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Allgemeine Anerkennung - Frauen als gleichberechtigte und gleichwertige Beamte

Im Dokument Frauen in der Justizwache (Seite 49-53)

Hierarchiebereiche und Aufstiegschancen von Frauen im Vergleich zu Männern

6. Zu den Ergebnissen der qualitativen Interviews

6.1. Allgemeine Anerkennung - Frauen als gleichberechtigte und gleichwertige Beamte

Festzustellen ist, dass die Anerkennung von JW-Beamtinnen im Frauenstrafvollzug, deren Gleichberechtigung und Gleichwertigkeit dort, sozusagen außer Streit stehen. Auf die einleitend allgemein gehaltene Frage, ob Frauen in der Justizwache als

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tigte und gleichwertige Kolleginnen wahrgenommen und behandelt würden, wurde von manchen GesprächspartnerInnen, vor allem von Männern, unmittelbar auf den Frau-enstrafvollzug Bezug genommen und die Frage bejaht. Mit dieser Reaktion wurde frei-lich auch die Botschaft vermittelt, dass dieser Frage hinsichtfrei-lich Frauen im Männervoll-zug nicht so rasch und einfach zuzustimmen wäre.

Vorweg kann festgehalten werden, dass die Anerkennung von JW-Beamtinnen, deren gleichwertige und gleichberechtigte Betrachtung und Behandlung (im Männerstrafvoll-zug) sicher noch beträchtlichen Entwicklungsbedarf hat. Dem sei aber auch gleich hin-zugefügt: So richtig diese kurze Diagnose einerseits ist, birgt sie andererseits auch die Gefahr der Verkürzung, wenn nicht gar Trivialisierung der Situation bzw. Problematik.

Es zeigt sich vielmehr ein komplexes und mitunter widersprüchliches Bild, geprägt von Tradition und gesellschaftlich dominanten (Rollen-)Bildern, Männerkultur und Männ-lichkeitsvorstellungen, persönlichen Einstellungen, Sichtweisen und Bewertungen, ge-setzlichen Vorgaben, organisatorischen Rahmenbedingungen sowie auch individuellen Verhaltensweisen. Letztlich waren die Aussagen in den meisten Gesprächen weder klar einer bejahenden noch einer nur verneinenden Gesamteinschätzung zuzuordnen. Ein-zelne GesprächspartnerInnen haben zwar zunächst spontan mit „ja“ reagiert, in der ver-tieften Besprechung kam letztlich aber meist eine Relativierung dieser Einschätzung zum Ausdruck. Manche Positionen zum Thema waren aber durchaus pointiert negativ.

Dass der Arbeitsbereich historisch gesehen eine Männerdomäne ist und die militärische Organisation sehr stark männlich geprägt ist, darin ist man sich einig. Die befragten männlichen Personalvertreter und manche Männer in den Gruppen sprachen sich sehr deutlich für eine, auch heute noch zutreffende, sachlich begründete Männerdominanz aus, die nur sehr begrenzt Raum für weibliche JW-Mitarbeiterinnen ließe. Vereinzelt sprachen sich Teilnehmer an Gruppengesprächen sehr deutlich gegen Frauen im Män-nerstrafvollzug aus. Manche Männer der Justizwache brachten auch einen gewissen Zwiespalt zum Ausdruck, einerseits Offenheit und durchaus Anerkennung gegenüber Kolleginnen, andererseits aber auch nicht ganz ausgeräumte Bedenken oder Vorbehalte, wie sie z.B. eher unabsichtlich im folgenden Zitat eines JW-Beamten zum Ausdruck kommen:

„Es gibt sogar schon Anstalten, die sich Frauen wünschen, weil sie die Erfahrung gemacht haben, dass es mit denen besser funktioniert.“

Demgegenüber wurde von einigen Expertinnen und auch einigen Frauen in den Grup-pen auf ein bei manchen, vor allem bei älteren Kollegen bestehendes Berufs- und Frau-enbild hingewiesen, mit dem Frauen im Männerstrafvollzug nicht kompatibel wären.

Die damit verbundenen Vorbehalte gegenüber JW-Beamtinnen würden diesen zufolge

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regelmäßig zu Benachteiligungen bei Aufgaben- bzw. Bereichszuteilungen, Diensteintei-lungen und auch bei Karriereschritten führen. Erschwert würde die Überwindung dieser Rollenklischees durch die auch gesamtgesellschaftlich nach wie vor weit verbreiteten, traditionellen Geschlechterrollenbilder. Dieses prägnante, der Gleichberechtigung und Gleichwertigkeit von Frauen deutlich widersprechende Bild ist eines, dass unter den Expertinnen weit verbreitet war. In den Frauengruppen deutete sich dieses Bild nur vereinzelt an, vor allem bei Beamtinnen, die für ihre Anstalt beträchtliche Zweifel an der Gleichberechtigung ausdrückten. Aus der Vielzahl der Gespräche ist der Schluss zu zie-hen, dass es hier beträchtliche Unterschiede zwischen den Anstalten bzw. deren Mitar-beitern und Beamten in Vorgesetztenfunktionen gibt. In manchen Justizanstalten gibt es offenbar eine sehr eindeutige und verbreitete Ablehnung von JW-Beamtinnen im Män-nervollzug, in anderen betrachten sich Männer und Frauen als weitgehend gleichwertig.

