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Bundesminister für Auswärtige Angelegenheiten

A) Allgemeines

B) Beanstandung eines Regierungsaktes

A) Allgemeines

Wie auch in den Vorjahren bezogen sich die 9 in diesem Ressortbereich angefallenen Beschwerden auf die Tätigkeit der österreichischen Vertre­

tungsbehörden im Ausland, wobei sie vielfach darauf gerichtet waren, eine Hilfestellung durch das Bundesministerium für Auswärtige Angelegenheiten unter Mitwirkung der VA zu erwirken.

B) Beanstandung eines Regierungsaktes

Ausgehend von einer Meldung im Nachrichtenmagazin "Wochenpresse"

vom 2. März 1 990 betreffend eine schriftlichen Verwendung des Bundesministers für Auswärtige Angelegenheiten an die ungarische Regierung für die Errichtung eines grenznahen Privatsenders auf ungarischem Staatsgebiet, leitete die VA ein amtswegiges Prüfungsverfahren (4 - AA/90) ein, welches im Berichtszeitraum abgeschlossen wurde.

Aufgrund der im Prüfungsverfahren getroffenen Feststellungen beanstan­

dete Volksanwalt Dr. Kohlmaier diese Vorgangsweise und teilte dies dem Bundesminister für Auswärtige Angelegenheiten mit Schreiben vom 30. August 1 991 wie folgt mit :

"Bei Abschluß des amtswegigen Prüfverfahrens 4-AA/90 betreffend Intervention des Bundesministers für Auswärtige Angelegenheiten zu Lasten 4.es Rundfunkmonopols gelangt die Volksanwaltschaft nach eingehender Uberlegung und Beratung zu folgender zusammenfassender Feststellung und Beurteilung :

Im Jänner l:Ind .Novem�er 1 989 haben eine Beteiligungs- und .Betriebsgesel.l­

schaft sowie eine Aktiengesellschaft, welche auf dem Mediensektor tätig sind, den Herrn Außenminister mit dem Vorhaben befaßt, einen Radiobetrieb in Ungarn aufzunehmen. Daraus ergab sich eindeutig die Absicht, österreichisches Gebiet mit Rundfunkprogrammen zu versorgen.

Durch fachliche Stellungnahmen im Ressort wurde klargestellt, daß - eine Beachtung der Normen des internationalen Fernrneiderechtes vorausgesetzt - keine rechtlichen Möglichkeiten bestehen, einem österreichischen Unternehmen zu verbieten, sich an einem derartigen Projekt zu beteiligen.

Auf den zu erwartenden massiven Widerstand des ORF wurde dabei hingewiesen.

Der Außenminister ist schließlich - offenbar aufgrund der oben erwähnten Interventionen - beim seinerzeitigen ungarischen Außenminister Horn mündlich für diese Betriebsgründung positiv eingetreten.

In ihrem Ersuchen um Stellungnahme hat die Volksanwaltschaft dem Minister vorgehalten, daß in seiner Vorgangsweise ein ,Unterlaufen' der Bestimmun&en des Bundes-Verfassungsgesetzes vom 1 0. Juli 1 ?7 4 (Artikel I Abs. 3) erblickt werden könnte, welche Rundfunk als öffentliche Aufgabe definiert, die nur im Rahmen des bestehenden Gesetzes zu erfüllen ist. Die Unternehmensgründung sei offensichtlich nur deswegen im Ausland geplant worden, weil sie im Inland verboten wäre.

Dem hat der Minister entgegengehalten, daß er sich wiederholt für die Gründung - auch derartiger - österreichischer Unternehmen im Ausland c::!ngesetzt habe. Rundfunksendungen von ausländischem Territorium nach Osterreich lägen außerhalb des Anwendungsbereiches innerstaatlicher Rechtsvorschriften. Schließlich könne man jegliche Form einer Investition im Ausland als Umgehung der im Inland herrschenden Bedingungen ansehen. Die Motivation läge hier eben darin, daß das wirtschaftliche Tätigwerden nur im Ausland möglich und erlaubt sei.

In diesem Zusammenhang wollte der Außenminister von sich aus ,nicht auf die Frage eingehen, wie lange dieses Monopol (nämlich des ORF) noch aufrecht erhalten werden kann'.

Die Volksanwaltschaft hält demgegenüber ihre Bedenken aufrecht.

Zunächst ist klarzustellen, daß Rechtsnormen auch dann strikt zu beachten sind, wenn sie (möglicherweise) in Zukunft abgeändert werden sollen.

Gerade die Obersten Organe der Republik würden durch ein Abgehen von diesem Grundsatz ein absolut unvertretbares Beispiel mangelnden Gehorsams gegenüber dem Gesetz in Richtung der Bürger setzen, welche sich dann auf eine Relativierung vermeintlich revisionsbedürftiger Normen berufen könnten.

