur Unterscheidung des Unternehmens von anderen Unternehmen bestimmte Einrichtungen, insbesondere auch Ausstattungen313 gegen missbräuchliches Hervorrufen von Verwechslungen mit solchen Kennzeichen und mit registrierten Marken.314 Auch Domain-Namen315 können Kennzeichnungs- und Namensfunktion haben und daher vom Schutz des § 9 UWG umfasst sein, sodass die im allgemeinen Kennzeichenrecht entwickelten Grundsätze wie insbesondere der Prioritätsgrundsatz und die Regeln hinsichtlich Verwechslungsgefahr ebenso für Streitigkeiten zwischen Domain-Namen und sonstigen Kennzeichen gelten.

Voraussetzung für jeden kennzeichenrechtlichen Schutz eines Domain-Namens ist jedenfalls immer, dass das Zeichen entweder originär unterscheidungskräftig ist, da erst die Unterscheidungskraft einen Domain-Namen zu einem Kennzeichenrecht macht, oder dass der Mangel an ursprünglicher Unterscheidungskraft durch Erlangung der Verkehrsgeltung ausgeglichen wurde.316

309 Geschützt sind der bürgerliche Name (Vor- und Familienname), aber auch der Deckname (Pseudonym), und der Handelsname (Firma, Firmenschlagwort); vgl Kucsko in Kucsko, marken.schutz, systematischer kommentar zum markenschutzgesetz (2006), 415 mwN.

310 Schutz genießt neben dem vollen Firmenwortlaut bei Unterscheidungskraft oder Verkehrsgeltung auch ein Firmenbestandteil (Firmenkurzbezeichnung, Firmenschlagwort); vgl Kucsko in Kucsko, marken.schutz, 416f mwN; Fitz/Gamerith, Wettbewerbsrecht, 25.

311 Darunter versteht man ein Wort- oder Bildzeichen, das dazu bestimmt und geeignet ist, ein Unternehmen oder Unternehmensteile von anderen zu unterscheiden. Diese Bezeichnungen individualisieren das Unternehmen, wie zB Etablissementbezeichnungen („Zum Weißen Rössl“), die bei Unterscheidungskraft oder Verkehrsgeltung ebenfalls schutzfähig sind; vgl Fitz/Gamerith, Wettbewerbsrecht, 25f; Kucsko in Kucsko, marken.schutz, 418 mwN.

312 Erfasst sind solche Titel von Druckwerken, die keine Titelschutz nach § 80 UrhG genießen:

„(1) Im geschäftlichen Verkehr darf weder der Titel oder die sonstige Bezeichnung eines Werkes der Literatur oder Kunst noch die äußere Ausstattung von Werkstücken für ein anderes Werk auf eine Weise verwendet werden, die geeignet ist, Verwechslungen hervorzurufen.

(2) Absatz 1 gilt auch für Werke der Literatur und der Kunst, die den urheberrechtlichen Schutz dieses Gesetzes nicht genießen.“

313 Geschäftsabzeichen sind zB Firmenlogos und Ausstattung zB die besondere Gestaltung der Verpackung, der Betriebseinrichtungen, der Waren etc; vgl Fitz/Gamerith, Wettbewerbsrecht, 26.

314 Fitz/Gamerith, Wettbewerbsrecht, 24.

315 Eine Internetadresse von Webseiten enthält neben den anderen Bestandteilen wie der Bezeichnung des Internet-Übertragungsprotokolls „http://www“ und einer Top-Level-Domain wie zB „at“ oder „com“

(gegebenenfalls auch eine Second-Level-Domain wie zB „gv“ oder „or“) als individualisierenden Teil einen Domain-Namen, der einen bestimmten Computer im Internet identifiziert; vgl Fitz/Gamerith, Wettbewerbsrecht, 26.

316 Fitz/Gamerith, Wettbewerbsrecht, 26; Thiele in Kucsko, marken.schutz, 433 mwN.

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§ 9 UWG lautet wie folgt:

„§ 9 (1) Wer im geschäftlichen Verkehr einen Namen, eine Firma, die besondere Bezeichnung eines Unternehmens oder eines Druckwerkes, für das § 80 des Urheberrechtsgesetzes nicht gilt, oder eine registrierte Marke in einer Weise benützt, die geeignet ist, Verwechslungen mit dem Namen, der Firma oder der besonderen Bezeichnung hervorzurufen, deren sich ein anderer befugterweise bedient, kann von diesem auf Unterlassung in Anspruch genommen werden.

(2) Der Benützende ist dem Verletzten zum Ersatz des Schadens verpflichtet, wenn er wußte oder wissen mußte, daß die mißbräuchliche Art der Benützung geeignet war, Verwechslungen hervorzurufen.