Mitunter wurde der Eindruck vermittelt, dass die Kollegenschaft in Vollzugshäusern tendenziell frauenkritischer wäre, dieses Bild zeigte sich aber nicht durchgehend.

Hervorzuheben ist folgende Beobachtung, die auch von etlichen ExpertInnen bestätigt wurde: Frauen erfahren in jenen Justizanstalten die meiste Akzeptanz und werden dort als Selbstverständlich wahrgenommen, wo es bereits seit längerem einen relativ großen Frauenanteil gibt. Vielfach wurde auch aus und über solche Anstalten berichtet, dass es früher Vorbehalte gegeben hätte, die mittlerweile nicht mehr zu beobachten wären. Dort werden Frauen großteils umfassend in sämtliche Arbeitsbereiche einbezogen und sind damit sehr selbstverständlich mit Aufgaben betraut, für die sie in anderen Anstalten gar nicht in Erwägung gezogen werden.

Mitunter wurde in diesem Zusammenhang von den Befragten auf die gesetzliche Fest-schreibung der Gleichberechtigung verwiesen und darauf, dass diese damit grundsätz-lich gegeben wäre. In den vertiefenden Gesprächen dazu kam jedoch regelmäßig zumin-dest der eine oder andere, einer umfassenden, faktischen Realisierung widersprechende Aspekt zum Ausdruck. Allerdings, und darauf wird noch ausführlicher einzugehen sein, kam in den Gesprächen sehr viel Unsicherheit, Unklarheit und Uneinigkeit darüber zum Ausdruck, ob bzw. welche Differenzierungen oder Ungleichbehandlungen gerechtfertigt wären und welche nicht. Die gesetzliche Festschreibung der Gleichberechtigung und die rechtlichen Vorgaben in diesem Sinn sind wichtige Vorgaben, sie alleine vermögen aber Gleichberechtigung nicht herzustellen:

„Akzeptanz und Gleichberechtigung können nicht vorgegeben oder verordnet werden. Sie müssen eher von unten nach oben wachsen und dafür braucht es praktikable Lösungen und geeignete Rahmenbedingungen.“ (Expertin)

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Die zitierte Aussage der befragten Expertin steht in Einklang mit zahlreichen anderen Interviewaussagen: Die Umsetzung der Gleichberechtigung ist ein Prozess, der andau-ert; dieser Prozess bezieht sich zum einen auf Veränderungen subjektiver Haltungen, Bewertungen und Annäherungen, die in einer Wechselwirkung mit dem Gesamtsystem stehen; dieser Prozess bedarf einer Steuerung durch gezielte Strategien, organisatorische Vorgaben und Maßnahmen; und es bedarf auch Rahmenbedingungen, die Gleichberech-tigung unterstützen bzw. dieser zumindest nicht entgegenstehen. Gerade bei den Rah-menbedingungen, wie gesetzlichen Vorgaben oder Personalressourcen wurden vielfach, auch von befragten Männern, Probleme gesehen:

„... Dass das jetzt die Rahmenbedingungen (Anmerkung: Die Gefahr zusätzlicher Personalengpässe durch mehr Frauen, wegen Mutterschaft, etc.) noch mehr er-schwert, ist natürlich klar. Das betrifft sicher auch das Frauenthema, aber nicht die Kolleginnen. Gegenüber den Kolleginnen haben wir eine absolute Akzeptanz.“

(Teilnehmer Männergruppe)

Von manchen Männern und auch einigen Frauen in den Gruppen wurde gefordert:

Frauen haben die gleiche Ausbildung, sie haben dasselbe Einkommen und weitgehend dieselben Möglichkeiten, daher sollten sie auch faktisch, wie Männer, in allen Arbeitsbe-reichen und zu allen Aufgaben eingeteilt werden. Diese Forderung zielte in zwei Rich-tungen, einerseits in die Richtung des Dienstgebers, Beschränkungen für den Einsatz von JW-Beamtinnen abzubauen, andererseits auch in die Richtung mancher Kollegin-nen, die sich, so die Einschätzung, ihrerseits nicht allen Aufgaben stellen würden.

Insgesamt besteht offensichtlich noch einiger Entwicklungsbedarf hinsichtlich der An-erkennung von JW-Beamtinnen als gleichwertige und gleichberechtigte Mitarbeiterin-nen im Männervollzug. Die Mehrheit der Antworten zu dieser Frage kann zur Aussage

„ja, aber ...“ zusammengefasst werden. Darüber hinaus gab es etliche, explizit negative Einschätzungen: Einerseits Frauen, die klagten, dass ihnen Anerkennung verwehrt wür-de, andererseits Männer, die Frauen im Männervollzug dezidiert ablehnten. Dabei sind beträchtliche Unterschiede zwischen den Anstalten zu beobachten. Anstalten mit dies-bezüglich weitgehend guter Stimmung stehen solchen gegenüber, in denen massive Vor-behalte gegenüber Frauen ausgedrückt und auch wahrgenommen werden. Als zentrale Gründe für Vorbehalte gegenüber Frauen zeigen sich widersprechende Frauen- und Berufsbilder, gesetzliche und dienstbehördliche Vorgaben, sowie organisatorische Rah-menbedingungen. Um dem entgegen zu wirken, bedarf es klarer und einheitlicher orga-nisatorischer Vorgaben und Maßnahmen sowie Rahmenbedingungen, die Gleichberech-tigung unterstützen.

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6.2. Zum gleichberechtigten und gleichwertigen Einsatz von

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