Nach Artikel 11 des Bundes-Verfassungsgesetzes vom 1 0. Juli 1 974 über die Sicherung der Unabhängigkeit des Rundfunks ist die Bundesregierung mit dessen Vollziehung betraut. Damit ist auch der Bundesminister für AuSwärtige Angelegenheiten in diese Verpflichtung eingebunden. Er hat daher - nicht nur aufgrund des in Artikel 1 8 B-VG verankerten Legalitätsprinzips - alles zu unternehm.�n, daß die für die Allgemeinheit bestimmte Verbreitung von Rundfunk in Osterreich ausschließlich unter den Bedingungen des Abs. 2 leg. cit. stattfindet. In diesem Zusammenhang erhebt sich die Frage, ob nicht alle die Materie berührenden Schritte dem Ministerrat vorbehalten gewesen wären.

Darüber hinaus obliegt es dem unter der Leitung des Bundesministers stehenden Außenministerium unter anderem, österreichische Staatsbürger und deren Vermögen gegenüber dem Ausland zu schützen (Anlage zu § 2 des Bundesministeriengesetzes). Daraus wäre sogar die Verpflichtung abzuleiten, für die durch die Rundfunkgesetzgebung berechtigten Personen zur Wahrung von deren Interessen gegenüber ausländischen Stellen aufzutreten.

Es ist unbestritten und auch durch das v0l'l1:. Verfassungsdienst zur Verfügung gestellte Material erhärtet, daß gegen Osterreicher, welche vom Ausland her das Inland unter Mißachtung des Rundfunkgesetzes mit Programmen versorgen, nicht eingeschritten werden kann.

Damit ist aber die Frage nicht beantwortet, ob es Organen der Republik freigestellt ist, ein solches Vorgehen aktiv zu unterstützen.

Die Volksanwaltschaft steht auf dem Standpunkt, daß dies unzulässig und pflichtwidrig ist.

Eine - wie hier erfolgte - positive Verwendung für eine Umgehung des Rundfunkgesetzes läuft den Intentionen des Gesetzes zuwider. Sie ist daher zu unterlassen. Der Bundesminister für Auswärtige Angelegenheiten hätte vielmehr darauf hinzuwirken, daß ausländische Staaten die Durchsetzung österreichischen Rechts unterstützen und dessen Mißachtung nicht erleichtern.

Es ist dem Außenminister darin rechtzugeben, daß er wirtschaftliches Engagement im Ausland zu fördern hat. Dies gilt aber dann nichtl,wenn eine unternehmerische Aktivität ausschließlich deswegen außerhalb Osterreichs verlagert wird, weil sie hier verboten ist. Daß die Unterstützung der Betriebsgesellschaft dennoch erfolgte, ist ganz offensichtlich aus einer Distanz zum gesetzlichen Monopol des ORF zu erklären.

Eine solche Differenzierung in der Wahrung der Rechtsordnung muß beanstandet werden.

Selbst wenn man - was natürlich legitim ist - als Politiker eine Regelung als überholt betrachtet, muß man sich darauf beschränken, für deren Änderung einzutreten. Man darf aber nicht ihre Umgehung fördern.

Ohne auf die politische Bewertung des Rundfunkmonopols einzugehen, muß die Volksanwaltschaft doch darauf hinweisen, daß mit dem

Rundfunkgesetz auch Normen geschaffen wurden, deren Wert nicht verkannt werden darf und die für Privatsender im Ausland nicht gelten. Hier wäre etwa die Pflicht zur Objektivität und Unparteilichkeit der Berichterstattung hervorzuheben.

Schließlich ist auch auf den Umstand hinzuweisen, daß durch kommerzielle Sender dem Österreichischen Rundfunk namhafte Werbeeinnahmen entgehen. Dies belastet letzten Endes die inländischen Gebührenzahler und engt die Kapazität des ORF - auch bei seiner Programmgestaltung - ein.

Auch derartige wirtschaftliche Gesichtspunkte müßten den Außenminister bei seiner Einflußnahme auf ausländische Regierungsmitglieder leiten. Sie wären den Interessen der Privatsender voranzustellen.

Aus allen angeführten Gründen war daher die geprüfte Vorgangsweise zu b e a n s t a n d e n."

Diese. Beanstandung wird auch durch Stellungna�men. des Verfas�ungsdien­

stes Im Bundeskanzleramt erhärtet, welche In eInem ähnlIchen Fall (Vermietung einer Standleitung Wien-Budapest Rl zum Betrieb von Privatsendeanlagen) an das Bundesministerium für öffentliche Wirtschaft und Verkehr, Generaldirektion für die Post- und Telegraphenverwaltung, ergingen, und worin "schwerwiegende verfassungs- und rundfunkrechtliche sowie medienpolitische Bedenken" geäußert wurden.

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