(3) Der besonderen Bezeichnung eines Unternehmens stehen Geschäftsabzeichen und sonstige zur Unterscheidung des Unternehmens von anderen Unternehmen bestimmte Einrichtungen, insbesondere auch Ausstattungen von Waren, ihrer Verpackung oder Umhüllung und von Geschäftspapieren, gleich, die innerhalb beteiligter Verkehrskreise als Kennzeichen des Unternehmens gelten.

(4) Ergänzend zu den nach diesem Bundesgesetz aus Verletzungen von Kennzeichenrechten nach den Abs 1 und 3 erwachsenden Ansprüchen gelten

§ 150 Abs 1 und Abs 2 lit b(angemessenes Entgelt und Herausgabe des Gewinns) sowie die §§ 151 (Rechnungslegung) und 152 Abs 2(Unternehmerhaftung) des Patentgesetzes 1970, BGBl. Nr. 259, in der jeweils geltenden Fassung, sinngemäß. § 1489 ABGB gilt für alle Ansprüche in Geld und den Anspruch auf Rechnungslegung. Die Verjährung aller dieser Ansprüche wird auch durch die Klage auf Rechnungslegung unterbrochen.

(5) § 58 des Markenschutzgesetzes 1970, BGBl. Nr. 260, in der jeweils geltenden Fassung, ist hinsichtlich der in den Abs 1 und 3 genannten Kennzeichen sinngemäß anzuwenden.“

Durch Missbrauch von Kennzeichen eines Unternehmens bietet sich dem unlauter agierenden Mitbewerber zum einen die Möglichkeit, ohne Aufwand und Mühe die Erfolge redlichen Schaffens anderer für den eigenen geschäftlichen Vorteil auszubeuten und zum anderen wird das Unternehmen, gegen den sich die unlautere Tätigkeit richtet gleich mehrfach geschädigt: Zunächst dadurch, dass es ein Entziehen der Kunden und folglich eine Absatzschmälerung erleidet und darüber hinaus häufig auch das geschäftliche Ansehen des Unternehmens untergraben wird, indem minderwertige Produkte bzw Dienstleistungen anderer Mitbewerber als aus dem Geschäftsbetrieb des betroffenen Unternehmens stammend in den Markt gebracht werden.317

317 Wiltschek, UWG idF der UWG-Novelle 2007, § 9, 35 mwN.

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§ 9 UWG tritt als kennzeichenrechtliche Norm ergänzend neben die Vorschriften des Namens-318, Firmen-319 und Markenrechts320: Während § 9 UWG die og Kennzeichen wechselseitig bei verwechslungsfähigem Gebrauch gegeneinander und gegen registrierte Marken schützt, ist der Schutz der verletzten Marke gänzlich im MSchG321 geregelt. Seit der UWG-Novelle 2007 enthält § 2 Abs 3 Z 1 UWG einen weiteren Tatbestand insbesondere zur Bekämpfung des Imitationsmarketings, der neben die bisherigen Verbotstatbestände des Kennzeichenrechts – und somit auch neben § 9 UWG – tritt.322 Es gibt verschiedene Voraussetzungen, die ein Zeichen erfüllen muss, damit es überhaupt nach Kennzeichenrecht entsprechenden Schutz genießt:323

 Unterscheidungs-(Kennzeichnungs-)kraft oder Verkehrsgeltung: Das Zeichen muss entweder etwas Besonderes oder Individuelles schon ursprünglich an sich haben, das es geeignet macht, das Unternehmen bzw dessen Waren bzw Dienstleistungen von anderen Unternehmen bzw deren Waren und/oder Dienstleistungen zu unterscheiden (Unterscheidungskraft) oder – falls das Zeichen diese Eigenschaft nicht von Anfang hat – muss das Zeichen die Unterscheidungskraft nachträglich dadurch erlangen, dass es in den beteiligten Verkehrskreisen als eindeutiger Hinweis auf ein

318 § 43 ABGB:

„Wird jemandem das Recht zur Führung seines Namens bestritten oder wird er durch unbefugten Gebrauch seines Namens (Decknamens) beeinträchtigt, so kann er auf Unterlassung und bei Verschulden auf Schadenersatz klagen.“

§ 43 ABGB und § 9 UWG können nebeneinander angewendet werden, da § 9 UWG den Namen im geschäftlichen Verkehr schützt und § 43 ABGB wesentlich weiter geht und den Namen unter persönlichkeitsrechtlichen Aspekten auch in der Privatsphäre schützt, was neben der Vermeidung der Verwechslungsgefahr auch zur Berücksichtigung anderer schutzwürdiger Interessen führt; vgl Fitz/Gamerith, Wettbewerbsrecht, 38.

319 § 37 UGB:

„Wer in seinen Rechten dadurch verletzt wird, daß ein anderer eine Firma unbefugt gebraucht, kann von diesem die Unterlassung des Gebrauchs der Firma verlangen. Ein nach sonstigen Vorschriften begründeter Anspruch auf Schadensersatz bleibt unberührt.“

§ 37 UGB konkurriert mit § 9 UWG, wobei § 37 UGB allerdings nur Unterlassungsansprüche gegen das Führen einer Firma gewährt, das firmenrechtliche Vorschriften (insbesondere des UGB) verletzt; vgl Fitz/Gamerith, Wettbewerbsrecht, 38f.

