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126 Aktuelle Entwicklungen der österreichischen Direktinvestitionen
Die Nettozuflüsse waren zuletzt 2013 größer als im abgelaufenen Jahr. Grund dafür ist vor allem die starke Expansionsaktivität einiger österreichischer Kon-zerne in neue Geschäftsbereiche und Märkte, Details dazu finden sich im Fol-gekapitel.
Der starke Rückgang der „Sonstigen Änderungen“ ist weitgehend der Um-klassifizierung eines multinationalen Konzerns von einem Unternehmen zu einer „Special Purpose Entity“ (SPE) geschuldet, der damit aus der Direktinves-titionsstatik10 per 2019 herausfällt. Dieser Abgang betraf aktive Direktinvestitio-nen stärker als passive DirektinvestitioDirektinvestitio-nen, da die Verpflichtungsseite großteils durch Portfolioinvestitionen finanziert und somit nicht Teil von Direktinvesti-tionsstatistiken war. Seit 2018 liegt eine detaillierte, durch eine IWF-Taskforce ausgearbeitete Definition zu SPEs11 vor. Die nationale Implementierung und praktische Auslegung dieser Klassifikationsempfehlung ist jedoch noch nicht abgeschlossen. Im Endbericht der IWF-Taskforce wird folgende Definition be-reitgestellt:
SPE-Definition des IWF12
An SPE, resident in an economy, is a formally registered and/or incorporated legal en-tity recognized as an institutional unit, with no or little employment up to maximum of five employees, no or little physical presence and no or little physical production in the host economy.
SPEs are directly or indirectly controlled by nonresidents.
SPEs are established to obtain specific advantages provided by the host jurisdiction with an objective to
(i) grant its owner(s) access to capital markets or sophisticated financial services;
and/or
(ii) isolate owner(s) from financial risks; and/or (iii) reduce regulatory and tax burden; and/or
(iv) safeguard confidentiality of their transactions and owner(s).
SPEs transact almost entirely with nonresidents and a large part of their financial balance sheet typically consists of cross-border claims and liabilities.
Bei dem betroffenen Konzern trifft diese Definition zu, alle grenzüberschrei-tenden Forderungen und Verbindlichkeiten bestehen nach wie vor und gehen etwa in Statistiken wie Zahlungsbilanz oder Internationale Vermögensposition ein, jedoch nicht in die Direktinvestitionsstatistiken.
Als dritte Komponente werden in der Veränderungsrechnung Preis- und Wechselkurseffekte ausgewiesen, diese betrugen vergangenes Jahr +3,4 Mrd EUR. Davon waren 1,6 Mrd EUR Erhöhungen von in Fremdwährung –
insbe-10 Zu den unterschiedlichen Verwendungszwecken von Direktinvestitionsdaten siehe https://www.oenb.at/Statistik/Standardisierte-Tabellen/auszenwirtschaft/direktin-vestitionen.html.
11 https://www.imf.org/external/pubs/ft/bop/2018/pdf/18-03.pdf.
12 https://www.imf.org/external/pubs/ft/bop/2018/pdf/18-03.pdf, S. 6.
127 sondere dem aufgewerteten russischen Rubel und Schweizer Franken – deno-minierten Assets zuzurechnen. Die verbleibenden 1,8 Mrd EUR waren weit-gehend auf steigende Kurse börsenotierter DI-Beteiligungen im Jahresverlauf zurückzuführen.
4.2 Transaktionen nach Komponenten
Die mit +9,4 Mrd starken Nettozuflüsse 2019 waren vor allem Eigenkapi-taltransaktionen heimischer MNEs geschuldet (Abbildung 8). Zwei der größten Auslandsinvestitionen des vergangenen Jahres gingen auf das Konto des hei-mischen Rohstoffkonzerns OMV. Beide Engagements betreffen Asien, dessen steigender Energiebedarf sich in der strategischen Positionierung des Konzerns niederschlägt.13 Im Upstream-Segment14 wurde ein neues Gasfeld in Ostmalay-sia mit einem strategischen Partner etabliert15. Am anderen Ende der Verwer-tungskette, dem Downstream-Bereich, wurde ein Joint Venture mit der staatli-chen Ölgesellschaft von Abu Dhabi und Eni gegründet, das auf die Versorgung des asiatischen Marktes mit petrochemischen Produkten abzielt.16
Auch in anderen Branchen machten österreichische Konzerne international auf sich aufmerksam: Der Sensorik-Konzern ams hat 2019 begonnen, Anteile an Osram zu erwerben. Im Herbst wurde ein verbindliches Übernahmeangebot für Osram-Aktionäre unterbreitet, derzeit (Stand Anfang April 2020) hält ams 23,4% der Anteile am Münchner Lichttechnik-Konzern. Wenn die Übernahme erfolgreich verläuft – die Entscheidung des Kartellgerichts wird für Juni 2020 erwartet – entstünde ein Konzern mit 35.000 Beschäftigten.17 Die österreichi-sche Immobilienbranche in Form von René Benkos Signa hat sich 2019 die ver-bleibenden Anteile des Warenhaus-Konzerns Galeria Karstadt Kaufhof gesichert und ist nun Alleinaktionär.18
13 www.omv.com/en/about-us/strategy.