320 Siehe Kapitel 3.3.

321 Andererseits schützt das MSchG weiterhin Name, Firma und besondere Bezeichnung eines Unternehmens gegen den verwechselbaren Gebrauch einer Marke, indem dem Verletzten ua ein Löschungsanspruch gewährt wird; vgl Fitz/Gamerith, Wettbewerbsrecht, 25 und siehe dazu Kapitel 3.3.

322 Siehe dazu Kapitel 3.2.2.3; während §§ 2 und 9 UWG kumulativ nebeneinander angewendet werden können, wird § 1 UWG nur dann zur Anwendung gelangen, wenn zB nicht alle Kriterien nach § 9 UWG erfüllt sind.

323 Fitz/Gamerith, Wettbewerbsrecht, 27ff.

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Unternehmen oder dessen Waren bzw Dienstleistungen bekannt ist (Verkehrsgeltung324).

 Kein Freihaltebedürfnis:325 Hinsichtlich bestimmter Zeichen besteht für einschlägige Verkehrskreise ein gewisses Freihaltebedürfnis, da sie diese Zeichen zur Bezeichnung und Beschreibung ihrer Waren und Dienstleistungen benötigen, wobei dieses Freihaltebedürfnis zurücktritt, sobald ein Unternehmer an einem solchen Zeichen eine entsprechend hohe Verkehrsgeltung erlangt hat.

 Keine Verwechslungsgefahr: Diese liegt vor, wenn die beteiligten Verkehrskreise glauben könnten, dass aufgrund der identen oder ähnlichen Zeichen die betreffenden Waren oder Dienstleistungen aus demselben Unternehmen oder gegebenenfalls aus wirtschaftlich miteinander verbundenen Unternehmen stammen. Es muss eine umfassende Beurteilung unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls durchgeführt und auch die Wechselwirkung zwischen Ähnlichkeit der Zeichen, Waren/Dienstleistungen und der Kennzeichnungskraft des ursprünglichen nunmehr beeinträchtigten Zeichens beurteilt werden.326

 Kennzeichenmäßiger Gebrauch: Dieser wird angenommen, wenn im geschäftlichen Verkehr eine wörtliche oder bildliche Bezeichnung der Kennzeichnung einer Ware und/oder Dienstleistung oder in Beziehung auf sie so gebraucht wird, dass der unbefangene Durchschnittsinteressent annimmt oder annehmen kann, das Zeichen diene der Unterscheidung der so gekennzeichneten Ware bzw Dienstleistung von gleichen oder gleichartigen Waren bzw Dienstleistungen anderer Herkunft.327

Kollisionen von Kennzeichenrechten werden nach dem Prioritätsgrundsatz entschieden, der vom Entstehungszeitpunkt des jeweiligen Schutzrechts abhängt. Während die Rechte an Namen, Firma (soweit die Firmenbucheintragung konstitutiv wirkt, entsteht das Recht

324 Der Nachweis erfolgt idR durch Sachverständigenbeweis.

325 Dies gilt zB für beschreibende Zeichen (ausschließlich aus Zeichen oder Angaben bestehende Zeichen, welche im Verkehr zur Bezeichnung der Art, Beschaffenheit, Menge, Bestimmung, des Wertes, der geographischen Herkunft oder der Zeit der Herstellung der Ware oder der Erbringung der Dienstleistung oder zur Bezeichnung sonstiger Merkmale der Ware/Dienstleistung dienen können) oder Gattungsbezeichnungen (Zeichen, die aus Zeichen oder Angaben bestehen, die im allgemeinen Sprachgebrauch oder in den redlichen und ständigen Verkehrsgepflogenheiten zur Bezeichnung einer Ware/Dienstleistung üblich sind); vgl Mayer in Kucsko, marken.schutz, 312ff mwN; Schwarzenbacher in Kucsko, marken.schutz, 151ff mwN.

326 Schumacher in Kucsko, marken.schutz, 210ff mwN.

327 Fitz/Gamerith, Wettbewerbsrecht, 35f.

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allerdings erst mit Firmenbucheintragung), besonderer Bezeichnung eines Unternehmens oder Druckwerks mit der Aufnahme des kennzeichenmäßigen Gebrauchs bzw bei nicht originär unterscheidungskräftigen Zeichen mit Verkehrsgeltung entstehen, ist zB die Ausstattung – selbst bei originärer Kennzeichnungskraft – erst mit dem Erlangen der Verkehrsgeltung geschützt. Der Markenschutz entsteht mit dem Tag der Registrierung rückwirkend auf den Anmeldungstag.328