14 In der Öl- und Gasindustrie werden die Geschäftsfelder Up-, Mid- und Downstream unterschieden. Das Upstream-Segment umfasst Exploration und Förderung, Mid-stream das Befördern des Rohstoffes über große Distanzen (Pipelines) und schließlich Downstream das Verarbeiten und Vermarkten.
15 https://www.omv.com/en/news/200113-sapuraomv-and-partners-announce-first-production-from-sk408-gas-fields.
16 https://www.thenational.ae/business/energy/adnoc-closes-refining-deal-with-eni-and-omv-and-establishes-trading-joint-venture-1.892947.
17 https://www.manager-magazin.de/finanzen/boerse/osram-uebernahme-banken-bleiben-auf-millionen-ams-aktien-sitzen-a-1305871.html bzw
https://www.handelsblatt.com/unternehmen/industrie/sensor-spezialist-ams-haelt- an-uebernahme-von-osram-fest/25664126.html?ticket=ST-1114943-fbYAAZa1f-pp9nEif3MQQ-ap4 bzw
https://kurier.at/wirtschaft/coronavirus-milliardendeal-zwischen-ams-und-osram-in-gefahr/400783334.
18 https://www.signa.at/en/news/signa-takes-full-control-of-galeria-karstadt-kaufhof/.
128 Aktuelle Entwicklungen der österreichischen Direktinvestitionen Abbildung 8: Aktive Direktinvestitionen nach Komponenten
Quelle: OeNB.
Die anderen beiden Komponenten von Transaktionen bei aktiven Direktinves-titionen spielten angesichts dieser Mega-Deals nur eine untergeordnete Rolle:
Finanzierungen in Form von Konzernkrediten erhöhten sich um 1,1 Mrd EUR, die reinvestierten Gewinne werden aus heutiger Sicht auf +2,8 Mrd EUR ge-schätzt.
4.3 Regionale Verteilung nach Zielländern
Ähnlich wie bei passiven Direktinvestitionen dominierten bei österreichischen Investitionen im Ausland europäische Länder, per 31. Dezember 2019 entfielen 80,0% des Gesamtwerts auf die „alte Welt“. Dahinter war, eine weitere Paralle-le zu passiven DI, stets der amerikanische Doppelkontinent das zweitwichtigste Investitionsziel österreichischer Investoren. Auch hier kam es im abgelaufenen Jahr zu einem Rangtausch mit Asien, auf das 9,8% der Investments entfielen, Amerika hält nunmehr bei einem Marktanteil von 8,3%.
Stabil zeigten sich die Entwicklungen in der CESEE-Region (29,5%) und an-deren Weltregionen (1,9%), sie blieben im Vergleich zum Vorjahr nahezu un-verändert. Innerhalb der CESEE-Länder waren starke Zuwächse in Russland, Polen und der Tschechischen Republik zu verzeichnen, andererseits schwaches Wachstum beziehungsweise sogar negative Nettoinvestitionen in Ungarn, Kro-atien und der Slowakischen Republik.
-15 -10 -5 0 5 10 15 20 25 30
2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016 2017 2018 2019 Reinvestierte Gewinne
Nettogewährung Konzernkredite Eigenkapitaltransaktionen Gesamt
Aktive Direktinvestitionen nach Komponenten
in Mrd EUR
Grafik 8
Quelle: OeNB.
Reinvestierte Gewinne Nettogewährung Konzernkredite Eigenkapitaltransaktionen Gesamt
129 Abbildung 9: Regionalverteilung aktiver Direktinvestitionsbestände
Quelle: OeNB.